1634/J XXII. GP
Eingelangt am 25.03.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und
GenossInnen
an
den Bundesminister für Finanzen
betreffend
„Aktion scharf gegen Brauereien und Gastronomie - Ergebnisse - schleichende
Steueramnestie?"
Vor
einigen Jahren (1999) wurde in der Öffentlichkeit bekannt, dass in Österreich durch
Brauereien oder Getränkelieferanten die Gastronomiebetriebe „schwarz" mit
Bier und
anderen Getränken beliefert wurden.
Lieferscheine und Rechnungen enthielten unrichtige
Angaben, um jenen „Schwarzverkauf' zu ermöglichen. Das Prinzip lautete oft
halbe-halbe.
Daraufhin wurde 1999 durch das BM für Finanzen eine „Aktion scharf"
gegen diese
Steuersünder eingeleitet. Bis zu 60 % sollen die Umsatz- und
Einkommenssteuererklärungen einzelner
Gastronomiebetrieben differieren - so damals
die Finanz, die diese Machenschaften u.a.
auch als „mafios" bezeichnete. Gastronomie
und Brauereien dementierten jedoch sofort alle Vorwürfe.
Medienberichten
zufolge kam es aber in weiterer Folge zu Hausdurchsuchungen,
Unterlagen wurden beschlagnahmt (z.B. EDV) und (Finanz) Strafverfahren gegen
Gastronomiebetriebe und Brauereien bzw. sonstigen Lieferanten eingeleitet. Den
betroffenen Unternehmen drohten u.a.
Geldstrafen bis zum zweifachen des hinterzogenen
Betrages.
Die einzelnen Finanzlandesdirektionen bzw. Finanzämter haben sodann
Nachforderungen
für nicht bezahlte
Einkommens-, Umsatz-, Körperschafts- und Gewerbesteuer in
Millionenhöhe gestellt (Steuerliches Mehrergebnis). Auch gerichtliche
Strafverfahren
folgten. Aber nicht nur gegenüber Gastronomen und Manager, sondern nach
Presseberichten u.a. auch gegenüber Brauereimitarbeiter (sog. Beitragstäter).
Vorgeworfen wurde diesen eine mögliche Beteiligung an Steuerhinterziehungen
bzw.
Mitwisserschaft.
Gegenüber Gastronomiebetriebe wurde - ohne Rücksicht auf
deren wirtschaftliche
Situation - mit aller
Härte vorgegangen, hinterzogene Beträge nachgefordert und Strafen
ausgesprochen. Ob dasselbe Maß bei Nachforderungen und
Strafen auch gegenüber
Brauereien und
Getränkelieferanten angewandt wurde, wird allerdings von vielen
bezweifelt.
Jüngsten Pressemeldungen zu Folge sollen nun allerdings
Vollanzeigen gegen Brauereien
erstattet werden.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den BM für Finanzen nachstehende
Anfrage:
1.
Wie hoch war der Schaden bzw. die hinterzogenen Summen,
die seit 1993 durch
diese geschilderten
Abgabenverkürzungen der Republik Österreich insgesamt
entstanden sind?
2.
Wie
viele Hektoliter Bier wurden nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen
nicht versteuert? Welche Mengen an
sonstigen Getränken wurden nicht versteuert?
Fragen zur Gastronomie
3.
Gegen wie viele Gastronomiebetriebe bzw.
Konzessionsinhaber (Pächter) wurde in
diesem Zusammenhang
durch das BMF ermittelt? Wie viele Steuerprüfungen in
diesem Zusammenhang (von 1998 - 2002)
durchgeführt?
4.
In vielen Fällen wurde durch Konzessionsinhaber
(Pächter) bzw. Eigentümer von
Gastronomiebetrieben
Selbstanzeige erstattet? Was hatte dies zur Folge?
5.
In wie vielen Fällen wurde in Gastronomiebetrieben eine
Hausdurchsuchung
beantragt und
durchgeführt?
6.
