2278/J XXII. GP
Eingelangt am 09.11.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Maier
und GenossInnen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend „Korruptionsverdacht gegen Ärzte und Pharmafirmen in
Deutschland - oder auch in Österreich?"
Nach Darstellung von Mag. Martin Kreutner (BIA) gehen
pro Jahr EU-weit durch Korruption
und Betrug im
Gesundheitswesen zwischen 30 und 100 Mrd. Euro verloren. Durch illegale
Auftragsvergabe versickern jährlich ca. 350
Mrd. Euro weltweit. Geschädigt werden dadurch
alle SteuerzahlerInnen bzw. direkt alle PatientInnen. Als Beispiel
nannte Mag. Kreutner
Ärzte, die Gefälligkeitsgutachten erstellen oder solche, die Patienten bei
Operationen
vorreihen, wenn diese ein Geldkuvert übergeben. Schaden entsteht auch
Pharmafirmen, die
Kunden samt Familie zu fünftägigen „Seminaren" nach Kitzbühel oder Hawaii
einladen und
die Kosten in Medikamentenpreise einrechnen. Konkrete Zahlen für Österreich
oder Fälle
wurden von Mag. Kreutner allerdings nicht bekannt gegeben.
In
Deutschland gibt es aktuell wieder zahllose Korruptionsvorwürfe gegen Ärzte,
Staatsanwälte ermitteln nach
Presseberichten gegen hunderte Ärzte in Deutschland. Sie sollen
durch Bestechung (Geldzahlungen, Familienreisen, Golfkurse etc.)
bestimmte
Herstellerfirmen bevorzugt haben.
„ Wegen
Korruptionsverdachts ermitteln Staatsanwälte in Darmstadt und München
deutschlandweit gegen mehrere hundert Klinikärzte. Wie die Staatsanwaltschaft
Darmstadt
am Dienstag berichtete, sollen rund 350 Mediziner Geld und geldwerte Vorteile
von einem
südhessischen Medizinprodukthersteller erhalten haben. Das Bielefelder „
Westfalen-Blatt"
(Dienstag-Ausgabe) berichtete, die Staatsanwaltschaft München ermittle gegen
weitere 150
Mediziner.......
....Nach dem Zeitungsbericht geht die Staatsanwaltschaft
München mutmaßlichen
Vergünstigungen durch das japanische Pharmaunternehmen Fujisawa nach.
Der Konzern
soll von 1998 bis
2003 in Deutschland 150 Klinikärzte bestochen haben. Dem Bericht zufolge
wird in München auch gegen den fünf Fujisawa-Mitarbeiter ermittelt.........
..... In einem dritten Korruptionskomplex im Gesundheitswesen leitete die Staatsanwaltschaft
München dem Bericht zufolge erste Strafverfahren gegen
Klinikärzte ein. Die Auswertung von
Unterlagen,
die im Mai 2004 bei der Durchsuchung der Zentrale der Pharmafirma Bristol-
Myers Squibb (BMS) in München beschlagnahmt worden seien, haben einen konkreten
Anfangsverdacht ergeben. Chefermittler
Sailer wurde zitiert, dass bis zu 4.000 Ärzte von
Strafverfahren betroffen sein könnten. "(APA Nr. 202
vom 2004-10-05)
Die
laufenden deutschen Ermittlungen zur Korruption im Gesundheitswesen haben
deutliche
Parallelen zu den Fällen in Italien, die im Mai 2004 bekannt wurden. Exakt
4.440 Ärzte sind
dort wegen Bestechung angezeigt worden. Im Mittelpunkt dieser Erhebungen steht
der
britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline.
Vorgeworfen wird dem Konzern Übernahme von
Reisekosten (auch für Begleitpersonen), Zahlung von Geldbeträgen für
Leistungen die nie
erbracht wurden. Vorgeworfen wird 73 verdächtigten Managern auch die
Mitgliedschaft in
einer kriminellen Organisation. Gegen GlaxoSmithKline
wurde seit 2001 auch in Deutschland
ermittelt, nicht jedoch in Österreich (soweit bekannt).
