2248/J XXII. GP

Eingelangt am 09.11.2004
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Dr. Cap

und GenossInnen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Verschwendung von Steuermitteln und Verschleuderung von Staatsvermögen

 

 

Aussagen zur Budgetpolitik von Finanzminister Grasser waren seit dem Jahr 2000 von Einsparungs- und Nachhaltigkeitsforderungen geprägt, die letztendlich niemals umgesetzt wurden und deren langfristige Wirkung sich in der absolut höchsten Finanzschuld des Bundes - bei gleichzeitigem Verkauf eines großen Teils des österreichischen Staatsvermögens – manifestierte.

 

Nachhaltig entwickelte sich lediglich die Erhöhung der Ausgaben für externe Beratung des Finanzministers seit 4.2.2000: seit Amtsantritt hat Finanzminister Grasser mindestens 15,36 Mio € für externe Beratung bezahlt, in dieser Summe sind weder PR-Kosten noch Insertionen berücksichtigt.

 

Die angeführte Zahl ergibt sich ausschließlich aus Anfragebeantwortungen des Bundesministers für Finanzen. Sämtliche diesen Kosten gegenübergestellte Einsparungspotentiale konnten in den parlamentarischen Gremien widerlegt werden. Ebenso widerlegt auch das hervorgekommene Budgetdefizit für 2005 das Vorhandensein von Einsparungspotentialen auf Grund extern zugekaufter Beraterleistungen.

 

Der von Finanzminister Grasser in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses am 10. Dezember 2003 zitierte Leitsatz „ein Berater verdient sich selbst!“ und dessen Falsifikation können anhand eines einfachen Beispieles dargestellt werden:

Für die Beratung der Republik Österreich bei Privatisierungsschritten hinsichtlich eines Restvermögens der DDSG wurde ein Beratungsunternehmen mit der sogennanten „Verhandlungsassistenz“ beauftragt. Die Kosten dieser Leistung betrugen 10.000 € - das Einsparungspotential wurde von Finanzminister Grasser mit 7,91 Mio € angegeben. Bei den angegebenen Einsparungen handelte es sich ausschließlich um den Verkaufspreis der gegenständlichen Liegenschaft.

Diesbezüglich ist nach wie vor vollkommen unklar warum der Finanzminister eine Verhandlungsassistenz beim Verkauf von DDSG-Liegenschaften benötigte und warum das Einsparungspotential in Höhe des Verkaufspreises angegeben wurde. Aus diesen Angaben des Finanzministers muss geschlussfolgert werden, dass es dem Finanzministerium ohne private Assistenz nicht möglich ist, Liegenschaften zu verkaufen.

 

Insgesamt ist festzuhalten, dass sämtliche von Finanzminister Grasser angegebenen Einsparungspotentiale unabhängig von der Beratungsleistung entstanden sind bzw. bei Verkäufen von staatlichem Eigentum mit dem entsprechenden Kaufpreis ausgewiesen wurden. Aus den Beraterverträgen entstanden lediglich Kostenbelastungen für den Steuerzahler auf Grund der Honorarzahlungen sowie der gleichzeitigen Besoldung der ressortintern zuständigen Beamten.

 

Neben privaten Beratungsdienstleistungen wurde seit Amtsantritt der schwarz/blauen Bundesregierung die Anzahl der Bediensteten in den Ministerbüros auf bisher noch nie dagewesene Personalstände aufgestockt. Die rechtliche und politische Verantwortung für diese Verschwendung von Steuermittel haben die jeweiligen Mitglieder der Bundesregierung zu tragen, letztlich aber vor allem der Finanzminister, der die Gewährung von Gehältern für Ministersekretäre in der Höhe von bis zu 15.000 € monatlich, die Entsendung von MitarbeiterInnen in bis zu acht Aufsichtsräte, den Abschluss von Arbeitsleihverträgen zum Schaden der Republik und zur Umgehung von bestehenden Gesetzen tolerierte und durch diese Vorgangsweise einen Verstoß gegen die Budgetwahrheit durch Verrechnung der Refundierungskosten für Arbeitsleihverträge als Sachaufwand unterstützte.

