1829/J XXII. GP
Eingelangt am 27.05.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Werner Amon MBA
Kolleginnen und Kollegen
an
die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
betreffend Bedrohung der österreichischen
Bildungslandschaft durch
SPÖ-Schulreform-Vorschläge
Internationale
Studien bescheinigen dem österreichischen Bildungssystem eine hohe Qualität:
-
Beim
Global Competetiveness Report, einer Umfrage unter 4.800 internationalen
Führungskräften, belegt Österreich mit Finnland den ersten Platz.
-
Auch bei der internationalen PISA-Studie liegt
Österreich in allen Bereichen unter den
Top Ten der Teilnehmerländer.
-
Auch das nationale Bildungsmonitoring bestätigt: 79
Prozent der Befragten geben unse-
rem Schulsystem die
Noten „Sehr gut" oder „Gut".
Unser differenziertes Schulsystem legt nach dem
Grundsatz „Durchlässigkeit statt Sackgasse"
den Grundstein für die mit 7,3 Prozent EU-weit niedrigste
Jugendarbeitslosigkeit. Dagegen hat
der „PISA-Sieger“
Finnland, ein Land mit differenzierter Gesamtschule bis zur 9. Schulstufe,
eine Jugendarbeitslosigkeit von 21,0 Prozent
(EUROSTAT März 2004).
Die Bundesregierung, insbesondere die
Bildungsministerin, hat in den vergangenen Monaten
eine Reihe von Initiativen gesetzt, um unsere Vorreiterrolle in Europa zu
festigen: So wird an der
Qualitätssicherung der Schulen durch das Projekt "klasse.zukunft"
gearbeitet, die Zukunftskom-
mission arbeitet an konkreten Verbesserungsvorschlägen für das heimische
Schulsystem und mit
der Initiative LESEFIT, die zur Halbierung der Zahl der Kinder mit
Leseschwierigkeiten dient,
wurden Lesetests an ca. 1200 Schulen mit ca. 60.000 Schüler/innen durchgeführt.
Entgegen der erfolgreichen Bildungspolitik der
Bundesregierung hat die SPÖ Vorschläge einge-
bracht,
die alte ideologische Hüte statt zukunftsweisender Ideen zur Weiterentwicklung
des be-
währten Bildungssystems hervorbringen:
• 7. Oktober 2003: Forderung
der SPÖ nach Errichtung einer zwangsweisen, flächendeckenden
Ganztagsschule in ganz Österreich
• 28. Februar 2004:
Bildungsenquete des Renner-Institutes: Forderung nach zwangsweiser ver-
schränkter
Ganztagsschule, Abschaffung der Noten und Gesamtschule
•
1. April 2004: Präsentation des SPÖ-Kompetenzteams für
Bildung: Forderung nach Aufgabe
der
Differenzierung zwischen AHS-Oberstufe und BHS
•
April 2004: Bekannt werden der SPÖ-Vorschläge für den
Österreich-Konvent: Schließung
oder Zusammenlegung von rund 92 Prozent unserer Pflichtschulen, Einrichtung von
Bil-
dungsregionen und
Wahl von „Bildungsräten" mit den Landtagswahlen
All diese
Programme lassen sich wie folgt zusammenfassen:
•
Seit den 60er-Jahren kommen von der SPÖ immer wieder die
gleichen, ideologischen Vor-
schläge
zu einer radikalen Zerschlagung unseres Bildungssystems.
•
Im Unterschied zur Bundesregierung steht für die SPÖ
nicht die Optimierung unseres diffe-
renzierten Schulsystems, sondern seine Zerschlagung zur Durchsetzung alter
ideologischer
Forderungen im Vordergrund:
-
Eine
gemeinsame Schule für alle 6 bis 15-jährigen, die Gesamtschule
-
Abschaffung
der Noten in der Volksschule, keine Wiederholung einer Schulklasse in den
ersten
8 Jahren
-
Zwangsweise
Ganztagsschule flächendeckend in ganz Österreich.
