1239/J XXII. GP

Eingelangt am 11.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres

betreffend Verpflegung nach §28 ZDG, Feststellungsbescheide und Gewährung
einer Aushilfe gem. § 28a Abs. 2 Z
DG

Die Höhe des Verpflegungsgeldes ist seit Reform des Zivildienstes mit der ZDG-
Novelle 2001 nicht mehr gesetzlich geregelt. Die Bemessung und Auszahlung des
Verpflegungsgeldes wurde auf die Einrichtungen übertragen, bei denen die
Zivildiener jeweils beschäftigt sind. Seither kämpfen Tausende Zivildiener um den
früheren Mindestwert von täglich € 11,30, in der Praxis zahlen die meisten
Einrichtungen jedoch nur € 6.- Verpflegungsgeld.

Konkret sind seit dem Vorjahr über 8.500 Anträge zum Verpflegungsgeld
eingebracht worden, aufgeteilt auf 4.000 Außerordentliche Beschwerden, 1.500
Anträge auf Aushilfe und 3.000 Anträge auf Erlassung eines
Feststellungsbescheides. Die betroffenen Zivildiener werden weit unter dem früheren
Richtwert verpflegt und fordern seither eine Überprüfung ihrer Verpflegung auf
Angemessenheit. Die Behörde hat in keinem einzigen Fall die verfassungsrechtlich
gebotenen Schritte gesetzt. Dafür sind Sie, Herr Innenminister, verantwortlich zu
machen, wie nun auch vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis B 1731/01-13
vom 29. September 2003 festgestellt wurde.

Im Erkenntnis B 1731/01-13 stellt der Verfassungsgerichtshof zum Ablehnenden
Bescheid betreffend das Ansuchen eines Zivildienstleistenden um Aushilfe gem. §
28a Abs. 2 Z
DG folgendes klar:

„Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid in seinem aus Art. 9a
B-VG i.V.m. § 2 Abs. 1 ZDG erfließenden verfassungsgesetzlich gewährleisteten
Recht auf Versorgung bei Zivildienstleistung verletzt worden."

Da die gegenständliche Beschwerde nur eine von mehr als 8.500 Beschwerden ist,
die seitens Zivildienstleistender bei Ihrem Ministerium eingebracht wurden, erhält
dieses Erkenntnis große Bedeutung. Darüber hinaus sind es alle jene jungen
Männer, die seit Inkrafttreten der ZDG-Novelle 2001 ihren Zivildienst verrichtet
haben, denen damit bescheinigt wird, von Ihnen in ihren verfassungsmäßig
zugestandenen Rechten verletzt worden zu sein.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.    a) Mit welchem Rechtsmittel kann der Zivildienstleistende die im VfGh-
Erkenntnis G 275/01 erwähnte unmittelbare Einlösung seines
Verpflegungsanspruches gegenüber dem Staat beantragen, wenn er der
Ansicht ist, dass der Rechtsträger die ihm übertragene Aufgabe nicht
ordnungsgemäß erfüllt?

b) Welche Voraussetzungen muss der Zivildienstleistende dafür erfüllen bzw.
welche Voraussetzungen müssen dafür gegeben sein?

c) Wenn der Zivildienstleistende nach 1a) nicht die Möglichkeit der
Beantragung des Verpflegungsgeldes hat: Unter welchen konkreten
Umständen gelangt der Staat zur Auffassung, dass der Rechtsträger die ihm
übertragene Aufgabe nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und der Staat nun zur
unmittelbaren Einlösung seiner Verpflegungsverpflichtung gegenüber dem
Zivildienstleistenden verhalten ist?

2.   Bei welchen Umständen gelangt die zuständige Behörde zur Ansicht, dass der
Rechtsträger die ihm übertragene Aufgabe der Verpflegung des Zivildieners
nicht ordnungsgemäß erfüllt und welche Voraussetzungen müssen hier
gegeben sein?

3.   Ist es strafbar, wenn der Rechtsträger seiner Verpflegungsverpflichtung gemäß
§ 28 Abs. 1 Z
DG erst bei Zivildienstende durch eine rückwirkende Geldleistung
für den kompletten Zivildienst nachkommt?

