2321/J XXII. GP

Eingelangt am 16.11.2004
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Schienenverkehrs-Abbau in Ungarn und Folgen für Österreich

 

 

Seit zwei Jahrzehnten bezahlt die Ungarische Regierung nur für einen Bruchteil der Dienstleistungen des Personenverkehrs, die sie im Schienenverkehr bestellt. Laut aktuellen Plänen soll diese Praxis auch 2005 weitergeführt werden, obwohl dies den Inhalten der seit dem EU-Beitritt Ungarns anwendbaren EG-Verordnung 1191/69 widerspricht, wonach die Regierung die Differenz zwischen den Kosten der Erbringung der bestellten Dienstleistungen des öffentlichen Verkehrs und den Einnahmen aus den Fahrkarten auszugleichen hätte.

 

Im Gegensatz zu dieser Rechtslage plant die ungarische Regierung weiterhin nur 45% der Verluste – d.h. des Unterschiedes zwischen Kosten und Fahrkarteneinnahmen – abzudecken. Die ungarische Regierung hat auch auf verschiedene andere Weise der Bahn fortlaufend wesentliche Summen entzogen. Diese Maßnahmen trugen dazu bei, dass sowohl die Personen- und Güterwaggons als auch die Infrastruktur veraltet und in teilweise sehr schlechtem Zustand sind. Dies ist – neben der generell straßenfreundlichen Politik Ungarns, seiner Nachbarn incl. Österreich und der EU - ein wesentlicher Grund dafür, dass der Straßenverkehr in Ungarn sehr stark zunimmt.

 

Diese Politik der Ungarischen Regierung wird auch für Österreich schwer wiegende Folgen haben: Einerseits ist durch Netzverkleinerung und Qualitätseinbußen im Restnetz der grenzüberschreitende Schienenverkehr negativ beeinflusst. Andererseits werden Individualverkehr und Straßengütertransport noch schneller anwachsen, es wird noch mehr Verkehrsstau geben, die Umweltverschmutzung wird zunehmen und der Gesundheitszustand der EinwohnerInnen sich verschlechtern. Letzten Endes wäre eine die Leistungsfähigkeit sowie AnrainerInnen- und Umweltverträglichkeit des ungarischen Schienenverkehrs weiterhin stark beeinträchtigende Politik geeignet, all diese Wirkungen auch grenzüberschreitend wirksam werden zu lassen. Nicht zuletzt würde der LKW-Verkehr aus und mit dem Osten zunehmen, mit allen Folgen für Straßeninfrastruktur, Verkehrssicherheit, Bauten, menschliche Gesundheit, Umwelt und Klima.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Ist Ihnen die beschriebene Entwicklung des Schienenverkehrs in Ungarn bekannt?

 

  1. Ist die Vorgangsweise Ungarns mit den vertraglichen und sonstigen Übereinkünften zwischen Österreich und Ungarn mit Bezug zum Schienenverkehr vereinbar?

 

  1. Welche Informationen, Untersuchungen o.ä. liegen Ihnen zu den negativen Konsequenzen vor, die a) das Veralten des Wagenmaterials, b) die Qualitätsverschlechterung der ungarischen Schieneninfrastruktur für die österreichische Bevölkerung mit sich bringt, etwa im Hinblick auf Schienenverkehrslärm oder auf Verlagerung von Verkehrsströmen von der Schiene auf die Straße?

 

  1. Welche Möglichkeiten bestehen, auf die Einhaltung des europarechtlichen Rahmens des Schienenverkehrs in Nachbarstaaten wie speziell Ungarn hinzuwirken, und welche entsprechenden Schritte haben Sie auf bilateraler und auf europäischer Ebene gesetzt?

 

  1. Haben Sie oder Ihre Regierungskollegen insbesondere Ihren ungarischen Amtskollegen oder andere Mitglieder der ungarischen Regierung auf dieses Problem und auf die Folgen der Vorgangsweise für Österreich aufmerksam gemacht, wenn ja, wann und wen, wenn nein, warum nicht?

 

  1. Welche sachlichen Gründe gibt es für die Schwierigkeiten und langwierigen Verzögerungen bei der Zulassung von Lokomotiven, Triebwagen u.dgl. aus den Beitrittsstaaten für den Verkehr auf dem österreichischen Schienennetz?