Welches
Ergebnis erbrachten die österreichweiten Ermittlungen des BMF
(Finanzfahndung) bei Gastronomiebetrieben? Wie hoch war nach diesen
Überprüfungen das steuerliche Mehrergebnis
(aufgeschlüsselt nach Abgabenarten
und Bundesländer/FLD)?
7.
Wurde dieses ermittelte steuerliche Mehrergebnis
(hinterzogene Beträge) von den
Betroffenen zur Gänze
bezahlt? Wenn nein, warum nicht?
8.
Wie
viele Personen wurden in diesem Zusammenhang verhaftet?
9.
In
wie vielen Fällen wurden gegenüber Gastronomiebetrieben ein
verwaltungsbehördliches
Finanzstrafverfahren, eine gerichtliche Voruntersuchung
und ein gerichtliches Strafverfahren eingeleitet? Wie viele sind davon rechtskräftig
abgeschlossen? In wie vielen Fällen wird eine Anzeige durch die Finanz
noch
vorbereitet (jeweils Aufschlüsselung auf die Bundesländer bzw. FLD)?
10.
In wie vielen Fällen kam es zu einer rechtskräftigen
Verurteilung? Welche Strafen
wurden dabei verhängt?
Zu wie vielen Freisprüchen kam es?
Wie viele Verfahren wurden eingestellt (Ersuche jeweils
um Differenzierung
zwischen
verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren und gerichtlichen
Strafverfahren)?
11.Wo und wie wurden
diese Außenstände in der Parlamentarischen
Anfragebeantwortung
(Steuerschulden der österreichischen
Unternehmer/1267/XXII.GP) berücksichtigt? In wie vielen Fällen und in welcher
Höhe liegen bereits ausgefertigte
Rückstandsausweise vor (Aufschlüsselung nach
Abgabenarten)? An wie vielen Fällen wird noch gearbeitet?
12.
In wie vielen Fällen und aus welchen Gründen wurde den
Betroffenen die Zahlung
des
steuerlichen Mehrergebnisses - oder eines Teiles davon - erlassen? Wie hoch
war die Summe? Welche
Summen wurden gestundet?
13.
Wer
hat diese Entscheidungen konkret getroffen? Gab es in diesem
Zusammenhang Besprechungen mit der
jeweiligen Interessenvertretung (z.B. WK,
Brauereiverband)?
14.
Wenn ja, wer war dabei anwesend? Waren auch Sie bei
derartigen Gesprächen
anwesend? Was war das Ergebnis dieser Gespräche?
15.
In
wie vielen Fällen und aus welchen Gründen wurde den Betroffenen die
Geldstrafe - oder ein Teil davon - erlassen? Wie hoch war jeweils diese Summe?
16.
Wer
hat diese Entscheidungen konkret getroffen? Gab es in diesem
Zusammenhang Besprechungen mit der
jeweiligen Interessenvertretung (WK,
Brauereiverband)?
17.
Wenn ja, wer war dabei anwesend? Waren auch Sie bei
derartigen Gesprächen
anwesend? Was war das
Ergebnis dieser Gespräche?
Fragen zu
Brauereien und Getränkelieferanten
18.
Gegen wie viele Brauereien bzw. sonstige
Getränkelieferanten wurde in diesem
Zusammenhang (von 1998-2002) durch das BMF ermittelt (Aufschlüsselung auf
Bundesländer bzw.
FLD)? Wie viele Steuerprüfungen wurden in diesem
Zusammenhang durchgeführt?
19.
In vielen Fällen wurde durch Brauereien bzw. sonstige
Getränkelieferanten
Selbstanzeige
erstattet? Was hatte dies zur Folge?
20.
In wie vielen Fällen wurde in Brauereien bzw. bei
sonstigen Getränkelieferanten
eine Hausdurchsuchung
beantragt und durchgeführt?
21.
