1687/J XXII. GP

Eingelangt am 04.05.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Haidlmayr

, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz

betreffend Behindertenvertretungen in Unternehmungen

Behinderte Menschen im Arbeitsleben sehen sich einem immer größeren Druck des
Wettbewerbs am Arbeitsplatz ausgesetzt.

Die verschiedenen Behinderungen erschweren in vielen Fällen die täglichen
Anforderungen am Arbeitsmarkt. Immer mehr Dienstgeber neigen dazu, sich von
ihren Dienstnehmerinnen mit Behinderungen zu trennen.

Für den Betroffenen enden diese Maßnahmen meist in sozialen Katastrophen. Die
Chancen zur Wiedereingliederung in die Arbeitswelt sind gleich „NULL“.

Zieht man die gesetzlichen Vertreter dieser Menschen, nämlich die Behinderten- und
Zentralbehindertenvertrauenspersonen ins Kalkül, so muss man schnell feststellen,
dass diese in ihrer gesetzlichen Stellung gegenüber der Jugendvertrauenspersonen
oder dem Betriebsrat sehr stark benachteiligt sind.

Die ZBVPen der Steiermärkischen Krankenanstalten (KAGes) mit 16.500

Beschäftigten, davon 1.300 MitarbeiterInnen mit Behinderungen (nach BEinstG),

fordern daher den Gesetzgeber auf, eine Stärkung für ihre Tätigkeiten im

Arbeitsalltag zu erreichen.

Eine gesetzliche Aufwertung bzw. Besserstellung dieser Behindertenvertreter ist die

Voraussetzung für eine optimale Behindertenpolitik vor Ort (im Betrieb bzw. im

Unternehmen).

1.) Vertretung von behinderten ArbeitnehmerInnen

Unabhängig von der Anzahl der zu vertretenden begünstigten behinderten Menschen
sieht §22a Abs. 1 BEinstG. eine Behindertenvertrauensperson und maximal zwei
Stellvertreterinnen zur Betreuung vor. Demgegenüber gibt es für BetriebsrätInnen
gem. §50 ArbVG bzw. Jugendvertrauenspersonen gem. §125 ArbVG eine Art
Repräsentationssystem“, wonach aufgrund und nach Maßgabe der Anzahl der zu
vertretenden ArbeitnehmerInnen weitere Organe der ArbeitnehmerInnenschaft zu
wählen sind.

So enthält der §50 bzw. 125 ArbVG entsprechend der Zahl der zu vertretenden
ArbeitnehmerInnen eine Staffelregelung betreffend die Mitgliederzahl im Betriebsrat
bzw. des Jugendvertrauensrates.

Läge man diese Regelung auf die Behindertenvertrauensperson des Betriebes der
Steiermärkischen Krankenanstalten GmbH / LKH Graz um, könnte statt - wie bisher


1 Behindertenvertrauensperson und 2 Stellvertreterinnen - dann 7 Behinderten-
vertrauenspersonen sich die Betreuungsarbeit teilen.
Zur besseren Betreuung begünstigter behinderter Menschen ist daher die
Übernahme der §§ 50 bzw. 125 ArbVG in das BEinstG notwendig.

Nimmt man das LKH Graz mit der dortigen Behindertenvertretung der Angestellten
als Beispiel, so ergibt sich die Tatsache, dass für 350 begünstig behinderte
Mitarbeiterinnen eine Behindertenvertrauensperson und nur zwei Stellvertreterinnen
für die Belange der Menschen mit Behinderungen zur Verfügung stehen.

2.) Recht auf Abhaltung von Betriebsversammlungen

Unklar geregelt ist in § 22a BEinstG, wie weit zum Beispiel im Zuge der Wahl einer
Behindertenvertrauensperson, für den Fall, dass eine Betriebskörperschaft diese
boykottiert, der Behindertenvertrauensperson das Recht auf Einberufung einer
„Betriebsversammlung“ zur Wahl des Wahlvorstandes zusteht. Für BetriebsrätInnen
bzw. Jugendvertrauensrätlnnen finden sich im ArbVG explizite Regelungen, z.B. für
die Jugendvertrauensrätlnnen im § 124 ArbVG, sodass ein „Versammlungsrecht",
d.h. eine „Betriebsversammlung für begünstige behinderte Menschen“ ebenso klar in
BEinstG übernommen werden sollte.

