1122/J XXII. GP
Eingelangt am 24.11.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde
an
den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz
betreffend Pfusch und Parteipolitik beim
Hauptverband
In der Debatte des Nationalrats vom 22.
Oktober 2003 haben Sie, Herr
Bundesminister, zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs über die
Neuorganisation des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger folgende
Stellungnahme abgegeben:
„ Weil Sie mir in den letzten Tagen das Verfassungserkenntnis zum
Hauptverband
vorgeworfen haben, darf ich dazu Folgendes
sagen: Ich habe es mir nicht leicht gemacht. Wir
haben wissenschaftliche Gutachten von
renommierten Professoren österreichischer
Universitäten eingeholt - im Übrigen auch von
jenem, der bezüglich des morgen zur Debatte
stehenden Vorhabens des Asylgesetzes meint,
dass es nicht verfassungskonform sei; beim
Hauptverband hat er die gegenteilige Meinung
gehabt, nämlich dass die Reform
verfassungskonform ist. Sie sehen daher: Eine Regierung ist gut
beraten, sich nicht auf
Gutachter zu verlassen, sondern auf den
Rechtsstaat. "
In Beantwortung meiner
parlamentarischen Anfrage (2750/AB) haben Sie die
Auffassung vertreten,
dass der „fallweise Zukauf externer hoch qualifizierter
Leistungen ..ökonomischer" sei als die dauerhafte Beschäftigung von
entsprechendem wissenschaftlichen Personal.
Sie haben in derselben Anfragebeantwortung
angegeben, dass sie „zur
Gesetzesvorbereitung" bei 3 Einzelpersonen eine „Begleitende Evaluierung
der
Vorschläge zur Neustrukturierung des Hauptverbandes" in Auftrag gegeben
haben,
wofür diese ein Honorar von ATS 276.600,- (exkl. USt) erhalten haben.
Weiters haben Sie bei einer Anwaltssozietät ein
Expertengutachten zur Reform der
Sozialversicherung bestellt und dafür ATS 533.300,- (exkl. USt) bezahlt.
In Beantwortung meiner parlamentarischen Anfrage (2888/AB)
haben Sie außerdem
angegeben, dass Sie für mehrere Rechtsgutachten im Zusammenhang mit der
Neukonstituierung des Verwaltungsrates des Hauptverbandes insgesamt ATS
198.000,- (inkl. USt) ausgegeben haben. Auf diese Gutachten, die von den Univ.
Prof. Heinz Mayer, Bernhard Raschauer, Wolfgang Mazal und der Anwaltskanzlei
Schönherr, Barfuß, Torggler und Partner erstellt wurden, beziehen Sie sich
offensichtlich in der oben zitierten Stellungnahme vor dem Nationalrat.
• Insgesamt haben Sie somit für
die verfassungswidrige Reform des
Hauptverbandes zur Gesetzesvorbereitung, zur begleitenden Evaluierung
und zur Begutachtung fast 1,2 Mio ATS (ca. € 85.000,-) inkl. USt.
ausgegeben.
• Da der VfGH die Neuorganisation des Hauptverbandes als
verfassungswidrig
aufgehoben hat, werden vermutlich
weitere externe Gutachten und Arbeiten
zur neuerlichen
Gesetzesnovellierung zu weiteren Kosten führen.
• Darüber hinaus hat die Neustrukturierung des
Hauptverbandes auch noch zu
einer Aufblähung der (bezahlten)
Funktionen und zu einem laufenden
weiteren Mehraufwand geführt.
• Damit noch immer nicht genug, hat auch die teilweise
Weiterbeschäftigung
von Generaldirektoren der alten
Hauptverbandsstruktur neben der
Geschäftsführung nach der neuen
verfassungswidrigen Struktur die Kosten
weiter
aufgebläht.
• Die (vorzeitige) Auflösung des
Dienstverhältnisses durch einen der
Geschäftsführer und die - aus parteipolitischen Gründen darauf erfolgte -
Erweiterung der Geschäftsführung runden die Kosten der
verfassungswidrigen Reform weiter auf.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Sie haben in der
Anfragebeantwortung 2750/AB den „fallweisen Zukauf
externer hoch qualifizierter Leistungen" als ökonomischer bezeichnet als
die
dauerhafte Beschäftigung von entsprechendem wissenschaftlichen Personal.
a) Teilen Sie diese Ansicht auch
nach der Aufhebung der
Hauptverbandsreform?
b) Für die Vorbereitung der
Hauptverbandsreform haben Sie bei einer
Anwaltskanzlei
ein Expertengutachten zur Reform der
Sozialversicherung
bestellt. Was war der Inhalt des
Expertengutachtens
(bitte um detaillierte Wiedergabe)?
