2434/J XXII. GP

Eingelangt am 15.12.2004
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Kogler, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Besteuerung von Genussscheinen

 

Nach den Einkommensteuerrichtlinien 2000 unterliegen Wertsteigerungen obligatorischer Genussscheine der Kapitalertragsteuer (Rz 6139); ausdrücklich bekräftigt dies auch der Änderungserlass 2004 für die Vergangenheit: „Diese Verwaltungspraxis ist seit dem Jahr 2000 in Rz 6139 und Rz 6140 dargelegt. Die Wertsteigerung solcher Genussscheine sind weiterhin Zinsen (siehe VwGH 5.7.1994, 91/14/0064), für die bei Verkauf oder Rücklösung, wie in der Vergangenheit, Kapitalertragsteuer einzubehalten ist“ (Abschnitt H, Neuordnung der Kapitalertragsbesteuerung, Einleitung).

 

Diese klare Aussage wurde laut „Format“ auch von ihrem Ministerbüro bestätigt: „Genussscheine waren immer KESt-pflichtig. Daran wurde nichts geändert“ (Format 2004, Nr 12, Seite 89).

 

Dagegen haben laut „Format“ Genussschein-Emittenten ein Gutachten der KPMG eingeholt, „aus dem ganz klar hervorgeht, dass es keine rückwirkende Genussscheinbesteuerung geben wird“.

 

Die KPMG war damit gegenüber ihrem Auftraggeber in einer schwierigen Situation. „Format“ schreibt dazu zwei Nummern später: „Bei Anlegern und Banken war in den letzten zwei Wochen Feuer am Dach. Ursache der Aufregung: Genussscheine sollten nach der neuen Einkommensteuerrichtlinie KESt-pflichtig sein – und das nicht nur in Zukunft, sondern auch jahrelang rückwirkend. Jetzt stellt allerdings der Steuerstratege des Finanzministeriums, Peter Quantschnigg, gegenüber Format klar, dass Genusscheine, die auf einem Index beruhen, doch weiter KESt-frei bleiben. Einzige Voraussetzung: Der Genussschein muss vor dem 1. März 2004 emittiert sein.“ Weiter zitiert „Format“ Quantschnigg: „Die Formulierungen in den Richtlinien sind derzeit nicht ganz glücklich gewählt, wir überlegen uns, das noch klarzustellen“. Weiters schreibt „Format“: „Im Klartext heißt das: Die Anleger sind aus dem Schneider…“.

 

Der derzeitige stellvertretende Sektionschef Dr. Peter Quantschnigg ist Lebensgefährte einer Gesellschafterin und leitenden Mitarbeiterin einer Konzerngesellschaft der KPMG, also jener Gesellschaft, die das für die Genussscheinanleger günstige, jedoch der Rechtsprechung und den Richtlinien widersprechende Rechtsgutachten erstellt hat.

 

Seit 7. Dezember ist nun bekannt, dass Dr. Quantschnigg vom Finanzminister für den neu geschaffenen Posten eines Generalsekretärs im Finanzministerium ab 1. Jänner 2005 bestellt worden ist.

Laut OTS-Meldung des Bundesministerium für Finanzen am 7.12.2004 „wurde Mitte Oktober dieses Jahres unter Einbeziehung eines Personalberaters ein Ausschreibungsverfahren gestartet. Die unabhängige Begutachtungskommission hat dabei im Zuge eines mehrstufigen Verfahrens nun einstimmig ihren Besetzungsvorschlag vorgelegt. Vorgeschlagen wurde Univ. Prof. Dr. Peter Quantschnigg als im höchsten Maße geeignet.

