2366/J XXII. GP
Eingelangt am 01.12.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Ruth Becher
und GenossInnen
an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend Verwertung des ehemaligen Justizgebäudes in der Riemergasse
Ein Jahr ist es
nunmehr her, genauer am 24. November 2003, als der Obmann der „IG-
Wollzeile",
Wolfgang Ruff, seine Besorgnis kundtat und auf die fatalen Konsequenzen der
Aussiedlung des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien, des Handelsgerichts und
des
Bezirksgerichts Innere Stadt Wien aus dem
in der Riemergasse im 1. Wiener Gemeindebezirk
gelegenen Justizgebäude in den City
Tower Vienna (CTV) in den 3. Bezirk aufmerksam
machte. Laut Ruff hätte sich die Absiedlung der drei Gerichte äußerst negativ
auf die
Infrastruktur des
Riemergassen-Viertels ausgewirkt. Die Abgänge der umliegenden Geschäfte
seien dramatisch. Pro Tag würden 2.000 Kunden fehlen. Auch die
„Presse" kritisierte am 1.
Dezember 2003, dass die vom damaligen
Justizminister Dieter Böhmdorfer „gegen den
Widerstand der betroffenen Richter durchgesetzte Übersiedlung des
Handelsgerichts von der
Riemergasse in den neu gebauten City-Tower
immer mehr zur finanziellen Katastrophe"
werde. Dem nicht genug, protestierte
die Bundessektion der Richter und Staatsanwälte in der
Gewerkschaft öffentlicher Dienst
lauthals gegen die Übersiedlung der drei Gerichte in den
City Tower Vienna. Ihrer Meinung
nach sei der Umzug in den 25-stöckigen Neubau in der
Marxergasse weder wirtschaftlich noch sachlich nachvollziehbar (vgl.
OTS085, 19.02.2003).
Nach Ansicht der Bundessektion Richter und
Staatsanwälte wäre eine Umgestaltung der
Gerichtsgebäude in der Riemergasse kostengünstiger und sinnvoller
gewesen.
Dass diese Bedenken nicht bloß ein „ritualer
Theaterdonner (sind), der dazugehört", wie der
ehemalige Justizminister lapidar bemerkte,
zeigt nun der Protest Ihrer ParteikollegInnen aus
dem 1. Wiener Bezirk. In einer eigens dazu einberufenen Presskonferenz
kritisierte der
Bezirksvorsteher des 1. Bezirks, Franz
Grundwalt, dass der Auszug der drei Gerichte "nicht
nur den Verlust der Kaufkraft von mehreren hundert Menschen, die
in diesen Institutionen
beschäftigt sind, nach sich zog, sondern
auch den schleichenden Tod eines innerstädtischen
Viertels in sich" berge (OTS0133, 11.11..2004). Verantwortlich für
die „drohende
Verslumung" (ÖVP-Gemeinderat Alexander
Neuhuber, in: Kurier, 11.11.2004) des
Riemergassen-Viertels
sei nach Ansicht der Wiener ÖVP die mit der Verwertung des
leerstehenden
Justizgebäudes beauftragte Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Diese habe
die Entscheidung über
die Nutzung des Gebäudes „verschleppt und verzögert". Was Ihren
Parteikollegen dabei entgangen sein dürfte,
ist, dass für dieses Missmanagement nicht die
BIG letztverantwortlich zeichnet, sondern Sie in Ihrer Funktion als
Eigentümer derselben.
Folgerichtig müsste sich Kritik von der ÖVP
Innere Stadt an die Adresse Ihres
Wirtschaftsressorts richten. Dieses ist dafür verantwortlich, dass nach
dem Scheitern der
Verhandlungen mit der Universität Wien noch
immer keine Nutzung bzw.
Verwertungsmöglichkeit für die vormalige Gerichtsdependance in der
Riemergasse gefunden
wurde und seit Oktober 2003 nach
Wirksamwerden der Kündigung durch das
Justizministerium der monatliche Hauptmietzins von rund 219.000 Euro
entfällt (siehe XXII.
GP.-NR 1223/AB).
Da Sie bislang
Antworten auf diesen unhaltbaren Zustand schuldig geblieben sind, richten die
unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
nachstehende
Anfrage:
1.
Sind Ihnen die Probleme des Riemergassen-Viertels infolge
der Absiedlung des
Bezirksgerichts für Handelssachen Wien, des Handelsgerichts sowie des
Bezirksgerichts
Innere Stadt Wien aus dem Justizgebäude und der Leerstehung
desselben bekannt?
2.
Wenn ja, wie rechtfertigen Sie diese durch die Absiedlung
der drei Gerichte und die
Leerstehung
des ehemaligen Justizgebäudes verursachten negativen Auswirkungen auf
die Infrastruktur des
Riemergassen-Viertels?
