1435/J XXII. GP

Eingelangt am 10.02.2004
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur

 

 

betreffend 100 Tage Homepage „klassezukunft.at“ – eine kritische Bilanz und die Frage nach Dr. Zensor

 

Am 25. Oktober 2003 wurde die Diskussionsplattform www.klassezukunft.at präsentiert. In erster Linie wurde diese Homepage ins Leben gerufen um eine breite Diskussion über die Vorschläge der Zukunftskommission zu ermöglichen. Die Plattform wurde mit großem Aufwand unter anderem über TV-Spots beworben. Darüber hinaus wurden viele LehrerInnen von Ihnen direkt über Mailings aufgefordert, sich an der Diskussion zu beteiligen. Nach 100 Tagen ist Zeit für eine kritische Bilanz.

 

Von Beginn an gab es Kritik daran, dass auf der Plattform keine offene Diskussion zugelassen wurde, sondern die BearbeiterInnen der Homepage entschieden haben, welche Beiträge veröffentlicht werden. Es ist bemerkenswert, dass sich in den 349 Beiträgen keine Kritik an Bildungsministerin Gehrer bzw. der Bildungspolitik der schwarz-blauen Bundesregierung findet. Angesichts einer Vielzahl von Protestschreiben, die wir im Zusammenhang mit den Stundenkürzungen und der Frühpensionierungswelle Anfang Dezember 2003 erhielten liegt der Verdacht nahe, dass kritische Beiträge zu diesen Maßnahmen nicht auf der Homepage veröffentlicht wurden. Kritik ist zwar möglich, aber Missstände dürfen offenbar nicht den Verantwortlichen zugeschrieben werden, sondern nur in allgemeiner Form angesprochen werden.

 

Beiträge können zu den Themen „Europäische Bildungsperspektiven“, „Qualität“, „Schulpartner“ (korrekt sollte es gemäß Rundschreiben 22/2002 zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern im gesamten Bereich des BMBWK als Grundlage zur Umsetzung des Gender Mainstreaming wohl „SchulpartnerInnen“ heißen) und „Zukunftskommission“ abgegeben werden. Die schwammige Formulierung der Themen führt dazu, dass quer über alle Foren in Kraut-und-Rüben-Form diskutiert wird.

 

Angesichts der äußerst geringen Anzahl an Personen, deren Beiträge veröffentlicht wurden, kann die Plattform nur als Flop bezeichnet werden. Obwohl Bildungsministerin Gehrer schon Anfang Jänner 2004 von 250.000 Zugriffen berichtete, wurden innerhalb der ersten 100 Tage nur 349 Postings von 255 Personen veröffentlicht.

 

 

 

 

Übersicht über die Postings der ersten 100 Tage:

 

 

25. Oktober 2003 bis 1. Februar 2004

 

 

 

 

 

 

 

Thema                                                 

User

Postings

 

 

Schulpartner

  20

    23

 

 

Europ. Bildungsperspektiven

  20

    21

 

 

Qualität

 161

  197

 

 

Zukunftskommission

  88

  108

 

 

Brutto

 289

  349

 

 

Bereinigt von Usern, welche mehrfach posten

 255

 

 

 

 

 

 

 

 

Mittlerweile müsste die Zahl der Zugriffe über 300.000 liegen. Daher wurden von weniger als einem Promille der zugreifenden Personen Beiträge veröffentlicht. Diese Zahl lässt nur zwei Schlüsse zu: Entweder wurde die Diskussionsplattform nicht genutzt oder es wurde eine große Zahl von Postings zensuriert.

 

Diskussionshemmend hat sich vermutlich die für Internetforen unübliche Notwendigkeit der vollen Identifizierung der TeilnehmerInnen ausgewirkt. Adresse, Vor- und Nachname sowie die Emailadressen wurden abgefragt, obwohl das BMBWK ohnehin bei jedem einzelnen Beitrag entschieden hat, ob er veröffentlicht wird.

 

Beispielhaft der Beitrag von Gernot Pedrazzoli, der weder beantwortet noch als Posting aufgenommen wurde:

 

„Hallo KlasseZukunft Redaktion

 

Nachdem ich laufend Post von euch bekomme, habe ich auch am ersten Tag ein wenig was geschrieben und irgendwo als "mein Beitrag" an die KlasseZukunft geschickt. Nur ich kann den Beitrag nirgends mehr entdecken.

Es wird doch nicht "Dr. Zensor" als weiteres unbekanntes Mitglied der Zukunftskommision im Hintergrund werken?

 

Nur wegen der Offenheit der Diskussion.

Anbei nocheinmal mein Beitrag,

 

 

Liebe Frau Bundesminister, liebe klasse:zukunft

 

Also stand in meinem Briefkasten:

Die Qualität an Österreichs Schulen ist bereits top - dies soll ein Ansporn

sein, sie zu verbessern.

Denn: "Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein!"

Die Initiative klasse:zukunft bietet uns allen die Möglichkeit

mitzugestalten.

Super, denk ich mir, wenn wir jetzt alle fleißig mitarbeiten, denn werden wir für unser besser Werden weiter so belohnt, wie bisher.

·       Streichung von Schulstunden

·       Streichung von Stützlehrern

·       Belohnung zum Stundenklauben im A/B/C Topf

·       Längere Lebensarbeitszeit

·       Berufsbilddemontage in der Öffentlichkeit durch die Schulpolitik etc.

·       Schulautonome Mangelverwaltung

·       Studiengebühren

 

Was erwartet uns an Belohnungen für unser Wohlverhalten in der Zukunft?

