1756/J XXII. GP

Eingelangt am 14.05.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an den Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

betreffend „Verdacht auf Tierquälerei in Schweinemast betrieben o.a."

Seit dem Jahr 2000 sind die Horrorzustände im Schweinemastbetrieb Beckerle
Innviertel (Braunau) den Behörden, Gerichten und der Öffentlichkeit bekannt.
Diverse Verwaltungsanzeigen sowie gerichtliche Anzeigen wegen Tierquälerei
und gefährlicher Drohung wurden erstattet. Im Jahr 2001 kam es zu einem
unerklärlichen und nicht nachvollziehbaren Freispruch beim LG Ried. Mittlerweile
wurden Medienberichten zur Folge weitere Strafanzeigen erstattet. In einem
Gutachten der Veterinärmedizin wurden die Vorwürfe gegenüber dem Inhaber
dieses Mastbetriebes mehrfach bestätigt.

Bereits in der XXI.GP wurde vom Fragesteller am 15.03.2001 nachfolgende
Anfrage an den damals zuständigen BM für Soziale Sicherheit und Generationen
gestellt. Eine ähnlich lautende Anfrage erging an den Landwirtschaftsminister:

„Der Bezirkshauptmann von Braunau berichtete Ende Februar 2001 von
furchtbaren und skandalösen Zuständen im größten oberösterreichischen
Schweinemastbetrieb. Insgesamt sind in den Stallungen 4000 Schweine
untergebracht. Ins Rollen brachte diesen Fall wiederum eine private
Tierschutzorganisation („ Verein gegen Tierfabriken "), die den Verdacht äußerte,
dass in diesem Betrieb die Schweinepest ausgebrochen sei. Daraufhin wurde eine
Überprüfung dieses Betriebes angeordnet,
dabei wurden die Haltungsmängel festgestellt.

So mussten - nach einer Schwerpunktkontrolle sogar Tiere getötet werden, damit
sie von ihrem Leid erlöst wurden da eine Gesundung der Tiere nicht mehr möglich
war. Wegen des Verdachts auf eine strafbare Handlung wurde auch eine Anzeige
wegen möglicher Tierquälerei beim Staatsanwalt eingebracht. Gleichzeitig wurde
nach Presseberichten bekannt, dass die Bezirkshauptmannschaft Braunau gegen
den Schweinemäster bereits ein Verfahren auf Tierhaltungsverbot eingeleitet hat.
Das Verfahren soll kurz vor dem Abschluss stehen.

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für soziale
Sicherheit und Generationen nachstehende Anfrage:

1.                   Ist Ihnen der oben geschilderte Sachverhalt bekannt?

2.                   Wenn ja, welche Maßnahmen haben sie nach Bekannt werden dieses Skandals
ergriffen?

3.                   Besitzt der Betreiber dieses Mastbetriebes im Bezirk Braunau eine
Genehmigung für die Haltung von ca. 4000 Schweinen?

4.                   Wenn nein, über welche Größe seines Betriebes besitzt er eine Genehmigung?

5.                   Wann wurde zuletzt von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft die
Einhaltung dieser Genehmigung überprüft?

6.     Wann wurde in den letzten drei Jahren dieser Betrieb durch den Amtstierarzt
überprüft (ersuche um Bekanntgabe der einzelnen Kontrollen)?

 


7.     Wurden dabei Missstände aufgezeigt und welche Maßnahmen wurden
vorgeschrieben um diese zu beseitigen?

8.                     Wurde in den letzten drei Jahren Anzeige gegen den Betreiber aufgrund dieser
Kontrollen erstattet? Wenn ja, wie viele und mit welchen Ergebnis?

9.                     Wie viele der geschlachteten Schweine wurden 1999 und 2000 aus diesem
Betrieb als untauglich (Fleischuntersuchungsgesetz) klassifiziert?

10.              Falls dies vorgekommen war, mit welchen konkreten Konsequenzen war dies
für den Betreiber dieses Mastbetriebes verbunden?

11.              Wann wurde das in den Medien erwähnte Verfahren auf Tierhaltungsverbot
gegen diesen Schweinemäster durch die BH Braunau eingeleitet?

