2205/J XXII. GP
Eingelangt am 14.10.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend „Ermordung von über 4000 italienischen Soldaten auf Kefalonia durch
die deutsche Wehrmacht (Edelweis-Division)"
Teile
der deutschen Wehrmacht haben sich schlimmster Verbrechen schuldig gemacht.
Eine der blutigsten Spuren hinterließen die Gebirgsjäger, eine
„Elitetruppe" der
Wehrmacht. Sie wüteten auf dem Balkan und in der Sowjetunion. Zahlreiche
Verbrechen
und unbeschreibliche Massaker verübte die „edle Truppe unter dem Edelweis"
aber in
Griechenland (Edelweis-Division).
Eine aktive Beteiligung von Gebirgsjägern am
Vernichtungskrieg der faschistischen
Wehrmacht ist
seit vielen Jahren von Militärhistorikern nachgewiesen. So
ermordeten Truppen der 1. Gebirgs-Division
am 13. September 1943 auf der
griechischen Insel Kefalonia mehr als 4000 wehrlose italienische
Kriegsgefangene
(Offiziere und Soldaten) der Division Acqui aus Rache dafür, dass der ehemalige
Verbündete Italien die Seiten gewechselt hatte. Die Italiener hatten die
Waffen
niedergelegt, wurden gefangen genommen und
danach innerhalb kürzester Zeit
durch die MP-Salven der deutschen Gebirgsjäger grausam niedergemetzelt. Nur
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Soldaten überlebten in dem sie sich tot stellten. Auch die griechische
Bevölkerung
hatte Opfer zu beklagen.
Bis heute blieb dieses unfassbare Verbrechen - wie auch
andere in Griechenland -
ungesühnt, es kam nie
zu einer juristischen Aufarbeitung. Die Täter blieben weitgehend
ungeschoren. Und nun arbeitet die Zeit gegen die Aufklärung und Ermittlungen.
Schon in
den sechziger Jahren wurde in Deutschland zwar ermittelt, diese Ermittlungen
jedoch „aus
Mangel an Beweisen" eingestellt (17.09.1968). Allein der befehlsführende
General der 1.
Gebirgsdivision wurde vor Gericht zur
Rechenschaft gezogen und zu 12 Jahren Haft
verurteilt - allerdings bald wieder entlassen.
Deutsche Justizbehörden arbeiten derzeit nach
Presseberichten seit 2001 an der
Aufklärung dieses
Nazi-Verbechens, das zweifellos von der 1. Gebirgsdivision begangen
worden ist. Dies teilte 2003 Staatsanwalt
Dr. Riedel von der zentralen Stelle der
Landesjustizverwaltungen in
Ludwigsburg der WN-BdA mit. Das Geschehen auf
Kefalonia werde von der
Zentralstelle in Dortmund untersucht. Es wurde aus Ludwigsburg
zudem gemeldet, dass die bisher nicht bekannten Tatorte und
Tatverdächtigen sowie
einzelne Tatgeschehen, die von antifaschistischen Organisationen benannt
wurden,
nunmehr Gegenstand von Ermittlungen werden.
(Aktenzeichen 508 AR 111/02). Über
konkrete Erhebungen bzw. Ermittlungen in Österreich lagen damals keine
Informationen
vor.
Die
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschistinnen und
Antifaschisten, Landesvereinigung NRW, hat der dortigen Landesregierung Anfang
2003
eine umfassende Dokumentation über die Verbrechen der Wehrmacht in Kefalonia
samt
Namen der Täter vorgelegt und eine unverzügliche Strafverfolgung der Mörder von
Kefalonia gefordert.
Es
könnte also sein, dass sich nach vielen Jahren Stillstand in Deutschland noch
ein
neuer großer Prozess gegen NS-Mörder aus der Wehrmacht, die auch
Judendeportationen vornahmen, ergibt. Es
wurden Tatverdächtige ausgeforscht, die bei
den Massakern in Griechenland vor 61 Jahren dabei gewesen sind und aktiv an
diesem
Massaker mitgewirkt haben. Dies gilt auch für Österreicher.
An dieser grauenhaften Ermordung der
italienischen Soldaten waren ca. 4000
Wehrmachtsangehörige, darunter 830 Südtiroler und Österreicher beteiligt.
