2606/J XXII. GP
Eingelangt am 04.02.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
DRINGLICHE ANFRAGE
(gem. § 93 Abs. 1 GOG)
der Abgeordneten Dr.Gusenbauer
und GenossInnen
an den Bundeskanzler
betreffend die umfassende Gefährdung der Sicherheit in Österreich durch
eine chaotische Regierungspolitik
Heute vor fünf Jahren wurde die erste schwarz-blaue
Regierung angelobt.
Charakteristisch
für diese Regierung war und ist eine Politik, die die
falschen
Maßnahmen setzt - in der Wirtschaftspolitik ebenso wie in der
Sozialpolitik,
der Gesundheitspolitik, der Bildungspolitik oder der
Sicherheitspolitik, um nur die wichtigsten zu nennen. Ebenfalls
charakteristisch für diese Regierung ist aber auch ihre innere
Zerrissenheit,
Uneinigkeit sowie ein Zick-Zack-Kurs in für
Österreicherinnen
und Österreicher zentralen Fragen. Eine Zerstrittenheit,
an der bereits die erste Auflage von Schwarz-Blau zerbrach.
Jüngstes Beispiel für diesen koalitionsinternen Streit ist
die interne
Auseinandersetzung
zwischen den Regierungsparteien über die künftige
Sicherheitspolitik
Österreichs. Eine Zerstrittenheit, die in Vorwürfen wie
„Koalitionsbruch", „Machtrausch" und „Demütigung" gipfelte. Nun
sieht
sich
die Regierung offensichtlich gezwungen einen koalitionsinternen
Sicherheits-
bzw. Krisengipfel einzuberufen, um einer drohenden
Eskalation
in dieser Frage zu begegnen. Ein weiterer Beweis dafür, dass
Wolfgang Schüssel, als Bundeskanzler zumindest theoretisch
Koordinationsstelle
der Regierung, die Fäden offensichtlich völlig entglitten
sind.
Er flüchtet einmal mehr in - in diesem Fall nicht einmal mehr
beredtes, sondern vielmehr lustloses - Schweigen. Durch
dieses
dilettantische
Vorgehen wird die Umsetzung der Vorschläge der
Bundesheer-Reformkommission,
damit die Modernisierung und
Weiterentwicklung
des österreichischen Bundesheeres und letztlich die
Zukunft
der Landesverteidigung aufs Spiel gesetzt.
Unfreiwillig komisch wirkt in diesem Zusammenhang, wenn
die ÖVP im
Vorfeld
der heutigen Sondersitzung davon spricht, dass diese Regierung
umfassende
Sicherheit in allen Lebensbereichen gewährleiste und
Österreich
auf die Überholspur gebracht habe. In Wahrheit hat es diese
Regierung
in allen Lebensbereichen „geschafft", für mehr Unsicherheit zu
sorgen.
Beinahe zeitgleich mit den ÖVP-Behauptungen vermeldete die
Austria Presseagentur die höchste Zahl arbeitsloser Menschen in der
2.
Republik - mehr als 364.000. Die Tatenlosigkeit der Regierung
angesichts
ständig steigender Arbeitslosenzahlen, das Chaos in der
Gesundheitspolitik,
die massiven Pensionskürzungen durch angebliche
Reformen,
die Konzeptlosigkeit und die Reformblockade in der
Bildungspolitik
und die Zerstrittenheit in der Sicherheitspolitik sind wenig
taugliche Mittel, der österreichischen Bevölkerung Sicherheit zu geben.
Ausschließlich
mit sich selbst beschäftigt fehlt dieser Regierung Wille,
Kraft und Energie, sich mit den drängenden Problemen Österreichs zu
befassen.
Auf der „Überholspur" befindet sich Österreich nach
fünf Jahren Schwarz-
Blau
allerdings tatsächlich: Bei der Arbeitslosigkeit, beim Anstieg der
Schulden
und des Budgetdefizites und beim Anstieg der Inflationsrate. Bei
den positiven Indikatoren - sei es die Steigerung der Realeinkommen, das
Wachstum
des Bruttoinlandsproduktes oder die Entwicklung der
öffentlichen
Investitionen - wo sich Österreich bis Ende der 90er Jahre
tatsächlich
auf der Überholspur befand - wurde auf die Kriechspur
gewechselt.