12.              Welche konkreten Gründe lagen für die Einleitung dieses Verfahrens vor?

13.              Wann ist mit dem Abschluss des Verfahrens zu rechnen?

14.              Ist dieser Betrieb momentan geschlossen? Wenn nein, weshalb nicht?

15.   Wenn ja, für wie lange? "

Die Antwort des damaligen ressortzuständigen BM für soziale Sicherheit und
Generationen lautete wie folgt:

„Bereits im Oktober 2000 wurden dem Betrieb Maßnahmen zur Herstellung des
rechtsmäßigen Zustandes der Tierhaltung im Sinne des OÖ. Tierschutzgesetzes
vorgeschrieben. Daraufhin erklärte der Betriebsinhaber in einer als „Berufung"
bezeichneten Eingabe, dass diese Auflagen erfüllt worden sind. Weitere in der
Folge durchgeführte Kontrollen durch den Amtstierarzt ergaben, dass die
bescheidmäßig vorgeschriebenen Auflagen nicht erfüllt worden sind. Am 5.März
2001 wurde ein behördlicher Lokalaugenschein vorgenommen.

Im Zuge dieses Lokalaugenscheines hat der Amtstierarzt unter Berufung auf die
Bestimmungen des OÖ. Tierschutzgesetzes zehn Schweine schmerzlos getötet und
deren Sektion beantragt. Weiters wurde bei der Bundesanstalt für Alpenländische
Landwirtschaft Gumpenstein ein Gutachten des Stallklimas im Sinne des OÖ.
Tierschutzgesetzes in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten langte im März 2001 ein
und wird die Grundlage für weitere Auflagen an den Betriebsinhaber im Sinnes
dieses Gesetzes bilden. Mittlerweile wurde ein weiterer Bescheid erlassen, mit dem
dem Betriebsinhaber jede weitere Vermehrung des Schweinebestandes verboten
wurde.

Weiters wurden Anordnungen betreffend die Betreuung der jeweils noch
vorhandenen Tiere getroffen.

Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts der Tierquälereien im Sinne
des § 222 StGB wurde am 19.Februar 2001 erstattet.

zu den Fragen 3 bis 5:

Bei dem in Rede stehenden Schweinemastbetrieb handelt es sich um einen Betrieb
der Landwirtschaft, aufweichen die Bestimmungen der Gewerbeordnung nicht
anzuwenden sind. Es ist daher weder eine Gewerbeberechtigung, noch eine
Betriebsanlagegenehmigung erforderlich.

zu Frage 6:

Regelmäßige Überprüfungen von Betrieben durch den Amtstierarzt werden nur bei

den in der jährlich übermittelten Überprüfungsliste des Amtes der OÖ.

Landesregierung, Polizeiabteilung, genannten Betrieben und bzw. anlässlich von

anderen Amtshandlungen (z.B. nach dem Veterinärrecht)

durchgeführt. Sonst erfolgen Überprüfungen auf Grund von Anzeigen aus der

Bevölkerung. Der in Rede stehende Betrieb schien in der Vergangenheit in den

Überprüfungslisten nicht auf, Anzeigen lagen bis in jüngster Zeit nicht vor.

Überprüfungen nach dem Veterinärrecht begannen im wesentlichen erst im Herbst

2000, da der Betriebsinhaber erstmalig Schweine aus dem EU- Raum importierte.

Daten der Überprüfling:

29. 9.2000                       Importkontrolle

6.10.2000                       Probenziehung auf Rückstände

30. 10.2000                       Probeschlachtung von 5 Schweinen

24.11.2000                       Verladung Schweine nach Italien

27.11.2000                       Verladung Schweine nach Italien

5. 1.2001                       Importkontrolle

23. 2. 2001                       Verdacht auf Schweinepest Probenentnahme

5. 3. 2001                       tierschutzrechtliche Überprüfung (siehe Antwort zu Frage 2)

Im Rahmen dieser Betriebsbesuche wurde der Betriebsinhaber auch auf die
bestehenden Mängel (Stallklima) hingewiesen.

zu Frage 7:

Folgende Missstände wurden am 29. September 2000 durch den Amtstierarzt

festgestellt:

a)                 Lagerung von nichtetikettierten Arzneimitteln in Flaschen

b)                                    Keine Aufzeichnungen gemäß Rückstandskontrollverordnung

c)                  Verdacht der vorschriftswidrigen Behandlung

d)                 Verdacht der Verstöße gegen das OÖ. Tierschutzgesetz (Dunkelheit,
unzureichende Belüftung, zu hohe Stalltemperaturen, hochgradige
Schadgasbelastung der Stallluft - Geruch)

c)        Verdacht der Übertretung nach dem Wasserrechtsgesetz.