Diese SPÖ-Vorschläge sind weder neu, noch basieren sie auf
wissenschaftlichen Daten oder Stu-
dien. Vollkommen ausgespart bleibt bei den SPÖ-Vorschlägen ein Bekenntnis zur
Leistung. Der
pädagogisch so wichtige Ansatz der Vielfalt und die Rücksichtnahme auf
unterschiedliche Bega-
bungen,
Neigungen und Interessen wird vollkommen außer Acht gelassen.
Die SPÖ
fordert weiters:
•
Ganztägige Schulformen mit verschränktem
Pflichtunterricht vormittags und nachmittags,
fünf
Tage in der Woche
•
Flächendeckende Ganztagsschulen in ganz Österreich
Die
unterfertigten Abgeordneten wollen die Nachmittagsbetreuung dort, wo sie
gebraucht wird
und
jedenfalls mit Wahlfreiheit für die Betroffenen.
Auch hinsichtlich der Gesamtschule ist festzustellen,
dass die SPÖ durch ihre Vorstellungen Dif-
ferenzierung
nach Interessen und Begabung ablehnt:
Die SPÖ
fordert:
• Eine gleiche Schulform und gleiche Ausbildung für
alle Kinder zwischen 10 und 14 Jahren
anstelle des bewährten
differenzierten österreichischen Schulsystems mit AHS-Unterstufe,
Hauptschule und Sonderschule.
Das bedeutet:
•
Auf unterschiedliche Talente, Stärken und Schwächen der
Jugendlichen wird keine Rücksicht
genommen.
•
Individuelle Förderung für weniger Begabte oder
Hochbegabte wird nicht vorgenommen.
•
In Wien, wo die SPÖ das alleinige Sagen hat, bedeutet
die SPÖ-Bildungspolitik, dass die
Hauptschulen vernachlässigt werden, während die AHS-Unterstufen überlaufen
sind.
•
Diese skandalösen Wiener Zustände sind ein Zeugnis
dafür, dass die SPÖ Parteiinteressen in
den Vordergrund
stellt und ihr ideologisches Modell einer Gesamtschule Schritt für Schritt
umsetzen will.
Die SPÖ steht auch für eine „Abschaffung der Noten“
statt eines leistungsorientierten Bildungs-
systems.
Die SPÖ fordert:
•
Abschaffung der Noten in der Volksschule
•
Ausschließlich verbale Beurteilung in der Volksschule
•
Abschaffung
des „Sitzenbleibens“ bis zur achten Schulstufe
Die Bundesregierung fördert, was gefordert wird: Eine
„Spectra"-Umfrage von März 2004 be-
legt:
- 73 Prozent
der Befragten wollen das klassische Notensystem in den Volksschulen beibehal-
ten.
Bei den Hauptschulen und Gymnasien sprechen sich sogar 87% für Noten aus.
- Ebenfalls
87% vertreten den Standpunkt, dass Schüler mit mehreren „Nicht genügend"
an
Hauptschulen und Gymnasien die Klasse wiederholen sollen.
Die SPÖ fordert die Vermischung von AHS-Oberstufe und BHS
statt differenzierter Berufsaus-
bildung:
• Auflösung der Trennung von AHS-Oberstufe und
Berufsbildenden Höheren Schulen: „Die
relativ starre Gliederung im Bereich der Oberstufen, die Trennung zwischen
Allgemeinbil-
denden und Berufsbildenden Höheren Schulen, sollte aufgelöst
werden" („10-Punkte-
Konzept zur Bildungspolitik" der SPÖ).
Die Vorschläge der SPÖ („Entprovinzionalisierung")
im Ausschuss VI des
Österreich-Konvents
zur
Reform der Schulverwaltung würden bereits Pflichtschüler zu Pendlern machen:
•
Schulgröße mindestens 300 bis 1.000 Schüler
•
Freiheit in der Schul- und Unterrichtsorganisation
•
Lehreranstellung durch den Schulleiter auf Grund einer
Beratung in einem „Personalko-
mitee"
•
Lehrer
grundsätzlich ganztags an der Schule tätig
•
Schaffung
von Bildungsregionen
Dies würde bedeuten:
•
4.523 der 4.945 Pflichtschulen (91,47 Prozent) wären
potentiell von einer Schließung
oder Zusammenlegung
betroffen, da sie weniger als 300 Schüler haben.
