2288/J XXII. GP

Eingelangt am 10.11.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Nationalräte Heinzl und GenossInnen

an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

bezüglich Gefährdung von Schwangerschaften und der Fruchtbarkeit durch den Einsatz von Pestiziden

Pestizide werden in der Landwirtschaft zur Bekämpfung tierischer und pflanzlicher Schädlinge
eingesetzt. Sie verunreinigen Luft, Boden und Gewässer und sind mitverantwortlich für den weltweiten
Verlust an Artenvielfalt. Auch die menschliche Gesundheit ist bedroht. Gleiches gilt für so genannte
Biozide, die zum Schutz von Konsumgütern wie Teppichböden, Textilien oder gegen Schädlinge auf
Haustieren eingesetzt werden.1

Viele Pestizide sind hormonell wirksam: Sie können Veränderungen im Hormonhaushalt von Mensch
und Tier auslösen. Einzelne Wirkstoffe stehen im Verdacht, die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen
zu beeinträchtigen und für die Abnahme der Spermienzahl und Spermienqualität bei Männern
verantwortlich zu sein. Auch die Zunahme von Hoden- und Brustkrebs wird auf hormonell wirksame
Chemikalien zurückgeführt. Hormonell wirksam sind auch die beispielsweise in Deutschland
erlaubten Pestizide Vinclozolin (zur Pilzbekämpfung zum Beispiel auf Erdbeeren, Kiwis und Salat)
sowie das mit dem gefährlichen TBT verwandte TPT (Triphenylzinn), das im Kartoffelanbau
eingesetzt wird. Insgesamt gibt es bei über 60 in Deutschland zugelassenen Pestizidwirkstoffen
Hinweise auf eine hormonelle Wirksamkeit.1

In ländlichen Gegenden, in denen Pestizide versprüht werden, erleiden Frauen beinahe doppelt so viele
Fehlgeburten wie in nicht belasteten Landstrichen. Das belegt eine Studie von Erin Bell von der
Universität North Carolina. Am größten sei die Gefahr zwischen der dritten und achten
Schwangerschaftswoche, schreibt die Forscherin in der Märzausgabe des Jahres 2001 von
"Epidemiology".

Die Forscherin hat die Lebensumstände von fast 700 Frauen verglichen. Von den Untersuchten hatten
73 eine Fehlgeburt erlitten. Überdurchschnittlich viele der Betroffenen wohnten in Pestizid-belasteten
Gebieten. Der Grund für die erhöhe Rate an Fehlgeburten sind laut Bell offenbar Missbildungen im
Mutterleib.2

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten deshalb die folgende

Anfrage

1.                Ist in Österreich der Verkauf, der Kauf, der Besitz oder der Gebrauch des Pestizids
Vinclozolin erlaubt? Wenn ja, seit wann? Planen Sie, Schritte zu unternehmen, damit der
Verkauf, der Kauf, der Besitz oder der Gebrauch des Pestizids Vinclozolin in Österreich
verboten wird?

2.                Ist in Österreich der Verkauf, der Kauf, der Besitz oder der Gebrauch des Pestizids
Triphenylzinn erlaubt? Wenn ja, seit wann? Planen Sie, Schritte zu unternehmen, damit der
Verkauf, der Kauf, der Besitz oder der Gebrauch des Pestizids Triphenylzinn in Österreich
verboten wird?

3.       Sind in Österreich der Verkauf, der Kauf, der Besitz oder der Gebrauch von
Pestizidwirkstoffen erlaubt, für die es Hinweise auf eine hormonelle Wirksamkeit gibt? Wenn
ja, seit wann gibt es Hinweise für deren hormonelle Wirksamkeit? Planen Sie, Schritte zu


unternehmen, damit der Verkauf, der Kauf, der Besitz oder der Gebrauch von
Pestizidwirkstoffen, für die es Hinweise auf eine hormonelle Wirksamkeit gibt, verboten
wird?

4.        Gibt es in Österreich Studien über den Vergleich von Fruchtbarkeitskennzahlen der
Bevölkerung in ländlichen Gebieten, in denen Pestizide versprüht werden mit
durchschnittlichen Fruchtbarkeitskennzahlen in Österreich? Wenn ja, wer hat diese Studien
durchgeführt, wo wurden die Ergebnisse veröffentlicht und was war das Ergebnis dieser
Studien? Wenn nein, werden Sie die Durchführung einer diesbezüglichen Studie veranlassen?

5.                 Gibt es in Österreich Studien über den Vergleich der Häufigkeit von Fehlgeburten in
ländlichen Gebieten, in denen Pestizide versprüht werden mit der durchschnittlichen
Häufigkeit in Österreich? Wenn ja, wer hat diese Studien durchgeführt, wo wurden die
Ergebnisse veröffentlicht und was war das Ergebnis dieser Studien? Wenn nein, werden Sie
die Durchführung einer diesbezüglichen Studie veranlassen?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1  Ärzte Zeitung, Ausgabe vom 30.07.2001

2  Bell, Erin M.; Hertz-Picciotto, Irva ; Beaumont, James J. 2001: A Case-Control Study of Pesticides and Fetal Death Due to Congenital Anomalies, Epidemiology, ISSN: 1044-3983, Lippincott Williams & Wilkins, March 2001, Volume 12, Issue 2,