1124/J XXII. GP

Eingelangt am 24.11.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz

betreffend Parteiwerbung und Pfusch bei Unfallrentenbesteuerung

In Inseraten, die das Bundesministerium für soziale Sicherheit und
Konsumentenschutz im September 2003 in österreichischen Tageszeitungen
geschaltet hat, heißt es:

,Sozialminister Haupt und Staatssekretärin Haubner: "Mit der Aufhebung der
Unfallrentensteuer haben wir unser Versprechen eingelöst. Ab 1.1.2004 sind Unfallrenten
steuerfrei, die Unfallrentensteuer für 2001 und 2002 wird auf Antrag zurückbezahlt!" Für
2003 gibt es Unterstützungsmöglichkeiten.'

Die Inseratenkampagne des Sozialministers und seiner Staatssekretärin war
offensichtlich dazu gedacht, kurz vor den Landtagswahlen in Oberösterreich und
Tirol noch guten Wind für die FPÖ und deren Parteivorsitzenden Haupt zu machen.

Denn weder der Sozialminister noch seine Staatssekretärin haben in ihrer
Eigenschaft als Mitglieder der Bundesregierung ein Versprechen abgegeben oder
eingelöst, die Unfallrentenbesteuerung aufzuheben. Sozialminister Haupt, der am
24. 10. 2000 als Mitglied der Bundesregierung angelobt wurde, hat im Gegenteil das
am 17.10.2000 im Ministerrat beschlossene Budgetbegleitgesetz mit der
Unfallrentenbesteuerung im Budgetausschuss und bei der Beschlussfassung im
Nationalrat Ende November vertreten.

Auch bei den Beratungen über das Bundesbehindertengesetz am 27. Juni 2001, in
dessen Rahmen ein Härtefonds geschaffen wurde, gab der Sozialminister kein
Versprechen zur Aufhebung der Unfallrentenbesteuerung ab, sondern erklärte im
Gegenteil:

„Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kann also keinen Zweifel darüber geben, dass
im Rahmen der Steuergerechtigkeit die Einführung der Besteuerung der Unfallrenten
durchaus systemkonform war.....Die Bundesregierung geht davon aus- was auch Kollege
Feurstein dankenswerterweise ausgeführt hat-, dass unter Berücksichtigung der
eingebrachten Abänderungsanträge das vorliegende Gesetzesvorhaben insgesamt jeder
Prüfung standhalten wird. Ich sage aber auch in aller Klarheit dazu: Nicht jede - nicht
jede! - Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof
ist eo ipso schon eine Aufhebung. "

Im Gegensatz zur Haltung des Sozialministers hat der Verfassungsgerichtshof im
Erkenntnis vom 7.12. 2002 die Unfallrentenbesteuerung als verfassungswidrig
aufgehoben.


Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), das schon im Dezember
2002 der Bundesregierung die Rückzahlung der Unfallrentensteuer für 2001 und
2002 und eine allfällige Neuregelung der Besteuerung bis Ende 2003 aufgetragen
hat, wird in den Inseraten vom September 2003 in ein Versprechen des
Sozialministers und seiner Staatssekretärin, die mittlerweile beide kompetenzmäßig
nicht mehr für die Unfallrenten und schon gar nicht für deren Besteuerung
zuständig sind, umgedeutet. Es gibt weder einen Beschluss der Bundesregierung
noch des Sozialministers zur Aufhebung der Unfallrentenbesteuerung, sondern die
Pflicht des Bundeskanzlers, den Entscheid des VfGH kundzumachen, und die
verfassungsmäßige Verpflichtung, den Entscheid umzusetzen.
Staatssekretärin Haubner konnte in ihrer Eigenschaft als Regierungsmitglied gar kein
Versprechen zur Aufhebung der Unfallrentenbesteuerung abgeben, weil sie erst
nach dem Erkenntnis des VfGH angelobt wurde.

Der Sozialminister und seine Staatssekretärin haben daher offensichtlich mit der
Inseratenkampagne vom September 2003 Budgetmittel des Ministeriums dazu
verwendet, um ein bisschen Parteiwerbung für die FPÖ zu machen.

Zur Information der UnfallrentnerInnen waren diese Inserate weder gedacht noch

geeignet!

Mit dem Hinweis, dass für das Jahr 2003 in Härtefällen eine Unterstützung beantragt

werden   könne,   wurde   im   Gegenteil   sogar   eine   teilweise   unrichtige   und

gesetzeswidrige Behauptung aufgestellt.

Die Bundesregierung hat nämlich durch ihr Nichtstun die vom VfGH gesetzte Frist
für eine allfällige Neuregelung der Unfallrentenbesteuerung bisher verstreichen und
damit für das Jahr 2003 die Unfallrentenbesteuerung wieder aufleben lassen.
Während Personen, deren Unfallrenten vor dem 1.7.2001 entstanden sind, unter
bestimmten Voraussetzungen für das Jahr 2003 aus dem Bundesbehindertengesetz
eine (teilweise) Abgeltung der Besteuerung erhalten, gibt es für Personen, deren
Unfallrenten nach dem 30.6.2001 entstanden sind, diese Möglichkeit nicht. Der
Sozialminister informierte in seinen September-Inseraten nicht über diese
unterschiedliche Gesetzeslage für 2003.

