Eingelangt am
10.02.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Dr
Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister
für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend dringend
aufklärungsbedürftige Vorgänge bei der Finanzierung von Eisenbahninfrastruktur
und bei der Gewährung von Zahlungen für gemeinwirtschaftliche Leistungen
Bereits seit den Neunzigerjahren ist
regional-, landes- und bundespolitisch wiederholt von einer Wiederherstellung
der seit der Nachkriegszeit unterbrochenen Schienenverbindung Oberwart-Szombathely
die Rede gewesen. Nach Überzeugung der Grünen hätte es sich dabei gerade im
Vorfeld der EU-Erweiterung - nämlich vor der Umlagerung wesentlicher
Verkehrsvolumina von der Schiene zur Straße und vom öffentlichen zum
Individualverkehr in unseren Nachbarstaaten - um ein starkes Signal für eine
auch regionale Zukunft des ökologisch vorteilhaften Verkehrsträgers Schiene
gehandelt. Die Grünen haben vor dem Hintergrund ihres konsequenten Eintretens
gegen die Folgen des Langstrecken-LKW-Verkehrs wiederholt auf dieses absehbar
begrenzte Zeitfenster hingewiesen, das sich leider längst geschlossen hat. Nach
wie vor handelt es sich aber trotz der kaum nachvollziehbaren Verzögerungen,
die unter anderem die Nutzung von bereitstehenden EU-Vorbeitrittsgeldern
verunmöglicht haben, um ein wichtiges und zukunftsträchtiges Vorhaben.
Bereits in der Railway
Gazette Nr. 5/2002 ist unter dem Titel "Rechnitz Szombathely line reopened
after 50 years“ auf Seite 235 zu lesen, dass die Südburgenländische Regionalbahn
in Österreich bis 2006 die grenzüberschreitende Verbindung zwischen
Oberschützen/Rechnitz und dem ungarischen Szombathely wieder in Betrieb nehmen
wird. Die Strecke solle in Zukunft vor allem dem internationalen Güterverkehr
dienen.
Dem Süd Ost Journal vom Oktober 2002 ist zu entnehmen, dass der Ausbau der
Südburgenländischen Regionalbahn zum damaligen Zeitpunkt mit einem pompösen
Spatenstich begann. Zitat aus dem Süd Ost Journal vom Oktober 2002: „Nach
vielen unermüdlichen Gesprächen mit dem Bund und dem Land ist es nun gelungen,
eine Unterstützung für den Ausbau der Strecke Oberwart - Burg sowie eine
Weiterführung nach Szombathely zu lukrieren. Der Ausbau ist in vier Abschnitten
geplant. Der
Spatenstich dazu wurde vor kurzem von hochrangigen Vertretern des Landes und
der Regionalbahn GmbH vorgenommen.“
Ihr Ressort hat mit der Südburgenländischen Regionalbahn einen Vertrag über
den Ausbau der Infrastruktur abgeschlossen. Die hohen Zuwendungen des BMVIT
sollten dazu genützt werden, die gesamte Strecke auszubauen.
Die vertragsgemäß vom BMVIT zur Verfügung gestellten Mittel sind verbraucht,
weitgehend ausgebaut ist aber nur der Teilabschnitt bis Großpetersdorf.
Um das Projekt zu finanzieren, wurden die
dazu verwendeten Mittel im Rahmen des Budgets für Privatbahnen umgeschichtet.
Das heißt, das hier - bisher ohne jede Wirkung - verwendete Geld fehlt anderen
Bahnen, die dafür auch Gegenleistungen, nämlich gesetzeskonforme
Infrastrukturverbesserungen und Verkehrsdienstleistungen zum Nutzen der
steuerzahlenden Fahrgäste und Güterverkehrskunden, erbringen würden.
Im Zusammenhang mit dem erwähnten Unternehmen sind noch weitere Aktivitäten
Ihres Hauses aktenkundig, deren Gesetzeskonformität dringendst zu prüfen ist:
Denn zusätzlich wurden dem erwähnten Unternehmen seitens des BMVIT auch Mittel
für gemeinwirtschaftliche Leistungen verschafft, obwohl das Unternehmen als
(nicht anspruchsberechtigte) Anschlussbahn operiert, wie einer Ihrer Vorgänger
in einer Anfragebeantwortung an die Grünen öffentlich bestätigt hat.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen
daher folgende
ANFRAGE:
- Ist Ihnen bekannt, dass die im Vertrag
zwischen BMVIT und der Südburgenländischen Regionalbahn GmbH für die
Wiedererrichtung der Verbindung Oberwart-Rechnitz-Szombathely vereinbarten
Mittel aufgebraucht sind, die Südburgenländische Regionalbahn GmbH jedoch
nur einen Teil des vereinbarten Streckenausbaues geleistet hat? Welche
Schritte haben Sie seit Ihrer Amtsübernahme in diesem Zusammenhang
gesetzt?