Insgesamt ist die Bilanz der Schüssel-Regierung daher
nach fünf Jahren
eine Bilanz des Versagens:
Chaotische Verteidigungspolitik
Eine neue Qualität der Koalitionskrise wurde mit der
einseitigen ÖVP-
Festlegung, den Wehrdienst auf sechs Monate zu verkürzen, erreicht.
FPÖ-Generalsekretär Scheuch warf der ÖVP „Koalitionsbruch
und
Machtrausch" vor. Der Kärntner Landeshauptmann sprach davon, dass
Wolfgang
Schüssel alles tun würde, um seinen Partner, die FPÖ, zu
demütigen.
Durch die FPÖ wurde ein Stopp für die Bundesheer-Reform
ausgerufen
und
darauf hingewiesen, dass alles für ein „Revanche-Foul von gleicher
Qualität"
vorbereitet werde.
Die Grundlage einer verantwortungsvollen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik sollten Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Kompetenz
sein.
Diese Basis fehlt der Regierung Schüssel zur Gänze. Der dramatische
Koalitionszwist
gefährdet die dringend notwendige Reform des
österreichischen Bundesheeres und damit die Sicherheit der
Österreicherinnen und Österreicher.
Das einzige gemeinsame verteidigungspolitische Projekt der Regierung
Schüssel
ist daher die Beschaffung der unnötigen und sündteuren
„Eurofighter".
Die SPÖ, die schon im Jahr 2003 ein neues
Wehrdienstmodell präsentiert
hat,
begrüßt das späte Einlenken der ÖVP auf die SPÖ-Linie, die
Wehrdienstdauer zu verkürzen, und verlangt aber darüber
hinaus deren
klare gesetzliche Verankerung.
Völliges Versagen in der Sicherheitspolitik
Österreich war bis zum Jahr 2000 eines der sichersten
Länder Europas,
die
Kriminalitätsraten waren gering, die Aufklärungsquoten hoch, die
Exekutivbeamtinnen
und -beamten motiviert, die Österreicherinnen und
Österreicher
fühlten sich in ihrem eigenen Land sicher.
Nur fünf Jahre später ist die jährliche Kriminalitätsrate
von deutlich unter
500.000
angezeigten Delikten im Jahr 1999 auf 643.648 Delikte im Jahr
2004
angestiegen. Das ist eine Steigerung um mehr als 30 Prozent.
Einerseits war dafür die Kaputtsparpolitik im Bereich der
inneren
Sicherheit
mit der Schließung von Gendarmerieposten und Wachzimmern
verantwortlich,
andererseits wurden aus rein parteipolitisch motivierter
Willkür
heraus erfolgreiche und angesehene Sicherheitsbeamte von ihren
Posten
vertrieben, versetzt oder in Pension geschickt. Dies nur um FPÖ-,
aber insbesondere ÖVP-Parteigänger mit Posten zu versorgen.
Die Zerschlagung funktionierender Strukturen und
Einrichtungen führte
dazu,
dass neben dem alarmierenden Anstieg der Kriminalitätsrate die
Aufklärungsquote
seit der Übernahme der Regierungsverantwortung von
Bundeskanzler
Schüssel von im internationalen Vergleich hervorragenden
51,4
Prozent auf beschämende 38,1 Prozent abgesunken ist. Kombiniert
man
beide durch das Innenministerium erhobene Datensätze, wird die
Bilanz
der Regierung Schüssel im Bereich der inneren Sicherheit noch
desaströser:
Die Zahl der nicht aufgeklärten strafbaren Handlungen ist
seit
1999 mit 239.718 Fällen auf 398.418 Fälle gestiegen. Dies entspricht
einer
Steigerung um zwei Drittel!
Es kann daher nicht mehr nur von einer Schwäche dieser
Regierung im
Bereich der inneren Sicherheit und des Grundbedürfnisses der
Österreicherinnen
und Österreicher auf ein sicheres und vor Kriminalität
geschütztes
Leben ausgegangen werden, es muss vielmehr von einem
völligen
Versagen gesprochen werden.