Welches
Ergebnis erbrachten die österreichweiten Ermittlungen des BMF
(Finanzfahndung) bei Brauereien bzw.
sonstige Getränkelieferanten? Wie hoch war
nach diesen Überprüfungen das steuerliche Mehrergebnis (aufgeschlüsselt
auf
Abgabenarten und Bundesländer/FLD)?
22.
Wurde das ermittelte steuerliche Mehrergebnis
(hinterzogene Beträge) von den
Betroffenen zur Gänze
bezahlt? Wenn nein, warum nicht?
23.
Wie
viele Personen wurden in diesem Zusammenhang verhaftet?
24.
In
wie vielen Fällen wurden gegenüber Brauereien bzw. sonstige
Getränkelieferanten ein
Finanzstrafverfahren, eine gerichtliche Voruntersuchung
und ein gerichtliches Strafverfahren eingeleitet? Wie
viele sind davon rechtskräftig
abgeschlossen? In wie
vielen Fällen wird eine Anzeige durch die Finanz noch
vorbereitet (Aufschlüsselung auf die Bundesländer bzw. FLD)?
25.
In wie vielen Fällen kam es zu einer rechtskräftigen
Verurteilung? Welche Strafen
wurden dabei verhängt? Zu wie vielen Freisprüchen kam es? Wie viele Verfahren
wurden eingestellt
(Ersuche jeweils um Differenzierung zwischen
verwaltungsbehördlichen
Finanzstrafverfahren und gerichtlichen Strafverfahren)?
26.
Wo
und wie wurden diese Außenstände in der Parlamentarischen
Anfragebeantwortung (Steuerschulden der österreichischen
Unternehmer/1267/XXII.GP) berücksichtigt?
In wie vielen Fällen und in welcher
Höhe liegen ein ausgefertigte Rückstandsausweise vor (Aufschlüsselung
auf
Abgabenarten)? An wie vielen Fällen wird noch gearbeitet?
27.
In wie vielen Fällen und aus welchen Gründen wurde den
Betroffenen die Zahlung
des steuerlichen
Mehrergebnisses - oder eines Teiles davon - erlassen? Wie hoch
war die Summe? Welche Summen wurden gestundet?
28.
Wer
hat diese Entscheidungen konkret getroffen? Gab es in diesem
Zusammenhang Besprechungen mit der
jeweiligen Interessenvertretung (z.B. WK,
Brauereiverband)?
29.
Wenn ja, wer war dabei anwesend (ersuche um namentliche
Bekanntgabe)? Waren
auch Sie bei
derartigen Gesprächen anwesend? Was war das Ergebnis dieser
Gespräche?
30.
In
wie vielen Fällen und aus welchen Gründen wurde den Betroffenen die
Geldstrafe - oder ein Teil davon - erlassen? Wie hoch war jeweils diese Summe?
31.
Wer
hat diese Entscheidungen konkret getroffen? Gab es in diesem
Zusammenhang Besprechungen mit der
jeweiligen Interessenvertretung (WK,
Brauereiverband)?
32. Wenn ja, wer war dabei anwesend (ersuche um
namentliche Bekanntgabe)? Waren
auch Sie bei derartigen Gesprächen anwesend? Was war das Ergebnis dieser
Gespräche?
Sonstige
Fragen zur „Aktion scharf"
33.
Ist
es richtig, dass Finanzbeamte einige Gastronomiebetriebe, Brauereien und
Getränkelieferanten mit Samthandschuhen angefasst haben? Welche
Verdachtsmomente lagen vor? Welche
Ergebnisse erbrachten die Nachprüfungen
durch die Amtsbetriebsprüfung bzw. die Steuerinspektion?
34.
Konnte
aus den beschlagnahmten Unterlagen nachgewiesen werden, dass
Brauereien bzw. Getränkelieferanten
Gastronomiebetrieben ein eigenes EDV-
Programm angeboten und Lieferungen auf dieser Basis durchgeführt haben?
Wenn ja, in wie vielen Fällen wurde dies nachgewiesen?
35.
