2612/J XXII. GP
Eingelangt am 04.02.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend die Ermittlungen im Fall Großbrand Tiroler Loden Innsbruck
Die im Zusammenhang mit dem Großbrand am 3. Juni 2001 in
der Tiroler Loden
Fabrik in Innsbruck
erfolgten und bis heute andauernden Ermittlungen des
Bundesministerium für Inneres gegen den
Geschäftsführer Andreas Gebauer und
weitere Personen, sowie die für diesen Fall beim Bundesministerium für
Inneres
eingerichtete Arbeitsgruppe „Fortuna",
werfen einige bedenkliche Fragen auf.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher aus
gegebenem Anlass an die
Bundesministerin für Inneres folgende
Anfrage:
1.) Ist Ihnen der Fall Tiroler Loden bekannt?
2.) Ist
Ihnen bekannt, dass es betreffend der Brandursache für den Brand bei der
Tiroler
Loden am 3. Juni 2001 bis heute bereits 5 Gutachten bzw.
Stellungnahmen
von unterschiedlichen Sachverständigen gibt?
3.) Wissen
Sie, dass mit Ausnahme des vom BMI erstellte Gutachten, welches
als
einziges von Brandstiftung ausgeht, alle anderen Gutachten bzw.
Stellungnahmen
von gerichtlich beeideten Sachverständigen erstellt wurden?
4.) Wer hat das BMI mit der Erstellung des Brandgutachtens beauftragt?
5.) Wie kam es
dazu, dass Herr Dipl. Ing. Herbert Gram als nicht gerichtlich
beeideter
Sachverständiger für dieses Gutachten herangezogen wurde und
nicht
Personen des BMI, die gerichtlich beeidete Sachverständige sind?
6.) Herr Dipl. Ing. Herbert Gram
und Dr. Robert Hirz mussten im Rahmen einer
gerichtlichen Zeugenvernehmung vor dem
Landesgericht Innsbruck im Herbst
2002 zugeben, dass bei der Erstellung des Gutachtens entscheidende Fehler
begangen wurden. Hat dies zu dienstrechtlichen oder anderen Konsequenzen
für die beiden Herren geführt?
7.) Im
Gutachten zur Abklärung der Brandursache des Brandes bei Tiroler Loden
des gerichtlich beeideten Sachverständigen und vom Gericht in Absprache mit
der Staatsanwaltschaft Innsbruck bestellten
Gutachters Oberbrandrat Franz-
Karl Planinsic vom 14. Dezember 2004 wird
das Amtsgutachten von Dipl. Ing.
Herbert Gram als unschlüssig,
widersprüchlich und im Ergebnis falsch
erwiesen. Nach Ansicht des
Gutachters Franz-Karl Planinsic ist Herr Dipl. Ing.
Herbert Gram von Anfang an davon
ausgegangen, dass es sich um
Brandstiftung handle. Dies obwohl
keinerlei objektive Fakten für Brandstiftung
vorlagen. Welche Konsequenzen werden diese neuen Erkenntnisse für Herrn
Dipl. Ing. Herbert Gram haben?
8.) Das BMI arbeitet eng mit der
UNIQA in Fragen der Brandursachenermittlung
zusammen. Laut gerichtlicher Aussage eines
Mitarbeiters der UNIQA wurde
im Falle Tiroler Loden enger Kontakt mit den Mitarbeitern des BMI gehalten
und wurde die UNIQA laufend über den
Stand der Ermittlungen und den Inhalt
des Gutachtens informiert. Ist es in
Ihrem Ministerium üblich, dass bei
behördlichen Ermittlungen
Informationen an involvierte Parteien weitergeleitet
werden? Was werden Sie unternehmen,
dass diese dienstwidrige
Vorgehensweise Ihrer Mitarbeiter zukünftig unterbleibt?
9.) Die UNIQA
vergibt immer wieder Privatgutachten an Mitarbeiter Ihres
Ministeriums.
Finden Sie das nicht bedenklich? Werden Sie zukünftig Ihren
Mitarbeitern
die Erstellung von Privatgutachten für Versicherungen
untersagen?
10)Aufgrund
der im Gerichtsakt aufliegenden Unterlagen und der Gutachten der 4
gerichtlich
beeideten Sachverständigen, muss der Schluss gezogen werden,
dass
das von Herrn Dipl. Ing. Herbert Gram erstellte Gutachten ein
„Auftragsgutachten
der UNIQA" war. Wurden diesbezüglich interne
Ermittlungen
eingeleitet?
11)Wurde von
der UNIQA, die zumindest seit Juni 2001 in engem Kontakt mit
Mitarbeitern
des BMI steht, in der Causa Tiroler Loden interveniert, wenn ja, in
welcher Weise?