Als ob die Situation der inneren Sicherheit in Österreich
nicht schon
besorgniserregend
genug wäre, hat der ausgeschiedene BM Strasser der
Exekutive noch ein „Abschiedsgeschenk" mitgegeben: Durch die
Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei zu einem neuen
Wachkörper verlieren alle Führungskräfte, die zu einem großen Anteil ihre
Funktion
schon seit Jahren erfolgreich und tadellos ausüben, ihren Posten.
Alle
müssen sich neu bewerben. Bundesweit sollen es laut Angaben des
Innenministeriums
5.300 Funktionen sein, die unter diese
Neuausschreibung
fallen. Die Folge ist, dass um eben diese Funktionen in
tausenden Ausschreibungsverfahren gerangelt wird, die Exekutive mit sich
selbst
beschäftigt ist und für ihre eigentliche Aufgabe, für die Sicherheit
der
Österreicherinnen und Österreicher zu sorgen, keine Zeit übrig hat.
Es ist daher damit zu rechnen, dass diese desaströse
Bilanz in dem so
wichtigen
politischen Bereich innere Sicherheit sich 2005 fortschreibt bzw.
noch
dramatischer entwickelt.
Zick-Zack-Kurs und Konzeptlosigkeit in der Wirtschaftspolitik
Unsicherheit und wenig Verlässlichkeit bringt auch die von
Bundeskanzler
Schüssel,
Finanzminister Grasser und Wirtschaftsminister Bartenstein zu
verantwortende
Wirtschafts-, Budget- und Finanzpolitik. Diese Politik ist
geprägt
von einem Zick-Zack-Kurs der Bundesregierung und
regelmäßigen
veritablen Umfallern des Finanzministers.
Jüngstes Beispiel: Die Besteuerung von Trinkgeld. Zuerst
wird eine
verschärfte Besteuerung von der Regierung angekündigt, und werden
entsprechende
Gesetzesentwürfe ausgearbeitet, um die Besteuerung dann
-
nach heftigen Protesten von Betroffenen und der Opposition - ganz
abzuschaffen.
Weitere Beispiele:
o Das Nulldefizit und
„keine neuen Schulden" wurden zum alleinigen
Ziel
der Budget- und Finanzpolitik erhoben, um nur vier Jahre später
Rekordschuldenstände
und neue Rekorddefizite zu verzeichnen.
o Von der SPÖ geforderte
Maßnahmen zur Konjunkturbelebung wurden
zunächst
zwei Jahre lang abgelehnt, um dann halbherzig und zu spät
doch
noch von der ÖVP-FPÖ-Regierung gesetzt zu werden.
o Eine Steuersenkung
wurde im Jahr 2001 von Schüssel und Grasser
für die „Zeit der Ernte" im Jahr 2003 versprochen, dann im Jahr 2002
selbst
um den Preis von Neuwahlen verschoben.
o Eine Steueramnestie
für Steuerhinterzieher in großem Stil wurde im
Rahmen
der Steuerreform 2005 angekündigt, dann verschämt
abgesagt.
o Im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2005 sollten
Großbeschaffungen des Bundes, selbst in Größenordnungen
des
Ankaufs
von Eurofightern, am Gesetzgeber vorbei durch schlichte
Vorbelastung
künftiger Budgets durch den Finanzminister ermöglicht
werden.
Nach Protesten der SPÖ wird auch dieses demokratiepolitisch
bedenkliche
Vorhaben der Bundesregierung wieder abgesagt.
o Die VA-Tech wurde
zunächst an Kovats verkauft. Nachdem dieser an
Siemens
weiterverkauft, soll der Rest der ÖIAG-Anteile ebenfalls an
Siemens gehen. Das wird zunächst nach einigem Druck von außen
von
der Regierung selbst vereitelt, um dann ein paar Tage später
dennoch stattzufinden.
o Die Post sollte
zunächst zur Gänze an die Deutsche Post verkauft
werden,
nunmehr soll aber ein Börsegang die optimale Lösung sein.
