1100/J XXII. GP

Eingelangt am 19.11.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend außerordentliche Beschwerden zum Verpflegungsregelung für Zivildiener

Mit der ZDG-Novelle 2001 wurde die Verpflegung der Zivildiener neu geregelt. Seit 1.
1. 2001 sind die Rechtsträger der Einrichtungen an denen Zivildiener ihre Arbeit
verrichten für deren angemessene und ausreichende Verpflegung verantwortlich. Die
Tatsache, dass damit die Einrichtungen selbst darüber entscheiden, ob und wie ein
Zivildiener verpflegt wird und dazu nicht mehr als den dehnbaren und nicht näher
definierten Begriff „angemessen" als Richtwert heranziehen können, führt in der
Praxis zu den unterschiedlichsten Konditionen und Höhen des
Verpflegungsentgeltes. So reichen die Tagsätze des ausbezahlten
Verpflegungsgeldes von € 2,30 in Gutscheinen zzgl. einer Mahlzeit im Dienst bis zu
€13,60 (Stand: Okt. 2003).

Die meisten Einrichtungen sind freilich der Auffassung, € 350.- im Monat seien für
einen jungen Menschen ausreichend. Davon sind Verpflegung, Kleidung, Miete,
Strom, Gas, Wasser und sonstige Bedürfnisse der Lebenshaltung zu decken. Dies
führt in der Praxis zur Angewiesenheit von Zivildienern auf Unterstützung durch das
Elternhaus, Bankkredite oder Nebenjobs.

Gegen den Missstand der unangemessenen Verpflegung wurden seitens der
Zivildiener mehrere Tausend Beschwerden beim Zivildienstrat als zuständiger
Beschwerdekommission eingereicht. Der Empfehlung seitens des Zivildienstrates,
den Beschwerden stattzugeben, wurde seitens des BMI in keinem Fall folge
geleistet. Dies stellt ein Novum dar und wurde vom BMI nicht näher begründet.

In der Anfragebeantwortung 136/AB XXIl.GP teilten Sie mit, dass im vorigen Jahr
nicht weniger als 2359 Zivildienstpflichtige eine außerordentliche Beschwerde
einbrachten, weil sie sich nicht angemessen verpflegt fühlen.

Nach der derzeitigen Rechtslage sind solche außerordentlichen Beschwerden beim
Zivildienstrat einzubringen. Dieser hat die Beschwerde zu prüfen, und eine
Empfehlung über deren Erledigung an den Bundesminister für Inneres zu
beschließen. Weiters ist der Beschwerdeführer vom Zivildienstrat über das Ergebnis
der Prüfung seiner Beschwerde und die an den Bundesminister für Inneres
gerichtete Empfehlung der Beschwerdeerledigung in Kenntnis zu setzen.

Der Zivildienstrat schreibt folgende Empfehlung (Auszug):

„Im Zug einer vom Zivildienstrat durchgeführten Überprüfung Ihres Vorbringens
wurde festgestellt, dass die Höhe der an Sie ausbezahlten Vergütung für
Verpflegung (Anm.: 5,80 € pro Tag) im Licht der Judikatur des


Verfassungsgerichtshofes und der gleichgelagerten Rechtslage nach dem
Heeresgebührengesetz nicht als "angemessene" Verpflegung im Sinn des §28 Abs. 1
ZDG betrachtet werden kann, dass aber die Feststellung der Höhe einer
"angemessenen" Verpflegung nicht Gegenstand einer außerordentlichen
Beschwerde gemäß §37 Z
DG sein kann, sondern es hierzu eines
Feststellungsbescheides der Zivildienstverwaltung bedarf, den Sie dann
gegebenenfalls mit den hierfür vorgesehenen Rechtsmitteln bekämpfen können."

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.       Wie viele außerordentliche Beschwerden wurden bislang im Jahr 2003
eingebracht? Wie viele davon betreffen die angemessene Verpflegung im
Zivildienst?

2.       Bei wie vielen außerordentlichen Beschwerden hat die Überprüfung des
Zivildienstrates ergeben, dass der Zivildienstpflichtige während seines
Zivildienstes nicht angemessen verpflegt worden ist?

3.       Durch welche Ermittlungen oder Rechtserkundigungen gelangte der
Zivildienstrat zu diesem Prüfungsergebnis?

4.       Wer ist seit in Kraft treten der Übertragungs-Verordnung, BGBI. II Nr.

140/2002, für die Erledigung einer außerordentlichen Beschwerde nach § 37
Abs. 1 Z
DG zuständig? Ist weiterhin der Bundesminister für Inneres für die
Erledigung zuständig oder obliegt die Erledigung nun mehr der
Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H.?

5.  Wie viele der im Jahre 2002 und 2003 eingebrachten außerordentlichen
Beschwerden wurden zwischenzeitlich durch die dafür zuständige Stelle
(Bundesminister für Inneres oder Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H.) erledigt?

6.       Fällt die Erledigung einer außerordentlichen Beschwerde in die

Entscheidungsfrist nach § 73 AVG und beträgt somit maximal 6 Monate? Falls
nein, warum nicht?

