2315/J XXII. GP

Eingelangt am 16.11.2004
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Cap

und GenossInnen

an den Bundeskanzler

betreffend  die Gefährdung des Grundkonsenses der Zweiten Republik durch die Bundesregierung

 

 

Dem Bundeskanzler obliegen nach dem geltenden Bundesministeriengesetz unter anderem die Angelegenheiten der allgemeinen Regierungspolitik und die der staatlichen Verfassung (Z 1 und 3 des Teils 2 A der Anlage zum BMG). In die Verantwortung des Bundeskanzlers fallen daher alle Fragen der grundsätzlichen Ausrichtung der Regierungspolitik und der Gestaltung der Verfassung.

 

Im Gegensatz zur Ersten Republik entwickelte sich die Zweite Republik zu einer Erfolgsgeschichte: Soziale Sicherheit und relativer Wohlstand für alle ÖsterreicherInnen, Austragung von Konflikten mit demokratischen Mitteln, funktionierende Sozialpartnerschaft und letzten Endes damit verbunden, der Aufstieg Österreichs zu einem der reichsten Staaten der Erde, in dem materieller Wohlstand mit einer hohen Lebensqualität vereint war.

 

Dieser Erfolg der Zweiten Republik ist ein Erfolg aller Österreicherinnen und Österreicher, auf den sie zu Recht stolz sind. Im nächsten Jahr steht ein Jubiläumsjahr bevor, in dem zahlreicher runder Jubiläen unseres Staates gedacht werden soll: 60 Jahre Zweite Republik, 50 Jahre Staatsvertrag und Neutralität, 10 Jahre Beitritt zur Europäischen Union.

 

Die Bundesregierung plant, mit Millionen Euro Steuergeldern diese Jubiläen zu begehen. Der Bundeskanzler nennt es hochtrabend Gedankenjahr, verschwendet gleichzeitig aber keinen Gedanken daran, wie die politischen Erfolge der Zweiten Republik fortgeschrieben werden könnten und was ihre Voraussetzungen waren. Im Gegenteil: Seitdem er im Jahre 2000 an die Macht gekommen ist, baut er die politischen Grundlagen dieser Erfolgsgeschichte ab, und zwar ganz ohne Verfassungsreform.

 

Die Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik wäre undenkbar gewesen ohne Einbindung aller ÖsterreicherInnen in eine vielfältige demokratische Struktur und Kultur der Mitbestimmung. Eine funktionierende Sozialpartnerschaft war Garant dafür, dass Interessengegensätze in der Gesellschaft zu einem fairen und demokratischen Ausgleich kamen. Dies wurde zwar vielfach als „Nebenregierung“ verstanden, doch sicherte diese demokratische Einbindung und Kontrolle den wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Aufstieg aller ÖsterreicherInnen, kurz, den österreichischen Weg, um den uns viele andere Staaten beneidet haben.

 

Dieser gesellschaftliche Grundkonsens und diese demokratische Kultur wurden von der schwarz-blauen Bundesregierung von Anfang an in Frage gestellt: Durch einseitiges Diktat, fehlende Einbindung der Betroffenen, „Drüberfahren“ bis hin zur Methode „Speed kills“. Die Aufhebungen verschiedenster Gesetze durch den Verfassungsgerichtshof, viele durch die SPÖ herbeigeführt, sind zahlreich : Von der ersten Pensionsreform über die Zivildienstreform, die Ambulanzgebühren, die Unfallrentenbesteuerung bis hin zur Asylgesetz-Novelle und der Hauptverbandsreform. Ungeachtet aller Kritik beschließt die Regierung sehenden Auges weiter verfassungswidrige Gesetze.

 

Am Vorabend des Jubiläumsjahres werden demokratische Einrichtungen und Institutionen, die den Erfolg der Zweiten Republik mit ausgemacht haben, in Frage gestellt. Auf Grund aktueller Entwicklungen ergeben sich daher in vier Bereichen entscheidende Fragen an den Bundeskanzler, die die Regierungspolitik und den Umgang mit der Verfassung betreffen.

