1234/J XXII. GP

Eingelangt am 04.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm und GenossInnen
an den Bundesminister für Justiz

betreffend den Drogenbericht 2003 des ÖBIG

Der Drogenbericht 2003 des ÖBIG weist im Kapitel „4.2 Drogenbezogene Kriminalität"
erschütternde Fakten auf, welche in den Zuständigkeitsbereich des BMJ fallen:

1) Die Haftzahlen vor allem wegen Vergehen nach dem SMG steigen!

2) Die Haftantritte von 14-bis 18-Jährigen aufgrund von Vergehen nach dem SMG stiegen
seit 2000 um 162,7 %!

3) Die Gesamtzahl aller Verurteilungen stieg von 2,3% im Jahr 1991 auf 10,7% im Jahr 200:

4) Der Überhang von Vergehen (§ 27 SMG) im Vergleich zu Verbrechen (§ 28 SMG) ist im
Vergleich zu den Vorjahren noch stärker ausgeprägt!

5) Rund 60% aller Verurteilten wurden zu Freiheitsstrafen verurteilt!

Diese Fakten lassen darauf schließen, dass vom bewährten Prinzip „Helfen statt Strafen"
abgegangen wird. Es scheint sich gerade im Bereich der Vergehen durch deutlich härtere
Bestrafung von Konsumentinnen eine auf dem Prinzip der Repression beruhende
Drogenpolitik durchzusetzen. Im Gegenzug besteht Anlass zur Besorgnis, dass internationale
Drogenbanden weitaus unbehelligter als vergleichsweise harmlose Drogenkonsumentlnnen
agieren können.

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Justiz nachstehend

Anfrage

1) Wie erklären Sie sich den massiven Rückgang bei der Anwendung der gesetzlich
geregelten Alternativen zur Strafverfolgung (Anzeigenzurücklegungen nach § 35 SMG und
Verfahrenseinstellungen nach § 37 SMG) von 12.088 Fällen 2001 auf 8.950 Fälle 2002?

2) Welche Staatsbürgerschaft und welchen Aufenthaltsstatus besitzen jene 8269 sich mit
Stichtag l. November 2003 aufgrund von Drogendelikten in Haft und U-Haft befindenden
Erwachsenen (Quelle: „Salzburger Nachrichten" vom 14.11.03)?

3) Wie viele dieser 8269 Inhaftierten wurden wegen eines Vergehens nach § 27 SMG
inhaftiert?

4) Wie viele dieser nach § 27 SMG Inhaftierten verfugen nicht über die österreichische
Staatsbürgerschaft?

5) Über welchen Aufenthaltsstatus verfügen diese nach § 27 SMG Inhaftierten? (Bitte um
genaue Auflistung)


6) Welche Staatsbürgerschaft und welchen Aufenthaltsstatus besitzen jene 272 sich mit
Stichtag l. November 2003 aufgrund von Drogendelikten in Haft befindenden Jugendlichen?
(Quelle: „Salzburger Nachrichten vom 14.11.03)?

7) Wie viele dieser 272 Jugendlichen wurden wegen eines Vergehens nach § 27 SMG
inhaftiert?

8) Wie viele der nach § 27 SMG inhaftierten Jugendlichen verfugten nicht über die
österreichische Staatsbürgerschaft?

9) Über welchen Aufenthaltsstatus verfügten diese nach § 27 SMG inhaftierten Jugendlichen?
(Bitte um genaue Auflistung)

10) Ist Ihnen bekannt, dass eine rechtskräftige Verurteilung von Jugendlichen aufgrund eines
Vergehens nach § 27 SMG oft das bei Jugendlichen dieser Altersgruppe ohnehin konfliktive
Verhältnis zu ihren Eltern massiv verschlechtert, teilweise sogar deren soziale Zerrüttung
fördert?

11) Ist Ihnen bekannt, dass eine rechtskräftige Verurteilung von Jugendlichen aufgrund eines
Vergehens wie eine Verurteilung nach § 27 SMG zudem oft enorme negative Auswirkungen
auf deren schulische und berufliche Weiterentwicklung hat?

