1929/J XXII. GP
Eingelangt am 17.06.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Walther und GenossInnen
an den Bundesminister
für Inneres
betreffend die Häufung von unbegründeten
Befristungen von Lenkberechtigungen
Diversen Medien konnte in den letzten Monaten entnommen
werden, dass aufgrund
fragwürdiger „gesundheitlicher Gründe" offenbar eine Vielzahl von Menschen
mit
Führerscheinbefristungen
konfrontiert wurden und werden.
Die
Ausweitung der Möglichkeiten für den Gesetzgeber durch die 3. Novelle zur
Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung,
Personen die Fahrerlaubnis zu befristen bzw. zu
entziehen, wenn deren Leistungsfähigkeit die Fahrtauglichkeit
einschränkt, ist im Sinne der
Erhöhung des Schutzes für andere Verkehrsteilnehmerinnen grundsätzlich zu
begrüßen.
Es kann jedoch nicht dem Geist des Gesetzes entsprechen,
wenn beispielsweise unbescholtene
und nicht unter dem
Einfluss gesundheitsbeeinträchtigender Substanzen bzw. Rauschmittel
stehende Personen aufgrund plötzlich auftretender Kopfschmerzen in Verbindung
mit dem
Anhalten auf einer Busspur kraft eines amtsärztlichen Gutachtens die
Lenkerberechtigung
entzogen wird (Vgl. z.B. „Kleine Zeitung" vom 03.03.04).
Diese Führerscheinbefristungen betreffen in einem
unerklärbar hohen Ausmaß Menschen ab
einem Alter von 50 Jahren, die unter leichter Diabetes und leichter Hypertonie
leiden, jedoch
in der Regel
medikamentös richtig eingestellt sind. Gerade jene Mitbürgerinnen des
ländlichen Raums sind aus beruflichen wie privaten Gründen besonders auf das
Transportmittel Auto angewiesen.
Darüber hinaus führen solch merkwürdige
Arbeitsauffassungen diverser Amtsärzte zu einem
gleichermaßen
unnotwendigen wie horrenden Verwaltungsaufwand des Unabhängigen
Verwaltungssenates (UVS), sofern sich die Betroffenen eine Berufung überhaupt
leisten
können.
Häufig
wird den Klägern und Klägerinnen in der Folge vom UVS Recht gegeben:
Die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zeigt, dass die
nachträgliche
Befristung einer bereits unbefristet erteilten Lenkberechtigung nur dann in
Frage kommt,
wenn eine gesundheitliche Beeinträchtigung
besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die
Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder
einschränkenden
Verschlechterung gerechnet werden muss. Dass eine Verschlechterung lediglich
nicht
ausgeschlossen werden kann, reicht nach dieser Rechtsprechung für die
Einschränkung der
Gültigkeit einer Lenkberechtigung gerade
nicht aus. (VwGH vom 24.04.2001, 2000/11/0337;
VwGH vom 18.01.2000, 99/11/0266; UVS vom 16.04.2004,
UVS-FSG/18/731/2004/4).
Sollten die Behörden jedoch der Auffassung sein, dass
nach Erreichen eines höheren Alters
bei
„Auffälligwerden" grundsätzlich Befristungen auszusprechen sind, wird
darauf
hingewiesen, dass der Gesetzgeber wiederholt davon Abstand genommen hat, solche
Beschränkungen, die sich nur auf das Alter beziehen und über die
einschränkenden
Bestimmungen des § 17 Abs. 2 FSG-GV hinausgehen, in das FSG oder die FSG-GV
aufzunehmen.
Die Behörde darf dies keinesfalls durch verwaltungsbehördliche Handlungen
unterlaufen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
stellt das
fortgeschrittene Lebensalter mit der
Möglichkeit des Eintrittes einer Krankheit für sich alleine
keinen hinreichenden Grund für die Befristung der Lenkberechtigung dar
(VwGH vom
21.01.1992, 91/11/0122).)
Aus diesen Gründen stellen die
unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für
Inneres nachstehende
Anfrage
1)
Wie viele Fälle von Vorladungen zu österreichischen
Amtsärzten aufgrund des Verdachtes
auf
verminderte Fahrtauglichkeit fielen in den Jahren 2001, 2002, 2003 und 2004
(mit
Stichtag 01.06.2004)
an? Bitte um gesonderte Auflistung nach den jeweiligen
Bezirkshauptmannschaften und Bundespolizeidirektionen!
2)
Wie viele dieser Vorladungen zogen unterteilt nach dem
in Frage 1 angeführten Jahren eine
zeitlich befristete
oder vollständige Einziehung der Führerscheine nach sich?
3)
Welche medizinischen Diagnosen entfallen unter die in §
5 Abs. 1 Z 1 FSG-GV angeführte
Definition von
„schweren Allgemeinerkrankungen oder schweren lokalen Erkrankungen"?
a)
Wie viele Führerscheinentzüge erfolgten 2001, 2002 und
2003 aufgrund dieser
Bestimmung?
b)
Wie viele Führerscheinbefristungen erfolgten 2001, 2002
und 2003 aufgrund dieser
Bestimmung?