 

1.      Kürzung der finanziellen Mittel für die Arbeiterkammern

 

Im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform griff die Bundesregierung - wie gleich nach ihrem Amtsantritt - wieder Pläne auf, die Finanzierung der Arbeiterkammern (also die Arbeiterkammerumlage) gesetzlich zu kürzen. Nachdem Schüssel im Jahr 2000 die Forderung der FPÖ, die Arbeiterkammerumlage auf 0,3 % zu kürzen, unterstützt hatte, schlägt diesmal er selbst ein Einfrieren vor, wie Jörg Haider im Mittagsjournal am 10. November 2004 berichtet hat.

 

Den wahren Grund dafür nennt Schüssel selbst, und zwar als Reaktion auf Kritik aus eigenen Reihen. Schüssel machte laut Ohrenzeugen „Kritiker zur Schnecke“: Er denke nicht daran, der Arbeiterkammer, die Propaganda gegen die Regierung mache „noch mehr Geld zu geben“ (Kurier, 10.11.2004).

 

Dass Bundesminister Bartenstein Schüssel unterstützt, ist nicht verwunderlich. Mit ihm als für Belange der Arbeit und der Arbeiterkammern zuständigen Minister wurde der Bock zum Gärtner gemacht. Natürlich sind ihm die Interessen seiner Industriebetriebe und der Wirtschaft wichtiger als die der Arbeitnehmer. Ungeheuerlich ist aber, dass auch der Präsident des Nationalrates Khol, der zu einer unparteilichen Amtsführung verpflichtet wäre, der Arbeiterkammer mit einer gesetzlichen Beschränkung in der Verwendung ihrer Mittel droht und ihr parteipolitische Propaganda vorwirft (in der Presse vom 13.11.2004).

 

Dass die Arbeiterkammer kritisch gegen die Politik der Regierung auftritt und über die Folgen dieser Politik für die ArbeitnehmerInnen informiert, ist nicht Folge einer parteipolitischen Ausrichtung, sondern eine natürliche Folge der Politik dieser Regierung, die sich in erster Linie gegen die Interessen der ArbeitnehmerInnen richtet. Es ist die ureigenste Aufgabe der Arbeiterkammern, die wie alle Kammern überparteilich sind, die Interessen ihrer Mitglieder auch gegenüber der Regierung zu wahren, gerade deswegen sind sie Selbstverwaltungskörper und entsprechend demokratisch legitimiert.

 

Einen eindrucksvollen Beweis dafür, dass das, was die Regierung „Gräuelpropaganda“ der Arbeiterkammer nennt, leider nur zu wahr ist, hat gerade am Freitag vergangener Woche Sozialminister Haupt geliefert. Die von ihm im Sozialausschuss vorgelegten Berechnungen bestätigten die Berechnungen der Arbeiterkammer über extreme Verluste durch die Pensionsharmonisierung von bis zu 20 %.

 

Nun soll offenkundig der Arbeiterkammer durch eine Kürzung der finanziellen Mittel die Möglichkeit genommen werden, solche Berechnungen anstellen und an die Öffentlichkeit bringen zu können, um der Bundesregierung die Durchsetzung ihrer unsozialen Politik zu erleichtern.

 

2.      Abschaffung der direkt gewählten Bundesvertretung der Österreichischen Hochschülerschaft

 

Die Österreichische Hochschülerschaft hat die unsoziale Politik dieser Bundesregierung, die sich scharf auch gegen Studierende richtet, von Anfang an kritisiert und versucht, die Interessen der Studierenden zu vertreten: Beginnend beim Protest gegen die Einführung von Studiengebühren über die Kritik am Universitätsgesetz (das dann vom VfGH teilweise aufgehoben wurde) bis hin zu ihrem gesellschaftspolitischen Engagement, etwa im Rahmen des Sozialstaats- und Bildungsvolksbegehrens. Die Bundesvertretung der ÖH ist hiezu bisher durch direkt demokratische Wahlen legitimiert, wobei diese einwandfreie demokratische Legitimation aus Sicht der ÖVP einen Fehler hat: Die ihr nahestehenden Gruppierungen sind in der Minderheit, GRAS und VSSTÖ haben eine klare Mehrheit. Dies deswegen, weil sie bei den Wahlen seit 2000 stark dazu gewonnen haben, kein Wunder bei der Politik der Bundesregierung, die sich gegen die Studierenden wendet.