Wenn ja:

a) Wie lautet der konkrete Straftatbestand?

b) Welche Maßnahmen sind hier vom Zivildiener zu setzen?

4.   Der Verfassungsgerichtshof hat die Verpflichtung der Behörden festgestellt, die
Angemessenheit der Verpflegung zu überprüfen. Als oberstes
Verwaltungsorgan und Berufungsbehörde obliegt die Beurteilung der
Angemessenheit einer konkreten Verpflegung letztlich Ihnen. Entspricht eine
tägliche Geldleistung von ausschließlich € 5,81 einer angemessenen
Verpflegung im Sinne des § 28 Abs. 1 Z
DG?

5.     Wie werden Sie in den anstehenden Ermittlungsverfahren den Begriff
„angemessen" (verpflegt werden) in Zusammenhang mit der Höhe einer
Geldleistung bei den Ermittlungsverfahren auslegen?

6.     Was ist Ihr Argument für ein unterschiedliches Verpflegungsgeld an
dienstfreien Tagen, im Krankenstand und bei Dienstfreistellungen?

7.  a) Welche Weisungen zum Verpflegungsanspruch sind von Ihnen bisweilen
ergangen?


b) Was ist Inhalt dieser Weisungen?

8.  Wie bewerten Sie die Qualität der von der Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H
ausgestellten Bescheide zum Anspruch auf angemessene Verpflegung?

9.  Wie bewerten Sie die Tatsache, dass die Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H
Feststellungsbescheide zum Anspruch auf angemessene Verpflegung erlässt,
deren Spruch von Juristen als Musterbeispiel für eine sog. "Nullerledigung"
herangezogen wird?

10.   Wie bewerten Sie die Tatsache, dass Beamte aus Ihrem Ressort
Verwaltungsverfahren aussetzen ohne dies den Parteien (Antragsteller bzw.
Beschwerdeführer) mitzuteilen?

11. a) Wie viele Anzeigen nach § 67 ZDG wurden seit dem Jahr 2002 von
Zivildienstpflichtigen mit der Behauptung eingebracht, der Rechtsträger komme
seiner Verpflichtung zur angemessenen Verpflegung nicht nach?

b) Welche Maßnahmen wurden in den einzelnen Fällen von den Behörden
gesetzt?

c) Welche Maßnahmen sind geboten?

d) Ist hier auch ein Feststellungsbescheid zu erlassen?
Wenn nein: Warum nicht?

12.  Wie viele ordentliche Beschwerden nach § 37a ZDG sind seit dem Inkrafttreten
der ZDG-Novelle 2001 von Zivildienstleistenden eingebracht und in letzter
Instanz erledigt worden?

13.  Wie viele Zivildienstpflichtige haben bislang einen Antrag auf Feststellung der
Angemessenheit ihrer Verpflegung gestellt?

14. Wie viele dieser beantragten Feststellungsbescheide wurden bislang von der
Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H. erlassen?

15. Wurde bei den dazu in 1. Instanz ergangenen Bescheiden die Frage der
konkreten Verpflegungssituation im Zuge eines Ermittlungsverfahrens geklärt,
so wie dies der Verfassungsgerichtshof als verfassungsrechtlich geboten
erachtet?

16.   a) Was ist Inhalt dieser Bescheide?

b) Worauf begründet die Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H. die Angemessen-
heit bzw. Unangemessenheit?

17.   Inwiefern berücksichtigen die Behörden im Zusammenhang mit der Höhe des
Verpflegungsgeldes die in der Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes
G 275/01 angeführten Maßstäbe für die Angemessenheit der Verpflegung,


nämlich die Regelung aus dem Wehrdienst §15 Abs. 2 HGG, sowie die
Verpflegungs-verordnung, BGBI. Nr. 288/1994 idF. BGBI.
II Nr. 25/2000?

18.  Wie lange beträgt die durchschnittliche Wartezeit von Zivildienstleistenden auf
einen Bescheid zur Feststellung der Angemessenheit der Verpflegung?