o Die Telekom sollte
zunächst zur Gänze an die Swisskom verkauft
werden,
es folgte nach einem Kommunikationsdebakel von Schüssel
und
Grasser ein Anteilsverkauf an der Börse, unklar ist bis heute, was
mit dem Rest der rund 25% ÖIAG-Anteile an der Telekom geschehen
soll.
o Der SPÖ-Vorschlag zur
Gründung einer Infrastrukturholding des
Bundes
wurde jahrelang abgelehnt, um nun vor einigen Tagen als
Grasser-Vorschlag
auf den Tisch zu kommen. Dabei ist das weitere
Schicksal dieses Vorschlags angesichts der jüngsten Äußerungen
anderer
Regierungsmitglieder mehr als ungewiss.
o Die österreichische
Stromliberalisierung sollte Strom- und
Energiepreissenkungen
bringen, am Ende stehen für die
Konsumenten
allerdings erhebliche Teuerungen.
o Die
Versorgungssicherheit und Verbesserung der Infrastruktur im
Bereich
der Stromversorgung wurde seit Jahren versprochen. Bis
heute
konnte Bartenstein gemeinsam mit den betroffenen
Bundesländern
keine Lösung finden.
o Die
Versorgungssicherheit mit flächendeckenden Postdienstleistungen
wurde
versprochen, am Ende steht die Schließung von weiteren 350
Postämtern.
Das Ergebnis dieser Plan- und Ziellosigkeit, der
Unsicherheit, der
mangelnden
Berechenbarkeit und Verlässlichkeit der österreichischen
Wirtschafts-
und Finanzpolitik in den letzten fünf Jahren ist an den
wichtigsten
wirtschaftlichen Kennzahlen Österreichs abzulesen. Die
Entwicklung von Wachstum, Beschäftigung und Staatsfinanzen ist
besorgniserregend:
50.000 Arbeitslose im Jahr 2004 mehr als im Jahr 2000.
Österreichs
Wirtschaft
wächst seit dem Jahr 2000 nur unter dem EU-Schnitt, 2001 lag
Österreich am 14. Platz, 2002 und 2003 am 9. Platz, 2004
am 12. Platz -
nach
dem überdurchschnittlich guten 6. Platz im EU-15-Vergleich in den
Jahren
1990 bis 2000. Österreich ist EU-Schlusslicht bei den öffentlichen
Investitionen. Die Realeinkommen stagnieren seit 2000. Seit 1999 stiegen
die
Schulden des Bundes um mehr als 18 Milliarden Euro oder um mehr
als
15 Prozent. Das Defizit des Bundes steigt von 1,6 Prozent des BIP im
Jahr 2000 auf 2,3 Prozent des BIP im Jahr 2005. Und das, obwohl die
öffentlichen
Abgaben des Bundes, insbesondere die Lohnsteuereinnahmen
stark
gestiegen sind.
Höchste Arbeitslosenzahl in der zweiten Republik
Am österreichischen Arbeitsmarkt ist weiterhin keine
Entspannung in
Sicht. Im Gegenteil: Die Zahl der Arbeitslosen ist im Jänner 2005 weiter
gestiegen.
Mit 316.017 Arbeitslosen wurde bei den absoluten Zahlen der
höchste
Wert der Zweiten Republik registriert. Im Jahresvergleich stieg
die
Arbeitslosigkeit im Jänner um 1,1 Prozent oder um 3.569 Betroffene,
gegenüber
Dezember nahm die Zahl der Arbeitssuchenden um 17.868
Personen
oder um 6,0 Prozent zu. Dazu kommen 48.065 Personen in
Schulungen,
das sind um 8.730 bzw. 22,2 Prozent mehr als im Vorjahr.
Insgesamt suchen somit 364.082 Personen in Österreich Arbeit!
Im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit ist die Situation
dramatisch: Im
Jänner
2000 waren 39.257 Jugendliche ohne Job, im Jänner 2005 waren
es
um 9.583 oder 24,5 Prozent (!) mehr (ohne Personen in Schulungen).