 

Durch die Versetzung von hunderten Beamten in den Ruhestand bzw. in den Karenzurlaub vor Ruhestand gemäß dem §§22a und 22c des Bundesbedienstetensozialplan-Gesetzes (sogenannte „Chance 55“) ergeben sich Kosten für die Republik Österreich in Gesamtausmaß von mehr als 350 Mio €, denen keine Gegenleistungen gegenüber stehen. Die defacto-Pensionierung von arbeitsfähigen, gut ausgebildeten Staatsdienern basierte zum größten Teil auf rein politischen Motiven.

 

Durch den Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften wurde Staatsvermögen unwiederbringlich veräußert. Für diesen Verkaufsvorgang sind wiederum Beratungskosten in Höhe von 10,9 Mio € angefallen. Die budgetären Auswirkungen dieser Veräußerung ist klar am Regierungsentwurf eines Bundesfinanzgesetzes 2005 erkennbar – trotz Abverkaufs von nur einmalig vorhandenen Staatsvermögen erhöhen sich die Staatsschulden auf ein Höchstausmaß.

 

Auch die Bestellung und Abberufung von Aufsichtsräten und Vorständen in der staatsnahen Wirtschaft sowie die damit im Zusammenhang stehenden Vertragsgestaltungen prägten das Bild der Verschwendungspolitik von Finanzminister Grasser und beruhten auf massiven Gesetzesverstößen in den Unternehmen der staatsnahen Wirtschaft, darunter vor allem der Österreichischen Industrieholding AG. Insgesamt betrugen die zusätzlichen Kostenbelastungen seit dem Jahr 2000 durch Gehälter und Aufwandsentschädigungen sowie Spesen der ÖIAG-Leitungsorgane rund 1,4 Mio € (Stand Februar 2004). Bei den ÖIAG-Vorstandsverträgen wurde bewusst dem Stellenbesetzungsgesetz 1998 und der Verordnung der Bundesregierung betreffend Vertragsschablonen gemäß diesem Gesetz zuwidergehandelt. Damit wurde eine Antiprivilegiengesetzgebung in Kenntnis der negativen Folgen für die Steuerzahler bewusst durch den Vorstand, den Aufsichtsrat und den Eigentümer, vertreten durch Finanzminister Grasser, missachtet.

 

Betrachtet man die Privatisierungen und Privatisierungsversuche des Finanzministers von staatlichen Unternehmen so ist keine nachhaltige, positive Entwicklung zugunsten des österreichischen Steuerzahlers erkennbar. Im Gegenteil der Verkauf von öffentlichem Eigentum diente lediglich dem Stopfen von Budgetlöchern bzw. war dieser ausschließlich ideologisch motiviert.

 

Die „Nachhaltigkeit“ des Sparsamkeitsverständnisses von Finanzminister Grasser zeigt sich auch in der Beschaffung von Dienstwägen. Obwohl Grassers Dienstauto, ein Audi des Typs A8, als zu teuer kritisiert wurde, werden nun mehr sämtliche Dienstwägen der Bundesregierung auf diesen Luxustyp umgestellt:

Innerhalb von 4 Jahren sollen 40 Fahrzeuge der Marke Audi A8 angekauft werden.

 

Den Fehlschlägen des Finanzministers seit 4.2.2000 stehen PR-Aktivitäten zu Höchstpreisen gegenüber. Seit dem Jahr 2000 wurden mindestens 8,5 Mio € ausschließlich für Werbung für Mag. Grasser verwendet. Die Persönlichkeitswerbung des Ministers gipfelte im Jahre 2001 in einem Inserat der Financial Times mit dem Konterfei des Finanzministers um rund 60.000 €.

 

Kritische Medien, wie die Stadtzeitung „Falter“, berichteten über Veranstaltungen von Finanzminister Grasser „im Casino, Opernhäusern und Kunsthallen“ samt „tausender Cocktails und Brötchen“. Die selbe Zeitung stellte diesbezüglich (berechtigt) die Frage, ob „hier das private Image eines Politikers mit öffentlichen Mitteln aufpoliert wird“ oder ob „der Sparefroh der Republik tief in den Staatssäckel greife“, um den Kurs seiner Ich-Aktie in die Höhe zu treiben (Falter 24/03).

