1253/J XXII. GP

Eingelangt am 17.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Lunacek, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Aktivitäten der OMV in Ecuador und Venezuela

Die OMV, an der die ÖIAG mit 35 % Mehrheitseigentümer ist, hat mit 1. Januar 2003
das internationale E&P-Geschäft der Preussag Energie GmbH erworben. Dazu
gehören auch Anteile von 25% am Block 7 und 17,5% am Block 21 in den
Regenwaldgebieten von Ecuador sowie in Venezuela Anteile an den
Ölfeldern
Cabimas und Boqueron.

Die massiven Probleme, welche die Erdölindustrie im Ecuadorianischen Regenwald
verursacht, sind seit vielen Jahren bekannt und umfassen nach Darstellung der
Nichtregierungsorganisationen GLOBAL 2000
(www.global2000.at) und Rettet den
Regenwald
(www.regenwald.org) folgende Aspekte:

     Seit den ersten Erdölfunden verschuldet sich Ecuador immer mehr, da
Investitionen durch Kredite getätigt werden, die durch die Öleinnahmen nicht
völlig zurückbezahlt werden können.

     Gegen Texaco, den ersten Erdölproduzenten in Ecuador, läuft seit Jahren ein
Entschädigungsprozess indigener Völker wegen massiver Umweltzerstörungen
und Menschenrechtsverletzungen.

          Medizinische Studien belegen ein erhöhtes Vorkommen verschiedener
Krebsarten, hauptsächlich im Atemwegs- und Verdauungsbereich.

   40% des Regenwaldes von Ecuador sind durch die direkten und indirekten
Auswirkungen der
Ölförderung bereits zerstört.

   Einige der ursprünglich in dieser Region lebenden indigenen Völker existieren
bereits nicht mehr. Die verbliebenen indigenen Völker müssen in den Erdöl-
Fördergebieten ihre traditionelle Lebensweise aufgeben und geraten in
wirtschaftliche Abhängigkeit zu den
Ölfirmen. Die Folge sind kulturelle
Entwurzelung, Krankheiten und ein drastischer Anstieg von Alkoholismus und
Prostitution.

Am 4. November wurde Angel Shingre, Leiter der Rechtshilfe-NGO „Oficina de
Derecho Ambiental" und langjähriger Umwelt- und Menschenrechtsaktivist, in der im
Zentrum des
Ölfördergebietes liegenden Stadt Coca auf offener Straße erschossen.
Angel Shingre war ein Partner österreichischer Entwicklungs- und
Umweltorganisationen. Der Mord wird mit Shingres Engagement für die indigene
Bevölkerung und gegen die in Ecuador tätigen
Ölkonzerne in Verbindung gebracht.
Nur 2 Tage später, am 6. November, reiste eine OMV-Delegation nach Ecuador, um
ein Umwelt-Audit in den
Ölfeldern durchzuführen, die von der OMV im Zuge des
Preussag-Kaufs übernommen werden sollen.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.   Wie beurteilen die Vertreter der ÖIAG im Aufsichtsrat der OMV die Übernahme
der Preussag Energie GmbH durch die OMV und die damit gekauften Anteile an
den Ölfeldern in Ecuador?

2.  Ist die ÖIAG im Rahmen ihrer Kontrollfunktion über den derzeitigen Stand der
Ecuador-Akquisition unterrichtet? Wenn ja, ist der Kauf nun abgeschlossen?
Wenn der Verkauf nicht abgeschlossen ist, was genau fehlt noch für einen
Vertragsabschluss?

3.  Ist die ÖIAG im Rahmen ihrer Kontrollfunktion über den derzeitigen Stand der
Akquisition aus dem Preussag Kauf in Venezuela unterrichtet? Wenn ja, ist der
Kauf abgeschlossen? Wenn der Verkauf nicht abgeschlossen ist, was genau fehlt
noch für einen Vertragsabschluss?

4.  Werden sich die Vertreter der ÖIAG im Aufsichtsrat der OMV dafür einsetzen,
dass sich die OMV nicht an der ökologisch und sozial zerstörerischen
Ölförderung in Ecuador beteiligt? Wenn ja wann? Wenn nein, warum nicht?

5.   Welche Schlussfolgerungen hat der OMV-Vorstand aufgrund des Umwelt-Audits
gezogen? Welche Maßnahmen sind aufgrund des Umwelt-Audits geplant?

6.   Wurden die Vertreter der ÖIAG im Aufsichtsrat der OMV von den Ergebnissen
des Umwelt-Audit informiert? Wenn nein, werden sie die Ergebnisse anfordern?
Wenn ja, entsprechen die Ergebnisse den Code of Conduct(CoC)-Kriterien der
OMV? Wenn die Ergebnisse nicht den CoC-Kriterien entsprechen, welche
Konsequenzen werden daraus gezogen?

7.   Gab es auch ein Umwelt-Audit über die Förderung in jenen Ölfeldern in
Venezuela, die aus dem Preussag Kauf stammen? Wenn ja, zu welchen
Ergebnissen kam man bei diesem Audit? Wenn nein, warum wurde kein Umwelt-
Audit durchgeführt?

8.  Laut Code of Conduct sind bei internen Prüfungen von Entscheidungen über
geschäftliche Aktivitäten auch „Erkenntnisse einschlägiger NGOs"
heranzuziehen. Welche Erkenntnisse welcher NGOs wurden in das Umwelt-Audit
in Ecuador einbezogen? Falls es in Venezuela ein Umwelt-Audit gab, welche
NGOs wurden dort einbezogen?