1245/J XXII. GP

Eingelangt am 16.12.2003
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ANFRAGE

der Abgeordneten Dr. Kräuter

und GenossInnen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend rechtsstaatlich bedenkliche Vorgangsweise des ESTAG-

Aufsichtsrates im Zusammenhang mit möglichen Bilanzfälschungen in einer

Größenordnung von bis zu 50 Millionen Euro

Im Zusammenhang mit einem von ESTAG-Vorstandsdirektor Dr. Georg
Hirschmann offensichtlich nicht unbegründet erhobenen Vorwurf der
Bilanzfälschung hat der Aufsichtsrat des steirischen Energiekonzerns am
12. Dezember 2003 festgestellt, dass „sich die für eine Tochtergesellschaft
rückwirkend für das Geschäftsjahr 2001 getroffene Risikovorsorge
hinsichtlich ihrer Periodenzuordnung und bezüglich ihrer Offenlegung nicht
rechtfertigen lässt" und „dem Aufsichtsrat die für eine fundierte
Meinungsbildung notwendige Information nicht in ausreichender und
sachgerechter Form zur Verfügung stand" (Steirerkrone vom 13.12.2003).

Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Johannes Ditz hat sodann unter Berufung
auf ein von ihm selbst beauftragtes - privates - Gutachten von Dozent
Walter Platzer im Stile einer staatsanwaltschaftlichen Erklärung verlautbart,
dass „dadurch jedoch der Strafbestand des § 255 Aktiengesetz nicht erfüllt
worden wäre ...".

Der wissenschaftliche Chef des unabhängigen Dozenten an der
Wirtschaftsuniversität, Prof. Romuald Bertl, hält Anteile an der in der
fragwürdigen Zeit eng mit der ESTAG verflochtenen HGI, deren Teilhaber,
Norbert Ertl, aufgrund massiver Unvereinbarkeiten als
Aufsichtsratsvorsitzender der ESTAG kürzlich zurücktreten musste.

Zur Wahrung eines funktionierenden Rechtsstaates und der
Aufrechterhaltung der Funktion des Aktiengesetzes richten die


unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Justiz
nachstehende

Anfrage:

1.     Wie beurteilen Sie grundsätzlich und rechtspolitisch den Umstand,
dass von einem Aufsichtsrat die Analyse von strafrechtlich relevanten
Umständen ohne weitere Konsequenzen auf Basis eines privaten und
von ihm selbst beauftragten Gutachtens durch einen offensichtlich
nicht ganz unbefangenen Dozenten vorgenommen wurde?

2.     Wie ist die einstimmige Kenntnisnahme des Vorganges durch den
Aufsichtsrat und das Übergehen zur Tagesordnung trotz des offenen
Vorwurfes der „Bilanzfälschung" durch ein Vorstandsmitglied zu
bewerten und welche rechtliche Konsequenzen können aus diesem
Verhalten für die Aufsichtsratsmitglieder resultieren?

3.     Wäre es aus Ihrer Sicht besser, ESTAG-Aufsichtsratsvorsitzender
Johannes Ditz würde die Angelegenheit jetzt sofort zur
strafrechtlichen Prüfung der Staatsanwaltschaft übergeben, wenn
nein, warum nicht, wenn ja, welche Konsequenzen bringt eine
Unterlassung der Mitteilung dieses Sachverhaltes für den
Aufsichtsratsvorsitzenden mit sich?

4.     Sollte Aufsichtsratsvorsitzender Ditz nicht handeln, werden Sie in

Ihrer Funktion als Justizminister die Staatsanwaltschaft einschalten?

5.     Wir beurteilen Sie die Vorgänge im Jahre 2003 innerhalb der ESTAG
im Hinblick auf die Anwendung des „österreichischen Corporate
Governance Kodex"?