 

Aus der dargelegten Gebarung des Finanzministers hinsichtlich der Ausgaben für Selbstdarstellung und PR-Maßnahmen ergibt sich auch eine große Besorgnis hinsichtlich der Regierungsausgaben für das Jubliäumsjahr 2005 und den österreichischen EU-Vorsitz im Jahr 2006. Seit Regierungsantritt wurden mindestens 72 Mio € von den Ressorts für Beratung und Werbung verschwendet – nunmehr ist eine Erhöhung dieser Ausgaben, die bereits den Höchstwert seit 1945 darstellen, zu befürchten. Auch ist davon auszugehen, dass die Bundesregierung diese beiden Anlassfälle bewusst zu parteipolitischen Einflussnahmen und der werbenden Darstellung von Personen nutzen wird, dies unter Heranziehung von Steuermittel, ungeachtet deren budgetärer Widmung. Gerade für das Jubiläumsjahr 2005 und den österreichischen EU-Vorsitz im Jahre 2006 erscheint es wesentlich, die Werbeausgaben zu begrenzen und mittels einer sachlichen Normierung zu reglementieren. Einen entsprechenden Vorschlag des Rechnungshofes ignorierend hat es die Bundesregierung, allen voran der zuständige Finanzminister, unterlassen, eine entsprechende – bereits vom Rechnungshof ausgearbeitete – Regelung gesetzlich umzusetzen.

 

Da die Budgetpolitik des Finanzministers ausschließlich von der Nachhaltigkeit der ständigen Ausgabenerhöhung sowie der Erhöhung der Staatsschulden geprägt ist, gleichzeitig wesentliches Staatsvermögen abverkauft wird und die Befürchtung nahe liegt, dass sich die Kosten für Öffentlichkeitsarbeit und Repräsentation in den nächsten Monaten extrem erhöhen werden, richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen nachfolgende

 

 

 

Anfrage:

 

 

 

1.      Woraus resultiert der Umstand, dass der Regierungsentwurf des Bundesfinanzgesetzes 2005 nun mehr den absolut höchsten Schuldenstand in der Geschichte der Republik Österreich für das Budgetjahr 2005 vorsieht?

 

2.      Wie hoch wäre der Stand der Staatsschulden im Budgetjahr 2005 ohne Abverkauf von staatlichen Vermögenswerten seit dem Jahr 2000, ausgedrückt in absoluten Zahlen?

 

3.      Welche budgetäre Effekte ergab der Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften sowie der Liegenschaftsanteile an der Bundesimmobiliengesellschaft und in welcher Form und Höhe wurden dadurch Staatsschulden getilgt, ausgedrückt in absoluten Zahlen?

 

4.      In welcher Form und Höhe wurden durch Verkauf von ÖIAG-Anteilen Staatsschulden seit dem Jahr 2000 getilgt und in welcher Weise wirkten sich diese Verkäufe auf die Dividendenentwicklung für die Republik Österreich aus?

 

5.      Haben Sie dem Ankauf von 40 neuen Dienstautos der Marke Audi A8 gemäß Bundeshaushaltsgesetz zugestimmt und wenn ja, auf welchen Überlegungen basiert ihre Genehmigung des Ankaufs von 40 Luxusautos?

 

6.      In welcher Höhe werden Budgetmittel für Werbeausgaben (aller Ressorts) und PR-Aktivitäten (aller Ressorts) im Jubiläumsjahr 2005 verwendet, wie hoch sind diese insgesamt veranschlagt und wie hoch sind die diesbezüglich prognostizierten Ausgaben des Bundesministeriums für Finanzen?

 

7.      In welcher Höhe werden Budgetmittel für Werbeausgaben (aller Ressorts) und PR-Aktivitäten (aller Ressorts) im Zuge des österreichischen EU-Vorsitzes 2006 verwendet, wie hoch sind diese insgesamt veranschlagt und wie hoch sind die diesbezüglich prognostizierten Ausgaben des Bundesministeriums für Finanzen?

 

8.      In welcher Form werden Sie einer zweckentfremdeten Verwendung von Steuermittel im Zuge der Feierlichkeiten des Jubiläumsjahres 2005 sowie des österreichischen EU-Vorsitzes im Jahre 2006 entgegentreten und können Sie eine entsprechende Ausgabenerhöhung bedingt durch diese zwei Anlassfälle ausschließen?

 

9.      Bis zu welchem Zeitpunkt werden die vom Rechnungshof vorgegebenen Regeln für Regierungswerbung umgesetzt und warum wurde dieses vorgeschlagene Reglement bisher nicht berücksichtigt?

 

10. Inwieweit ist daran gedacht, angesichts der extremen Erhöhung des Staats-schuldenstandes Reduktionen im Beratungs- und PR-Dienstleistungsbereich für die Budgetjahre 2005 und 2006 zu veranlassen?