 

In einer Nacht- und Nebelaktion brachten nun am 10. November 2004 ÖVP und FPÖ einen Initiativantrag im Nationalrat für ein neues Hochschülerschaftsgesetz ein. Dieses Gesetz schafft die Direktwahl des Zentralausschusses der Hochschülerschaft ab. Den über 200.000 österreichische Studierenden soll mit diesem Gesetz die Möglichkeit genommen werden, ihr Studierendenparlament, ihre Vertretung gegenüber der Öffentlichkeit, dem Parlament und der Regierung, selbst zu wählen. Statt mit einer demokratisch gewählten, kritischen Hochschülerschaftsvertretung hätte es die Regierung künftig mit einer relativen Mehrheit der ÖVP-nahen Studentenorganisationen zu tun.

 

Um auf Nummer sicher zu gehen, wird gleichzeitig der ÖH auch die finanzielle Möglichkeit genommen, die Interessen der Studierenden wirksam zu vertreten: Die Mittel der Bundesvertretung werden auf die Hälfte gekürzt, indem in Zukunft 85 % der Mittel der ÖH an die Universitätsvertretungen weitergegeben werden müssen, in denen großteils die ÖVP eine Mehrheit hat. Wie im Fall der Arbeiterkammer wird auch hier über finanzielle Mittel Druck auf politisch unbequeme Interessensvertretungen erzeugt.

 

Dies folgt einem Grundmuster der Politik der ÖVP unter Bundeskanzler Schüssel: Dort, wo sie es bei Wahlen nicht schafft, eine Mehrheit zu bekommen, verändert sie einfach die Spielregeln, sodass ihr automatisch eine Mehrheit zufällt. Damit zerstört sie aber die demokratischen Voraussetzungen, auf denen der Erfolg der Zweiten Republik beruht.

 

3.      Verfassungswidriger Umbau der Exekutive und Neuausschreibung bis zu 12.000 Posten

 

Die Bundesregierung Schüssel II hat Anfang Oktober 2004 nach langen internen Streitereien eine Regierungsvorlage zum Sicherheitspolizeigesetz im Nationalrat eingebracht. Die dabei von Innenminister Strasser angestrebte Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei zu einer zentralen Einheit, die ausschließlich dem Innenminister unterstellt ist, bricht mit allen Traditionen der Behördenstruktur der Republik Österreich. Eine solche zentrale Einheit ist auch in Europa völlig unüblich. Es ist demokratiepolitisch bedenklich, dass alle Exekutivorgane unmittelbar dem Innenminister unterstellt sind.

 

Dazu führte der Rechtsexperte für Innere Sicherheit und ehemalige Sektionschef im BMI Wolf Szymanski im Falter Nr. 42 vom 13.10.2004 aus: „Mit dieser Initiative einer Zusammenführung von Polizei und Gendarmerie beseitigt die Bundesregierung nämlich Fixpunkte, die bislang für die rechtsstaatlich und föderalistisch ausgewogenen Struktur der Sicherheitsexekutive maßgeblich waren. Die in der Öffentlichkeit im Vordergrund stehende – weil unbestreitbare – Argumentation, es gehe um die Gewinnung von Synergien, stellt nur die Kulisse für die eigene Absicht zur Verfügung: Der Innenminister soll überall direkt durchgreifen können.“

 

Strasser will also die direkte Befehlsgewalt über die dann gesamte Bundespolizei (Gendarmerie und Polizei) erhalten. An die 30.000 Sicherheitsbeamte, die nur und alleine dem Innenminister verantwortlich sind, deren Fortkommen nur und alleine vom Innenminister abhängt, die also alles für ihren Innenminister zu tun haben. Ein Zustand, der in einem demokratischen Rechtsstaat des 21. Jahrhunderts nicht akzeptabel ist.

