2609/J XXII. GP

Eingelangt am 04.02.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

Der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und GenossInnen

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur

betreffend „Schnellschussaktionen" in Sachen Nachmittagsbetreuung

Das von der SPÖ am 27. Jänner 2005 vorgeschlagene Finanzierungsprogramm zum
Ausbau von Ganztagsschulen wurde seitens des ÖVP-Bildungssprechers mit den
Worten „Die SPÖ hat bereits ein Finanzierungskonzept für ganztägig geführte Schu-
len, ohne eigentlich den tatsächlichen Bedarf an ganztägiger Betreuung überhaupt
nur annähernd zu kennen"
lapidar kommentiert und wirft dem SPÖ-Bildungssprecher
Schnellschussaktionen vor. Außerdem könne der reale Bedarf nicht durch Meinungs-
forschung erhoben werden.

Anders die Ansicht der Bildungsministerin. Vor knapp eineinhalb Jahren, am 21. Sep-
tember 2003 gab es in der ORF-Pressestunde die Ankündigung von Ministerin Geh-
rer „einmal eine ehrliche Statuserhebung machen"zu wollen. Dieser Ansage folgte
am 6. November 2003 ein Runder Tisch zur „Erweiterung des Nachmittags-Angebots
um 10.000 Plätze bis 2006". Laut Pressetext plane man eine „market-Umfrage zum
regionalen Bedarf", um genau zu wissen, welche Betreuungsangebote im schuli-
schen Bereich von Eltern gewünscht werden.

Gemäß market-Studie wollen 75 % der Befragten eine Betreuung (Freizeit, Haus-
übungen). Andere Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen:

Bei der von der AK-Steiermark in Auftrag gegebenen Ifes-Studie (Oktober 2003)
melden 70 % der Befragten ein Bedarf an Nachmittagsbetreuung. Die von der AK-
Wien beauftragte Ifes-Studie (Dezember 2003) kommt zu dem Ergebnis, dass sich
Österreichweit 62 % für das Konzept der Ganztagsschule aussprechen, 76 % votie-
ren für die schulische Betreuungsform. Für die AK-Oberösterreich hat das IBE (Insti-
tut für Berufs- und Erwachsenenbildungsforschung an der Universität Linz) im Sep-
tember 2003 erhoben, dass 40 % der Eltern von SchulanfängerInnen gerne eine
ganztägige Volksschule wählen würden, selbst in Kleinstgemeinden ist die Zustim-
mung 37 % - das Angebot beschränkt sich auf 0,2 % der Volkschulkinder. Bei der
jüngsten Gallup-Umfrage (news, 3.2. 2005) sprechen sich 56 % für die Ganztags-
schule aus, fast ebenso viele (45 %) sind für die „echte Ganztagsschule".

Nachdem im Unterschied zu den offensichtlichen Elternwünschen derzeit nicht ein-
mal 10 % der Schulen Nachmittagsbetreuung anbieten und es Österreichweit über-
haupt nur 69 „echte" Ganztagsschul-Angebote gibt, richten die unterzeichneten Ab-
geordneten in diesem Zusammenhang an die Bundesministerin für Bildung, Wissen-
schaft und Kultur folgende

Anfrage:

1. Wieso ist Ihrer Meinung nach laut ÖVP-Bildungssprecher noch immer eine
Bedarfserhebung notwendig?


2.             Gibt es Ihrer Ansicht nach eine bessere Bedarfserhebung als direkt die Eltern
zu befragen? Wenn ja, welche?

3.             Warum wird die als „ehrliche Statuserhebung" von Ihnen beauftragte market-
Studie jetzt wieder ignoriert?

4.             Haben Sie den ÖVP-Bildungssprecher über die market-Studie in Kenntnis ge-
setzt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, warum werden deren Ergebnisse
von ihm negiert?

5.             Sind diese Ergebnisse für Sie bindend? Wenn ja, wann und wie wollen Sie
gemäss Elternwunsch das Angebot von derzeit knapp 10 % auf 75 % stei-
gern? Wenn nein, warum nicht?

6.             Sind weitere Studien geplant, um den ultimativen Bedarf an Nachmittags-
betreuung bzw. die Akzeptanz von Ganztagsschulen zu erheben?

7.             Sind Ihnen aktuelle Studien bekannt, bei denen sich die Elternwünsche mit
dem jetzigen Angebot von ca. 10 % decken? Wenn ja, um welche Studie han-
delt es sich hierbei?

8.             Wie erklären Sie sich, dass die Ergebnisse von Umfragen zu einem ganz an-
deren Ergebnis kommen als die von Ihnen behauptete Aussage, das derzeiti-
ge Angebot an Nachmittagsbetreuung würde schon jetzt nicht voll genützt
werden?

9.             Ist daran gedacht, das Angebot an Nachmittagsbetreuung bzw. Ganztags-
schulen an die Elternwünsche anpassen?

10.     Erachten Sie es als unseriös, dass die SPÖ ein Finanzierungskonzept für den
Ausbau von Ganztagsschulen vorlegt? Wenn ja, welche Alternativen gibt es
Ihrerseits?

11.     Kann Ihrer Meinung nach von Schnellschussaktionen die Rede sein? Wenn ja,
in welchen Zeitrechnungen wird Ihrerseits geplant?