19. Wie viele Zivildienstpflichtige haben gegen einen solchen Bescheid in 1.
Instanz Berufung eingelegt?

20. Werden Sie als Berufungsbehörde jenen Berufungen stattgeben, welche sich
auf die auch im VfGh-Erkenntnis B1731/01 aufgezeigten Verfahrensmängel
stützen, oder erachten Sie diese Bescheide als verfassungskonform und geben
daher der Berufung nicht statt?

21.  Werden Sie als Berufungsbehörde die verfassungsrechtlich gebotene
Überprüfung der konkreten Verpflegung selbst durchführen?

Wenn ja: Werden Sie in einem Feststellungsbescheid darüber absprechen?

Wenn nein: Werden Sie dazu die Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H auffordern,
mit der Folge, dass das Verfahren der berufenden Zivildiener erneut in 1.
Instanz behandelt werden muss?

22.  Welche Konsequenzen hat ein Feststellungsbescheid, der die
Unangemessenheit der erfolgten Verpflegung feststellt

a) für den Zivildienstpflichtigen,

b) für die Anerkennung der Einrichtung,

c) für den Rechtsträger

d) für die zuständigen Behörden?

23.  Wie viele Zivildienstpflichtige haben bislang einen Antrag auf Gewährung einer
Aushilfe nach § 28a Abs. 2 Z
DG gestellt?

24. Wie viele der beantragten Aushilfebescheide wurden bislang von der
Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H. erlassen?

25.   Wie viele davon leisteten zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch ihren
ordentlichen Zivildienst?

26.   Wie vielen Zivildienstpflichtigen wurde die beantragte Aushilfe gewährt?

27.   Wurde bei den bisher in 1. Instanz ergangenen Bescheiden die Frage der
konkreten Verpflegungssituation im Zuge eines Ermittlungsverfahrens geklärt,
so wie dies der Verfassungsgerichtshof als verfassungsrechtlich geboten
erachtet?


28.   Was ist Inhalt dieser Bescheide und worauf begründet die
Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H. die Abweisung der Aushilfe?

29.  Wie lange beträgt die durchschnittliche Wartezeit von Zivildienstleistenden auf
einen solchen Bescheid?

30. Wie viele Zivildiener haben gegen den Bescheid der 1. Instanz Berufung
eingelegt?

31.   Werden Sie als Berufungsbehörde jenen Berufungen stattgeben, welche sich
auf die auch im VfGh-Erkenntnis B1731/01 aufgezeigten Verfahrensmängel
stützen?

Wenn nein: Erachten Sie diese Bescheide als verfassungskonform?

32.  Werden Sie als Berufungsbehörde die verfassungsrechtlich gebotene
Überprüfung der konkreten Verpflegung selbst durchführen?

Wenn ja: Werden Sie in einem Feststellungsbescheid darüber absprechen?

Wenn nein: Werden Sie dazu die Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H auffordern,
mit der Folge, dass das Verfahren der berufenden Zivildiener erneut in 1.
Instanz behandelt werden muss?

33.  Ist eine Aushilfe nach § 28a Abs. 2 ZDG auch mehrmals für einen länger
andauernden Missstand im Bereich der Verpflegung möglich bzw. geboten?

34.  a) Welche Bestimmungen gibt es zur Gewährung einer Aushilfe gemäß § 28a
Abs. 2 Z
DG?

b) Werden Sie zur Klarstellung einen Durchführungs-Erlass bzw. eine
Durchführungs-Verordnung erlassen?

35.  Die Aushilfe sollte zur Überbrückung einer Lücke dienen, also innerhalb kurzer
Zeit gewährt werden. Gibt es dafür Fristen?

Wenn ja: Gibt es Konsequenzen, wenn diese Fristen nicht eingehalten werden?
Wenn nein: Wollen Sie dafür Fristen festlegen?

36. a) Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass Anträge auf Gewährung einer
Aushilfe, die von aktiven Zivildienern eingebracht wurden, nach mehreren
Monaten mit der Begründung abgewiesen werden, sie leisten keinen Zivildienst
mehr und können sich deshalb nicht auf diese Bestimmung berufen?

b) Ist Ihnen bekannt, dass ein solcher Bescheid auch an einen Zivildiener
ergangen ist, der zu diesem Zeitpunkt noch Zivildienst geleistet hat?