Deutsche
Staatsanwälte bestätigen, dass es eine „Österreicher-Liste" gibt,
die ursprünglich 530
Personen betroffen habe. Das österreichische Innenministerium wurde gebeten, im
Rechtshilfeweg diese Leute ausfindig zu
machen. „Dort leistete man hervorragende Arbeit.
Es wurde festgestellt, dass noch 145 am Leben sind, die nun als Zeugen
vernommen
werden" - so Oberstaatsanwalt Ulrich
Maaß (Dortmund).
Österreich
führt überdies nach Presseberichten die Liste jener Staaten an, in welcher es
laut nun veröffentlichtem Jahresbericht des Leiters des Jerusalemer Simon
Wiesenthal
Centers, Efraim Zuroff, neue Hinweise auf
noch nicht verurteilte NS-Kriegsverbrecher gibt.
Der Bericht, der den Zeitraum 1. April 2003 bis März 2004 umfasst,
spricht von weltweit
166 neuen Ermittlungen des Wiesenthal Centers.
60 davon fallen auf Österreich. Auf dem zweiten Platz
finden sich die USA mit 40 neuen
Ermittlungen, auf dem
dritten. Platz Lettland mit 19 neuen Ermittlungen. Gegen sieben
Personen auf der österreichischen Liste werde man in Kürze auch ermitteln,
sagte
Thomas Grünewald vom Justizministerium im April 2004.
Die aktuelle Information des Simon-Wiesenthal-Zentrums
beinhaltet bereits 181 Namen
mutmaßlicher
österreichischer Naziverbrecher.
"Efraim
Zuroff vom Simon-Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem hat dem
Justizministerium in
den vergangenen Monaten insgesamt 181 Namen
mutmaßlicher österreichischer
Verbrecher übermittelt. Die österreichische Justiz muss jeden Fall
prüfen: Beim
Staatsarchiv, Bundesamt für
Verfassungsschutz und aus dem deutschen Ludwigsburg
wurden Daten angefordert" (Presse 29.September 2004).
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz
nachstehende
Anfrage:
1.
Sind Ihnen die Umstände des grauenhaften Massakers durch
die 1. Gebirgsdivision
auf
Kefalonia bekannt?
2.
Welche
Informationen liegen darüber von den zuständigen Behörden bzw. privaten
Einrichtungen aus Italien, Griechenland, Deutschland oder anderen Staaten vor?
3.
Welche
Tatsachen sind dem Justizministerium darüber bekannt?
Welche
konkreten Beweismittel liegen gegen die Täter (1. Gebirgsjägerdivision)
vor?
4.
Wie viele Österreicher waren im Jahr 1943 Mitglieder in
der 1 .Gebirgsdivision
(Aufschlüsselung auf
Soldaten, Chargen, Unteroffiziere und Offiziere)?
5.
Wie
viele sind davon noch am Leben?
6.
Wie viele ehemalige Mitglieder der 1 .Gebirgsdivision
wurden nach dem 2.Weltkrieg
Mitglieder der
B-Gendarmerie? Wie viele ehemalige Mitglieder der 1.
Gebirgsdivision wurden in den Dienst des österreichischen Bundesheeres
aufgenommen (Aufschlüsselung auf Offiziere, Unteroffiziere, Chargen und
Soldaten)?
7.
Wie viele Österreicher waren zum Zeitpunkt des Massakers
auf Kefalonia in die
Befehlsstruktur
der 1 .Gebirgsdivision eingebunden (Ersuche um Bekanntgabe der
jeweiligen
Dienstgrade und Führungsfunktionen)?
8.
Wie viele sind davon noch am Leben?
9.
Welcher Tat hat sich nach dem österreichischen Strafrecht
ein Angehöriger der
1
.Gebirgsdivision schuldig gemacht, der Befehle zur Ermordung der italienischer
Soldaten bzw. griechischer Zivilisten auf
Kefalonia erteilt bzw. weitergegeben hat?
10. Ist diese Tat verjährt?
11 .Welcher Tat hat sich nach dem
österreichischen Strafrecht ein Angehöriger der
1 .Gebirgsdivision schuldig gemacht, der an
der Ermordung der italienischen
Soldaten bzw. griechischen Zivilisten auf Kefalonia aktiv mitgewirkt
hat?
12. Ist diese Tat verjährt?
13.
Wurde jemals nach dem 2.Weltkrieg in Österreich gegen
ehemalige
Wehrmachtssoldaten
(insbes. ehemalige Mitglieder der 1 .Gebirgsdivision) wegen
dieses grauenhaften
Massakers auf Kefalonia ermittelt?
