1200/J XXII. GP

Eingelangt am 04.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Heinzl

und GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Umstrukturierung der Kriminalpolizei in St. Pölten

Der „Team 04-Entwurf zur Auflösung der Polizei und Gendarmerie in der
derzeitigen Organisationsstruktur ist eine Fortsetzung der verfehlten Personalpolitik
des Innenministers seit dem Februar 2000.

Sie, Herr Innenminister Strasser, haben in einer Aussendung von „BMI Aktuell“ vom
10.11.2003 („Der Dienstgeber informiert“) mitgeteilt, dass Personalvertreter
Falschmeldungen über Personaleinsparungen verbreitet hätten, es in Wahrheit aber
keinerlei Reduktion der Planstellen geben werde.

Die „Team 04“-Diskussionsgrundlage mit Stand vom 07.11.2003 enthält allerdings
Zahlen, die diese Darstellung eindeutig widerlegen.

Es ist beispielsweise vorgesehen, den Kriminaldienst in St. Pölten von derzeit 28
Planstellen (Stand Ende 1999: 33 Planstellen) auf 16 Planstellen zu reduzieren, in
Steyr statt 22 Planstellen nur mehr 16 vorzusehen, Schwechat von 64 Planstellen auf
35 zu verringern, in Wiener Neustadt statt 25 Beamten nur mehr 17 einzusetzen und
so weiter. Die dann verbleibenden Planstellen werden in Bezug auf das Gehalt der
Kripo-Beamten auch weitaus schlechter bewertet als dies jetzt der Fall ist.

Der Kriminalpolizei St. Pölten wurde aufgrund von Arbeitsüberlastung zu den
bestehenden 28 Kripo-Beamten ein weiterer kürzlich zugeteilt. Jetzt sind also bereits
28 Beamte nicht genug, in ein paar Monaten sollen dann 16 Beamte ausreichen. Das
ist nicht nachvollziehbar.

Durch die Reform entstehen beispielsweise für die Verbrechensbekämpfung in St.
P
ölten folgende Nachteile:

·      Der selbständige Exekutivwachkörper Kriminaldienst wird aufgelöst
·     
Der Personalstand wird fast halbiert und damit die Aufklärungskapazität

massiv eingeschränkt

·      Die Arbeitskraft von voll ausgebildeten Spezialisten geht dem
Sicherheitsgefüge der Stadt St. P
ölten verloren

Für Gewaltdelikte (Raub, schwere Körperverletzung etc.) stehen dann beispielsweise
nur mehr 2 Beamte zur Verfügung. Wenn von diesen einer Urlaub hat oder krank
wird, ist für diese nicht unerheblichen Delikte niemand mehr da, um sie aufzuklären.
Vermögensdelikte (Diebstahl, Wirtschaftsdelikte, Betrug etc.) sollen nur mehr von 4
Beamten aufgeklärt werden, obwohl in diesem Bereich die Anzahl der Delikte rasant
ansteigt und darüber hinaus enormes Spezialwissen der Beamten (z.B. Kenntnisse im


Buchhaltungs- und Rechnungswesen für die Aufklärung von Wirtschaftsdelikten)
notwendig ist.

Da aber laut „Team 04“ und Ihren eigenen Angaben zufolge alle Beamten alles
können sollen und alles erledigen werden müssen, ist nicht damit zu rechnen, dass mit
Produktivitätsvorteilen aufgrund von derzeit noch vorhandenem Spezialwissen
gerechnet werden kann. Ein Generalist kann zwar alles, aber dies im Detail eben nicht
so gut wie ein Spezialist. Es ist absehbar, dass damit die Qualität der
Aufklärungsarbeit und weiters die Aufklärungsrate weiter sinken wird.

Die bereits erfolgten Personaleinsparungen im Kriminaldienst St. Pölten, die durch die
Nicht-Nachbesetzung von Planstellen erfolgt ist, hat dazu geführt, dass beispielsweise
die Einbrüche in der N
Ö Landeshauptstadt von Jänner bis Oktober 2003 um mehr als
30 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zugenommen haben.

In typischer Strasser-Manier lassen Sie darüber hinaus die 12 in St. Pölten von der
Planstellenstreichung betroffenen Kriminalbeamten im Unklaren über ihr weiteres
Dasein, ohne zu berücksichtigen, dass die betroffenen Mitarbeiter auch Familie haben,
für die sie verantwortlich sind.

Hier wird auf Kosten der Sicherheit der Bevölkerung und auf dem Rücken der
Exekutivbeamten die Umf
ärbungspolitik Strasser'scher Prägung exekutiert.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den
Bundesminister für Inneres folgende

Anfrage:

1.    Warum wird bei einem Anstieg der Delikte das vor Ort zur
Verbrechensbekämpfung verfügbare Personal abgebaut?

2.    Wenn uniformierte, dafür nicht eigens ausgebildete Polizisten für

Spezialaufgaben wie den Kriminaldienst herangezogen werden (wie im Team
04 Entwurf vorgesehen) dann fehlen diese Beamten bei der Durchführung
ihrer eigentlichen Aufgaben auf der Straße. Wie passt dies zu ihren Aussagen,
mehr Beamte auf die Straße bringen zu wollen? Wie sollen diese
uniformierten Beamten „an einem Fall dranbleiben" können, wenn sie
zwischendurch beispielsweise wieder Verkehrsdienst machen müssen?

3.    Wie soll in St. Pölten bei einer Einwohnerzahl von ca. 50.000 die Verfolgung
von 3-4 Gewaltdelikten pro Tag mit nur 2 Kripobeamten funktionieren? Für
Vermögensdelikte (Wirtschaftspolizei etc.) sind nur 4 Beamte für 6-7 Fälle pro
Tag vorgesehen. In beiden Fällen stehen pro Fall nur wenige Stunden
Arbeitszeit zur Verfügung, wobei in Einzelfallen mit wochenlangen


Ermittlungen zu rechnen ist. Diese Ressourcenzuteilung ist nicht realistisch.
Wie soll dabei die Verbrechensbekämpfung funktionieren? Probleme bei
Gericht durch unzureichend aufbereitetes Beweismaterial sind doch dabei
schon jetzt absehbar.

4.     Was passiert mit den 12 Kriminalbeamten, für die laut Team 04-Entwurf in
der neu zu gründenden Kriminalinspektion St. P
ölten kein Platz mehr ist?

5.     Warum werden Organisationskonzepte, die in den vergangenen Jahrzehnten
für die Gendarmerie im ländlichen Raum entwickelt wurden, ungeprüft auf die städtischen Gebiete übertragen?

6.     Warum verweigern Sie, Herr Bundesminister Strasser, bei den von Ihnen groß
angekündigten Informationsveranstaltungen zum Team 04-Entwurf bei den
verschiedenen Polizeidienststellen in Österreich die Diskussion mit den
betroffenen Beamten und Vertragsbediensteten? Warum haben Sie Angst,
deren Fragen beantworten zu müssen? Ist es Ihnen unangenehm, die Wahrheit
über den vorliegenden Entwurf hören zu müssen? Sind Sie sich zu gut, um mit Personalvertretern zu sprechen?