1932/J XXII. GP

Eingelangt am 23.06.2004
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Ungereimtheiten und verfassungsrechtliche Bedenken bei der Übertragung weiterer hoheitlicher Aufgaben an die Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung (eingetragen zu FN 71000m beim Handelsgericht Wien)

 

 

Mit der Umsetzung des am 19. Dezember 2003 (GZ. 58502/34-II/L1/03) zur Begutachtung versandten Entwurfs eines „Bundesgesetzes, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden“ sollen eine Reihe von Aufgaben, welche zur Zeit durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) wahrzunehmen sind, an die Firma Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung übertragen werden.

 

Insbesondere handelt es sich dabei um hoheitliche Aufgaben in den Bereichen Flugbetrieb und Flugtechnik.

 

Da es sich bei der Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung um ein Wirtschaftsunternehmen handelt, erscheint die Übertragung gesetzlicher hoheitlicher Aufgaben insoferne bedenklich, als ein Erkenntnis des VfGH schon die seinerzeitig übertragenen Aufgabenbereiche als „gerade noch verfassungskonform“ erachtete. Eine nach den Regeln des Handelsrechts, sohin also privatrechtlich verfasste und organisierte Einrichtung, die sowohl Flugsicherungsaufgaben als auch hoheitliche Aufgaben in den Bereichen Flugbetrieb und Flugtechnik wahrzunehmen hat, wäre weltweit ein Unikat.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Erfolgte hinsichtlich der neu an die Austro Control GmbH zur Übertragung vorgesehenen Aufgaben eine Abstimmung mit dem Verfassungsdienst beim Bundeskanzleramt?

 

Wenn ja: Sind Sie bereit, den vollen Wortlaut des Gutachtens des Verfassungsdienstes anlässlich der Beantwortung dieser Anfrage zur Verfügung zu stellen.

 

Wenn nein: Auf welcher verfassungsrechtlichen Entscheidungsgrundlage wurde der vorliegende Gesetzesentwurf verfasst und worauf stützt sich die im Vorblatt getroffene Feststellung, wonach der gegenständliche Gesetzesentwurf keine Besonderheiten in puncto Normerzeugungsverfahren aufweise?

 

2.      Wurden bei der Formulierung des vorliegenden Gesetzesentwurfes die neuesten Entwicklungen und Vorgaben u. a. der EASA als gesamteuropäische Luftfahrtsicherheitsbehörde berücksichtigt?

 

3.      Ist bei Berücksichtigung der von der EASA als gesamteuropäische Luftfahrtsicherheitsbehörde eine Auslagerung hoheitlicher Aufgaben in den Bereichen Flugbetrieb und Flugtechnik an eine „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ überhaupt möglich?

 

4.      Trifft es zu, dass die im Falle einer Übertragung der vorgenannten Aufgaben an die Austro Control GmbH diese zum größten Teil durch neu aufzunehmende Mitarbeiter, die in gesetzeskonformer Weise nach dem besonders teuren Kollektivvertrag der Austro Control GmbH eingestuft werden müssten, zu erledigen sein werden?

 

5.      Wie groß ist die Anzahl jener Personen, die anlässlich der hier gegenständlichen Übertragung der Aufgaben in den Bereichen Flugbetrieb und Flugtechnik an die Austro Control GmbH aus dem der aus dem Bundesministerium für Verkehr Innovation und Technologie ausscheiden und in der Austro Control GmbH weiterbeschäftigt werden sollen? 

 

6.      Werden die Gehälter jener Personen, welche im Sinne der Frage 5 künftig bei der Austro Control GmbH beschäftigt sein werden, dem für dieses Unternehmen geltenden spezifischen Kollektivvertrag anzupassen sein?

 

Wenn ja: Wurden exakte Berechnungen angestellt, in welcher betraglichen Höhe sich die Beschäftigung der derzeit bei der Obersten Zivilluftfahrtbehörde tätigen Mitarbeiter bei der Übernahme in den Personalstand der Austro Control GmbH niederschlägt?

 

7.      Wie im Vorblatt zum Gesetzesentwurf ausgeführt wird, sind „auf Grund der mit der Änderung der Vollziehungszuständigkeiten ermöglichten Bereinigung von Doppelgleisigkeiten sowie des zu erwartenden Synergiepotentials (personelle Einsparungen) und der damit verbundenen Effizienzsteigerung keine Mehrkosten für die Gebietskörperschaften zu erwarten.“ Trifft daher zu, dass die auf Grund des für die Austro Control GmbH geltenden Sonderkollektivvertrages jedenfalls höheren Personalkosten künftig zu Lasten der hoheitlichen Kontrolle in Fragen von Flugbetrieb und Flugtechnik der unterworfenen Unternehmen gehen sollen?