14. Wenn nein,
warum nicht?
15. Wenn ja, gegen wie viele ehemalige Mitglieder der
deutschen Wehrmacht wurde
deswegen in Österreich nach dem 2.
Weltkrieg strafrechtlich ermittelt
(Aufschlüsselung auf Offiziere, Unteroffiziere, Chargen und Soldaten)?
Wann erfolgten diese Ermittlungen?
16. Zu welchen Ergebnissen führten
jeweils diese Ermittlungen?
17. Wurden diese Ermittlungen
eingestellt? Wenn ja, aus welchen Gründen?
18.
Kam es in Österreich aufgrund der Ermittlungsergebnisse
(Voruntersuchungen) zu
gerichtlichen
Strafverfahren? Wenn ja, zu wie vielen?
19.
Zu
wie vielen rechtskräftigen Verurteilungen kam es? Welche Strafen wurden dabei
jeweils ausgesprochen?
20.
Wie viele Strafverfahren wurden eingestellt? Was waren
jeweils die
Einstellungsgründe?
21.
In
welchen Staaten wurde nach dem 2. Weltkrieg wegen dieses grauenhaften
Massakers auf Kefalonia ermittelt? In
welchen Staaten kam es zu rechtskräftigen
Verurteilungen?
22.
Welches
Ergebnis erbrachten die von Oberstaatsanwalt Dr. Maaß (Dortmund) in
Jahr 2003 angekündigten Zeugeneinvernahmen (Rechtshilfe) in Österreich?
23.
Wie viele ehemalige Mitglieder der I.Gebirgsdivision
wurden in diesem
Zusammenhang
als Zeugen einvernommen (Aufschlüsselung auf Offiziere,
Unteroffiziere,
Chargen und Soldaten)?
Sind die Zeugeneinvernahmen bereits abgeschlossen?
Wenn nein, wann
werden diese abgeschlossen sein?
24. Durch wen wurden diese Zeugeneinvernahmen durchgeführt?
25.Gegen wie viele
ehemalige Mitglieder der I.Gebirgsdivision wurden bereits in
Österreich nach den
Zeugeneinvernahmen strafrechtliche Ermittlungen
(Vorerhebung oder Voruntersuchung)
eingeleitet (Aufschlüsselung auf Offiziere,
Unteroffiziere, Chargen und Soldaten)?
Welches Gericht ist dafür zuständig?
26.
Wie ist der Stand dieser Ermittlungen? Sind diese
bereits abgeschlossen bzw.
wann werden diese
abgeschlossen sein?
27.
Gegen
wie viele ehemalige Mitglieder der 1 .Gebirgsdivision sollen aufgrund der
Zeugeneinvernahmen strafrechtliche
Ermittlungen (Vorerhebung oder
Voruntersuchung) eingeleitet werden
(Aufschlüsselung auf Offiziere, Unteroffiziere,
Chargen und Soldaten)? Welches Gericht ist dafür zuständig?
28.
Welche Informationen liegen Ihnen über die letzten
Ermittlungen in Deutschland
(z.B. StA Dortmund)
vor? Welche Ergebnisse liegen vor?
29.
Gab
es jemals diesbezüglich Rechtshilfeersuchen von Italien, Griechenland oder
Deutschland oder anderen Staaten an Österreich?
30.
Wenn
ja, durch welchen Staat, wann und in wie vielen Fällen? Wurde diesen
Rechtshilfeersuchen auch entsprochen? Wenn nein, warum nicht?
31 .Gab es jemals diesbezüglich Auslieferungsansuchen?
32.
Wenn
ja, durch welchen Staat, wann und in wie vielen Fällen? Wie wurde dabei
jeweils entschieden?
33.
Ist
es richtig, dass dem Justizministerium vom Simon-Wiesenthal-Zentrum
insgesamt 181 Namen mutmaßlicher österreichischer Naziverbrecher übermittelt
wurden?
34.
Wenn ja, welche Maßnahmen sind aufgrund dieser
Informationen durch das BMJ
geplant?
35.
Befinden sich darunter auch die Namen von ehemaligen
Mitgliedern der 1.
Gebirgsjägerdivision, die an dem Verbrechen auf Kefalonia beteiligt waren?
36.
Welche Verbrechen werden den 181 genannten mutmaßlichen
österreichischen
Naziverbrechern
konkret vorgeworfen? V