Zu
welchen Konsequenzen führte dies?
36.
Haften
die Brauereien oder die Getränkelieferanten bzw. deren Organe als
Beitragstäter bei Uneinbringlichkeit der
Vorschreibung der Abgaben bzw. Strafen?
Wenn ja, in wie vielen Fällen wurde die Haftung durch das BMF bereits
geltend
gemacht? Wie viele Fälle werden
diesbezüglich noch geprüft? Um welche Beträge
geht es?
37.
Welche
Maßnahmen wurden in weiterer Folge durch das BMF dauerhaft gesetzt
um solche Manipulationen und systematischen
Steuerbetrag im Gastronomie- und
Brauereibereich zu verhindern?
38.
Hat
sich nach dieser „Aktion scharf" die Steuermoral in Gastronomie und bei
Brauereiunternehmen und Getränkelieferanten
erhöht? Wenn nein, warum nicht?
39.
Wie viele Betriebsprüfungen wurden 2002 und 2003 in der
Gastronomie und bei
Brauereien bzw.
Getränkelieferanten durchgeführt? Wie teilten sich diese auf
Groß-, Mittel- und Kleinbetriebe auf (Aufschlüsselung auf die Bundesländer)?
40.
Welches Ergebnis erbrachten diese Betriebsprüfungen
(Aufschlüsselung der
Ergebnisse auf die
Bundesländer)?
41.
Kam es im Zusammenhang mit dieser „Aktion scharf"
des BMF zu Insolvenzen?
Wenn ja, wie viele Betriebe waren betroffen? Welche Beträge gingen der Finanz
dadurch verloren oder
mussten diese durch „Beitragstäter" bezahlt werden?
42.
Sind
Gastronomiebetriebe, Brauereien und Getränkelieferanten, gegen die im
Rahmen der „Aktion scharf" ermittelt
wurde, von der geplanten Steueramnestie
ausgeschlossen?
43.
Können
Gastronomiebetriebe, Brauereien und Getränkelieferanten, gegen die
durch die Finanz überhaupt nicht ermittelt wurde, die geplante Steueramnestie
in
Anspruch nehmen, wenn diese Bier und andere
Getränke schwarz verkauft haben?
44.
Wenn
ja, sehen Sie darin nicht einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz?
Allgemeine
Fragen
45.
Wie
oft und in welchem Umfang wurde 2000, 2001, 2002 und 2003 auf die
Geltendmachung bzw. Eintreibung des
ermittelten steuerlichen Mehrergebnisses
teilweise oder zur Gänze verzichtet (Ersuche um Aufschlüsselung auf Summen,
Jahre und der Fälle auf Bundesländer)?
46.
Wenn
ja, aufgrund welcher Rechtsgrundlage wurde dies vorgenommen?
47.
Wer hat diese Entscheidungen jeweils getroffen?
Inwieweit waren Sie bei diesen
Entscheidungen
eingebunden? Wurden Sie darüber informiert?
48.
Wie
wurden diese Entscheidungen jeweils begründet?
49.
Wie
oft und in welchem Umfang wurde 2000, 2001, 2002 und 2003 auf die
Geltendmachung bzw. Eintreibung von Geldstrafen verzichtet oder die Strafe
herabgesetzt (Ersuche um Aufschlüsselung
auf Summen, Jahre und der Fälle auf
Bundesländer)?
50.
Wenn
ja, aufgrund welcher Rechtsgrundlage wurde dies vorgenommen?
51.
Wer hat diese Entscheidungen jeweils getroffen?
Inwieweit waren Sie bei diesen
Entscheidungen
eingebunden? Wurden Sie darüber informiert?
52.
Wie
wurden diese Entscheidungen jeweils begründet?
53.
Sehen Sie im Zusammenhang mit der „Aktion scharf"
einen Handlungsbedarf für
ein
Unternehmensstrafrecht in Österreich? Soll sich dieses auch auf das
Finanzstrafrecht beziehen?