2637/J XXII. GP

Eingelangt am 10.02.2005
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend dringend aufklärungsbedürftige Vorgänge bei der Finanzierung von Eisenbahninfrastruktur und bei der Gewährung von Zahlungen für gemeinwirtschaftliche Leistungen

 

 

Bereits seit den Neunzigerjahren ist regional-, landes- und bundespolitisch wiederholt von einer Wiederherstellung der seit der Nachkriegszeit unterbrochenen Schienenverbindung Oberwart-Szombathely die Rede gewesen. Nach Überzeugung der Grünen hätte es sich dabei gerade im Vorfeld der EU-Erweiterung - nämlich vor der Umlagerung wesentlicher Verkehrsvolumina von der Schiene zur Straße und vom öffentlichen zum Individualverkehr in unseren Nachbarstaaten - um ein starkes Signal für eine auch regionale Zukunft des ökologisch vorteilhaften Verkehrsträgers Schiene gehandelt. Die Grünen haben vor dem Hintergrund ihres konsequenten Eintretens gegen die Folgen des Langstrecken-LKW-Verkehrs wiederholt auf dieses absehbar begrenzte Zeitfenster hingewiesen, das sich leider längst geschlossen hat. Nach wie vor handelt es sich aber trotz der kaum nachvollziehbaren Verzögerungen, die unter anderem die Nutzung von bereitstehenden EU-Vorbeitrittsgeldern verunmöglicht haben, um ein wichtiges und zukunftsträchtiges Vorhaben.

Bereits in der Railway Gazette Nr. 5/2002 ist unter dem Titel "Rechnitz Szombathely line reopened after 50 years“ auf Seite 235 zu lesen, dass die Südburgenländische Regionalbahn in Österreich bis 2006 die grenzüberschreitende Verbindung zwischen Oberschützen/Rechnitz und dem ungarischen Szombathely wieder in Betrieb nehmen wird. Die Strecke solle in Zukunft vor allem dem internationalen Güterverkehr dienen.

Dem Süd Ost Journal vom Oktober 2002 ist zu entnehmen, dass der Ausbau der
Südburgenländischen Regionalbahn zum damaligen Zeitpunkt mit einem pompösen
Spatenstich begann. Zitat aus dem Süd Ost Journal vom Oktober 2002: „Nach vielen unermüdlichen Gesprächen mit dem Bund und dem Land ist es nun gelungen, eine Unterstützung für den Ausbau der Strecke Oberwart - Burg sowie eine Weiterführung nach Szombathely zu lukrieren. Der Ausbau ist in vier Abschnitten geplant. Der
Spatenstich dazu wurde vor kurzem von hochrangigen Vertretern des Landes und
der Regionalbahn GmbH vorgenommen.“


Ihr Ressort hat mit der Südburgenländischen Regionalbahn einen Vertrag über
den Ausbau der Infrastruktur abgeschlossen. Die hohen Zuwendungen des BMVIT
sollten dazu genützt werden, die gesamte Strecke auszubauen.
Die vertragsgemäß vom BMVIT zur Verfügung gestellten Mittel sind verbraucht,
weitgehend ausgebaut ist aber nur der Teilabschnitt bis Großpetersdorf.

 

Um das Projekt zu finanzieren, wurden die dazu verwendeten Mittel im Rahmen des Budgets für Privatbahnen umgeschichtet. Das heißt, das hier - bisher ohne jede Wirkung - verwendete Geld fehlt anderen Bahnen, die dafür auch Gegenleistungen, nämlich gesetzeskonforme Infrastrukturverbesserungen und Verkehrsdienstleistungen zum Nutzen der steuerzahlenden Fahrgäste und Güterverkehrskunden, erbringen würden.

Im Zusammenhang mit dem erwähnten Unternehmen sind noch weitere Aktivitäten Ihres Hauses aktenkundig, deren Gesetzeskonformität dringendst zu prüfen ist: Denn zusätzlich wurden dem erwähnten Unternehmen seitens des BMVIT auch Mittel für gemeinwirtschaftliche Leistungen verschafft, obwohl das Unternehmen als (nicht anspruchsberechtigte) Anschlussbahn operiert, wie einer Ihrer Vorgänger in einer Anfragebeantwortung an die Grünen öffentlich bestätigt hat.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Ist Ihnen bekannt, dass die im Vertrag zwischen BMVIT und der Südburgenländischen Regionalbahn GmbH für die Wiedererrichtung der Verbindung Oberwart-Rechnitz-Szombathely vereinbarten Mittel aufgebraucht sind, die Südburgenländische Regionalbahn GmbH jedoch nur einen Teil des vereinbarten Streckenausbaues geleistet hat? Welche Schritte haben Sie seit Ihrer Amtsübernahme in diesem Zusammenhang gesetzt?