 

8.      Wie groß müsste die über die Übernahme von Mitarbeitern hinausgehende Personalaufstockung bei der Austro Control GmbH sein, um die bisher von der Obersten Zivilluftfahrtbehörde wahrzunehmenden Aufgaben auch künftig ordnungsgemäß erledigen zu können, ohne der gewerblichen Luftverkehrswirtschaft durch lange Bearbeitungszeiten beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen?

 

9.      Handelt es sich bei diesem Fachpersonal - so es aus dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie rekrutiert wird - um Beamte oder Vertragsbedienstete und soll dieses Personal generell in den teuren Sonderkollektivvertrag der Austro Control GmbH übernommen werden?

 

10.    Trifft es zu, dass die im Sinne des in Frage 8 erwähnten Ergänzungsbedarfs an Fachpersonal in der Austro Control GmbH notwendigen Neueinstellungen, welche nach dem teuren Sonderkollektivvertrag der Austro Control GmbH erfolgen müssten, diesem Unternehmen beträchtliche Mehrkosten verursachen werden?

 

Wenn ja: Wie sollen diese Mehrkosten gedeckt werden und welche betragliche Belastung wurde in anlässlich der Formulierung des Gesetzesentwurfes errechnet?

 

11.    Ist eine (vertragliche) Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und der Austro Control GmbH vorgesehen,  durch welche die Kosten für die übertragenen Aufgaben und das zu übernehmende Personal vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie getragen werden?

 

Wenn ja:

 

a) Mit welcher betraglichen Belastung ist hiefür zu rechnen und findet diese in den bisherigen einschlägigen Budgetansätzen Deckung?

 

b) Ist es richtig, dass somit die Kosten für das zusätzlich erforderliche Personal bei der Austro Control GmbH, letztendlich durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie getragen werden müssen und nicht den Unternehmen zusätzlich auferlegt werden?

 

12.    Von Ihren Vorgängern wurden durch mehrere Jahre Überlegungen angestellt, bestimmte Aufgaben der Obersten Zivilluftfahrtbehörde an eine andere Organisation, z. B. ein Bundesamt oder ein Institut (Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen) oder eine Körperschaft öffentlichen Rechts, zu übertragen.

 

a)        Welche Organisationsformen wurden von Ihnen im Vergleich mit der GmbH geprüft?

 

b) Wurden Vergleichsberechnungen  hinsichtlich der Kosten für verschiedene Organisationsmodelle angestellt? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

 

c) Handelt es sich bei der nunmehr geplanten Ausgliederung um die kostengünstigste Variante für den Bund im Sinne einer sparsamen Verwendung von Bundesmitteln?

 

d)  Handelt es sich auch um die kostengünstigste Variante für die Luftverkehrsunternehmen?


13.    Sind im Zuge der geplanten Ausgliederung Erhöhungen der Gebühren für die Luftverkehrswirtschaft zu erwarten?

 

Wenn ja: In welchem betraglichen Ausmaß?

 

14.    Haben Sie, da die Übertragung von behördlichen Aufgaben an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung an verfassungsrechtliche Grenzen stößt, Überlegungen angestellt, ob nicht Aufgaben des Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie in wesentlich größerem Umfang als im vorliegenden Gesetzesentwurf vorgesehen in ein zu schaffendes Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZ) ausgelagert werden könnten?

 

15.    Wurden Berechnungen angestellt, ob die mit der Errichtung eines BAZ verbundene Schaffung von Planstellen in dieser dem Ministerium nachgeordneten Einrichtung längerfristig nicht eine wesentlich kostengünstigere Variante darstellen würde?

 

16.    Aus welchen Gründen haben Sie die in den Nachbarstaaten Österreichs, der Schweiz und Deutschland, gewählte, offensichtlich zielführende Lösung, sowohl ein Bundesamt als Behörde für obrigkeitsstaatliche Aufgaben als auch privat-rechtliche Lösungen für die Flugverkehrskontrolle zu schaffen, nicht in Betracht gezogen?

 

17.    Wodurch soll bei Auslagerung der Flugbetriebsagenden an die Austro Control GmbH sichergestellt werden, dass durch eine praktisch 24-Stunden/7-Tage-Woche die jederzeitige sofortige Erreichbarkeit eines verantwortlichen Mitarbeiters für dringende Flugbetriebsbelange gewährleistet ist, wie dies derzeit durch das Personal der OZB praktisch sichergestellt ist, wohingegen bei der Austro Control GmbH spätestens ab 16.30 Uhr nur noch ein Tonbanddienst ohne Zugriff auf entscheidungsberechtigte Mitarbeiter zur Verfügung steht, sieht man von Such- und Rettungsdiensten ab?

 

18.    Werden Sie als Vertreter des 100 % Gesellschafters der Austro Control GmbH, der Republik Österreich, deren Geschäftsführern eine Weisung erteilen, die nach den Bestimmungen des 1. Euro-Justiz-Begleitgesetzes idgF überfällige Anpassung des Stammkapitals im Gesellschaftsvertrag und Firmenbuch vorzunehmen?