1060/J XXII. GP

Eingelangt am 12.11.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde
an den Bundeskanzler

betreffend der schwierige Weg zu einem Behindertengleichstellungsgesetz

Am 26. Februar 2003 stimmte der Nationalrat einstimmig einem
Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Mag. Herbert Haupt,
Dr. Franz Joseph Huainigg, Mag. Christine L
app und KollegInnen zu, der
folgendermaßen lautet:

„Der Bundeskanzler wird ersucht, zur Vorbereitung eines Bundes-

Behindertengleichstellungsgesetzes beim Verfassungsdienst des

Bundeskanzleramtes eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung von Experten der

österreichischen Behindertenbewegung einzusetzen, wobei diese Arbeitsgruppe

einen derartigen Entwurf möglichst rasch erarbeiten soll, sodass dieser noch im

Jahre 2003 als Regierungsvorlage dem Nationalrat übergeben werden kann."

3 Monate lang waren Sie nicht bereit, den einstimmigen Beschluss des Parlaments
umzusetzen. Erst am 20. Mai 2003 - fand die erste Sitzung der Arbeitsgruppe statt.
Nicht wie vereinbart beim Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes, sondern
beim damaligen Vizekanzler Mag. Herbert Haupt (FPÖ).
Am 10. Juni 2003 - fand die zweite Sitzung statt, bei der vereinbart wurde, nun
intensiv in Unter-Arbeitsgruppen gemeinsam am Text für ein Behindertengleich-
stellungsgesetz zu arbeiten.

Doch auch diese Zusage wurde wieder nicht eingehalten. Die Beamten gingen in
eine 17 wöchige Sommerpause und die nächste Sitzung einer Unter-Arbeitsgruppe
fand erst am 1. Oktober statt, eine weitere Sitzung am 2. Oktober.


Kaum hatten die Arbeiten zur gemeinsamen Erstellung des Textes begonnen
(Sitzungen am 1. und 2. Oktober), brachen die Beamten schon die nächste
Vereinbarung!!.

Nicht mehr die gemeinsame Arbeitsgruppe sollte einen Text erarbeiten, nein das
Sozialministerium gab bei einer Sitzung am 24. Oktober bekannt, es werde dies
ohne weitere Mitwirkung der Behindertenbewegung selbst erledigen. Wörtliches
Zitat: "Es muss bis Dezember irgendetwas vorliegen."

Weiters wurde gleich kundgetan, dass das Ministerium jene Texte streicht, die es als

nicht durchsetzbar bewertet, um dann gleich in eine Vorbegutachtung mit anderen

Ministerien zu treten.

An diesem Punkt wurde es der Behindertenbewegung zu viel. Die Sitzung wurde

unterbrochen. In der Sitzungspause wurde vom Forum Gleichstellung, der ÖAR, der

l:Ö und der SLIÖ beschlossen, gegen diese Vorgangsweise zu protestieren und den

Bruch der Vereinbarungen nicht kommentarlos hinzunehmen.

Die Sitzung, wie auch eine weitere wurde vertagt, weil eine Mitwirkung an einem

Text, der vom Sozialministerium nach Gutdünken umgeschrieben wird, für nicht

sinnvoll erachtet wird. Es wurde vereinbart, erst auf den vom Sozialministerium

angekündigten Text zu reagieren.

Diese Verschleppungstaktik und das Brechen von Zusagen seitens der Regierung
blieben nicht ohne Folgen. Das Gesprächsklima ist derzeit sehr gestört und eine
gemeinsame Arbeit massiv behindert.

Man gewinnt immer mehr den Eindruck, dass es dieser Regierung nicht Ernst ist, ein
GUTES Behindertengleichstellungsgesetz zu beschließen; es reicht anscheinend
auch "irgendwas".

Die Verhandlung für ein Behindertengleichstellungsgesetz sind massiv ins Stocken
geraten. Die Regierung hält sich nicht an ihre Zusagen und möchte möglichst
schnell ein zahnloses Gesetz beschließen
.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.  Warum wurde der obige Entschließungsantrag Monate lang nicht auf die
Tagesordnung des Verfassungsausschusses gesetzt wurde?

2.  Was war konkret der Grund dafür, dass Sie, nachdem endlich die Beschluss-
fassung im obigen Ausschuss erfolgte, trotzdem keine Arbeitsgruppe beim
Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes zuließen?

3. Was war konkret der Grund für die 17-wöchige Sommerpause?

4.  Was ist konkret der Grund dafür, das die Vereinbarung, nämlich die Erstellung
eines gemeinsamen Textes bereits am 24. Oktober 2003 gebrochen wurde,
d.h. der Entschließungsantrag nicht eingehalten wird?

5.  Wissen Sie, dass jetzt die Mitarbeiter der Ministerien, ohne die weitere
Mitwirkung der Behindertenbewegung einen eigenen Entwurf ausarbeitet?
Wenn ja: Was ist der Grund dafür, die Behindertenbewegung
auszuschließen?
Wenn nein: Warum nicht?

6.  Was werden Sie konkret bis wann tun, damit es wieder ein gemeinsames
Arbeiten gibt?

7.  Stimmen Sie mit der Aussage der Beamten - wörtliches Zitat: „Es muss bis
Dezember irgend etwas vorliegen", überein?
Wenn ja: Ist es nicht mehr Ihr Ziel, ein umfassendes
Behindertengleichstellungsgesetz im Sinne der behinderten Menschen zu
erarbeiten?
Wenn nein: Warum nicht?

8.  Sind Sie mit der Vorgangsweise der Beamten ( Sitzung am 24. Oktober 2003)
einverstanden, dass jene Texte gleich gestrichen werden, die sie als nicht
durchsetzbar bewerten, um dann gleich in eine Vorbegutachtung mit anderen
Ministerien zu treten?
Wenn ja: Was ist Ihre Begründung dafür?

Wenn nein: Was haben Sie seither konkret getan, um diese Vorgangsweise
zu unterbinden?

9. Wie bewerten Sie den totalen Bruch des Entschließungsantrages und damit
der Vereinbarung durch die Beamten?

10. Was werden Sie konkret bis wann tun, damit dieser Bruch wieder rückgängig
 gemacht wird?


11. Unterstützen Sie die Vorgangsweise, dass nach Gutdünken ein des
 Sozialministeriums ein Text umgeschrieben wird für sinnvoll und haben sie
 konkret diesen Auftrag an das Sozialministerium erteile?
 Wenn ja: Was ist Ihre Begründung dafür?
 Wenn nein: Was werden Sie bis wann konkret dagegen unternehmen?

12.  Was ist Ihr Grund dafür, dass bis Dezember „irgend etwas" vorliegen muß?

13. Stehen Sie hinter den Interesse der Menschen mit Behinderung , dass ein
 anständiges Behindertengleichstellungsgesetz unter nahtloser Mitarbeit der
 Behindertenbewegung erstellt wird?

 Wenn ja: Warum dann die Aushebelung des Entschließungsantrages?
 Wenn nein: Warum nicht?

14.  Ist es Ihnen wichtig, ein anständiges Behindertengleichstellungsgesetz auf
 den Weg zu bringen und nicht nur „irgend etwas"?
 Wenn ja: Welche Vorgangsweise werden Sie bis wann vorgeben?
 Wenn nein: Warum nicht?

15. Was ist Ihr Grund dafür, dass es nicht erst im 1. Quartal 2004 ein
 anständiges Behindertengleichstellungsgesetz, an dem die
 Behindertenbewegung Ihre Interessen auch einbringt, gibt, sondern schon im
 Dezember 2003 ein „irgend etwas"?