1216/J XXII. GP

Eingelangt am 04.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

Der Abgeordneten Keck, Schopf und Krist

An den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

Betreffend Unregelmäßigkeiten bei der
Verleihung der Standesbezeichnunq „Ingenieur"

Mit dem Bundesgesetz vom 5. Juli 1990 („Ingenieurgesetz") hat der Nationalrat Kriterien
beschlossen, auf deren Grundlage die Standesbezeichnung „Ingenieur" verliehen wird.
Hiervon regelt § 4, welche Voraussetzungen seitens der Antragsteller gegeben sein
müssen, um den Ingenieur-Titel zuerkannt zu bekommen.

Eine Interpretation des § 4 ist auf der Website des BMfWA unter der Adresse
http://www.bmwa.gv.at/bmwa/themen/unternehmen/ingenieurtitel/ingenieur.htm zu finden.

Entsprechend der dortigen, aber auch der gesetzlichen Angaben, ist einem/einer
Antragsteller/in die Standesbezeichnung „Ingenieur" dann zu verleihen, wenn diese/r die
Reifeprüfung an einer inländischen HTL abgelegt und zusätzlich eine 3-jährige
Berufspraxis absolviert hat.

§4, Abs. 1 a beschreibt die oben genannte Praxis also solche, „die höhere Fachkenntnisse
auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde".

Neben dem Hinweis auf einige, dem Antrag beizulegende, personenbezogene Dokumente
weist das BMfWA auch auf die Form des zu erbringenden Nachweises für letztere hin.

Es wird angeführt, dass die in einem Dienstverhältnis erworbene Berufspraxis durch
Zeugnisse der/des Dienstgeber/s nachzuweisen ist. Im Falle von selbständigen
Berufspraxiszeiten verweist das BMfWA auf die Notwendigkeit eines Beleges für
absolvierte Sozialversicherungszeiten, einen Gewerbeschein und Bestätigungen der
Auftraggeber oder einer persönlichen Darstellung samt Auftragsbestätigungen und
Rechnungen anstelle letzterer.

In Interpretation dieser Informationen bzw. des Gesetzes, scheint die Vergabe des
Ingenieur-Titels sehr eindeutig geregelt zu sein.

Entsprechenden Hinweisen aus der Bevölkerung zufolge, ist es jedoch eine Tatsache,
dass diese Standesbezeichnung in den vergangenen Jahren nicht immer „streng" nach
den Informationen des BMfWA bzw. dem Reglement des „Ingenieurgesetzes" verliehen
worden ist.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende Anfrage:


Anfrage:

1.  Stimmt es, dass die Standesbezeichnung „Ingenieur" in der Vergangenheit in
Abweichung vom „Ingenieurgesetz" auch ohne das vollständige Absolvieren der
verpflichtenden Berufspraxis verliehen wurde?

2.  Wenn ja, wodurch wurde die vorzeitige Zuerkennung begründet?

3.  In wie vielen Fällen wurde die Standesbezeichnung „Ingenieur" seit Inkrafttreten
des Ingenieurgesetzes von 1990 vor der Zeit d.h. in einem geringerem Abstand als
drei Jahren nach dem positiven Ablegen der Matura verliehen?

4.  Existieren Richtlinien, die eine vorzeitige Zuerkennung des Titels begründen. Wo
liegen diese auf? Wie lauten sie? Durch wen wurden diese erstellt?

5.  Durch wen fällt die schlussendliche Entscheidung für die individuelle vorzeitige
Zuerkennung des Ingenieur-Titels?

6.  Wodurch werden die notwendigen Bestätigungen und Belege auf deren Basis die
gesetzlich vorgeschriebene Berufspraxis abgegrenzt wird, im Falle einer vorzeitigen
Zuerkennung kompensiert?

7.  Existieren Fälle, bei denen bereits vor der Matura absolvierte berufliche Praxis
anerkannt wurde, und somit der Ingenieur-Titel eher erteilt werden konnte?

8.  Gibt es Bestrebungen seitens des Ministeriums, jene, die ihre Reifeprüfung am sog.
„zweiten Bildungsweg" erreicht haben, gesetzlich besser zu stellen, indem auch die
vor dem Absolvieren der Matura erbrachte Berufspraxis bei den gesetzlichen
Kriterien zur Verleihung des Standestitels „Ingenieur" berücksichtigt wird?

9.  In wie vielen Fällen wurde der Standestitel „Ingenieur" unter Berufung auf § 4 Abs.
1 b nicht verliehen?

10. Worauf begründet sich die Tatsache, dass der Antrag auf Verleihung der
Standesbezeichnung „Ingenieur" zu vergebühren ist?