12)lst Ihnen das Kuratorium Sicheres Österreich, Postadresse BMI, bekannt?
13)Ist Ihnen
bekannt, dass in diesem Kuratorium leitende Mitarbeiter des BMI und
der
Versicherungsbranche Mitglieder sind? Was halten Sie davon und sehen
Sie darin nicht eine Unvereinbarkeit?
14)Ist Ihnen
bekannt, dass der Vorstandsdirektor der UNIQA Dr. Johannes Hajek,
zuständiger
Sachvorstand für die Causa Tiroler Loden bei der UNIQA, im
Vorstand
dieses Kuratoriums ist?
15)Wussten Sie, dass
Dr. Johannes Hajek bereits im Frühherbst 2003 seinem
Vorstand und Aufsichtsrat mitteilte, dass in der Causa Tiroler Loden etwas
passieren
würde, was die komplette Leistungsfreiheit der UNIQA in der Causa
Tiroler Loden zur Folge haben wird?
16)
Ist es richtig, dass die UNIQA von den Ermittlungsergebnissen
des BKA in der
Causa
Tiroler Loden von Beamten des BMI, unter anderem im Rahmen von
Vorstands-sitzungen
dieses Kuratoriums, informiert wurde?
17)
Ist es richtig, dass BKA Mitarbeiter Kontakt mit dem
Anwalt der UNIQA Dr.
Andreas Theiss
hatten? Wenn ja, warum?
18)Wurden von
BKA Mitarbeitern Informationen über die Ermittlungsergebnisse
im
Fall Tiroler Loden dem Anwalt der UNIQA Dr. Andreas Theiss
weitergegeben?
19)Zumindest
ein Mitarbeiter Ihres Ministeriums gibt auf seinem privaten
Briefpapier unter
„Telefon-Wg.:" die Telefonnummer seines Arbeitsplatzes im
Ministerium an. Finden Sie das in Ordnung?
Wenn nein, was werden Sie
dagegen unternehmen?
20)Auf wessen
Weisung oder Anordnung wurde am 28.04.2003 die
Arbeitsgruppe
Fortuna beim BKA eingerichtet?
21)Welche
Unterlagen, Dokumente, Aussagen oder sonstige Materialien lagen
bis zum 28.04.2003
vor, um die Einrichtung einer solchen Arbeitsgruppe zu
rechtfertigen?
22)Von wem wurden diese Unterlagen, Dokumente usw. zur Verfügung gestellt ?
23)Warum
wurden dieser Arbeitsgruppe Fortuna Mitarbeiter aus Kärnten
zugeteilt, obwohl zum
Zeitpunkt der Einrichtung dieser Arbeitsgruppe, nach
eigenen Aussagen des Leiters Herrn Mag. Fritz
Kinzlbauer, es keinen
Kärntenbezug gab?
24) Wie kam die Arbeitsgruppe zum Namen „Fortuna"?
25)Stimmt die
am 5. Dezember vom BKA Beamten Mag. Fritz Kinzlbauer
gegenüber der
U-Richterin Mag. Nadja Obwieser getätigte Behauptung, dass
es auf Seiten der Polizei eine undichte
Stelle gab, die Herrn Mag. Andreas
Gebauer über seine bevorstehende
Verhaftung informierte und dieser
deswegen bereits Anstalten zur
Flucht treffe?
26)Wenn diese Behauptung stimmt,
stellt sich die Frage, wie die Tatsache einer
geplanten Verhaftung durchsickern konnte, wenn die U-Richterin Mag. Nadja
Obwieser diese Verhaftung kategorisch
ablehnte?
27)Wenn diese Behauptung nicht
stimmt, warum erfolgte eine Verhaftung durch
das BKA?
28)Wie
bewerten Sie die Vorgehensweise des BKA, die Justiz unter
Vorspiegelung
falscher Tatsachen zu Handlungen zu veranlassen?
29) Ist es richtig,
dass Herr Mag. Fritz Kinzlbauer trotz Weigerung der U-Richterin
Mag.
Nadja Obwieser einen Haftbefehl auszustellen, eine eigenmächtige
Verhaftung am 6.
Dezember wegen Fluchtgefahr veranlasste?
30)
Ist es richtig, dass obwohl die U-Richterin Mag. Nadja
Obwieser dem vom
BKA für eine Hausdurchsuchung notwendig beizuziehenden und
beigezogenen
Sachverständigen Dr. Matthias
Kopetzky aus Wien am 5.