 

Grasser: ‚Ich habe heute diesen Vorschlag angenommen und Peter Quantschnigg mit Wirkung ab 1. Jänner 2005 zum Generalsekretär des Bundesministeriums für Finanzen bestellt. Ich schließe mich der Empfehlung der Begutachtungskommission an, da Peter Quantschnigg neben seiner Fachkompetenz auch ein hohes Maß an Kenntnissen über die Verwaltungsabläufe besitzt.’“

 

Es drängt sich nun die Frage auf, ob es auch einen engen Zusammenhang mit der Ernennung des stellvertretenden Sektionschefs Dr. Quantschnigg zum Generalsekretär mit seinem Verhalten in der so genannten Homepage-Affäre gibt;

 

Der stellvertretende Sektionschef Dr. Quantschnigg hat sich nicht nur trotz Befangenheit in das Verfahren eingemengt, sondern hat darüber hinaus durch eine unter Umständen vorschriftswidrige Beeinflussung der zuständigen Beamten wesentlich dazu beigetragen, dass entgegen der einhelligen Rechtsauffassung zahlreicher Fachleute in der so genannten Homepage-Affäre keine Schenkungssteuer vorgeschrieben wurde. Dagegen hat sich kaum ein Rechtsexperte vollinhaltlich zu der vom stellvertretenden Sektionschef und neu bestellten Generalsekretär Dr. Quantschnigg vertretenen Auffassung öffentlich bekannt.

 

 

 

 


 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.      Was hat Ihren stellvertretenden Sektionschef und neu bestellten Generalsekretär Dr. Peter Quantschnigg dazu veranlasst, entgegen einer mehrjährigen Verwaltungspraxis, entgegen der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofs und entgegen einer Auskunft Ihres Büros eben diese langjährig vertretene Rechtsauffassung in einem Zeitungsinterview zu „berichtigen“?

 

2.      Hat Ihr stellvertretender Sektionschef und neu bestellter Generalsekretär Dr. Peter Quantschnigg vor diesem Zeitungsinterview Rücksprache und Einvernehmen mit der zuständigen Fachabteilung des Ministeriums hergestellt, oder hat Ihr stellvertretender Sektionschef seine Stellungnahme aus eigenem Antrieb abgegeben?

 

3.      Welche Rechtsauffassung wird nunmehr offiziell vom Ministerium vertreten? Gelten die Aussagen in den EStR und Ihres Büros, oder gilt das, was Ihr stellvertretender Sektionschef gegenüber der Zeitung erklärt hat?

 

4.      Gibt es in der Zwischenzeit eine Aussendung des BMF, mit der vom stellvertretenden Sektionschef und neu bestellten Generalsekretär Dr. Peter Quantschnigg angekündigten Klarstellung?

 

5.      Ist das Gerücht richtig, dass der stellvertretende Sektionschef und neu bestellte Generalsekretär Dr. Peter Quantschnigg sich mit der Fachabteilung dahingehend geeinigt hat, dass die Einkommensteuerrichtlinie nicht berichtigt werden, aber eine Überprüfung der vor dem 1.3.2004 emittierten Genussscheine unterbleiben sollen?

 

6.      Inwieweit war Ihr stellvertretender Sektionschef und neu bestellte Generalsekretär Dr. Peter Quantschnigg dienstrechtlich dazu berechtigt, trotz seines Naheverhältnisses zur KPMG eine Stellungnahme zugunsten eben dieser Gesellschaft abzugeben?

 

7.      Durch welche konkreten Maßnahmen ist in Ihrem Ministerium sichergestellt, dass ein allfälliges persönliches Naheverhältnis zwischen Beamten des BMFs und Personen, die in der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung tätig sind, zu keinem privilegierten Zugang zu (Voraus)informationen und/oder direkten Einfluss auf den Bundesgesetzwerdungsprozess via Regierungsvorlage und/oder Vollziehung zugunsten einzelner Unternehmen dieser Branche führt?

 

8.      Welche Kosten entstanden durch das mehrstufige Auswahlverfahren, das ab Mitte dieses Jahres  unter Einbeziehung eines Personalberaters zur Besetzung des neu geschaffenen Postens eines Generalsekretärs im Finanzministerium gestartet wurde und bis 7. Dezember gedauert hat?

 

9.      Welcher Personalberater wurde in das Auswahlverfahren miteinbezogen und in welcher Höhe entstanden Honorarforderungen durch diese Tätigkeit?

 

10.    Wer waren die Mitglieder der unabhängigen Begutachtungskommission?

 

11.    Wie sah das mehrstufige Auswahlverfahren konkret aus?