•
Eine völlige Zerschlagung der Österreichischen
Bildungslandschaft.
•
Abschaffung des differenzierten Schulsystems.
•
Einführung der Gesamtschule.
•
Einführung der Ganztagsschule.
•
Überwachung unserer Lehrerinnen und Lehrer.
Dem gegenüber steht die Bildungspolitik der
Bundesregierung:
•
Einstehen für ein differenziertes Schulsystem, das sich
zu Qualität, Vielfalt und Leistung
bekennt.
•
Es gibt auch ein Recht auf Vielfalt. Jedes Kind soll eine
Ausbildung erhalten, die seine An-
lagen,
Talente, Interessen und Neigungen am besten fördert.
•
Die Prinzipien von „Kein Abschluss ohne Anschluss"
und „Karriere mit Lehre" werden in
keinem anderen Land Europas so erfolgreich umgesetzt. Dies ist auch ein
wichtiger Beitrag
für die niedrige Jugendarbeitslosigkeit.
Internationale Studien sprechen gegen die Gesamtschule:
PISA-Sieger Finnland, das über
ein
Gesamtschulsystem verfügt, weist die dreifache Jugendarbeitslosigkeit
Österreichs auf.
Vielmehr geht es darum,
•
das kostbare Gut Bildung zu erhalten;
•
ständige Verbesserung und Weiterentwicklung des
Bildungssystems zu betreiben;
•
die Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf die
Herausforderungen der Arbeitswelt
und der Gesellschaft vorzubereiten;
•
die Wahlfreiheit für Eltern und Schüler zu bewahren.
Das Papier der SPÖ
ist nicht nur öffentlich heftig kritisiert worden, auch innerhalb der SPÖ löste
es
Proteste aus. So kritisierte etwa der ehemalige Unterrichtsminister und Wiener
Altbürgermeis-
ter
Dr. Helmut Zilk in einem Kommentar in der Kronen Zeitung unter dem Titel
„Vorwärts Ge-
nossen,
wir marschieren zurück!" vom Sonntag, 11. April 2004, die Bildungsdebatte
innerhalb
der SPÖ:
„Offenbar
haben einige die Zeichen der Zeit nicht erkannt und sind vor 10, 20 Jahren
stecken
geblieben!"
Auch aktive Spitzenpolitiker der SPÖ distanzieren sich
heftigst von den Vorschlägen ihrer Partei:
Der burgenländische
Landeshauptmann Hans Niessl erklärte gegenüber dem Kurier, dass dieses
Papier veraltet sei - dass er solchen Vorschlägen zugestimmt habe, sei eine
„ungeheuerlicher
Behauptung". Er habe das Papier nämlich gemeinsam mit Wiens Stadtchef
Michael Häupl zu
Fall gebracht.
Das von Niessl und Häupl „zu Fall gebrachte" Papier
des SPÖ-Klubs findet sich nach wie vor im
Anhang zum Ausschuss-Protokoll des zuständigen Ausschuss VI im Österreich-Konvent.
Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an die
Bundesministerin für Bildung, Wissen-
schaft
und Kultur nachstehende
Anfrage:
1.
Wie
beurteilen Sie die SPÖ-Vorschläge zum Österreichischen Schulsystem?
2.
Was unternehmen Sie, um die hohe Qualität im heimischen
Schulsystem zu erhalten?
3.
Wie
stellen sie eine bedarfsgerechte Nachmittagsbetreuung sicher?
4.
Was
unternehmen Sie, um die Kleinschulen im ländlichen Raum zu erhalten?
5.
Welche Maßnahmen stellen sicher, dass die
Erfolgsgeschichte des berufsbildenden
Schulwesens auch in Zukunft fortgesetzt werden kann?