 

  1. Welche Zahlungen wurden seitens des Bundes bisher a) für Infrastrukturmaßnahmen, b) für gemeinwirtschaftliche Leistungen an die Südburgenländische Regionalbahn GmbH geleistet? Wir ersuchen um jahresweise Darstellung ab Beginn der entsprechenden Zahlungen.

 

  1. Weshalb hat das BMVIT, wie den Teilheften des Budget-Kapitels 65 der vergangenen Jahre lückenlos zu entnehmen ist, trotz des offensichtlich unzureichenden Baufortschrittes die vereinbarten Mittel in voller Höhe überwiesen?

 

  1. Weshalb wurde seitens Ihres Hauses bei Durchführung der erforderlichen Kontrollen versagt und es dem Vertragspartner überlassen, was er mit dem Geld macht?

 

  1. Wieso haben Sie und Ihre Vorgänger in gesetzwidriger Weise (vgl dazu u.a. unsere Parl. Anfragen 713/AB XXII.GP, 1584/J XXII.GP) dem Nationalrat über mehrere Jahre keine Berichte über die Vergabe der gemeinwirtschaftlichen Leistungen vorgelegt, die u.a. auch Aussagen über derlei krasse Vorkommnisse enthalten hätten müssen und ein Kompensieren der Aufsichts- und Kontrolldefizite des BMVIT durch Dritte ermöglicht hätte?

 

  1. Wieso verschweigt der Bericht über die Vergabe der gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Jahr 2003 die gegenständliche Problematik?

 

  1. Wieso haben Sie die entsprechenden Fragen Grüner Abgeordneter zB in der Budgetanfrage 389/JBA sowie in der Parlamentarischen Anfrage Nr. 1584/J XXII.GP in klarer Verletzung Ihrer Verpflichtungen nach §91 des Geschäftsordnungsgesetzes nicht beantwortet? Es mutet erstaunlich an, dass trotz klarer bundesgesetzlicher Grundlage (§49 Eisenbahngesetz idgF) die Inhalte jährlich dem Nationalrat zuzuleitender Berichte - wie von Ihrem Ressort zB in 1580/AB XXII.GP/Frage 7 behauptet - der Geheimhaltung unterliegen sollen und daher nicht übermittelt werden können!

 

  1. Der Streckenausbau im Südburgenland wurde immer wieder damit argumentiert, dass damit die Verbindung Oberwart-Rechnitz-Szombathely wieder aktiviert werden könnte. Als Beleg für die angebliche beiderseitige hohe Priorität für dieses Vorhaben wurden Absichtserklärungen aus Ungarn, etwa von – sachlich unzuständigen - KomitatsvertreterInnen zitiert.

 

Ist Ihnen bekannt, dass seitens der Republik Ungarn (und insbesondere seitens zuständiger und verantwortlicher Stellen!) keinerlei verbindliche Zusagen existieren, den erforderlichen Streckenausbau der Strecke Oberwart-Szombathely auf ungarischem Gebiet fortzusetzen und zu finanzieren?

  1. Ist Ihnen bekannt, dass zwischen Ungarn und Österreich kein Vertrag
    existiert, den erforderlichen Streckenausbau der Strecke Oberwart-Szombathely auf ungarischem Gebiet fortzusetzen und zu finanzieren?

 

  1. Ist Ihnen bekannt, dass ein grenzüberschreitender Infrastrukturausbau dieser Art ohne verbindliche zwischenstaatliche Vereinbarungen noch nie stattgefunden hat?

 

  1. Können Sie ausschließen, dass die von Ihrem Haus in den letzten Wochen und Monaten nachdrücklich betriebenen Versuche, beim ungarischen Verkehrsminister eine Einladung nach Österreich zu platzieren, im Zusammenhang mit den oben beschriebenen Vorgängen steht?

 

  1. Können Sie ausschließen, dass Sie über die oben beschriebenen
    Vorgänge unvollständig informiert wurden und der Vorwand Transit nur dazu
    dient, den ungarischen Verkehrsminister nach Österreich zu locken und Sie
    als ahnungsloses Werkzeug Ihres Apparates fungieren?

