1241/J XXII. GP

Eingelangt am 11.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Lunacek, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Justiz

betreffend weitere Vorgehensweise im Falle des verurteilten ehemaligen
österreichischen UN-Polizisten im Kosovo

Der österreichische Polizist Martin A. wurde am 26. Februar 2002 gemeinsam mit
zwei kosovo-albanischen Polizeioffizieren in Prizren wegen des Verdachts auf
Misshandlung eines Albaners festgenommen. Noch bevor er einem Gericht
vorgeführt wurde, war er mit Hilfe der österreichischen Behörden unverzüglich nach
Österreich gebracht worden, was zu Verstimmungen zwischen der UNO und
Österreich führte. Der österreichische U NO-Botschafter Gerhard Pfanzelter
vermutete in einem Brief an UN-Generalsekretär Kofi Annan eine „Intrige (einiger
UNO-Beamter) gegen Herrn A." und drohte mit einer Einstellung der österreichischen
Teilnahme an friedenserhaltenden Operationen der UNO, was im UNO-
Generalsekretariat „Bestürzung" und „Verstimmung" auslöste (profil, 11.3.02, S.16).
Als Grund für die Rückbringung wurde seitens des Außen- und Innenministeriums
A.s schlechter Gesundheitszustand angegeben, ein Sprecher des Innenministeriums
sprach laut Bericht der Washington Post vom 6. März 2002 sogar von einer
Suizidgefahr.

Am 7. Oktober 2003 wurde der Polizist in Abwesenheit zu drei Jahren unbedingter
Freiheitsstrafe verurteilt. Laut der Tageszeitung „Die Presse" vom 8. Oktober 2003
wurde A. in vier von sechs Anklagepunkten für schuldig befunden: leichte
Körperverletzung, Erzwingung einer Aussage, Misshandlung und Amtsmissbrauch.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Da die Anklage von schwerer in leichte
Körperverletzung abgemildert wurde, war das Bezirksgericht in Orahovac für den Fall
zuständig, das keinen internationalen Haftbefehl beantragen kann.

Martin A. war nach seiner Rückbringung nach Österreich laut Angaben der „Presse"
vom 9. Oktober 2003 in Wien als Streifenpolizist tätig, soll aber nach Angaben des
Innenministeriums wieder in den Innendienst versetzt werden. Eine Suspendierung
des Beamten kann erst dann erfolgen, wenn aufgrund einer Disziplinaranzeige die
Disziplinarkommission eine solche beschließt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.            Laut einem Bericht der „Presse" vom 8. Oktober 2003 will die österreichische
Justiz den Fall von Martin A. verhandeln. Welche Schritt sind diesbezüglich
bereits unternommen worden?

2. Wie und in welchem zeitlichen Rahmen wird in derartigen Fällen
normalerweise von den österreichischen Behörden vorgegangen?


3. Auf welche Bestimmungen könnte sich eine eventuelle Anklage in Österreich
stützen?

4.  Laut oben erwähntem Bericht der „Presse" ist man im Landesgericht für
Strafsachen in Wien „verärgert", weil man von der UN Interim Administration
Mission in Kosovo (UNMIK) nicht involviert wurde und keine Akteneinsicht
erhielt. Wurde Akteneinsicnt verlangt?

5. Wenn ja, wie wurde seitens der UNMIK die Verweigerung der Akteneinsicht
begründet? Seit wann bemüht man sich seitens des Wiener Landesgerichts
um diese Akten? Wird man sich weiterhin um die UNMIK-Unterlagen
bemühen?

6.   Wenn nein, warum wurde noch keine Akteneinsicht verlangt?

7.       Wurden die Prozessakten vom Bezirksgericht in Orahovac bereits
angefordert? Wenn nein, warum nicht?