Daraufhin wurden folgende Maßnahmen getroffen:

Mit Bescheid vom 3. Oktober 2000 wurde eine Sperre nach den Bestimmungen der

Rückstandskontrollverordnung verfugt (dieser Bescheid musste später wieder

aufgehoben werden).

Mit Bescheid vom 3. Oktober 2000 wurde die Herstellung des rechtmäßigen

Zustandes nach dem OÖ. Tierschutzgesetz angeordnet.

Am 5. Oktober 2000 hat der Amtstierarzt unter Ausübung unmittelbarer

verwaltungsbehördlicher Befehls - und Zwangsgewalt die Tötung von 10 Tieren

angeordnet und durchgeführt.

Mit Bescheid vom 8. März 2001 wurde die Herstellung des rechtmäßigen

Zustandes nach den Bestimmungen des OÖ. Tierschutzgesetzes angeordnet.

zu Frage 8:

In den Monaten Oktober 2000 bis Februar 2001 wurden Anzeigen an die
Staatsanwaltschaft wegen Verdacht des Vergehens der Tierquälerei und der
gefährlichen Drohung erstattet. Weiters wurden Anzeigen wegen des Verdachtes

 


von Verwaltungsübertretungen nach dem Fleischuntersuchungsgesetz, der
Rückstandskontrollverordnung, dem OÖ. Tierschutzgesetz und dem
Wasserrechtsgesetz erstattet. Die Verwaltungsstrafverfahren sind derzeit noch
nicht abgeschlossen.

Die Parlamentarische Antwort des damaligen Landwirtschaftsminister Mag.
Wilhelm Molterer verblüffte besonders. Der Landwirtschaftsminister ist für
Tierquälerei in einem Schweinemastbetrieb nicht zuständig.

„Da der Gegenstand dieser Anfrage hinsichtlich der Fragen 1, 2 und 6 bis 15
nicht in meinen Vollzugsbereich fallt, verweise ich diesbezüglich auf die
Beantwortung durch den zuständigen Bundesminister für soziale Sicherheit und
Generationen.

Zu den Frage 3 bis 5:

Das UVF - Gesetz sieht ab einer Größe von 2.500 Mastschweineplätzen oder 700
Sauenplätzen eine Bewilligungspflicht vor. Über die konkrete Genehmigung dieses
Betriebes kann ich
aus Gründen des Datenschutzes keine Auskunft geben.

zu den Fragen 9 und 10:

In den Jahren 1999 und 2000 wurden insgesamt 80 Schweine durch die
Fleischuntersuchungstierärzte als untauglich klassifiziert und gelangten daher
nicht in den Nahrungskreislauf.

zu den Fragen 11 bis 13:

Ein Tierhaltungsverbot ist aufgrund der Bestimmungen des OÖ.
Tierschutzgesetzes erst nach einmaliger rechtskräftiger gerichtlicher Verurteilung
wegen Tierquälerei oder zweimaliger verwaltungsbehördlicher Bestrafung nach
dem OÖ Tierschutzgesetz möglich.

zu den Fragen 14 und 15

Der Betrieb ist derzeit nicht geschlossen, doch bewirken die bereits dargestellten
administrativen Anordnungen und Maßnahmen eine sukzessive Verringerung des
Tierbestandes."

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für
Gesundheit und Frauen folgende

Anfrage:

1.                Ist Ihnen der oben geschilderte Sachverhalt bekannt?

2.                Wenn ja, welche Maßnahmen haben sie nach Bekanntwerden des
veterinärmedizinischen Gutachtens und der darin aufgezeigten weiteren Mängel
ergriffen?

3.                Verfügte bzw. verfügt der Betreiber dieses Mastbetriebes im Bezirk Braunau
eine Genehmigung für seinen Mastbetrieb nach dem UVP-Gesetz?