Auch die Frauenarbeitslosigkeit steigt bedrohlich an. Die
aktuellen
Arbeitsmarktdaten
bestätigen den Trend, der sich bereits in den letzten
Monaten
abgezeichnet hat: Frauen zählen zu den ganz großen
Verliererinnen der Schüssel-Regierung. Die Frauenarbeitslosigkeit stieg in
den letzten 5 Jahren um fast 17.000. Besonders dramatisch
war der
Anstieg
im Jahr 2004. Im Jahresdurchschnitt stieg die
Frauenarbeitslosigkeit
achtmal so stark wie die Männerarbeitslosigkeit.
Diese Daten bestätigen die jahrelange Kritik der SPÖ an
der
Regierungspolitik
sowie die dringlichen Ermahnungen der EU-Kommission.
Wachsende
Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen,
mangelnder
Ausbau an Kinderbetreuungsplätzen sowie eine allgemeine
Untätigkeit der österreichischen Regierung bei den EU-Bemühungen, die
Frauenbeschäftigungsquote
zu erhöhen, wurden schon mehrmals von der
EU-Kommission
kritisiert. Bereits jetzt weist Österreich die höchsten
Lohnunterschiede
zwischen Männern und Frauen auf; vom Lissabon-Ziel,
dass 33 Prozent der Kinder unter drei Jahren bis 2010 außerhalb der
Familie
betreut werden können, um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf
und
Familie zu erreichen, ist Österreich Lichtjahre entfernt. Und von der
OECD
wird das schwarz-blaue Kindergeld-Modell aufgrund des
mangelhaften
Kündigungsschutzes als beschäftigungsfeindlich eingestuft.
Die
Politik der Schüssel-Regierung führt dazu, dass Frauen vom
Arbeitsmarkt
verdrängt werden.
Chaotische Pensionspolitik
Die Pensionspolitik der Schüssel-Regierung ist durch klare Klientelpolitik
gekennzeichnet.
Vor allem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben die Zeche zu
bezahlen. Durch die Änderungen im Pensionsrecht im Jahr 2000 mussten
sie Verluste von bis zu 10,5 Prozent durch die überfallsartige Anhebung
des Frühpensionsalters um 18 Monate und höhere Abschläge hinnehmen.
Das nächste Kürzungsgesetz ließ nicht lange auf sich
warten. Durch die
Pensionsreform 2003 wurde die lebenslange Durchrechung eingeführt.
Diese führt durch unzureichende Anrechung früherer
Beitragsjahre zu
massiven
Verlusten. Außerdem musste der Entfall der ersten
Pensionsanpassung
nach dem Pensionsantritt hingenommen werden, was
zu
einem weiteren lebenslangen Verlust von rund 2 Prozent führt.
Schließlich kam das Pensionsharmonisierungsgesetz 2004.
Dieses brachte
eine
Scheinharmonisierung der verschiedenen Systeme nur für unter 50-
Jährige.
Sonderregelungen für Politiker, Beamte, Selbstständige und
Bauern
wurden einzementiert bzw. für Jahrzehnte fortgeschrieben.
Verluste
der Pensionskürzungsreform 2003 wurden durch neue Abschläge,
die
nicht vom Verlust-Deckel erfasst sind, auf 20 Prozent und mehr
aufgedoppelt.
Jungen Menschen drohen Verluste bis zu 35 Prozent. Und die
sooft
versprochene
Schwerarbeiterregelung ist immer noch ausständig!
Dazu kommt, dass seit dem Antritt der Schüssel-Regierung
bestehende
Pensionen
fünf mal unter der Inflationsrate (des Vorjahres) angepasst
worden sind. Dies bedeutet, dass die Einkommen der älteren
ÖsterreicherInnen Jahr für Jahr real gekürzt wurden.
Chaos in der Gesundheitspolitik
Schon seit Februar 2000 versucht die ÖVP/FPÖ - Regierung
das
österreichische Gesundheitswesen nachhaltig zu verändern. In besonderer
Erinnerung
ist das Chaos sowohl um die vom Verfassungsgerichtshof
aufgehobene Ambulanzgebühr, als auch die verfassungswidrige
Besteuerung der Unfallrenten.
Im März 2003 schrieben ÖVP und FPÖ in ihr
Regierungsprogramm: „Große
Fortschritte
bei der e - Card".