Verdachtsvorwürfe
der beschriebenen Art sind in Österreich in den letzten Jahren in der
Öffentlichkeit nicht bekannt geworden, allerdings wird das Bestehen derartiger
Praktiken
auch in Österreich in Einzelfällen nicht
ausgeschlossen. In der AB zu GlaxoSmithKline wurde
dem Fragesteller mitgeteilt, dass bis zum Jahr 2002 dem
Gesundheitsressort keine
diesbezüglichen Anhaltspunkte (die für die Annahme derartiger Verbindungen nach
Österreich sprechen) zur Kenntnis gebracht wurden (3843/AB XXI. GP). Dem
Justizministerium waren damals nur zwei Gerichtsverfahren aus den letzten
Jahren bekannt
(und zwar 1995 und 1996).
Aufgrund der jüngsten öffentlichen Angaben des
Vertreters des Innenministeriums Mag.
Martin Kreutner (BIA)
müssen diese Aussagen aber hinterfragt werden.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den
Bundesminister für Inneres
nachstehende
Anfrage:
1.
Gab
es seit 2000 aus anderen Ländern Amts- bzw. Rechtshilfeersuchen betreffend
Korruptionsverdacht (z.B. Verdacht auf Untreue, Geschenkannahme, Bestechungen)
gegenüber MitarbeiterInnen von GlaxoSmithKline oder gegen Verantwortliche im
österreichischen Gesundheitswesen bzw.
Krankenanstalten an Ihr Bundesministerium?
Gab es Anzeigen, behördliche Ermittlungen bzw. Gerichtsverfahren?
2.
Haben die zuständigen Stellen in Deutschland mit Ihrem
Bundesministerium (z.B. BIA)
Kontakt aufgenommen,
ob es hinsichtlich des zit. südhessischen
Medizinproduktherstellers derartige Vorwürfe,
Verbindungen bzw. Spuren in Österreich
gibt bzw. gegeben
hat?
Wenn ja, was wurde damit bezweckt?
2.1 .Wurden aufgrund
der Veröffentlichungen über die laufenden Korruptionsermittlungen in
Deutschland
(z.B. Darmstadt, München) oder aufgrund von Anzeigen durch Ihr
Bundesministerium
konkrete Erhebungen / Ermittlungen vorgenommen, ob derartige
Praktiken in Österreich (Krankenanstalten, Gesundheitseinrichtungen,
Medizinische
Berufe etc.) ebenfalls möglich sind bzw. vorgekommen sind?
2.2.Wenn ja,
wann, welche Erkenntnisse wurden dabei gewonnen und welche Maßnahmen
konkret gesetzt?
2.3.Wenn nein, weshalb nicht?
2.4.Gab es
entsprechende Erhebungen oder Ermittlungen (z.B. wegen Verdachts auf Untreue,
Geschenkannahme,
Bestechung oder in diesem Zusammenhang Steuerhinterziehung)
gegen Mitarbeiter dieses südhessischen Medizinproduktherstellers oder gegen
Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen bzw. in Krankenanstalten
durch
das BMI?
2.5.Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?
2.6.Gab es in der
Frage des im Einleitungstext angesprochenen Korruptionsskandals aus
Deutschland ein
Rechts- bzw. Amtshilfeersuchen an Ihr Ministerium?
2.7.Wenn ja, aus
welchen Ländern und wie lautete der Inhalt dieses Rechts- bzw.
Amtshilfeersuchens?
Wurde diesem auch entsprochen?
3. Haben
die zuständigen Stellen in Deutschland mit Ihrem Bundesministerium Kontakt
aufgenommen, ob es hinsichtlich des japanischen Pharmaunternehmens Fujisawa
derartige Vorwürfe, Verbindungen bzw.
Spuren nach Österreich gibt bzw. gegeben hat?
Wenn ja, was wurde damit bezweckt?
3.1.Wurden aufgrund dieses aufgezeigten
Ärzte-Bestechungsskandals oder aufgrund von
Anzeigen durch Ihr Bundesministerium
konkrete Erhebungen / Ermittlungen
vorgenommen, ob derartige Praktiken in Österreich (Krankenanstalten,
Gesundheitseinrichtungen, Medizinische
Berufe etc.) ebenfalls möglich sind bzw. konkret
vorgekommen sind?
3.2.Wenn ja, wann,
welche Erkenntnisse wurden gewonnen und welche Maßnahmen konkret
gesetzt?
3.3.Wenn nein, weshalb nicht?
