1146/J XXII. GP

Eingelangt am 01.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Maßnahmen gegen die Belastung durch elektromagnetische Strahlung

Das  Mobiltelefon  („Handy") hat im  letzten  Jahrzehnt explosive Verbreitung  in
Österreich gefunden. Nach diversen Frühformen (zB C-, D-Netz) ist mit der GSM-
(Global System for Mobile Communication)-Technologie eine Ausweitung auf vier
Betreiber erfolgt. Seit November 2000 sind (UMTS/,,3. Generation") zwei zusätzliche
Betreiber hinzugekommen. Im Gegensatz etwa zum Gewerberecht ist - außer der
Zustimmung des Grundeigentümers selbst kaum ein begrenzender Faktor für den
Netzausbau oder die Errichtung von Handymasten vorhanden.
In vielen oberösterreichischen Gemeinden treten wiederum vermehrt Beschwerden
über die Vorgangsweise bei der Errichtung von Sendeanlagen auf. Vor allem fühlen
sich auch Bürgermeister übergangen. Die Bürgermeister haben als Baubehörden 1.
Instanz   nur   Möglichkeiten   im   Rahmen   des   Baurechts   (Statik,   ...)   und   des
Ortsbildschutzes.      Als      Gesundheitsbehörden      1.      Instanz      steht      den
Gemeinden/Bürgermeistern keine unmittelbare rechtliche Handhabe zur Verfügung.
Auf Landesebene bestehen folgende Möglichkeiten: 1. über die Bauordnung
(Informationsrecht für die Anrainer wie Kärnten und Steiermark, Belastungs-
/Gefährdungsschutz hinsichtlich Tragmast o.a.), 2. über Landschaftsschutzgesetz
(wie Salzburg), 3. über Ortsbildschutzgesetz (wie Salzburg).

Darüber hinaus könnten Raumordnungsrecht oder Naturschutzrecht Möglichkeiten
der Einflussnahme vor allem für die Verortung eröffnen.

Infolge des Mobilfunknetzausbaus hat sich die mittlere Strahlungsintensität in
Städten im Vergleich zu den Achtzigerjahren mehr als verzehnfacht. Gesundheitlich
v.a. wichtig ist, dass im Mobilfunknetz die Nachrichten selbst digitalisiert und als
Datenpakete über elektromagnetische Mikrowellen in einem hochfrequent gepulsten
Verfahren übertragen werden. Dabei entstehen Magnetfelder in gepulster
Modulation, deren gesundheitliche Risken und Wirkungen umstritten, aber alles
andere als widerlegt sind. Weitere mögliche Beeinträchtigungen bestehen u.a. im
Zusammenhang mit dem Vektorpotenzial des Magnetfeldes sowie im
Zusammenhang mit Infraschall und Mikrovibrationen. Es werden bei Menschen und
zum Teil auch bei Tieren neben der unstrittigen Veränderung der Gewebetemperatur
u.a. Chromosomenbrüche, Krebs, Schlafstörungen, Potenzstörungen,
Geräuschphänomene, Unruhe, Konzentrations-, Lern- und Gedächtnisstörungen,
Auswirkungen auf Blutdruck, Herzrhythmus, Immunsystem und Blutbild sowie
Auswirkungen auf die Schädel- und Gehirnentwicklung im Kinder- und Jugendalter
mit der Strahlung von Mobilfunksendern und Handies in Verbindung gebracht.


Dennoch wird von Betreibern, vielen PolitikerInnen bis hin zur
Weltgesundheitsorganisation WHO die Gesundheitsfrage negiert oder verharmlost
und nach wie vor ausschließlich auf die (vergleichsweise wenig kritischen)
thermischen Wirkungen (Gewebeerwärmung) abgestellt (übrigens auch in der
Grenzwertfrage).

Nichtthermische Effekte insgesamt, Auswirkungen der gepulsten Modulation, Effekte
je nach Alter, Lang- oder Kurzzeitexposition, Strahlungsdosis, Potenzierung bei
Mehrfachexposition werden verneint, ohne den Nachweis führen zu können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.  Zwischen den Betreibern und dem Gemeindebund wurde eine Übereinkunft
getroffen, nach der die Betreiber die Bürgermeister über die Aufstellung von
Sendemasten informieren sollten. Diese Abmachung wird in vielen Fällen nicht
eingehalten. Wie beurteilen Sie diese Vorgangsweise?

2.   Wie weit ist die Übereinkunft zwischen Betreibern und dem Städtebund zwecks
Information für die Bevölkerung gediehen?

3. Wann wird der von Ihnen (mit Herbst 2003) in Aussicht gestellte
        Standortkataster für Sendemasten vorgelegt?

4.   Wird er den Gemeinden und Anrainerinnen zugänglich sein? In welcher Form?
Wenn nein, warum nicht?

5.   Zur Konzeption eines Gesetzes zum Schutz vor „nicht-ionisierender Strahlung"
ist die Einberufung eines runden Tisches unter Beteiligung aller betroffener
Ministerien erforderlich. Wann werden Sie Initiativen dazu setzen?

6.     Wie beurteilen Sie die Forderungen der Mobilfunkpetition?

  Zitat: „1. Unverzüglicher Start des bereits seit langem in Aussicht gestellten
interministeriellen und interdisziplinären „Runden Tisches" mit
Beteiligung der Plattform Mobilfunk-lnitiativen zur Erarbeitung eines
Gesetzes zum Schutz vor elektromagnetischen Feldern,

2. Erstellung eines auch für die Öffentlichkeit zugänglichen
Immissionskatasters für Mobilfunksender (z.B. Vorbild Italien)

3. Industrieunabhängige Überprüfung und Monitoring nach Errichtung
von Anlagen (z.B. Vorbild Italien)

4. Interdisziplinäre Abklärung der von der Bevölkerung berichteten und
mit der Errichtung von Mobilfunksendern in Zusammenhang
gebrachten Störungen des Wohlbefindens und akuter gesundheitlicher
Reaktionen und Störungen (mit Einbeziehung niederfrequenter
Körperschallmessungen)

5. Maßnahmen bis zur Realisierung des Gesetzes zum Schutz vor
nichtionisierender Strahlung,


6. Sanierungsmaßnahmen für bereits bestehende Anlagen,

7. Klärung der Haftungsfrage,

8. Intensivierung der Anstrengungen auf nationaler und internationaler
Ebene um unverzüglich, basierend auf der derzeitigen
wissenschaftlichen Datenlage, massive Forschungen in Richtung
technischer Minimierung der Strahlenbelastung sowohl der
Handynutzer als auch der passiven
Konsumenten (Gesamtbevölkerung) und der Anrainer von
Mobilfunksendern einzuleiten,

9. Musterverträge für Mobilfunk-Bestandsverträge mit Verpflichtung der
Mobilfunkbetreiber zur Abklärung typischer Anrainerbeschwerden und
Verzicht auf die einseitige 20-jährige Unkündbarkeit,

10. Verpflichtende Gewerbeberechtigung (Maklerkonzession) für die
Akquisiteure von Mobilfunk-Bestandsverträgen zwischen
Bestandsgebern (Grundstücksbesitzer) und Bestandsnehmern
(Mobilfunkbetreiber).

7.     Welche Schritte werden Sie zur Umsetzung dieser Forderungen unternehmen?

8.     Welche Initiativen in Richtung epidemiologische Forschungen werden Sie
        setzen?