2063/J XXII. GP
Eingelangt am 09.07.2004
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ANFRAGE
der Abgeordneten
Öllinger, Freundinnen und Freunde
an die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
Entgegen den vielfach
geäußerten Einschätzungen österreichischer Sozialmediziner, die schon seit den
80er Jahren mit rückläufigen Zahlen bei asbestbedingten Berufskrankheiten
infolge geringerer Schadstoffbelastungen rechneten, ist die Zahl
berufsbedingter Asbesterkrankungen auch in den jüngsten Jahresberichten der
AUVA nicht gesunken, sondern stark gestiegen.
Gab es im Jahr 1990 laut Jahresbericht der
AUVA noch 17 asbestbedingte Berufskrankheiten, so waren es 2000 bereits 37,
2001 39 und 2002 59.
Während die Zahl der anerkannten
Berufskrankheiten nach Ziffer 27a (Asbeststaublunge) stagniert, sind die nach
Ziffer 27b anerkannten Berufskrankheiten (bösartige Erkrankungen des Rippen-
und Bauchfells, der Lunge und des Kehlkopfs) stark gestiegen: 1990 waren es 7, 2002 waren es 42
Erkrankungen nach 27b.
Der Anteil der tödlichen Berufskrankheiten,
die auf Asbest zurückzuführen sind, an den tödlichen Berufskrankheiten
insgesamt hat sich ebenfalls erhöht. In den Jahren 2001 und 2002 betrug ihr
Anteil in der AUVA-Statistik jeweils 75 Prozent!
Das Gros der Berufskrankheiten nach 27b
bzw. der tödlichen Berufskrankheiten stellen die Mesotheliomerkrankungen des
Rippen- und Bauchfells. Die Mesotheliomerkrankungen werden in der
internationalen Forschung als asbestspezifische Erkrankungen ausgewiesen, d.h.,
sie sind fast ausschliesslich durch Asbestfasern verursacht.
Dennoch sind den unterzeichneten
Abgeordneten eine Reihe von Fällen aus der Vergangenheit bekannt, bei
denen die Gutachter der AUVA trotz
vorhandener Asbestexposition und einer Mesotheliomerkrankung eine Anerkennung
als Berufskrankheit abgelehnt haben. Diese Gutachterpraxis bei Mesotheliomen
wurde in den letzten Jahren durch die AUVA vor allem in den stark
asbestbelasteten Betrieben stark korrigiert, was anzuerkennen ist.
Dennoch gibt es nach wie vor Probleme beim
Aufspüren und bei der Anerkennung asbestbedingter Berufskrankheiten.
Beim Aufspüren etwa in jenen Betrieben und
Branchen, in denen nach Meinung einiger Gutachter kein Asbest verwendet wurde
oder nur Asbestmaterial, das nach der exklusiven und nachweislich falschen
Einschätzung heimischer Gutachter nur geringe Gefährdung bedeutet (etwa
Asbesttextilien oder Asbestschnüre).
Bei der Anerkennung etwa in jenen Fällen,
bei denen in früheren Jahren ein Berufskrankheitenverfahren negativ
abgeschlossen wurde, oder wo die Erkrankung nach Meinung der Gutachter durch
andere Faktoren (zumeist Zigaretten- bzw. Nikotinabusus) verursacht worden sein
könnte.
Auch die offizielle
Berufskrankheitenstatistik, die von der AUVA geführt wird, gibt Anlass zu
Nachfragen.
Sie haben als Umweltministerin Anfang der 90er Jahre für jene
Asbestverordnung gesorgt , die die Verwendung des gefährlichen Asbest in Österreich
stark eingeschränkt bzw. verboten hat.
Das Verharmlosen der Gefahren von Asbest in
den Jahrzehnten vorher haben hunderte Menschen mit schweren und bösartigen
Erkrankungen, in den meisten Fällen mit dem Tod bezahlen müssen. In nicht
wenigen Fällen wurde diesen Menschen (und ihren Angehörigen), die beruflich
asbestexponiert waren, die Anerkennung nach dem Berufskrankheitenrecht
verweigert.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen
deshalb in Erwartung einer umfassenden Aufarbeitung die folgende....
Die unterfertigten Abgeordneten stellen
daher folgende
ANFRAGE:
1) Zwischen
1990 und inkl. 2000 sind nach der AUVA-Statistik 149 Personen als
Berufskrankheiten nach Ziffer 27b (bösartige Erkrankungen) und 137 nach Ziffer
27a, also insgesamt 286 Personen anerkannt worden. Im gleichen Zeitraum weist
die Statistik für asbestbedingte Berufskrankheiten (also 27a und 27b) insgesamt
nur 72 Tote aus. Die meisten Anerkennungen nach 27b sind Mesotheliome, die innerhalb
weniger Jahre zum Tod führen.
Ist es richtig,
dass in der AUVA – Statistik der Berufskrankheiten nur jene Personen als Tote
angeführt werden, die während ihrer Erwerbstätigkeit als anerkannte
Berufskrankheiten registriert wurden bzw. verstorben sind?
Wenn ja, in
welcher Statistik werden jene Asbesttoten registriert, die erst in der Pension
verstorben sind und wie viele sind seit 1990 in der Pension verstorben?
Wenn nein, wie
erklären Sie die Diskrepanz?