·       Abschaffung der Definitivstellung

·       Schulleiter suchen Personal selbst aus. Das wird sicher lustig

·       All inklusiv Lehrer mit verpflichtender Anwesenheit an Nachmittagen zur Gratisbetreuung

·       Standardisierung der Leistungsbeurteilung mit damit verbundenem Ranking nach „NEWS“ Manier

·       Schulrankings, als würden wir Autoreifen herstellen

·       Sponsoring aus der Privatwirtschaft für die Braven

·       Privatisierung von Bildungsangeboten

·       Einstiegshürden zu Bildungseinrichtungen (Uni, Fachhochschulen und AHS Unterstufe finden derzeit schon immer mehr schleichende Einstiegshürden)

·       Lebenslanges Lernen wird zum Hohn, wenn die Ausbildung zur Berufsausbildung schon jetzt für viele nur mehr erschwert möglich ist.

 

Alles unter dem Deckmantel der Objektivierung zur Erreichung europäischer Standards?

 

Also, um bei diesem Projekt mitzumachen, muss man schon sehr blauäugig sein, gell!

 

Schöne Grüße

Gernot“

 

Merkwürdig ist auch die kryptische Ankündigung der regionalen Veranstaltungen. Unter der Rubrik news findet sich Datum und Bundesland der jeweiligen Veranstaltung. Weder Uhrzeit noch Ort scheinen auf, obwohl die rechtzeitige Veröffentlichung angkündigt wurde. Es gab auch keine Möglichkeit, sich für die Veranstaltungen anzumelden. Die Einladungen wurden offenbar über die jeweiligen Landesregierungen ausgesprochen. Obwohl wichtige Multiplikatoren der Bildungsöffentlichkeit als Zielgruppe benannt wurden, sind in Bundesländern wie Niederösterreich nicht einmal die Bildungssprecher der Landtagsparteien eingeladen worden. OppositionspolitikerInnen auf Podien waren bei den Veranstaltungen ohnehin nicht vorgesehen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

 

  1. Wie hoch waren die Kosten für die Bewerbung der Internetseite www.klassezukunft.at?

 

  1. Schlüsseln Sie die Kosten bitte nach den verschiedenen Medientiteln auf.

 

  1. Aus welchen Budgetansätzen erfolgte die Finanzierung der Kosten der Bewerbung?

 

  1. Wie hoch waren die Kosten für Erstellung der Internetseite www.klassezukunft.at?

 

5.      Wurde die Erstellung ausgeschrieben? Wenn ja, wie viele Angebote sind eingelangt? Wurde der/die Billigstbieterin ausgewählt?

 

  1. Sollte die Internetseite von MitarbeiterInnen Ihres Ministerium erstellt worden sein, wie viele MitarbeiterInnen waren beteiligt und wie hoch waren die Personalkosten für die Erstellung der Interseite?

 

  1. Wer betreut die Internetseite?

 

  1. Sollte die Internetseite extern betreut werden, wurde die Betreuung ausgeschrieben und wie hoch sind die Kosten für die Betreuung?

 

  1. Sollte die Internetseite von MitarbeiterInnen des Ministeriums betreut werden, wie hoch sind die Kosten für die Betreuung?

 

  1. Gab es externe Finanzierungen durch Sponsoring? Wenn ja durch wen und in welcher Höhe?

 

  1. Halten Sie die Homepage für benutzerInnenfreundlich?

 

  1. Wieso wurden die Themenkomplexe so schwammig benannt, so dass eine Kraut-und-Rüben-Diskussion fast unvermeidlich ist?

 

  1. Aus welchen Grund müssen DiskussionsteilnehmerInnen Name, Adresse und Emailadresse bekannt geben?

 

  1. Wofür werden diese Daten verwendet?

 

  1. Wurden die Daten in eigenen Datenbanken erfasst?

 

  1. Wer entscheidet, welche Beiträge veröffentlicht werden?

 

  1. Nach welchen Kriterien wird entschieden, welche Beiträge veröffentlicht werden?

 

  1. Wieso wurde das angeführte Posting von Gernot Pedrazolli nicht veröffentlicht?

 

  1. Wieso wurde die Anfrage Gernot Pedrazollis nicht beantwortet, was denn mit seinem Mail passiert sei?

 

  1. Wie viele Zugriffe wurden in den ersten 100 Tagen bis 1. Februar 2004 verzeichnet?

 

  1. Wie viele Beiträge sind zu den 4 vorgegebenen Themen von 25. Oktober bis 1. Februar 2004, also während der ersten 100 Tage, eingelangt?

 

  1. Von wie vielen verschiedenen Personen stammten die einlangten Beiträge?

 

  1. Wie viele der eingelangten Beiträge enthielten Kritik an der Bildungspolitik von Bildungsministerin Gehrer bzw. der schwarzblauen Bundesregierung?

 

  1. Wurden die Postings beantwortet?

 

  1. Wurden jenen Personen, deren Postings nicht veröffentlicht wurden, Erklärungen für die Nichtveröffentlichung gegeben?

 

  1. Werden Sie zu allen einlangten Vorschlägen Stellung nehmen?

 

  1. In welcher Form werden die Postings ausgewertet?

 

  1. Wieso wurden Ort und Uhrzeit der regionalen Veranstaltungen nicht auf der Homepage veröffentlicht?

 

  1. Wer wurde zu den regionalen Veranstaltungen eingeladen? Wer war für den Einladungsmodus zuständig?

 

  1. Wer ist Dr. Zensor?