12) Ist Ihnen bekannt, dass eine Vielzahl jener Jugendlichen, die oftmals „weiche" Drogen
konsumieren, dies aufgrund von nicht bewältigten sozialen Konflikten und
Gewalterfahrungen innerhalb der eigenen Familie, d.h. aus purer Verzweiflung und
Hilflosigkeit tun?

13) Welche „unterstützenden", sozial-integrativen Maßnahmen zur besonderen Förderung
jener zum ersten Mal mit Cannabis in Berührung gekommenen Jugendlichen wurden
durchgeführt?

14) Wenn keine diesbezüglichen Maßnahmen gesetzt wurden, warum nicht?

15) Was planen Sie aufgrund der erschreckenden Statistik 2003 zu unternehmen, dass dem in
Österreich über lange Jahre hinweg gepflogenen Prinzip „Helfen statt Strafen" wieder stärker
entsprochen wird?

16) Welche nicht-repressiven Maßnahmen planen Sie, damit Jugendliche erst gar nicht zu
dauerhaften Drogenkonsumenten werden?

17) Wenn keine geplant sind, warum nicht?

18) Wie erklären Sie sich die immer stärker zunehmenden Haft-Zugänge im Gefolge von
Drogen-Vergehen im Vergleich zur Abnahme an Haft-Zugängen bei Drogen-Verbrechen?

19) Befürworten Sie Maßnahmen, die dazu dienen, den Haft-Zugang bei Drogen-Verbrechen
zu erhöhen?


20) Wenn die Antwort auf Frage 19 mit „nein" ausfällt, warum nicht?

21) Wenn die Antwort auf Frage 19 mit "ja" ausfällt, welche Maßnahmen werden Sie treffen?

22) Befürworten Sie Maßnahmen, die dazu dienen, den Haft-Zugang bei Drogen-Vergehen zu
reduzieren?

23) Wenn die Antwort auf Frage 22 mit „nein" ausfallt, warum nicht?

24) Wenn die Antwort auf Frage 22 mit "ja" ausfällt, welche Maßnahmen werden Sie treffen?

25) Werden Sie die Ergebnisse kriminalsoziologischer Studien von 2000 bis 2002, derer
gemäß Maßnahmen der Repression eher Konsumentinnen und nicht professionell agierenden
Dealern und Banden zum Nachteil gereicht, hinkünftig in der Ausrichtung Ihrer Drogenpolitik
berücksichtigen?

26) Wenn ja, durch welche konkrete Änderungen?

27) Wenn nein, warum nicht?

28) Sind Sie sich dessen bewusst, dass auf Grundlage dieser in Frage 25 erwähnten Studien
Ihre derzeitige Drogenpolitik zumeist Mitglieder von Drogenbanden, die zumeist nach § 28
SMG strafrechtlich zu verfolgen wären, weniger effizient verfolgt und im Gegenzug
Drogenkonsumentlnnen, die in einem vergleichsweise wesentlich höheren Ausmaß „nur"
Drogen-Vergehen nach § 27 SMG aufweisen, wesentlicher härter verfolgt?

29) Begrüßen Sie die in Frage 28 erwähnte Tatsache?

30) Ist Ihnen bekannt, dass Jugendliche in Haft oft von älteren Häftlingen sexuell missbraucht
und geschlagen werden?

31) Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie dagegen setzen?

32) Sind Ihnen Studien zu dem in Frage 30 aufgeworfenen Thema bekannt?

33) Ist eine Studie zu dem in Frage 30 aufgeworfenen Thema geplant?

34) Sind Ihnen Studien bekannt, die belegen, dass eine erstmalige Inhaftierung von
Jugendlichen aufgrund eines Vergehens wie eine Verurteilung nach § 27 SMG deren weitere
„kriminelle Karriere" fordert?

35) Wenn ja, werden Sie die Ergebnisse dieser Studien in Hinkunft stärker in die
Drogenpolitik einfließen lassen?

36) Wenn ja, in welcher Form?