Bis heute konnte im Bereich der e - Card nur ein nicht
repräsentativer
Probebetrieb
umgesetzt werden. Die endlose Geschichte der Gesundheits-
Chip-Karte
ist ein einziges Chaos. Jahrelanges Hin und Her mit bereits
erfolgter Ausschreibung, Auftragsvergabe und Entzug des Auftrages.
Einzig
die fragwürdige e - Cardgebühr wurde von ÖVP und FPÖ bereits im
November
2001 beschlossen.
Am 10. Oktober 2003 wurde die Hauptverbandsreform vom
Verfassungsgerichtshof
praktisch komplett aufgehoben. Der
Verwaltungsrat,
die Geschäftsführung und der Ausschluss von
Funktionären
waren verfassungswidrig.
Die nunmehrige Veränderung des Hauptverbandes bedeutet,
dass die
Vertreter
der 250.000 Dienstgeber einseitig per Verordnung über die
Selbstbehalte
von rund 5.000.000 ASVG-Versicherten bestimmen können.
Diese
Regelung ist in höchstem Maße unfair und demokratiepolitisch
bedenklich.
Im Jahr 2004 wurde unter anderem die
„Schüssel-Gesundheitsreform"
durchgezogen.
Das bedeutet weitere Selbstbehalte bei
Spitalsaufenthalten,
massive Belastungen beim Kauf von Brillen, Erhöhung
des Krankenversicherungsbeitrages und Chaos in den Arztpraxen.
Heute ist klar, dass das Defizit der Kassen explodieren wird. Für die Jahre
2004 - 2006 wird ein kumulierter Abgang von 1.3 Milliarden Euro
erwartet.
Und das, obwohl die Beiträge von Angestellten und Pensionisten erhöht
und die Freizeitversicherungssteuer für alle eingeführt wurde.
Es wurde keine einzige positive Strukturmaßnahme im
Gesundheitsbereich
umgesetzt.
Im Gegenteil, es herrscht völlige Irritation im
Gesundheitswesen.
Chaotische Bildungspolitik
Auch in der Bildungspolitik herrscht seit Antritt der
ÖVP/FPÖ -
Bundesregierung
das Chaos:
Die Schulen wurden finanziell ausgehöhlt, es gibt weniger
LehrerInnen
und
weniger Unterrichtsangebote durch Stundenkürzungen für die
SchülerInnen,
die Eltern müssen immer mehr Geld für teure, private
Nachhilfestunden
aufwenden.
Die zahlreichen massiven Proteste von SchülerInnen,
Eltern und
LehrerInnen,
die auf diese Mängel aufmerksam machten, wurden einfach
ignoriert
und keinerlei bildungspolitische Initiativen ergriffen.
Mit dem Vorliegen der jüngsten PISA-Studie, die der
österreichischen
Bildungspolitik
im internationalen Vergleich ein außerordentlich schlechtes
Zeugnis
ausstellt, wurde die Bildungsmisere offensichtlich. Statt ein
umfassendes
Reformkonzept zur Lösung der Probleme vorzulegen, fuhr
die
Bundesregierung einen Zick-Zack-Kurs, verstrickte sich in total
widersprüchliche
Aussagen, wie etwa zur Frage der Ganztagsschule, der
gemeinsamen
Schule der 10- bis 14-Jährigen oder zur kompletten
Abschaffung der 2/3-Mehrheit für alle Schulgesetze.
Eine
klare Linie der Bundesregierung ist nicht erkennbar.
Für die StudentInnen wurden
Studiengebühren eingeführt und die
Universitäten
in die Autonomie, ohne ausreichende finanzielle und
personelle
Ausstattung, entlassen.
Die schwarz-blaue Koalition setzt mit
ihrer chaotischen Bildungspolitik die
Zukunft
der jungen Menschen aufs Spiel, die Chancengerechtigkeit bleibt
auf
der Strecke.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den
Bundeskanzler
nachstehende
Anfrage:
1. Gemäß dem Wehrgesetz trägt die Bundesregierung in
grundsätzlichen
militärischen Angelegenheiten die
Gesamtverantwortung.
Wann werden Sie dem Nationalrat die Gesamtreform des
Österreichischen
Bundesheeres vorlegen und welche Schwerpunkte
wird
diese Reform beinhalten?
2.