- Welche Zahlungen wurden seitens des Bundes bisher a) für
Infrastrukturmaßnahmen, b) für gemeinwirtschaftliche Leistungen an die
Südburgenländische Regionalbahn GmbH geleistet? Wir ersuchen um
jahresweise Darstellung ab Beginn der entsprechenden Zahlungen.
- Weshalb hat das BMVIT, wie den Teilheften des Budget-Kapitels
65 der vergangenen Jahre lückenlos zu entnehmen ist, trotz des
offensichtlich unzureichenden Baufortschrittes die vereinbarten Mittel in
voller Höhe überwiesen?
- Weshalb wurde seitens Ihres Hauses bei Durchführung der
erforderlichen Kontrollen versagt und es dem Vertragspartner überlassen,
was er mit dem Geld macht?
- Wieso haben Sie und Ihre Vorgänger in gesetzwidriger Weise (vgl
dazu u.a. unsere Parl. Anfragen 713/AB XXII.GP, 1584/J XXII.GP) dem
Nationalrat über mehrere Jahre keine Berichte über die Vergabe der
gemeinwirtschaftlichen Leistungen vorgelegt, die u.a. auch Aussagen über
derlei krasse Vorkommnisse enthalten hätten müssen und ein Kompensieren
der Aufsichts- und Kontrolldefizite des BMVIT durch Dritte ermöglicht
hätte?
- Wieso verschweigt der Bericht über die Vergabe der
gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Jahr 2003 die gegenständliche
Problematik?
- Wieso haben Sie die entsprechenden Fragen Grüner Abgeordneter
zB in der Budgetanfrage 389/JBA sowie in der Parlamentarischen Anfrage Nr.
1584/J XXII.GP in klarer Verletzung Ihrer Verpflichtungen nach §91 des
Geschäftsordnungsgesetzes nicht beantwortet? Es mutet erstaunlich an, dass
trotz klarer bundesgesetzlicher Grundlage (§49 Eisenbahngesetz idgF) die
Inhalte jährlich dem Nationalrat zuzuleitender Berichte - wie von Ihrem
Ressort zB in 1580/AB XXII.GP/Frage 7 behauptet - der Geheimhaltung
unterliegen sollen und daher nicht übermittelt werden können!
- Der Streckenausbau im Südburgenland wurde immer wieder damit
argumentiert, dass damit die Verbindung Oberwart-Rechnitz-Szombathely
wieder aktiviert werden könnte. Als Beleg für die angebliche beiderseitige
hohe Priorität für dieses Vorhaben wurden Absichtserklärungen aus Ungarn,
etwa von – sachlich unzuständigen - KomitatsvertreterInnen zitiert.
Ist Ihnen
bekannt, dass seitens der Republik Ungarn (und insbesondere seitens zuständiger
und verantwortlicher Stellen!) keinerlei verbindliche Zusagen existieren, den
erforderlichen Streckenausbau der Strecke Oberwart-Szombathely auf ungarischem
Gebiet fortzusetzen und zu finanzieren?
- Ist Ihnen bekannt, dass zwischen Ungarn und Österreich kein
Vertrag
existiert, den erforderlichen Streckenausbau der Strecke
Oberwart-Szombathely auf ungarischem Gebiet fortzusetzen und zu
finanzieren?
- Ist Ihnen bekannt, dass ein grenzüberschreitender
Infrastrukturausbau dieser Art ohne verbindliche zwischenstaatliche
Vereinbarungen noch nie stattgefunden hat?
- Können Sie ausschließen, dass die von Ihrem Haus in den letzten
Wochen und Monaten nachdrücklich betriebenen Versuche, beim ungarischen
Verkehrsminister eine Einladung nach Österreich zu platzieren, im
Zusammenhang mit den oben beschriebenen Vorgängen steht?
- Können Sie ausschließen, dass Sie über die oben beschriebenen
Vorgänge unvollständig informiert wurden und der Vorwand Transit nur dazu
dient, den ungarischen Verkehrsminister nach Österreich zu locken und Sie
als ahnungsloses Werkzeug Ihres Apparates fungieren?