7.       Gibt es eine andere zu beachtende Frist für die Erledigung von
außerordentlichen Beschwerden?

8.       Wie viele der seit dem Jahre 2002 eingebrachten außerordentlichen

Beschwerden wurden innerhalb der in § 73 Abs. 1 AVG bestimmten Frist bzw.
einer anderen Frist gemäß obiger Frage erledigt? (Prozent und absolute Zahl)

9.       Bei wie vielen seit dem Jahre 2002 eingebrachten außerordentlichen
Beschwerden wurde diese Frist verletzt? Welche rechtliche Eigenschaft
kommt der Fristverletzung per Gesetz zu? Welche Konsequenzen hat die
Fristverletzung in der Praxis?


10.     Was hat die Erledigung einer außerordentlichen Beschwerde ihrer Meinung
 nach zu umfassen?

11.     Was hat die Erledigung einer außerordentlichen Beschwerde ihrer Meinung
 nach zu umfassen, wenn der Empfehlung des Zivildienstrates über die
 Erledigung nicht gefolgt wird?

12.    Ergeht die Erledigung der außerordentlichen Beschwerde auch an den

Beschwerdeführer? Ergehen sonstige Schreiben hinsichtlich der Erledigung
an den Beschwerdeführer?

13.    Bei wie vielen seit dem Jahr 2002 eingebrachten außerordentlichen

Beschwerden erging trotz tatsächlicher Erledigung der außerordentlichen
Beschwerde keine Erledigung an den Zivildienstpflichtigen? (Prozent und
absolute Zahl)

14.    Der Verfassungsgerichtshof hat im Beschluss B 236/77 - 18 festgestellt, dass
sich für Wehrpflichtige aus dem Zusammenhalt der Gesetzes- und
Verordnungsbestimmungen ein Anspruch auf eine förmliche, der Rechtskraft
fähige Erledigung ihrer (außerordentlichen) Beschwerden ergibt. Diese
Erledigung ist ein Bescheid. Die herrschende Lehre leitet daraus ab, dass es
sich bei der Erledigung einer außerordentlichen Beschwerde nach § 37 Z
DG
um einen Bescheid handelt. Teilen sie diese Auffassung, wenn nein, warum
nicht? Wir bitten um eine detaillierte Begründung.

15.     Falls Sie nicht der Auffassung sind, dass die Beschwerdeerledigung ein
Bescheid ist, welche Rechtsmittel kann der Zivildienstpflichtige gegen die
Erledigung einer außerordentlichen Beschwerde erheben? Welche sonstigen
Verwaltungswege kann der Zivildienstpflichtige beschreiten, um seinen
Anspruch auf Verpflegung durchzusetzen?

16.    In wie vielen Beschwerdefällen über den Verpflegungsanspruch wurde der
 Empfehlung des Zivildienstrates in der Erledigung gefolgt? (Prozent und
 absolute Zahl)

17.  a) In wie vielen Beschwerdefällen über den Verpflegungsanspruch wurde der
Empfehlung des Zivildienstrates in der Erledigung nicht gefolgt? (Prozent und
absolute Zahl)

b) Wie wurde diese Entscheidung begründet?

c) Wurde der Zivildienstpflichtige über die Entscheidung sowie deren Gründe
in Kenntnis gesetzt? Wenn nein: Innerhalb welcher Frist kann der
Zivildienstpflichtige damit rechnen, diesbzgl. in Kenntnis gesetzt zu werden?

d) Inwiefern berücksichtigt diese Entscheidung die Erkenntnisse des
Verfassungsgerichtshofes G 275/01-11 und B 1731/01?


18.     Wo genau (bei welcher Stelle im BMI bzw. ZD-Verwaltungs Gesmbh) können
die Zivildienstpflichtigen die Akteneinsicht in die Entscheidung/Erledigung ihrer
außerordentlichen Beschwerde beantragen bzw. vornehmen?

19.    Der Verfassungsgerichtshof stellt in seiner Entscheidung B 1731/01 folgendes
klar:

„Wenn der Zivildienstleistende behauptet, nicht angemessen verpflegt zu
werden, hat die Behörde die Verpflegung des Antragstellers auf
Angemessenheit zu prüfen und einen entsprechenden Feststellungsbescheid
zu erlassen. Unterlässt das die Behörde, so verletzt sie den Zivildiener in
seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versorgung bei
Zivildienstleistung." Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, bei allen
außerordentlichen Beschwerden, welche die Angemessenheit der
Verpflegung betreffen, einen entsprechenden Feststellungsbescheid zu
erlassen, genau so wie das der Zivildienstrat Ihnen, Herr Bundesminister,
empfohlen hat. Stimmen Sie der hier dargelegten Rechtsansicht zu? Falls
nicht, bitte begründen Sie Ihre Rechtsansicht.

20.    Welche Maßnahmen Ihrerseits werden in Hinkunft bei einer außerordentlichen
Beschwerde zur Höhe des Verpflegungsgeldes gesetzt, deren Stattgebung
der Zivildienstrat empfiehlt? Wird der vom Zivildienstrat empfohlene und vom
Verfassungsgerichtshof als verfassungsrechtlich gebotene
Feststellungsbescheid von Ihnen bei der Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H in
Auftrag gegeben werden?

21.     Erfolgt bei sämtlichen Zivildienstpflichtigen, welche bislang eine

außerordentliche Beschwerde erhoben haben, jetzt nachträglich die
verfassungsrechtlich gebotene Überprüfung der jeweiligen Verpflegung und
wird ein entsprechender Feststellungsbescheid seitens der Behörden
erlassen?

22.     Welche Belastung entsteht durch die unbestimmte Bestimmung der

„angemessenen Verpflegung" im Bml: beim Zivildienstrat, in der Verwaltung
und durch etwaige Nachzahlungen?