1863/J XXII. GP
Eingelangt am 04.06.2004
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ANFRAGE
der
Abgeordneten Rest-Hinterseer, Freundinnen und Freunde
an
den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit
betreffend
Lebens- und Arbeitsbedingungen der ErntehelferInnen in Österreich
Nach
BGBl. II 146/2004
betreffend die kurzfristige Beschäftigung ausländischer
Erntehelfer in der Landwirtschaft wurde ein
Kontingent von 6.315 für die kurzfristige
Beschäftigung von ausländischen ErntehelferInnen festgelegt. Für sie ist
eine
maximale Aufenthaltsdauer von 6 Wochen und eine Ausnahme von der
Pensionsversicherung vorgesehen.
In
einer kürzlich erschienenen Studie zum Thema der LandarbeiterInnenbeschäfti-
gung (Diplomarbeit am Institut für
Landschaftsplanung an der BOKU Wien) wird das
Leben dieser ErntehelferInnen im Marchfeld wie folgt beschrieben:
-
Auf
den intensiven Spargel- und Erdbeerbetrieben werden bei den
Erntearbeiten „Feldaufseher" und
Kontrolleure eingesetzt, die die Effektivität
der ArbeiterInnen kontrollieren. Zusätzlich werden Kontrollsysteme wie
die
Registrierung durch Chipkarten angewendet.
-
Die Unterbringung der Arbeitsmigrantlnnen erfolgt in der
Regel auf den
Dachstühlen, in Lagerhallen, in Zelten oder Containern.
-
Für ein Kilo Erdbeeren verdient eine Erntehelferin ca.
22 Cent, wobei in
Spitzenzeiten 200 bis 250 kg, am Ende der Saison rund 20 bis 50 kg pro Tag
geerntet werden können.
-
Die Praxis dieser Arbeit erinnert in vielen Fällen an die
Arbeitsbedingungen
auf südamerikanischen Bananen- oder Ananasplantagen bei Vorherrschaft
des
Produktivismus und Zwang zur Akkordarbeit.
-
Manchmal
brechen ArbeiterInnen auf den riesigen Feldern oder in den
Fabrikshallen vor Erschöpfung zusammen oder
haben schwere körperliche
Beschwerden.
-
Auf vielen Betrieben werden die ArbeiterInnen nach max. 6
Wochen
ausgetauscht, um die
Arbeitseffizienz aufrecht zu erhalten.
-
Kranken- oder Urlaubsgeld wird in der Regel nicht
ausbezahlt, weil
Arztbesuche in den seltensten Fällen in Anspruch genommen werden und das
Urlaubsgeld in der Praxis nicht ausbezahlt wird.
-
Die großen Gemüsebetriebe arbeiten bei der Rekrutierung
von billigen
Arbeitskräften
mit sog. Sainsonarbeitervermittlungsagenturen zusammen. Ob
die
Firmen selbständig oder unselbständig, legal oder illegal arbeiten, sei nicht
klar.
-
Es wird prognostiziert, dass Saisoniers aus ferneren
osteuropäischen Ländern
(Ukraine
etc.) aufgrund des größeren Lohngefälles die ArbeiterInnen aus den
angrenzenden Beitrittsländern bald ersetzen könnten, weil sie niedrigere
Löhne und schlechtere Arbeitsbedingungen eher akzeptierten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen
daher folgende
ANFRAGE:
1.
Inwiefern sind diese Saisoniers kollektivvertraglich und
sozialversicherungsrechtlich abgesichert?
2.
Was unternehmen Sie, dass die Arbeitsrechte der
ErntehelferInnen auch in
Anspruch genommen
werden können?
3.
Kommen die eingesparten Pensionsversicherungsbeiträge
den Erntehelfern
zugute und wenn ja, in welcher Form und Höhe werden sie ausbezahlt?
4.
Was werden Sie dagegen unternehmen, dass den
SaisonarbeiterInnen oft kein
Krankengeld ausbezahlt wird, die gesetzlichen Arbeitszeiten weit überschritten
werden und Akkordarbeit bei viel zu geringer Bezahlung eingefordert wird?
5.
Was
unternehmen Sie dagegen, dass in Österreich neuerdings in
Zusammenhang mit der Arbeit von ErntehelferInnen
Arbeitsbedingungen wie
auf Plantagen in den Ländern des Südens berichtet werden?
6.
Stimmen Sie zu, dass auf den intensiven Erntebetrieben
„Feldaufseher" und
Kontrolleure eingesetzt werden sollen? Wenn ja, mit welcher Begründung,
wenn nein, welche
Maßnahmen werden Sie ergreifen?
7.
Entspricht die Entlohnung (für ein Kilo Erdbeeren
verdient eine Erntehelferin ca.
22 Cent) den gesetzlichen Vorschriften?
8.
Was
werden Sie unternehmen, damit der Krankenstand im Bedarfsfall in
Anspruch genommen werden kann und das
Urlaubsgeld ausgezahlt wird?
9.
Ist die Rekrutierung von billigen Arbeitskräften mit
über sogenannte
Saisonarbeitervermittlungsagenturen gesetzeskonform und welche
diesbezügliche Kontrollen gab es in den letzten Jahren? Was war das Ergebnis
dieser Kontrollen?
10.
Aus
welchen osteuropäischen Ländern kommen die FeldarbeiterInnen?
11.
Stimmt es und ist es die politische Absicht, dass
aufgrund des größeren
Lohngefälles die ArbeiterInnen
aus den angrenzenden Beitrittsländern
bevorzugt werden, weil sie niedrigere Löhne
und schlechtere
Arbeitsbedingungen eher akzeptierten?
12.
Stimmt es, dass bereits Marktfruchtbetriebe auf ähnliche
arbeitsintensive
Kulturen umstellen, da damit höhere Profitraten zu erreichen sind?
13.
Gibt
es noch weitere Forschungsarbeiten zu diesem Thema in Österreich und
wenn nein, werden Sie unterstützen, dass
Forschungsmittel für diesbezügliche
weitergehende Studien zur Verfügung gestellt werden?