Von welchen Gesamtkosten geht die Bundesregierung nach heutigem
Stand
für die Beschaffung und Finanzierung der Eurofighter, die
damit
verbundenen Umbauten der Infrastruktur und Betriebskosten
samt
den Kosten für die notwendig gewordene Zwischenlösung bis
2017
aus?
3.
Die Kriminalitätsrate ist in den letzten 5 Jahren um mehr
als 30
Prozent
gestiegen. Gleichzeitig ist die Aufklärungsquote im selben
Zeitraum
von im internationalen Vergleich hervorragenden 51,4
Prozent
auf beschämende 38,1 Prozent abgesunken. Warum hat die
Bundesregierung
in den letzten 5 Jahren nichts unternommen, um
diesen
desaströsen Trend in der österreichischen Sicherheitspolitik zu
stoppen?
4.
Warum hat die Bundesregierung mit ihrer Wirtschafts- und
Finanzpolitik
nicht verhindert, dass die Zahl der Arbeitslosen in
Österreich um 50.000 in den letzten 4 Jahren gestiegen
ist, die
Schulden
des Bundes um 15 Prozent seit 2000 gestiegen sind, die
Defizite
des Bundeshaushalts seit 2001 enorm steigen, Österreich bei
den
Investitionen Schlusslicht in Europa ist, die Realeinkommen
stagnieren
und Österreich beim Wirtschaftswachstum weit hinter den
EU-Durchschnitt zurückgefallen ist?
5.
Im EU Durchschnitt (EU-15) werden 0,18 Prozent des BIP pro
Prozentpunkt
der Arbeitslosenrate für aktive Arbeitsmarktpolitik
aufgewendet.
In Österreich beträgt der Aufwand 0,15 Prozent.
Warum hat die Bundesregierung in den letzten 5 Jahren bei den
Aufwendungen
für aktive Arbeitsmarktpolitik nicht zumindest das EU-
Niveau
vorgesehen?
6.
Seit vier Jahren werden die Einkommen der PensionistInnen
real
abgewertet. Die Arbeiterkammer hat errechnet, dass dadurch in 20
Jahren
die bestehenden Pensionen 48,6 Prozent ihres Wertes
verlieren,
also halbiert werden!
Warum hat die Bundesregierung in den vergangenen fünf
Jahren der
älteren
Generation nicht einmal die Abgeltung der Teuerung
zukommen
lassen und werden Sie eine Wertsicherung aller Pensionen
zumindest
ab dem Jahr 2006 sicherstellen?
7. Insgesamt fallen derzeit 1,044.000 Personen in
Österreich unter die
Armutsgefährdungsschwelle von 60
Prozent des Medianeinkommens.
Das sind 13,2 Prozent der
Gesamtbevölkerung. Ihr verfügbares
Einkommen liegt im Durchschnitt um
fast ein Fünftel unter der
Armutsgefährdungsschwelle.
Wird die Bundesregierung auf Grund dieser alarmierenden
Zahlen
endlich
Maßnahmen ergreifen, um die Armutsgefährdung in
Österreich zurückzudrängen und welche werden dies sein?
8.
Ist die Bundesregierung bereit, einen sofortigen Stopp für
zusätzliche
Selbstbehalte im Gesundheitswesen zu verfügen und eine sozial
gerechte
Neuordnung der Selbstbehalte vorzunehmen?
9.
Die PISA-Studie hat der österreichischen Bildungspolitik
ein
schlechtes
Zeugnis ausgestellt.
Warum hat die Bundesregierung kein umfassendes
Schulreformkonzept vorgelegt? Wird die Bundesregierung dem
Nationalrat
eine Regierungsvorlage übermitteln, mit welcher auf die
2/3-Mehrheit
für alle Schulgesetze verzichtet wird, wie es die SPÖ
vorgeschlagen
hat?
10. An den Universitäten herrschen katastrophale
Zustände.
Warum ist die Bundesregierung nicht
bereit, den Universitäten die
dringendst notwendigen Ressourcen zur
Verfügung zu stellen?
In formeller Hinsicht wird gemäß § 93 Abs. 1 GOG verlangt,
diese Anfrage
dringlich
zu behandeln.