4) Welche medizinischen Diagnosen entfallen unter
die in § 5 Abs. 1 Z 2 FSG-GV angeführte
Definition von „organischen Erkrankungen des zentralen oder peripheren
Nervensystems"?
a)
Wie viele Führerscheinentzüge erfolgten 2001, 2002 und
2003 aufgrund dieser
Bestimmung?
b)
Wie viele Führerscheinbefristungen erfolgten 2001, 2002
und 2003 aufgrund dieser
Bestimmung?
4) Welche medizinischen Diagnosen entfallen unter
die in § 5 Abs. 1 Z 3 FSG-GV angeführte
Definition von „Erkrankungen bei denen es zu unvorhersehbaren
Bewusstseinsstörungen oder
-trübungen kommt"?
a)
Wie viele Führerscheinentzüge erfolgten 2001, 2002 und
2003 aufgrund dieser
Bestimmung?
b)
Wie
viele Führerscheinbefristungen erfolgten 2001, 2002 und 2003 aufgrund dieser
Bestimmung?
5) Wie
ist der in § 5 Abs. 2 FSG-GV angeführte „krankhafte Zustand" näher
definiert?
a)
Wie vielen Personen wurde daraufhin 2001, 2002 und 2003
der Führerschein
entzogen?
b)
Wie
vielen Personen wurde daraufhin 2001, 2002 und 2003 der Führerschein
befristet?
6) Unter welche Bestimmung bzw. Ziffer des § 5 Abs.
1 FSG-GV fallen die Diagnosen
„milde Hypertonie" und „leichte Diabetes"?
7)
Wie
viele Führerscheine wurden im gesamten Bundesgebiet und aufgeschlüsselt nach
den
einzelnen Bezirkshauptmannschaften und Bundespolizeidirektionen in den Jahren
2000, 2001,
2002, 2003 und 2004 (mit Stichtag 01.06.2004) sowohl dauerhaft als auch
befristet aufgrund
vermeintlicher
Fahrbeeinträchtigung wegen „milder Hypertonie" und „leichter
Diabetes"
entzogen?
8)
Sind
Sie sich dessen bewusst, dass die hier dargelegte herrschende Praxis einiger
Amtsärzte gerade ältere Menschen aus ländlichen Regionen in Ihrer Lebensführung
und
Berufsausübung massiv beeinträchtigt und
sogar deren Arbeitsplatzverlust bewirken kann?
9)
Wie stehen Sie dazu, dass Amtsärzte die Vorlage einer
fachärztlichen Stellungnahme
gemäß
§§3 Abs 3 und 5 Abs 2 FSG-GV anordnen können, in der Folge jedoch trotz
Vorliegen
einer Stellungnahme, die dem Lenker bzw. der Lenkerin die Fahrtauglichkeit
attestiert, diesen
den Führerschein befristet entziehen dürfen?
10)
Wie
stehen Sie aufgrund der Aussage ernstzunehmender Amtsärzte, dass diese
fachärztlichen Stellungnahmen teilweise so
unvollständig sind, dass sie keine Grundlage für
amtsärztliche Gutachten bilden können, zur Notwendigkeit der Festlegung
einheitlicher
Standards für fachärztliche Stellungnahmen?
11)
Wenn
Sie Frage 9 nicht befürworten, welche Maßnahmen werden Sie dagegen setzen?
12)
Wie stehen Sie zu einer Novellierung der
Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung
durch Festschreibung
von Annäherungswerten im Falle des Vorliegens leichten
Bluthochdrucks und leichter Diabetes?
13)
Weshalb wird der langjährigen Forderung der Ärztekammer
nicht entsprochen, Amtsärzte
den Richtlinien des Ärztegesetzes und damit auch der Disziplinargewalt der
Ärztekammer zu
unterstellen?
14)
Wie stehen Sie dazu, dass Amtsärzte bereits zur Zeit der
Monarchie vom Geltungsbereich
des Ärztegesetzes ausgenommen waren, in der NS-Zeit sukzessive immer mehr
Ärztegruppen
davon ausgenommen
wurden und 1948 diese Ausnahme wieder auf die Amtsärzte
zurückgeschraubt wurde?
15)
Welche Argumente sprechen gegen eine entsprechende
Novellierung dieses höchst
anachronistisch
anmutenden Zustandes?
16)
Welchen Ministerien sind die Amtsärzte der einzelnen
Bezirkshauptmannschaften und die
Amtsärzte der
einzelnen Bundespolizeidirektionen unterstellt?
17)
Ist
es richtig, dass derzeit Amtsärzte der Bezirkshauptmannschaften den
Landeshauptleuten, aber jene der
Bundespolizeidirektionen dem Innenministerium unterstellt
sind?
18)
Wem, den entsprechenden Landeshauptleuten oder dem
Bundesministerium für Inneres,
sollen im Hinblick
auf den vorliegenden Entwurf (ME/152) zur SPG-Novelle 2004 künftig
Amtsärzte unterstellt werden?
19) Welche
sonstiges Maßnahmen planen Sie, um der durch den Gesetzgeber geförderten
Willkür einiger Amtsärzte Einhalt zu
gebieten und ein einheitliches, gerechtes Vorgehen zu
sichern?