1318/J XXII. GP

Eingelangt am 14.01.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Mag. Ulli Sima

und GenossInnen

an den Bundeskanzler

betreffend ReaktorUNsicherheit deutscher Atomkraftwerke und Reaktion der

österreichischen Bundesregierung auf das enorme Bedrohungspotential für die

österreichische Bevölkerung

Seit dem Anschlag auf das World Trade Center im September 2001 wird über die Gefährdung
von Atomkraftwerken durch beabsichtigte Flugzeugabstürze heftig diskutiert. Innerhalb der
EU und den Beitrittskandidatenländern sind kurz nach dem 11 .September 2001
unterschiedliche Maßnahmen ergriffen worden, die jedoch nur auf den verbesserten Schutz
von Kernanlagen vermittels polizeilicher und militärischer Maßnahmen abgestimmt waren.

Im Fall eines terroristisch motivierten Angriffs auf ein Atomkraftwerk kann - sofern die
entsprechende Anlage nicht durch die Ausführung des Containments und das Arrangement
von Hilfsanlagenteilen ausreichend geschützt ist - mit bedeutenden Freisetzungen von
radioaktiven Stoffen in die Umwelt gerechnet werden. Die Gefährdung, die sich aufgrund der
Vielzahl von Atomkraftwerken im näheren und ferneren Abstand zur österreichischen Grenze
für die österreichische Bevölkerung ergeben könnte, hat daher auf unterschiedlichen
politischen Ebenen diskutiert und es müssen Initiativen im bilateralen aber auch europäischen
Kontext gesetzt werden.

Anlässlich von jüngst erfolgten Presseveröffentlichungen von internen Dokumenten aus dem
deutschen Umweltministerium hat die Frage der Bedrohung Österreichs durch nicht
ausreichend gegen Terrorangriffe geschützte Atomkraftwerke eine neue Bedeutung
bekommen, die es auch in der einschlägigen Strategie der Bundesregierung zur Erwirkung
eines atomkraftwerkreinen Mitteleuropas zu bedenken gibt.

Denn laut einer bislang unter Verschluss gehaltenen Studie der deutschen „Gesellschaft für
Anlagen- und Reaktorsicherheit" würde das bayrische AKW Isar l einer terroristischen
Attacke mit einem Passagierflugzeug nicht Stand halten. Das AKW liegt nur 70 km von
Österreich entfernt. Mit sämtlichen gängigen Passagierflugzeugtypen wären laut dieser Studie
Terroristen in der Lage, einen atomaren SuperGAU auszulösen

Von Seiten der österreichischen Bundesregierung sind seit Publikwerden der Existenz dieses
Geheimdokumentes (siehe dazu „news" Nr 50/03 vom 11. 12. 03) keinerlei Reaktionen
bekannt.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler nachstehende

Anfrage:

l.   Welche Maßnahmen sind der Bundesregierung bekannt, die nachfolgend dem Angriff
auf das World Trade Center in den Staaten der Europäischen Union, den


Beitrittskandidatenländern aber auch in der Schweiz als Schutzmaßnahme gegen
Terrorangriffe gegen Atomkraftwerke bzw. Anlagen des Kernbrennstoffzyklus
ergriffen wurden und auch heute noch in vollem Umfang in Kraft sind? (Bitte um
tabellarische Darstellung nach Ländern, Art der Maßnahme, Bedeutung nach
Effektivität)

2.   Wie beurteilen Sie die ergriffenen Maßnahmen? Inwieweit erachtet die

Bundesregierung die entsprechend ergriffenen Maßnahmen als ausreichend und
adäquat?

3.  Welche zusätzlichen Maßnahmen sind nach Ansicht der Bundesregierung erforderlich,
sodass ein ausreichender Schutz der Atomkraftwerke gegen absichtlich herbeigeführte
Flugzeugabstürze gegeben ist?

4.    In welchen Fällen unzureichenden Schutzes erachtet die Bundesregierung die
Abschaltung von Atomkraftwerken als zweckmäßige Maßnahme?

5.   Für welche Typen von Anlagen wäre dies in Geltung zu bringen?

6.   Welche Folgen für die österreichische Bevölkerung und die Umwelt wären
anzunehmen, sollte einer der im Umkreis von 200 km zur österreichischen.
Staatsgrenze befindlichen Anlagen derartig beschädigt werden und eine Freisetzung
von Radioaktivität erfolgen?

7.   Liegen der Bundesregierung Informationen aus diesen Ländern vor, welche die
Auslegung von Atomkraftwerken und Anlagen des Kernbrennstoffzyklus im
Zusammenhang mit Angriffen mittels Verkehrsmaschinen zum Inhalt haben?

8.   Um welche Informationen handelt es sich hierbei und wann wurden diese erstellt?

9.   Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den obig angefragten
Informationen?

10. Sind der Bundesregierung Informationen bekannt, denen zufolge Atomkraftwerke in
Deutschland nicht ausreichend gegen Terrorangriffe mittels Verkehrsflugzeugen
geschützt sind?

11. Um welche Atomkraftwerke handelt es sich hierbei und wie bewertet die

Bundesregierung die Gefährdung Österreichs im Falle eines Angriffes auf eine dieser
Anlagen?

12. Ist der Bundesregierung bekannt, dass der Anflugkorridor für den neuen Münchner
Flughafen über das bayrische Atomkraftwerk Isar führt?

13. Welche politischen und diplomatischen Schritte hat die Bundesregierung gegenüber
der Deutschen Bundesregierung ergriffen, um auf die dringlich erforderliche
Verbesserung des Schutzes von Kernanlagen gegen Terrorangriffe zu drängen?

14. Welche politischen und diplomatischen Schritte beabsichtigt die Bundesregierung
gegenüber Deutschland in näherer Zukunft zu setzen, um auf den zu verbesserenden
Schutz von Kernanlagen in Deutschland hinzuweisen?


15. Welche Ressortminister befassen sich mit dieser Frage?

16. Hat bzw. wird die Bundesregierung die Abschaltung von jenen Atomkraftwerken in
Deutschland verlangen, die nicht ausreichend gegen Terrorangriffe mittels
Verkehrsflugzeugen geschützt sind?

17. Falls nein, warum nicht?

18. Hat bzw. wird die Bundesregierung in den Gremien der Europäischen Union die
Problematik des ungenügenden Schutzes von Atomkraftwerken gegen Terrorangriffe
mittels Verkehrsflugzeugen zur Sprache gebracht?

19. Falls ja, wann und mit welchem Resultat?

20. Falls nein, warum nicht?

21. Kennen Sie die oben genannte Studie der Gesellschaft für Anlagen- und
Reaktorsicherheit" (GRS)?

22. Falls nein, haben Sie diese von Ihrem deutschen Amtskollegen bereits eingefordert?

23. Falls nein, warum nicht?

24. Falls ja, seit wann liegt Sie Ihnen vor?

25. Wie werden Sie auf das nun bekannt gewordene Bedrohungspotential durch das
deutsche AKW Isar l reagieren?

26. Werden Sie die Schließung des 26 Jahre alten AKWs fordern?

27. Werden Sie in allen anderen EU-Mitgliedstaaten (inklusive neuer Mitglieder) die
Überprüfung der Reaktorsicherheit im Hinblick auf eine terroristische Attacke mit
einem Passagierflugzeug einfordern?

28. Falls nein, warum nicht?