 

Abenteuerlich ist auch die Art und Weise, wie dieses Vorhaben umgesetzt werden soll. Mit Inkrafttreten dieser Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz sind nämlich alle Funktionen neu auszuschreiben (Art. 7 der RV). Kurz gesagt: Unzählige Beamte werden ihrer Posten enthoben, dem Innenminister wird freie Hand bei der Neubesetzung gegeben. Dies bei einem Innenminister, der vom Höchstgericht schwarz auf weiß bestätigt bekommen hat, dass er bei Postenbesetzungen Willkür übt. Über die Anzahl der betroffenen BeamtInnen bestehen unterschiedliche Aussagen. Während der Innenminister in einer Dringlichen Anfrage im Bundesrat vom 5. November 2004 von 5.300 Betroffenen spricht, gehen die betroffenen Gewerkschaftsvertreter von ca. 12.000 Exekutivbeamten aus, die sich ab 2005 für die Funktionen, die sie bereits ausüben, neuerlich bewerben müssen.

 

Ein Manager in der Privatwirtschaft wäre für einen solchen Vorschlag sofort entlassen worden. Es geht aber Strasser gar nicht um eine Verbesserung des Managements der Exekutive, seine Vorgangsweise ist ausschließlich parteipolitisch motiviert. Aussagen des ÖVP-Sicherheitssprechers Kössl bestätigen dies. Er meinte wörtlich auf Strasser gemünzt: „Es sei nur selbstverständlich, sich für dieses Jahrhundertprojekt für Spitzenpositionen auch die besten Köpfe aussuchen zu wollen.“ (OTS156 vom 20.10.2004)

 

Nach welchen Kriterien Strasser die besten Köpfe aussucht, hat er in den letzten Jahren ausgiebig bewiesen. Verlierer sind jedenfalls alle Österreicherinnen und Österreicher, für die das Grundrecht auf innere Sicherheit im Jahr 2005 noch weniger garantiert sein wird, als dies schon bisher der Fall war.

 

Von zahlreichen Verfassungsexperten wird auf die Verfassungswidrigkeit der geplanten Schaffung eines neuen einheitlichen Polizeikörpers hingewiesen. Dennoch wird die Regierung Schüssel ihr Vorhaben durchziehen. So wie dies bereits beim Asylrecht und im Bereich des Zivildienstes passiert ist, wo ebenfalls trotz massiver Warnungen von Verfassungsrechtlern verfassungswidrige Gesetze beschlossen wurden. Sollte der Verfassungsgerichtshof dann ein solches Gesetz aufheben, reagiert der Innenminister in einer für eine demokratische Republik, für die der Rechtsstaat die Basis bildet, beschämenden Art und Weise. So führte er in der ZIB 1 am 22. Oktober 2004 aus, dass nicht alles was der Verfassungsgerichtshof Recht spricht, automatisch auch richtig ist. Diese Urteilsschelte würzte er mit weiteren Sprüchen an: „Auf hoher See und vor dem Verfassungsgerichtshof bist du in Gottes Hand.“ „Sie wissen, drei Juristen fünf Meinungen.“ (Jeweils Abendjournal 22. Oktober 2004.)

 

4.      Neuerlich verfassungswidrige Hauptverbandsreform

 

Von Anfang an startete die schwarz-blaue Bundesregierung eine politische Kampagne gegen den Hauptverband der Sozialversicherungsträger, dem Obersten Organ der Selbstverwaltung der Sozialversicherung, die die wichtigste Säule der sozialen Sicherheit für alle ÖsterreicherInnen bildet.  

 

Dieser Angriff auf die Interessen der Versicherten wurde dadurch verschleiert, dass Hauptverbandspräsident Hans Sallmutter zur Zielscheibe der Angriffe gemacht wurde. Dies gipfelte in seiner verfassungswidrigen Abwahl und einer verfassungswidrigen Reform des Hauptverbandes.

 

Am 10. Oktober 2003 wurde diese Hauptverbandsreform vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) praktisch komplett aufgehoben. Die Regierung hat bis 31. Dezember 2004 Zeit, eine verfassungskonforme Lösung zu finden. Der Begutachtungsentwurf zur Neuordnung stößt nun aber neuerlich auf eine breite Front der Ablehnung:

 

Gefordert war seitens des Höchstgerichts, den Trägern wieder eine entsprechende Repräsentanz in den entscheidenden Organen zu schaffen und der Selbstverwaltung wieder das operative Geschäft in die Hände zu legen. Auch wurde die Regierung aufgefordert, den Ausschluss von Kammer- und Gewerkschaftsfunktionären aus den Spitzengremien zu beseitigen.