- In der
parlamentarischen Anfragebeantwortung 3970/AB XXI.GP, eingelangt am
08.08.2002, ist zu lesen: „Der Südburgenländischen Regionalbahn GmbH wurde
zwar am 12.9.1995 für die Strecken Oberwart - Oberschützen und Oberwart -
Rechnitz die Konzession als Nebenbahn für Personen- und Güterverkehr
verliehen, der Betrieb im Sinne der Konzession wurde noch nicht
aufgenommen. Derzeit betreibt die Südburgenländische Regionalbahn GmbH,
die Strecke zwischen Oberwart und Rechnitz als Anschlussbahn.“
Wieso wurde,
wie den Teilheften zum Bundesvoranschlag in den letzten
Jahren unter 1/65158 zu entnehmen ist, der Südburgenländischen Regionalbahn
GmbH alljährlich ansehnliche Summen unter dem Titel „gemeinwirtschaftliche
Leistungen“ überwiesen, wo doch der Betrieb im Sinne der Konzession noch nicht
aufgenommen wurde?
- Wenn die Südburgenländische Regionalbahn, wie der BM für
Verkehr, Innovation und Technologie in der parlamentarischen
Anfragebeantwortung 3970/AB XXI.GP feststellt, den Betrieb im Sinne der
Konzession noch nicht aufgenommen hat, wieso darf sie dann
Eisenbahnbetrieb führen, der als gemeinwirtschaftliche Leistung anerkannt
wird?
- Die Südburgenländische Regionalbahn GmbH betreibt die Märchen-
und
Erlebnisbahn gemäß dem burgenländischen Veranstaltungsgesetz. Wenn
gemeinwirtschaftliche Leistungen im Sinne von Eisenbahnverkehr erbracht
worden sind, reicht für diesen Verkehr jedoch weder eine Genehmigung als
Anschlussbahn noch eine Genehmigung gemäß dem Veranstaltungsgesetz.
Da das BMVIT dennoch Mittel für gemeinwirtschaftliche Leistungen
überwiesen hat, muß das BMVIT den konzessionslosen und möglicherweise
illegalen Betrieb aufgrund groben Kontrollversagens – aus welchen Gründen
auch immer – jahrelang entweder nicht wahrgenommen oder ignoriert haben.
Aus dem Blickwinkel von Fahrgästen, Güterverkehrskunden,
Verkehrssicherheit und SteuerzahlerInnen wäre es äußerst erstaunlich,
würden entsprechende Zahlungen seitens des BMVIT ohne Vergewisserung über
ihre Rechtmäßigkeit im Sinne zB der allgemeinen Sparsamkeits- und
Sorgfaltsbestimmungen beim Umgang mit öffentlichen Mitteln oder gar trotz
offenkundig nicht widmungskonformer Mittelverwendung getätigt.
Wann
hat das BMVIT die letzten Kontrollen hinsichtlich der Südburgenländischen
Regionalbahn GmbH durchgeführt und falls solche jemals durchgeführt wurden, von
wem wurden diese jeweils durchgeführt?
- Wann und in welcher Weise
haben Sie bzw. das BMVIT in den letzten Jahren im einzelnen gegenüber dem
Mittelempfänger darauf hingewiesen, unter welchen Bedingungen die Finanzierungsmittel zu verwenden sind (vgl.
auch Ihre Ausführungen „im Allgemeinen“ in der Anfragebeantwortung 1325/AB
XXII.GP)? Wir ersuchen um schriftliche Belege für Ihre Angaben.
- Werden Sie nach Überprüfung obiger Vorgänge Konsequenzen a) in
Ihrem Haus, b) gegenüber dem erwähnten Unternehmen ziehen? Wenn nein,
warum nicht?
- Ist der gesamte Abschnitt Oberwart-Staatsgrenze der
Schienenstrecke Oberwart-Szombathely durch die bisherigen Maßnahmen wieder
in für Güter- und Personenverkehr nutzbaren Zustand gebracht worden, und
wenn nein, welche Abschnitte der Strecke sind tatsächlich a) derzeit, b)
per Herbst 2005 in einem für öffentlichen Personen- und Güterverkehr
geeigneten Zustand?
- Bleiben Sie trotz der eindeutig anderen Sachlage bei der von
Ihnen am 26.1.2005 (vgl. u.a. APA-OTS) verbreiteten Erklärung, dass „der
Ausbau“ der „Verbindung Oberwart-Szombathely“ ausschließlich wegen des
noch nicht rechtlich fixierten Übergabepunktes an der Staatsgrenze
„derzeit stockt“?
- Ist Ihnen bekannt, dass die einzigen in Grenznähe gesetzten
Schritte seitens der Südburgenländischen Regionalbahn GmbH derzeit darin
bestehen, im Raum Rechnitz Schienen zu entfernen und die Anlage eines
Radwegs zu ventilieren (vgl Bericht in der BVZ, Woche 05/2005)?
- Welche Schritte werden Sie im einzelnen bis wann setzen, um den
zahlreichen Ankündigungen zur Wiederherstellung der Schienenverbindung
Oberwart-Szombathely tatsächlich über Großpetersdorf hinaus die zur
lückenlosen Herstellung dieser Verbindung nötigen Taten folgen zu lassen?