 

  1.  In der parlamentarischen Anfragebeantwortung 3970/AB XXI.GP, eingelangt am 08.08.2002, ist zu lesen: „Der Südburgenländischen Regionalbahn GmbH wurde zwar am 12.9.1995 für die Strecken Oberwart - Oberschützen und Oberwart - Rechnitz die Konzession als Nebenbahn für Personen- und Güterverkehr verliehen, der Betrieb im Sinne der Konzession wurde noch nicht aufgenommen. Derzeit betreibt die Südburgenländische Regionalbahn GmbH, die Strecke zwischen Oberwart und Rechnitz als Anschlussbahn.“

Wieso wurde, wie den Teilheften zum Bundesvoranschlag in den letzten
Jahren unter 1/65158 zu entnehmen ist, der Südburgenländischen Regionalbahn GmbH alljährlich ansehnliche Summen unter dem Titel „gemeinwirtschaftliche Leistungen“ überwiesen, wo doch der Betrieb im Sinne der Konzession noch nicht aufgenommen wurde?

  1. Wenn die Südburgenländische Regionalbahn, wie der BM für Verkehr, Innovation und Technologie in der parlamentarischen Anfragebeantwortung 3970/AB XXI.GP feststellt, den Betrieb im Sinne der Konzession noch nicht aufgenommen hat, wieso darf sie dann Eisenbahnbetrieb führen, der als gemeinwirtschaftliche Leistung anerkannt wird?

 

  1. Die Südburgenländische Regionalbahn GmbH betreibt die Märchen- und
    Erlebnisbahn gemäß dem burgenländischen Veranstaltungsgesetz. Wenn
    gemeinwirtschaftliche Leistungen im Sinne von Eisenbahnverkehr erbracht
    worden sind, reicht für diesen Verkehr jedoch weder eine Genehmigung als
    Anschlussbahn noch eine Genehmigung gemäß dem Veranstaltungsgesetz.
    Da das BMVIT dennoch Mittel für gemeinwirtschaftliche Leistungen überwiesen hat, muß das BMVIT den konzessionslosen und möglicherweise illegalen Betrieb aufgrund groben Kontrollversagens – aus welchen Gründen auch immer – jahrelang entweder nicht wahrgenommen oder ignoriert haben. Aus dem Blickwinkel von Fahrgästen, Güterverkehrskunden, Verkehrssicherheit und SteuerzahlerInnen wäre es äußerst erstaunlich, würden entsprechende Zahlungen seitens des BMVIT ohne Vergewisserung über ihre Rechtmäßigkeit im Sinne zB der allgemeinen Sparsamkeits- und Sorgfaltsbestimmungen beim Umgang mit öffentlichen Mitteln oder gar trotz offenkundig nicht widmungskonformer Mittelverwendung getätigt.

 

Wann hat das BMVIT die letzten Kontrollen hinsichtlich der Südburgenländischen Regionalbahn GmbH durchgeführt und falls solche jemals durchgeführt wurden, von wem wurden diese jeweils durchgeführt?

  1. Wann und in welcher Weise haben Sie bzw. das BMVIT in den letzten Jahren im einzelnen gegenüber dem Mittelempfänger darauf hingewiesen, unter welchen Bedingungen die Finanzierungsmittel zu verwenden sind (vgl. auch Ihre Ausführungen „im Allgemeinen“ in der Anfragebeantwortung 1325/AB XXII.GP)? Wir ersuchen um schriftliche Belege für Ihre Angaben.

 

  1. Werden Sie nach Überprüfung obiger Vorgänge Konsequenzen a) in Ihrem Haus, b) gegenüber dem erwähnten Unternehmen ziehen? Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Ist der gesamte Abschnitt Oberwart-Staatsgrenze der Schienenstrecke Oberwart-Szombathely durch die bisherigen Maßnahmen wieder in für Güter- und Personenverkehr nutzbaren Zustand gebracht worden, und wenn nein, welche Abschnitte der Strecke sind tatsächlich a) derzeit, b) per Herbst 2005 in einem für öffentlichen Personen- und Güterverkehr geeigneten Zustand?

 

  1. Bleiben Sie trotz der eindeutig anderen Sachlage bei der von Ihnen am 26.1.2005 (vgl. u.a. APA-OTS) verbreiteten Erklärung, dass „der Ausbau“ der „Verbindung Oberwart-Szombathely“ ausschließlich wegen des noch nicht rechtlich fixierten Übergabepunktes an der Staatsgrenze „derzeit stockt“?

 

  1. Ist Ihnen bekannt, dass die einzigen in Grenznähe gesetzten Schritte seitens der Südburgenländischen Regionalbahn GmbH derzeit darin bestehen, im Raum Rechnitz Schienen zu entfernen und die Anlage eines Radwegs zu ventilieren (vgl Bericht in der BVZ, Woche 05/2005)?

 

  1. Welche Schritte werden Sie im einzelnen bis wann setzen, um den zahlreichen Ankündigungen zur Wiederherstellung der Schienenverbindung Oberwart-Szombathely tatsächlich über Großpetersdorf hinaus die zur lückenlosen Herstellung dieser Verbindung nötigen Taten folgen zu lassen?