Überdies ist in der Praxis zu bemerken, dass die Zahl der Fälle im steigen begriffen
ist, wonach Betriebskörperschaften entgegen der Bestimmung der § 22a Abs.2
BEinstG die Wahl der Behindertenvertrauensperson dahingehend vereiteln, als eine
korrekte gemeinsame bzw. Mitwahl der Behindertenvertrauensperson und
Betriebsrätinnen nicht durchgeführt wird. Es sollte daher die Wahl der Behinderten-,
Zentral- und Konzernbehindertenvertrauenspersonen von Betriebswahlen
abgekoppelt werden und auch nicht ausschließlich nach den Prinzipien des
vereinfachten Wahlverfahrens gem. § 58 ArbVG durchgeführt werden.

3.) Beistellung von Sacherfordernissen

Ebenso unklar geregelt ist die Beistellung von sogenannten Sacherfordernissen für
Behinderten-, Zentral- und Konzernbehindertenvertrauenspersonen durch den
Dienstgeber, da unseres Erachtens dem Gesetzgeber durch die zu enge
Formulierung des § 22a Abs. 10 BEinstG (auf die persönlichen Rechte und Pflichten
der Behindertenvertrauensperson sind die Bestimmungen des 4. Hauptstückes des
II
Teiles des ArbVG sinngemäß anzuwenden) ein Missgeschick dahingehend passiert
ist, dass zwar BetriebsrätInnen gem. § 72 ArbVG, Zentralbetriebsrätlnnen gem. § 84
ArbVG sowie Jugendvertrauenspersonen gem. § 128 ArbVG Sacherfordernisse vom
Dienstgeber beigestellt werden müssen, eine Regelung für
BehindertenvertreterInnen jedoch explizit des BEinstG nicht zu entnehmen ist,
sodass diese wohl echte Rechtslücke zur Zeit nur im Wege eines Analogieschlusses
beseitigt werden kann, für die in der Praxis betroffenen BehindertenvertreterInnen ein
nicht haltbarer Zustand, da zur Zeit um Büroräumlichkeiten und sonstigen
Sacherfordernissen oftmals „gerauft“ werden muss.


4.) Freizeitgewährung nach § 116 ArbVG

Dringend notwendig ist auch eine Präzisierung des §116 ArbVG (Freizeitgewährung

speziell für BVP).

In Betrieben unter 150 Menschen mit Behinderungen, also ohne Gültigkeit des § 117

(Freistellung) ist eine BVP sehr eingeschränkt in ihrer Tätigkeit, die

Behindertenbetreuung ordnungsgemäß durchzuführen.

Eine klare Zusatzverankerung im § 116, die besagt, dass in Betrieben ab 50

Menschen mit Behinderungen, die BVP z.B. ein Drittel ihrer 40 Std. Woche in

Anspruch nehmen kann, um ihrer Tätigkeit ordnungsgemäß nachgehen zu können,

ist angebracht.

5.) Kündigungsschutz für Stellvertreter

Klargestellt werden muss auch, dass den derzeitig normierten „StellvertreterInnen“,
der Behindertenvertrauenspersonen, welche nur die Rechte eines „Ersatz-
Betriebsrates“ haben, ein Kündigungsschutz gem. § 121 ArbVG zukommt.

Der Hinweis darauf sei gestattet, dass es in Österreich nicht allzu viele Betriebe
/ Unternehmen gibt, welche eine derart hohe Anzahl von behinderten
MitarbeiterInnen beschäftigen, sodass von Wirtschaftsseite große Bedenken
bzw. Widerspruch gegen diese dringenden Forderungen akzeptiert werden
könnten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Wie stehen Sie zu Vertretungen von Menschen mit Behinderungen in

Unternehmungen und was werden Sie konkret bis wann tun, um die Stellung
dieser Personen entsprechend zu verbessern?

1.1.                         Welche Änderungen können Sie sich zu Punkt 1 bis wann vorstellen?

1.2.                         Welche Änderungen können Sie sich zu Punkt 2 bis wann vorstellen?

1.3.                         Welche Änderungen können Sie sich zu Punkt 3 bis wann vorstellen?

1.4.                         Welche Änderungen können Sie sich zu Punkt 3 bis wann vorstellen?

1.5.                         Welche Änderungen können Sie sich zu Punkt 3 bis wann vorstellen?