Das Resultat: nach dem Pfusch mit der Unfallrentenbesteuerung von 2000 nun ein
neuerlicher Pfusch 2003:

    Inserate auf Regierungskosten wurden zu parteipolitischen Werbezwecken
missbraucht

    Inserate auf Regierungskosten haben Betroffene teilweise falsch informiert

    Versprechungen, welche nicht gegeben und Maßnahmen, welche nicht von
      den angeführten Personen gesetzt wurden

         Eine Gesetzesmisere, die für das Jahr 2003 zur neuerlichen Besteuerung von
     Unfallrenten führt

    Eine   Härtefondsregelung,   welche   in   dem   einen   relevanten   Jahr   die
     BezieherInen ungleich behandelt

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE:

1. Wann haben Sie, Herr Bundesminister, in Ihrer Eigenschaft als Mitglied der
Bundesregierung das Versprechen gemacht, die Unfallrenten ab 2004 wieder
steuerfrei zu stellen?

2. Wann hat Ihre Staatssekretärin, Fr. Haubner, in ihrer Eigenschaft als Mitglied
der Bundesregierung das Versprechen gemacht, die Unfallrenten ab 2004
wieder steuerfrei zu stellen?

3. Die Bundesregierung hat in dem Verfahren vor dem VfGH auch eine
ausführliche Stellungnahme abgegeben und die Besteuerung der Unfallrenten
begründet.

a)     War Ihr Ressort in diese Stellungnahme eingebunden ? Wenn nein,
warum nicht?

b)     Haben Sie in Ihrer Stellungnahme für die Position der Bundesregierung
bzw. den VfGH die Aufhebung der Unfallrentenbesteuerung
eingefordert? Wenn nein, warum nicht?

c)      Wie lautet der Text der Stellungnahme ihres Ressorts?

4. Wodurch haben Sie in Ihrer Kompetenz als Sozialminister das Versprechen
eingelöst, die Unfallrenten ab 2004 steuerfrei zu machen?

5. Wodurch hat Ihre Staatssekretärin, Fr. Haubner, in ihrer Kompetenz als
Regierungsmitglied seit März 2003, ein Versprechen eingelöst, die
Unfallrenten ab 2004 steuerfrei zu halten?

6. Der Finanzminister hat in Beantwortung der Anfrage 724/J der Abg. Lapp
erklärt, dass das Finanzministerium „umfassende Se
rviceaktionen zur
Rückzahlung der Unfallrentenbesteuerung"
im August 2003 veranlasst habe.
So wurde den Personen, deren Unfallrenten besteuert wurden, das Formular
zur Arbeitnehmerveranlagung mit Informationen zum Entscheid des
Verfassungsgerichtshofes zugeschickt.

a)     Waren sie von dieser Serviceaktion des Finanzministeriums im August
2003 informiert?

b)    Warum informieren Sie im September 2003 darüber, dass die
Unfallrentensteuer für 2001/2002 auf Antrag rückerstattet wird, obwohl
Sie zu diesem Zeitpunkt weder für die Unfallrenten noch für deren
Besteuerung zuständig sind?

c) Warum haben Sie erst im September 2003 und nach dem dafür
zuständigen Finanzministerium über die Aufhebung der
Unfallrentenbesteuerung in Inseraten informiert?

d)    Haben Sie die Zustimmung des Gesundheits- bzw. des
Finanzministeriums für Ihre Inseratenaktion eingeholt? Wenn nein,
warum nicht?

7. In den Inseraten Ihres Ministeriums vom September 2003 wird davon
gesprochen, dass für 2003 „eine Unterstützung bei der zuständigen
Landesstelle des Bundessozialamtes" beantragt werden kann".
Für weitere


Informationen wird auf die Homepage des Bundessozialamtes verwiesen. Die
Information des Bundessozialamtes sagt korrekt, dass nur bei Unfallrenten,
die schon vor dem 30.6. 2001 anerkannt wurden, in sozialen Härtefällen eine
Entschädigung für 2003 beantragt werden kann.
Warum haben Sie in Ihren Inseraten unrichtig informiert?

8. Welche Kosten verursachte die Inseratenkampagne vom September 2003?
(bitte detailliert nach Medien, Terminen und sonstigen Kosten aufgliedern)

9. Welche Kosten haben die Informations- und Inseratenkampagnen zur
Unfallrentenbesteuerung bzw. zum Härtefonds seit 2000 verursacht? (bitte
detailliert nach Medien, Terminen und sonstigen Kosten aufgliedern)

10. Welche Mittel wurden in den Jahren 2001, 2002 und 2003 bisher durch
Anträge auf Unterstützung durch den Härtefonds nach dem
Bundesbehindertengesetz verbraucht (bitte um detaillierte Aufgliederung), wie
viele Anträge