2634/J XXII. GP
Eingelangt am 04.02.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Ing. Kaipel
und Genossen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Bundesbeschaffungs-Gesellschaft m.b.H. (BBG)
Die kritischen Stimmen gegen die
Vergabepraxis der zentralistischen Bundesbeschaffungs-
Gesellschaft (BBG) mehren sich rasant und werden immer lauter. Die Liste jener
Unterneh-
men, die sich z.B. aufgrund der von der BBG
vorgegebenen Mindestumsätze nun gar nicht
mehr an Ausschreibungen beteiligen können, wird immer länger.
Unternehmen, die noch bis
vor kurzem Bundesdienststellen zur vollsten Zufriedenheit aller belieferten,
werden nun von
der BBG sang- und klanglos übergangen.
Dramatische Umsatzeinbrüche mit anschließendem
Arbeitskräfteabbau sind die Folge. Angesichts der gegenwärtigen
Rekordarbeitslosigkeit ist es
unverantwortlich, dass die dem Finanzminister zu 100 Prozent
unterstehende BBG aktiv und
vehement ein
Arbeitsplatzvernichtungsprogramm fährt.
Nach dem sang- und
klanglos gescheiterten Staats-Schuldenabbau steht der Finanzminister
auch
vor dem Scheitern seiner von Anfang an vermurksten und von ÖVP und FPÖ im
Parlament
ohne Nachdenken über die negativen Auswirkungen für Volkswirtschaft und
Beschäftigung
durchgedrückten zentralistischen Bundesbeschaffung. Nicht nur, dass in der
Praxis immer mehr Einkäufer von
Bundesdienststellen nicht mehr bereit sind, sich und ihre
jeweilige Anstalt von der BBG gängeln, schikanieren, bürokratisieren,
bevormunden und
blockieren zu lassen und immer mehr Einkäufe
einfach an der BBG vorbei abwickeln - weil
ein sinnvolles Beschaffungswesen
(besonders bei Lebensmitteln) ansonsten nicht mehr
möglich ist -, kommt die BBG-Praxis auch juristisch immer mehr unter
Beschuss:
Nach einhelliger Rechtsmeinung ist die Praxis der BBG, bei
der Ausschreibung so genannte
Warenkörbe zu erstellen, vergaberechtlich
problematisch. Denn die Ausschreibung von War-
enkörben führt zu intransparenten
Ergebnissen und verletzt das Wettbewerbsprinzip. Indem
die Auftragnehmer für den Warenkorb
Mischpreise bieten, haben sie die Möglichkeit, bei ein-
zelnen Waren Aufschläge zu machen, bei anderen Waren können sie hingegen
bewusst einen
„Kampfpreis" wählen. Dadurch werden Auftragnehmer begünstigt, die
über eine breite Pro-
duktpalette verfügen. Übergangene Bieter sind daher gut beraten, einen
Nachprüfungsantrag
beim Bundesvergabeamt einzubringen.
Angesichts des geschilderten Sachverhaltes und in Ergänzung
der bisherigen Anfragen zum
Thema Bundesbeschaffung richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Herrn
Bundes-
minister für Finanzen nachstehende
Anfrage
1. Wieviele Unternehmen, die
unmittelbar vor Wirksamwerden des BBG-Systems Bundes-
dienststellen
belieferten, haben von der BBG keine Aufträge mehr bekommen?
2.
Wieviele Unternehmen, die unmittelbar vor Wirksamwerden
des BBG-Systems Bundes-
dienststellen
belieferten, haben im Durchschnitt welche Umsatzeinbußen erlitten, da sie
von der BBG keine
Aufträge mehr bekommen haben?
3.
Wieviele dieser Firmen, die unmittelbar vor Wirksamwerden
des BBG-Systems Bundes-
dienststellen
belieferten, waren nach der entsprechenden EU-Definition für KMUs aus
dem Jahre 2003 Mittelunternehmen nach
Umsatz und wie viele
nach der
Beschäftigtenzahl,
wie viele Betriebe waren Kleinunternehmen nach Umsatz und wie
viele
nach der Beschäftigtenzahl und wie viele Betriebe waren Kleinstunternehmen nach
Umsatz und wie viele
nach der Beschäftigtenzahl?
4.
Wieviele Unternehmen belieferten jeweils pro Jahr
Bundesdienststellen in den einzelnen
Jahren seit 1990?
(Die jeweilige Anzahl bitte nach Jahren getrennt aufschlüsseln.)
5.
Falls
Sie keine Zahlen nennen können: Warum haben Sie diese Daten nicht recherchieren
lassen? Weil es Sie nicht interessiert? Wenn
nein, warum nicht? Wenn ja, werden Sie
raschest diese
negativen
BBG-Auswirkungen
untersuchen und dem Nationalrat
zukommen lassen? Bis wann können Sie dem Nationalrat diese Daten
mitteilen?
6.
Wieviele Menschen haben aufgrund der zentralistischen
und Großbetriebe bevorzugenden
BBG-Vergabe-Praxis
ihren Arbeitsplatz bei jenen Firmen verloren, die jetzt keine
Bundesdienststellen
mehr beliefern können?
7.
Falls Sie keine Zahlen und auch keine geschätzten
Annäherungswerte nennen können:
Warum haben Sie diese negativen Auswirkungen der BBG auf den Arbeitsmarkt nicht
untersuchen lassen? Weil es Sie nicht interessiert? Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja,
werden Sie raschest
diese negativen BBG-Auswirkungen untersuchen und dem
Nationalrat zukommen lassen? Bis wann können
Sie dem Nationalrat diese Daten
mitteilen?
8.