3.
Gab es bislang Gespräche zwischen Ihrem Ressort und der
Bezirksvorstehung Wien
Innere
Stadt hinsichtlich der weiteren Verwertung des leerstehenden ehemaligen
Justizgebäudes in der
Riemergasse?
4.
Wenn
ja, wann wurden diese geführt, und was wurde besprochen bzw. vereinbart?
5.
Warum ist es der Bundesimmobiliengesellschaft bis dato
nicht gelungen, der
ehemaligen
Justizdependance in der Riemergasse einer Nutzung bzw. Verwertung
zuzuführen?
6.
Welches Verwertungs- und Nutzungskonzept verfolgt die
Bundesimmobiliengesellschaft in Bezug
auf das leerstehende Gerichtsgebäude in der
Riemergasse?
7.
Können
Sie die von BIG-Geschäftsführer
Stadlhuber gegenüber der „Presse"
(17.11.2004)
getätigte Aussage bestätigen, wonach die BIG nach der Absage der
Universität Wien nun
eine „gemischte Nutzung aus Wohnen und Hotel" forciere?
8.
Mit
welchen Investoren soll diesbezüglich verhandelt werden?
9.
Für
das unter Punkt 7 angeführte Projekt sollen „großflächige und teure Umbauten
an
dem denkmalgeschützten Jugendstil-Bau
notwendig" werden. Wann
sollen diese in
Angriff genommen werden, und mit
welchen Kosten soll sich dieses Vorhaben zu
Buche schlagen?
10.
Wann soll der Umbau der Riemergasse fertig gestellt
werden, und wann soll dieser
bezugsfertig sein?
11.
In der Anfragebeantwortung XXII. GP.-NR 1223/AB vom 2. Februar 2004 schreiben
Sie,
dass „aus Sicht der BIG und des Bundes als deren Eigentümer festzuhalten
ist,
dass dem Verlust der Mieteinnahmen des Bundesministeriums für Justiz die von
der
BIG erzielbaren und im
Wege der Nachbesserung teilweise an den
Bund
abzuführenden Erlöse aus der Verwertung dieser wertvollen
Innenstadtliegenschaft
gegenüberstehen".
Wie rechtfertigen
Sie diese Ansicht in Anbetracht dessen, dass seit
nunmehr 13 Monaten der vom
Justizministerium entrichtete monatliche Hauptmietzins
von 218.903 Euro entfällt, somit seit Oktober 2003 Einnahmen von
ungerechnet 2,8
Mio. Euro verloren gegangen sind und bis dato für das ehemalige
Justizgebäude in der
Riemergasse keine Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeit gefunden wurde?
12.
In der oben zitierten Anfragebeantwortung halten Sie
weiters fest, dass Ihrem Ressort
„gemäß Bundesministeriengesetz nur mehr die Koordination bzw. Beratung der
anderen Ressorts in Standort- und Raumnutzungsfragen" zukomme. Was
haben Sie
dem
damaligen Justizminister Böhmdorfer im Zusammenhang der Umsiedlung der
drei Gerichte
geraten?
13.
Wurde
der Bundesminister für Justiz von
Ihnen auf etwaige Schwierigkeiten
hinsichtlich
der Verwertung bzw. Nutzung des alten Gerichtsgebäudes Riemergasse
und
damit zusammenhängender negativer Konsequenzen für das Riemergassen-Viertel
aufmerksam gemacht?
14. Wenn nein, warum nicht?
15.
Wurden im Zuge der Absiedlung der Gerichte aus dem
Amtsgebäude Riemergasse
Überlegungen
im Hinblick auf die Infrastruktur dieses Bezirksteils sowie auf die
Nutzung des
Gerichtsgebäudes im 1. Bezirk angestellt?
16. Wenn ja, wie sehen diese aus?
17.
In Ihrer Anfragebeantwortung vom 19. März dieses Jahres (XXII. GP.-NR 1343/AB)
führen
Sie aus, dass durch die Lehrstehung des Amtsgebäudes Riemergasse „keine
zusätzlichen
Kosten" entstünden.
Eine Ansicht, die weder Ihr Parteikollege aus dem 1.
Wiener Gemeindebezirk, Gemeinderat Alexander Neuhuber, noch BIG-
Geschäftsführer Stadlhuber teilen. Laut
ersteren würde die Leerstehung die
„Steuerzahler mit 1,5 Mio. Euro
pro Jahr belasten" (Kurier,
11.11.2004), zweiterer
beschränkte sich in der „Presse"
auf die Bemerkung, dass „das Gebäude in dieser
Form auch hohe Kosten" verursache. Wie erklären Sie sich diese
widersprüchlichen
Einschätzungen?