c) Was waren die
Leistungsmerkmale des Vertrags mit der
Anwaltssozietät?
d) Hat
die Anwaltssozietät konkrete legistische Vorschläge für die Reform
des Hauptverbandes erstellt?
e) Wenn
ja, werden Sie gegen die Anwaltssozietät angesichts der
Ergebnisse
rechtliche Schritte setzen?
f) Haben Sie bereits die Generalprokuratur wegen
dieser Vorgänge
eingeschalten?
g) Wenn nein, warum nicht?
h) Wie
beurteilen sie die Prozessaussichten insbesondere wegen
Gewährleistung
nach §§ 922ff und § 1167 ABGB und Schadenersatz
wegen
der Sachverständigenhaftung nach §§ 1299 f ABGB?
i) Haben Sie rechtliche Möglichkeiten bereits prüfen lassen?
j) Wenn ja, wie lauten die Ergebnisse?
k) Wenn nein, warum nicht?
l) Welche Anwaltssozietät hat
das Expertengutachten zur Reform der
Sozialversicherung
erstellt bzw. war es dieselbe, die auch ein
Gutachten
zur Neukonstituierung des Verwaltungsrates bzw. zur
verfassungswidrigen
Ablehnung des Gewerkschaftsvorsitzenden
Haberzettl
erstellt hat?
m) Sie haben auch ein Gutachten zur „begleitenden
Evaluierung der
Vorschläge
zur Neustrukturierung des Hauptverbandes" bezahlt. Von
welchen
Personen stammt diese Evaluierung?
n) Woraus
bestand ihre hoch qualifizierte Leistung bzw. welche
Vorschläge
wurden evaluiert (bitte um detaillierte Darstellung)?
o) Wer hat die Vorschläge erstellt?
p) Werden Sie gegenüber den
Personen, die die Vorschläge erstellt
haben,
Regress geltend machen?
2. Was bedeutet Ihre Ansicht aus
der Parlamentsdebatte, dass eine Regierung
gut beraten ist, sich nicht auf Gutachter, sondern auf den Rechtsstaat zu
verlassen:
a) dass Sie in Zukunft keine
externen Gutachter mehr beschäftigen
wollen?
b) dass Sie auch in Zukunft darauf
hoffen, dass die Opposition den
Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung Ihrer Gesetzesvorschläge
befasst?
3. Entspricht unsere Kostendarstellung bezüglich der
zahlreichen Gutachten und
Werkverträge zur
Hauptverbandsreform 2001 den Tatsachen oder sind
zusätzliche Kosten für Gutachten
bzw. Werkverträge angefallen? Wenn ja, in
welcher Höhe und von wem?
4. Haben Sie seit der Beschlussfassung der 58. ASVG-Novelle
weitere
Gutachten bzw. Werkverträge zum Hauptverband der
Sozialversicherungsträger in Auftrag gegeben? Wenn ja, welche und mit
welchen Kosten?
5. Haben Sie seit der Aufhebung der
Hauptverbandsreform durch den VfGH
Gutachten bzw. Werkverträge zu
einer verfassungskonformen Neugestaltung
des Hauptverbandes in Auftrag
gegeben? Wenn ja, an wen und mit welchen
Kosten? Wenn nein, warum nicht?
6. Welche Kosten sind im Hauptverband der
Sozialversicherungsträger in den
Jahren 1998 bis inkl. 2003 aufgewendet worden für
a) für die einzelnen Gremien des Hauptverbandes,
b) für die Gremien der Selbstverwaltung ,
c) für Funktionärinnen der Selbstverwaltung,
d) für die Generaldirektion bzw.
e)
für
die Geschäftsführung (bitte auch detaillieren nach Funktionen und
nach Sach- und Personalaufwand)?
7. Sie haben sich bei der Neuorganisation des
Hauptverbandes strikt dagegen
ausgesprochen, dass die Geschäftsführung aus mehr als 3 Personen besteht
und diesbezüglich Ihr Veto angekündigt.
a) Warum
haben Sie jetzt, im Jahr 2003, einer Ausweitung der
Geschäftsführung auf 4 Personen zugestimmt?
b) Welche
sachlichen und nicht parteipolitischen Gründe gelten jetzt, die
2001/2002 nicht gegolten haben?
8. Einer der Gründe für die Neustrukturierung des
Hauptverbandes war das
Defizit der Krankenkassen. Wie hoch war bzw. ist das (voraussichtliche)
Defizit der Krankenkassen in den Jahren 1998 bis 2003?