Wie hoch war das gesamte Beschaffungsvolumen in den Jahren
2001, 2002, 2003, 2004
und
im Jänner, Februar und März 2005, das von einzelnen Bundesdienststellen an der
BBG
vorbei abgewickelt wurde? Wie verteilt sich dieses quasi hinter dem Rücken der
BBG georderte
Beschaffungsvolumen auf die einzelnen Produktgruppen der entsprechen-
den BBG-Verordnung? (Bitte jeweils nach den
einzelnen Jahren bzw. Monaten auf-
schlüsseln.)
9.
Wie viele Betriebe und welche lieferten unmittelbar vor
Wirksamwerden des BBG-
Systems
Lebensmittel an die österreichischen Justizanstalten?
10.
Wie viele Betriebe und welche lieferten im Jahr 2004 und
wie viele Betriebe und welche
liefern im 1. Quartal
2005 Lebensmittel an die österreichischen Justizanstalten?
11.
Wieviele Betriebe und welche lieferten unmittelbar vor
Wirksamwerden des BBG-
Systems Lebensmittel
aus dem Produktbereich Trockenwaren und Haltbarprodukte an die
österreichischen Justizanstalten?
12.
Wie viele Betriebe und welche lieferten im Jahr 2004 und
wie viele Betriebe und welche
liefern
im 1. Quartal 2005 Lebensmittel aus dem Produktbereich Trockenwaren und
Haltbarprodukte an
die österreichischen Justizanstalten?
13.
Wieviele Betriebe und welche lieferten unmittelbar vor
Wirksam werden des BBG-
Systems
Lebensmittel aus dem Produktbereich Frischwaren an die österreichischen
Justizanstalten?
14.
Wie viele Betriebe und welche lieferten im Jahr 2004 und
wie viele Betriebe und welche
liefern
im 1. Quartal 2005 Lebensmittel aus dem Produktbereich Frischwaren an die
öster-
reichischen
Justizanstalten?
15.
Wie hoch war das Lebensmittel-Beschaffungsvolumen der
österreichischen Justizanstalten
im
Jahr 2004 bzw. wie hoch ist das Lebensmittel-Beschaffungsvolumen der
österreich-
ischen
Justizanstalten im 1. Quartal 2005 jeweils aufgeschlüsselt nach Trockenwaren und
Haltbarprodukte bzw. Frischwaren, das über
die BBG abgewickelt wurde bzw. wird und
welche Firmen übernahmen bzw. übernehmen diese Lieferungen?
16.
Wie hoch war das Lebensmittel-Beschaffungsvolumen der
österreichischen Justizanstalten
im
Jahr 2004 bzw. wie hoch ist das Lebensmittel-Beschaffungsvolumen der
österreich-
ischen
Justizanstalten im 1. Quartal 2005 jeweils aufgeschlüsselt nach Trockenwaren
und
Haltbarprodukte bzw. Frischwaren, das nicht über die BBG abgewickelt wurde bzw.
wird
und welche Firmen übernahmen bzw. übernehmen diese Lieferungen?
17.
Warum werden - nach uns vorliegenden Informationen von
einander unabhängigen
Stellen
- gegenwärtig Lebensmittel von Justizanstalten unter Umgehung der BBG ange-
schafft?
18.
Was halten Sie, sehr geehrter Herr Minister, davon,
angesichts der eindeutig gegen die
BBG
sprechenden Erfahrungen aus der Praxis - nach dem zentralistischen
Fachbücherein-
kauf-
auch die Lebensmittel aus der entsprechenden BBG-Verordnung herauszunehmen?
Was spricht Ihrer
Meinung nach für den weiteren Verbleib der Lebensmittel in der BBG-
Verordnung und was spricht Ihrer Meinung nach für deren Herausnahme?
19. Wie
beurteilen Sie die in obiger Sachverhaltsdarstellung wiedergegebene
Rechtsmeinung?
20.
Werden Sie die BBG auffordern, künftig keine so genannten
Warenkörbe mehr auszu-
schreiben,
damit intransparente Ergebnisse und Verletzungen des Wettbewerbsprinzips
schleunigst
abgestellt werden? Wenn ja, wann und wie? Wenn nein, warum nicht?
21.
Bei welchen Waren mit welchem Beschaffungsvolumen für
welche Bundesdienststellen
wurden
welche Preisaufschläge innerhalb von Warenkörben von der BBG akzeptiert und
verrechnet?
22.
Bei welchen Waren mit welchem Beschaffungsvolumen für
welche Bundesdienststellen
wurden
welche Preisabschläge („Kampfpreise") innerhalb von Warenkörben von den
Lieferanten der BBG
angeboten und von dieser angenommen und verrechnet?
23.
Bei wie vielen Vergaben der BBG kam ein solcher
„Mischpreis" durch die Ausschreibung
von Warenkörben zur
Anwendung?
24.
Wieviele Bieter wurden auf diese Art und Weise der
Ausschreibungsverfahren im Sinne
oben
dargestellter Rechtsmeinung übergangen?
25.
Werden Sie alle bisher von der BBG übergangenen Bieter
raschest darüber informieren,
dass
sie einen Nachprüfungsantrag beim Bundesvergabeamt einbringen können? Wenn ja,
wann und wie und welche Firmen? Wenn nein, warum nicht?
26.
Sind Sie selbst bereit, diese Praxis der BBG, Warenkörbe
auszuschreiben, beim Bundes-
vergabeamt überprüfen
zu lassen? Wenn ja, wann und wie? Wenn nein, warum nicht?
27.
Werden Sie dem Nationalrat das Ergebnis dieser Überprüfung
umgehend zukommen
lassen? Wenn nein,
warum nicht?
28.
Seit
wann schreibt die BBG warum und konkret auf
wessen Veranlassung hin
Warenkörbe aus?