Dezember
2003 mitteilte, er solle wieder nach Hause fahren, da Sie weder
eine
Verhaftung noch eine Hausdurchsuchung anordnen werde, dieser auf
seiner Rückfahrt nach
Wien von BKA Mitarbeitern zurückbeordert wurde, weil
noch
keine Entscheidung über eine Verhaftung und Hausdurchsuchung
gefallen sei? Wenn ja, was halten Sie
von dieser Vorgehensweise Ihrer
Mitarbeiter?
31)
Die vom BKA am 6. Dezember eigenmächtig veranlasste
Verhaftung von Mag.
Andreas
Gebauer wurde inzwischen mit rechtskräftigem Bescheid des UVS
Tirol
vom 7. Mai 2004 als rechtswidrig erkannt. Was wurde gegen die in dieser
rechtswidrig erfolgten Verhaftung involvierten Mitarbeiter des BKA
unternommen?
Gab es dienstrechtliche Konsequenzen?
32)
Ist es richtig, dass einer dieser in der Causa Tiroler
Loden involvierten
Mitarbeiter
des BMI/BKA noch im Herbst 2004 trotz Vorliegens dieser Fakten
befördert
wurde? Wenn ja, finden Sie dies angemessen und wer hat diese
Beförderung
vorgeschlagen?
33)
Ist es richtig, dass Herr Mag. Fritz Kinzlbauer Weisung
aus dem Ministerium
hatte,
im Falle Tiroler Loden die Medien aktiv zu unterrichten? Wenn ja,
warum
und von wem kam diese Weisung?
34)Wie können Sie sich erklären,
dass Herr Mag. Fritz Kinzlbauer in seiner
Stellungnahme vom 09.03.04 für den UVS Tirol
eine Stellungnahme abgibt,
die in wesentlichen Punkten nicht
mit seinen vor Gericht gemachten Aussagen
übereinstimmt oder den dem Gericht vorgelegten Unterlagen widerspricht?
35)Ist es
richtig, dass Mitarbeiter des BMI/BKA, das angebliche „Verschwinden"
einer 25 jährigen
polnischen Prostituierten medial in Zusammenhang mit der
Causa Tiroler Loden brachten, obwohl aus den
selbst vom BMI/BKA
recherchierten Unterlagen sich
eindeutig kein Bezug zu Tiroler Loden und
auch kein „Verschwinden" ergab
und sich die Verschwundene kurze Zeit
darauf meldete? Wie sehen Sie diese
mediale Vorgehensweise Ihrer BMI/BKA
Mitarbeiter? Was werden Sie unternehmen, dass solche rufschädigenden
medialen Äußerungen durch BMI/BKA
Mitarbeiter zukünftig nicht mehr
erfolgen?
36)Ist Ihnen bekannt, dass Beamte
Ihres Ministeriums den drogenabhängigen
Günter Mathes im Rahmen einer Einvernahme am
30.11.03 zu einer
belastenden Aussage, die er
inzwischen gerichtlich widerrufen hat, gegen
Mag. Andreas Gebauer genötigt haben?
37)Ist Ihnen
bekannt, dass dieselben Beamten Herrn Günter Mathes Geld
gegeben
haben sollen und ihm eine neue Identität und Strafmilderung für eine
belastende Aussage gegen Mag. Andreas Gebauer geboten haben sollen?
38)Wurden diese
Versprechungen mit der Staatsanwaltschaft Innsbruck
abgesprochen?
Wenn ja, mit wem?
39)Hat und wird es dienstrechtliche Konsequenzen für diese Beamten geben?
40)
Ist es richtig, dass die Beamten für diese Vorgehensweise
im Fall Tiroler
Loden,
Weisungen aus dem Büro des Innenministers hatten? Wenn ja, wer
erteilte
diese Weisungen?
41)
Ist Ihnen bekannt, dass von Seiten Ihrer Behörde im Fall
Tiroler Loden am
21.03.04
noch eine weitere Verhaftung - verhaftet wurde Herr Raimund
Griesser, angeblicher Komplize von Mag.
Andreas Gebauer - durch
Mitarbeiter Ihrer Behörde erfolgte, die am
29. Juli 2004 wiederum vom UVS
Tirol als rechtswidrig erkannt wurde?
Wurde gegen in dieser Verhaftung
involvierte Beamte dienstrechtliche
Schritte unternommen? Wenn nein, warum
nicht?
42)
Im Rahmen dieser Verhaftung wurde Herr Engin Dogan
mitverhaftet. Welche
Rolle
spielt Herr Engin Dogan im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen
Raimund Griesser und Mag. Andreas Gebauer?
43)Stimmt es, dass Herr Engin
Dogan seit 2 Jahren als „Agent" für das BMI/BKA
arbeitet?