4.        Wenn nein, welchen Schweinebestand weist dieser Mastbetrieb auf?

5.                  Wann wurde in den letzten drei Jahren dieser Betrieb durch den Amtstierarzt
überprüft (ersuche um Bekanntgabe der einzelnen Kontrollen)?

7.    Welche Missstände wurden dabei festgestellt? Welche Maßnahmen wurden

jeweils vorgeschrieben, um diese zu beseitigen?

8.              Wurden in den letzten drei Jahren Anzeigen gegen den Betreiber Beckerle
aufgrund dieser Kontrollen erstattet? Wenn ja, wie viele und welche Delikte
betraf es?

9.              Wie viele der geschlachteten Schweine wurden 2001,2002 und 2003 aus
diesem Mastbetrieb als untauglich (nachdem Fleischuntersuchungsgesetz)
klassifiziert?

 

10.            Mit welchen konkreten Konsequenzen war dies für den Betreiber dieses
Mastbetriebes verbunden?

11.            Warum wurde letztendlich das Tierhaltungsverbot in diesem Mastbetrieb nicht
durchgesetzt?

12.            Ist dieser Betrieb momentan geschlossen? Wenn nein, weshalb nicht?

13.            Wenn ja, für wie lange?

 

14.      Zu welchem Ergebnis führten die in der XXI.GP 2021/AB angekündigten
Verwaltungsstrafverfahren wegen Verstoßes nach dem
Fleischuntersuchungsgesetz?

15.      Zu welchem Ergebnis führten die in der XXI.GP 2021/AB angekündigten
Verwaltungsstrafverfahren wegen Verstoßes nach der
Rückstandskontrollverordnung?

16.      Zu welchem Ergebnis führten die in der XXI.GP 2021/AB angekündigten
Verwaltungsstrafverfahren wegen Verstoßes nach dem OÖ Tierschutzgesetz?

17.      Zu welchem Ergebnis führten die in der XXI.GP 2021/AB angekündigten
Verwaltungsstrafverfahren wegen Verstoßes nach dem Wasserrechtsgesetz?

18.      Wie oft wurden in Österreich in den Jahren 2000, 2001, 2002 und 2003 in
Mastbetrieben durch den jeweils zuständigen Amtstierarzt „Maßnahmen zur
Herstellung des rechtmäßigen Zustandes der Tierhaltung" aufgetragen
(Aufschlüsselung auf Bundesländer)? Wie viele davon wurden bescheidmäßig
aufgetragen?


19.       Wie viele Lokalaugenscheine in Mastbetrieben wurden durch Amtstierärzte
2000, 2001, 2002 und 2003 durchgeführt (Aufschlüsselung auf Jahre und
Bundesländer)?

20.  Zu welchen veterinärrechtlichen Maßnahmen führten jeweils diese
Lokalaugenschein - Kontrollen?

21.  In wie vielen Fällen musste in diesen Jahren die Herstellung des rechtmäßigen
Zustandes nach dem jeweiligen Landestierschutzgesetz angeordnet werden
(Aufschlüsselung auf Jahre und Bundesländer)?

22.  In wie vielen Fällen wurde ein überhöhter Tier(Mast)-Bestand festgestellt
(Aufschlüsselung auf Jahre und Bundesländer)? Welche und wie viele
Bescheide oder sonstige Anordnungen mussten deswegen erlassen werden?

23.  In wie vielen Fällen mussten in diesen Jahren eine Sperre nach den
Bestimmungen der Rückstandskontrollverordnung verfügt werden
(Aufschlüsselung auf Jahre und Bundesländer)?

24.  In wie vielen Fällen musste die Tötung von Tieren angeordnet und
durchgeführt werden? Wie viele Betriebe betraf es? Wie viele Tiere mussten
jeweils getötet werden (Aufschlüsselung jeweils auf Jahre und
Bundesländer)??

25.  In wie vielen Fällen wurden 2000, 2001, 2002 und 2003 durch Amtstierärzte
(bzw. Veterinärverwaltungen) gerichtliche Anzeigen nach § 222 StGB
(Verdachts der Tierquälerei) erstattet (Aufschlüsselung auf Jahre und Bundesländer)? Wie viele davon betrafen Mastbetriebe?