3.4.Gab es jemals
entsprechende Erhebungen und Ermittlungen (z.B. Verdacht auf Untreue,
Geschenkannahme,
Bestechung oder in diesem Zusammenhang wegen Verdachts auf
Steuerhinterziehung) gegen Mitarbeiter von Fujisawa oder gegen Verantwortliche
im
österreichischen Gesundheitswesen bzw. Krankenanstalten durch das BMI?
3.5.Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?
3.6.Gab es in der
Frage dieses angesprochenen Bestechungsskandals aus Deutschland oder
anderen Ländern an
Ihr Bundesministerium ein Rechts- bzw. Amtshilfeersuchen?
3.7.Wenn ja, aus
welchen Ländern und wie lautete jeweils der Inhalt dieses Rechts- bzw.
Amtshilfeersuchens?
4. Haben
die zuständigen Stellen in Deutschland mit Ihrem Bundesministerium Kontakt
aufgenommen, ob es hinsichtlich der
Pharmafirma Bristol-Myers Squibb(BMS) derartige
Vorwürfe, Verbindungen bzw. Spuren in Österreich gibt bzw. gegeben hat?
Wenn ja, was wurde damit bezweckt?
4.1 .Wurden aufgrund
dieses Ärzte-Bestechungsskandal in Deutschland (München) durch Ihr
Bundesministerium
konkrete Erhebungen / Ermittlungen vorgenommen, ob derartige
Praktiken in Österreich (Krankenanstalten,
Gesundheitseinrichtungen, Medizinische
Berufe etc.)
ebenfalls möglich sind bzw. vorgekommen sind?
4.2.Wenn ja, wann,
welche Erkenntnisse wurden gewonnen und welche Maßnahmen konkret
gesetzt?
4.3.Wenn nein, weshalb nicht?
4.4.Gab es jemals
entsprechende Erhebungen und Ermittlungen (z.B. wegen Verdachts auf
Untreue,
Geschenkannahme, Bestechung und in diesem Zusammenhang auf
Steuerhinterziehung) gegen Mitarbeiter von Bristol-Myers Smith oder in diesem
Zusammenhang gegen Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen bzw.
Krankenanstalten durch das BM für Justiz bzw. durch das BMI?
4.5.Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?
4.6.Gab es in der
Frage dieses angesprochenen Bestechungsskandals aus Deutschland oder
anderen Ländern ein
Recht- bzw. Amtshilfeersuchen?
4.7.Wenn ja,
aus welchen Ländern und wie lautete der Inhalt dieses Recht- bzw.
Amtshilfeersuchens?
5.
Gab
es im Zeitraum 2000 - 2004 unabhängig von den in dieser Anfrage genannten
Unternehmen durch die Exekutive Erhebungen
oder Ermittlungen wegen Verdachts auf
Bestechung, Geschenkannahme, Steuerhinterziehung etc., gegen
Verantwortliche von
Pharma- oder Medizinproduktunternehmen bzw. gegen Verantwortliche im
Gesundheitswesen oder in Krankenanstalten in Österreich?
6.
Wenn ja, in wie vielen Fällen? Zu welchen Ergebnissen
führten jeweils diese
Ermittlungen (Ersuche
um Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre)?
7.
Wie
viele Verfahren nach § 10 UWG sind Ihnen im Zeitraum 2000 - 2004 bekannt
geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)? Wie
wurden diese Verfahren jeweils beendet?
8.
Wie viele Anzeigen nach § 55 AMG (verbotene
Geschenkannahme) wurden im Zeitraum
2000 - 2004 erstattet
(Ersuche um Aufschlüsselung auf Jahre)? Was ist Ihnen über
Erledigung der Anzeigen bzw. den Ausgang der Verfahren bekannt?
9.
Wie viele Millionen Euro gehen in Österreich jährlich
durch Korruption und Betrug im
Gesundheitswesen
verloren? Woran liegt dies?
10.
Nach welchen Kriterien kann dieser Verlust berechnet
werden? Nach welchen Kriterien
erfolgte die
Berechnung durch Mag. Kreutner (BIA)?
11.
Welche konkreten Maßnahmen werden Sie als dafür
zuständiger Innenminister zur
Bekämpfung von
Korruption und Betrug im Gesundheitswesen ergreifen?