44)Stimmt es, dass Herr Engin
Dogan von Beamten des BMI/BKA Anfang März
2004 dazu angehalten wurde, Herrn Raimund Griesser zu einer Straftat zu
verleiten und ihm dafür vom BMI/BKA Geld und die Löschung seines
Aufenthaltsverbotes angeboten wurde?
45)Stimmt
es, dass es massive Unterschiede zwischen der gerichtlichen Aussage
von
Herrn Engin Dogan und den von Mitarbeitern des BMI/BKA verfassten
Protokollen
gibt?
46)Wenn ja,
wie begründet sich dieser Unterschied und kennen Sie zu diesem
Fall den Inhalt der
UVS Entscheidung des Landes Tirol vom 29. Juli 2004, der
mit deutlichen Worten die gesamte
Vorgehensweise Ihrer Beamten als
rechtswidrig bezeichnet?
47)Das BMI/BKA hat in einer schriftlichen
Stellungnahme im September 2004
gegenüber dem ORF mitgeteilt, dass die im
Fall Tiroler Loden
kriminalpolizeilichen Ermittlungen
den üblichen Vorgehensweisen entspreche
und nur im Auftrag der Justiz
vorgenommen wurden. Bereits zum Zeitpunkt
dieser Stellungnahme stand durch 2 UVS
Bescheide fest, dass die
Vorgehensweise des BMI/BKA
rechtswidrig gewesen war. Von wem in der
Justiz hatte das BMI/BKA den Auftrag
bekommen, die Ermittlungen
rechtswidrig zu führen? Was werden Sie
unternehmen, dass eine sogar
öffentlich eingestandene
rechtswidrige Vorgehensweise der BMI/BKA
Beamten zukünftig nicht mehr passiert?
Gab es für diese Beamten
dienstrechtliche Konsequenzen?
48) Ist es
richtig, dass Beamte des BMI/BKA im Frühjahr einem U- Häftling der JV
Innsbruck/Völs
Strafmilderung angeboten haben, wenn er bereit wäre eine
belastende
Aussage gegen Mag. Andreas Gebauer zu machen?
49)Trifft es zu, dass nachdem
obige Umstände bekannt geworden sind und diese
der Untersuchungsrichterin mitgeteilt
wurden, dieser Häftling ohne Anweisung
des zuständigen U-Richters von einer Gemeinschaftszelle in eine
Einzelzelle
verlegt wurde und nur kurz danach in derselben erhängt aufgefunden wurde,
nachdem die angeblich involvierten Beamten des BMI/BKA erklärt hatten, nie
Kontakt mit diesem Häftling gehabt zu
haben?
50)Trifft es
zu, dass Herr Mag. Andreas Hauser, ein Redakteur des
Nachrichtenmagazins
„ECHO" am 6. September 2004 vor dem Notar Dr.
Michael Vetter seine Unterschrift unter seiner Sachverhaltsdarstellung
beglaubigen
ließ, mit den Inhalt, dass er am 3. September die Information
erhalten
habe, dass Herr Hubert Egger ein zu 12 Jahren verurteilter Häftling in
Garsten
- Hubert Egger war während der U-Haft von Gebauer 10 Tage in
einer
gemeinsamen Zelle - am 7. September 20004 von BKA Beamten
besucht
wird und Hubert Egger Haftverkürzung vom BKA zugesagt wird, wenn
er gegen Mag. Andreas Gebauer eine belastende Aussage macht?
51) Wissen
Sie, dass am 6. September 2004 Herr Hubert Egger eine belastende
Aussage vor im Fall
Tiroler Loden involvierten Beamten Ihrer Behörde gegen
Mag. Andreas Gebauer machte, die am 7.
September 2004 von der BPD
Innsbruck an die Staatsanwaltschaft
weitergegeben wurde?
52)Was sagen
Sie zu obengenanntem und durch Dokumente erwiesenen
Sachverhalt?
Wurden gegen die involvierten Beamten, dienstrechtliche
Schritte
eingeleitet? Wenn nein, warum nicht?
53)Ist Ihnen
bekannt, dass das Büro für Interne Angelegenheiten Ihres
Ministeriums
über die Vorgehensweise der BKA Beamten informiert wurde?
54) Hat das
Büro für Interne Angelegenheiten Schritte gegen die Beamten
eingeleitet?
Wenn ja, welche und mit welchem Ergebnis?
55)Wenn nein, warum nicht?
56)Was werden
Sie unternehmen, dass zukünftig rechtswidrige Verhaftungen
durch
Ihre Mitarbeiter nicht mehr erfolgen?
57)Welche konkreten Schritte und
Maßnahmen werden Sie in Ihrem Ministerium
aufgrund der Vorfälle in der Causa Tiroler
Loden setzen?