2) Im
Jahresbericht 1994 der AUVA werden erst- und einzigmalig jene Todesfälle bei
Berufskrankheiten aufgeführt, „bei denen das (durch den Versicherungsfall
bedingte) Ableben des Versicherten nach der statistischen Auswertung des Falles
eingetreten ist“. Diese Zahlen unterscheiden sich signifikant von den sonst für
diese Jahre genannten:
1991: 34 statt 16
1992: 42 statt 16
1993: 39 statt 14
1994: 42 statt
15.
Wie erklären Sie
diese Diskrepanz bzw. den Umstand, dass diese Zahlen in den späteren Jahren nie
wieder angeführt werden?
3) Bis
zum Jahr 1988 belief sich die Anzahl der anerkannten Berufskrankheiten immer
auf weit über 2.000 (1988: 2.619). Im Jahr 1989 sank diese Zahl auf 1.424 und
blieb in den Folgejahren immer und teilweise weit unter 2.000. Der statistische
Knick im Jahr 1989 wurde von der AUVA in deren Jahresbericht so erklärt:
„Infolge einer Änderung des Datenverarbeitungssystems kam es 1989 bei den
Landesstellen Wien, Graz und Linz zu einer zeitlichen Verschiebung der
statistischen Zählung“.
Wenn diese
Begründung die einzige ist, dann müsste in den Folgejahren der Knick durch eine
signifikante Erhöhung wieder ausgeglichen worden sein. Das ist aber nicht der
Fall.
Wie erklären Sie
bzw. die AUVA diesen Knick für die Folgejahre?
4) Die Statistik der
AUVA weist nur die Zahl der anerkannten Berufskrankheiten aus. Bei wie vielen
Personen wurde seit dem Jahr 1988 eine Berufskrankheit angezeigt bzw. nicht
anerkannt (bitte nach Jahren aufgliedern)?
B) Zur Aufspürung und Anerkennung von
asbestbedingten Berufskrankheiten
5) Gibt
es in der AUVA eine Auflistung jener Betriebe (Asbestkataster), die in den
vergangenen Jahrzehnten Asbest verarbeitet haben bzw. in denen schwach
gebundene Asbestprodukte verwendet wurden?
Wenn ja, um
welche Betriebe handelt es sich?
Wenn nein, warum
nicht?
6) In
metallverarbeitenden bzw. – erzeugenden Betrieben (z.B.in Linz, Ranshofen/OÖ,),
in denen mit hohen Temperaturen gearbeitet wird, wurden in der Vergangenheit
häufig schwach gebundene Asbestprodukte (Asbestschürzen, - handschuhe,
-schnüre) verwendet. Den AnfragestellerInnen sind Betriebe bekannt, in denen
Personen mit diesen Produkten arbeiten mussten, daran erkrankten bzw.
verstarben, aber dennoch nicht anerkannt wurden. Werden diese abgelehnten Fälle
neu aufgerollt? Um wie viele Fälle handelt es sich?
7) In
einem papiererzeugenden Betrieb in
südlichen NÖ wurde Asbest verarbeitet bzw. erkrankten mehrere Personen
an asbestbedingten Mesotheliomen. Nur in Einzelfällen wurden diese Personen,
teilweise durch neue Anträge,
anerkannt. Jahrelang wurde die Verwendung von Asbest durch Gutachter bzw.
Unternehmen bestritten. Werden Sie dafür sorgen, dass abgelehnte Fälle neu
aufgerollt werden und um wie viele Fälle handelt es sich?
8) In
Elektrizitätsunternehmen wurde in der Vergangenheit häufig schwach gebundenes
Asbest verwendet bzw. kamen MitarbeiterInnen dadurch zu Schaden. Werden Sie
dafür sorgen, dass abgelehnte Fälle neu aufgerollt werden und um wie viele
Fälle handelt es sich?
9) In
den Schiffswerften in Linz und Korneuburg wurde in der Vergangenheit schwach
gebundenes Asbest verarbeitet bzw. kamen MitarbeiterInnen dadurch zu Schaden.
Werden Sie dafür sorgen, dass abgelehnte Fälle neu aufgerollt werden und um wie
viele handelt es sich?
10) In
zahlreichen Isolierfirmen haben in der Vergangenheit zahlreiche Menschen mit Spritzasbest gearbeitet und wurden
dadurch geschädigt. Werden Sie dafür sorgen, dass abgelehnte Fälle aus diesen
Betrieben neu aufgerollt werden und um wie viele handelt es sich?
11) In zwei
Betrieben (in Kärnten und OÖ) wurden grosse Mengen an Asbest verarbeitet und
viele Personen dadurch geschädigt.
a) Wurden alle
aus diesen Betrieben nach der Berufskrankheitentafel angezeigten Personen
entschädigt?
b) Um wie viele
Personen handelt es sich?
c) Werden Sie
nicht anerkannte Fälle neu aufrollen?
d) Um wie viele
nicht anerkannte Fälle handelt es sich?
12) Für die
Dauer der Exposition gegenüber Asbest gibt es die vorgeschriebenen
Kontrolluntersuchungen. Werden Sie dafür sorgen, dass Personen, die auch nur
kurzfristig asbestexponiert waren, auch nach ihrer Asbestexposition zu
Kontrolluntersuchungen aufgefordert bzw. eingeladen werden, damit eine
frühzeitige Erkennung von Asbestkrankheiten möglich wird?