 

Es gehört zum Wesen der Selbstverwaltung, dass ihre obersten Organe für die Versicherten repräsentativ sind. Im Klartext gesprochen: Die Organe in der Selbstverwaltung sind dann sicher nicht repräsentativ zusammengesetzt, wenn drei Millionen unselbstständig Versicherte weniger oder gleich viel Vertreter haben wie 300.000 Selbständige. Dieses Verhältnis ist noch weniger gerechtfertigt, wenn man das Beitragsaufkommen betrachtet, denn die ArbeitnehmerInnen tragen den Hauptanteil bei.

 

Auch hier scheint eines bereits gewiss: In den Organen wird es eine deutliche ÖVP/FPÖ-Mehrheit geben, die Vertreter der Arbeitnehmer werden deutlich unterrepräsentiert sein. Sogar der Rechnungshof zeigt sich skeptisch, ob bei der in Aussicht genommenen Konstruktion von einer demokratischen Legitimation der Organe gesprochen werden kann.

 

Zusammenfassung

 

Allen diesen Maßnahmen ist eines gemein: Wesentliche Einrichtungen des österreichischen demokratischen Systems werden einseitig, gegen den Willen und die Interessen der Betroffenen verändert oder abgeschafft. Die Machtbalance wird einseitig zu Gunsten der Regierung verschoben, die demokratische Legitimation durch eine Alleinherrschaft der Regierungsparteien auch in Bereichen ersetzt, wo sie niemals bei Wahlen eine Mehrheit errungen haben. Das Ganze wird noch garniert durch eine Reform der Exekutive, die die Interessen der Exekutivbeamten verletzt und gewaltenteilende- und begrenzende Strukturen durch den Durchgriff des Innenministers ersetzt.

 

Alle diese Maßnahmen erfolgen mit einer Mehrheit durch den einfachen Gesetzgeber, die Regeln der Verfassung werden schlicht ignoriert. Am Vorabend der Jubiläumsfeiern der Zweiten Republik werden einseitig die politischen Grundlagen verändert, die Voraussetzung für den Erfolg der Zweiten Republik waren. Ein gesellschaftlicher Grundkonsens rückt in immer weitere Ferne, es stellt sich die Frage, wie da ein Konsens im Verfassungskonvent gefunden werden soll. Der einfache Gesetzgeber schafft fertige Tatsachen, noch bevor ein Konsens darüber gefunden werden kann, wie eine neue Verfassung aussehen soll, die dem Erfolgsmodell der Zweiten Republik angemessen ist.

 


Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler folgende

 

Anfrage:

 

1.      Sind Sie bereit, auf jegliche Kürzung und Einschränkung der Verwendung der Arbeiterkammerumlage zu verzichten und die Einrichtung der Arbeiterkammern und ihre ausreichende Finanzierung in der Verfassung zu verankern?

 

2.      Sind Sie bereit, die Direktwahl der Bundesvertretung der Österreichischen Hochschülerschaft und ihre ausreichende Finanzierung beizubehalten, die Österreichische Hochschülerschaft als Selbstverwaltung der Studierenden anzuerkennen und in der Verfassung zu verankern?

 

3.      Sind Sie bereit, die Regierungsvorlage für die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei so zu verändern, dass eine einwandfreie verfassungsrechtliche Grundlage geschaffen wird, die Forderungen der Landeshauptleutekonferenz erfüllt werden und auf die Neuausschreibung und Besetzung von 5.300 bestehenden Funktionen verzichtet wird?

 

4.      Sind Sie bereit, dem Nationalrat eine Reform des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger vorzuschlagen, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer Selbstverwaltung voll entspricht, bei der das Verhältnis der Vertreter in den Organen der Sozialversicherung dem zahlenmäßigen Verhältnis der einzelnen Gruppen der Sozialversicherten entspricht und durch die die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung in diesem Sinne verfassungsrechtlich verankert wird?