2665/J XXII. GP
Eingelangt am 15.02.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
betreffend „Recht auf ein Girokonto"
Der
Bundesminister für Finanzen hat in der AB 2400 XXII.GP vom 10.02.2005 zu dieser
Anfrage die Auffassung vertreten, dass es
sich dabei um privatrechtliches Vertragsrecht bzw.
einen allfälligen Eingriff in die
Vertragsfreiheit handelt.
„Dafür ist das Bundesministerium für Finanzen jedoch
grundsätzlich nicht zuständig.
Geeignete Regelungsorte wären allenfalls die im Zuständigkeitsbereich des
Bundesministeriums
für Justiz gelegenen Zivilrechtsvorschriften, beispielsweise das
Konsumentenschutzgesetz."
Die Anfrage an den BM für Finanzen war wie folgt
begründet:
Seit dem 26.02.2003 liegt der Antrag der Abgeordneten
Mag. Maier „Recht auf ein
Girokonto" unbehandelt im Nationalrat (55/A(E)). Ein Girokonto ist
heutzutage für alle
Menschen eine unabdingbare Vorraussetzung, um am öffentlichen Leben und
Zahlungsverkehr teilzunehmen.
"Wer
einen Erlagsschein bar auf ein Konto einzahlt, wird von Banken kräftig zur
Kasse
gebeten. Ein AK-Test bei 13 Banken in Wien zeigte folgendes: KonsumentInnen,
die kein
Konto haben - immerhin 300.000 ÖsterreicherInnen - oder auf dem Konto einer
Fremdbank
einen Erlagschein bar einzahlen, müssen mit
bis zu 5 Euro Spesen rechnen.
Wer
also kein Konto hat - das sind meist PensionistInnen, Arbeitslose oder
Personen, die
Probleme mit der Rückzahlung ihrer Schulden hatten - und seine gesamten
Zahlscheine für
Miete, Telefon, Strom oder Gas monatlich an der Bankkassa bar bezahlt, zahlt
115 Euro im
Jahr allein an Spesen beim höchsten Spesensatz von 5 Euro pro Zahlschein. Auch
beim
billigsten Spesensatz von 1,50 Euro kosten
diese Erlagschein-Bareinzahlungen 34,50 Euro an
Spesen im Jahr (23 Zahlscheine pro Jahr).
Die AK hat im Oktober bei 13 Wiener
Kreditinstituten die Spesen für Bareinzahlungen von
Erlag- und Zahlscheinen getestet. Erhoben wurden die Entgelte für
Bareinzahlungen auf ein
Konto einer fremden Bank, der eigenen Bank und für karitative Zwecke.
Welche Bank verlangt welche Spesen bei Bareinzahlungen von Erlagscheinen?
Bareinzahlung bei___________ an eine Fremdbank___________ an eigene Bank
Bank Austria 4,00 Euro 2,00 Euro
Bank für Tirol und Vbg 2,00 Euro 1,00 Euro
BAWAG 2,50
Euro 1,50 Euro
Dornbirner Sparkasse 2,91 Euro 0,75 Euro
EB u. Hypo Bgld 3,00 Euro 1,50 Euro
Erste Bank 3,00 Euro 3,00 Euro
Hypo Tirol 2,00 Euro 1,00 Euro
Hypo NÖ x} 5,00 Euro 1,25 Euro
Hypo Vbg 1,50 Euro 0,75 Euro
Oberbank 3,00 Euro 1,50 Euro
PSK 2,00 Euro 1,50 Euro
RLB NÖ Wienxx) 4,00 Euro 0,80 Euro
Volksbank Wien
3,00 Euro
1,00 Euro
x) Spesen bei Bareinzahlung zu Gunsten fremder Kreditinstitute je nach Kundenbeziehung
von 2,50 bis 5 Euro möglich
xx) Innerhalb der Raiffeisengruppe werden 1,45 Euro verrechnet
Die Bareinzahlung einer Spende kann bis zu 3 Euro Spesen
kosten. Auch das zeigte der AK
Test bei diesen 13 Banken. Zwei Drittel der
getesteten Banken verlangen dafür keine Spesen.
Ein gesetzlicher Anspruch auf ein Girokonto ist deswegen
notwenig, weil sich Banken in
anderen
EU-Mitgliedsstaaten nicht an die vereinbarte Selbstverpflichtung der Banken
gehalten haben, - so beispielsweise auch in Deutschland:
"An die Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft
aus dem Jahr 1995 zur Gewährleistung von
Guthabenkonten für „Jedermann " haben sich bisher nur einige Banken
gehalten. Dass einige
Banken die Selbstverpflichtung bewusst missachten, ist umso
ärgerlicher, als vor zwei Jahren
eine gesetzliche Regelung im Vertrauen auf die
Selbstverpflichtung ausgeblieben ist.
Stichproben
der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG, SBV), an der
auch der vzbv beteiligt war, haben im Sommer 2003 allein 2.000 Kündigungs- und
Verweigerungsfälle erfassen können.
Hauptursache der Verweigerungen war ein negativer
SCHUFA-Eintrag. Kontopfändungen waren der Grund für die meisten
Kündigungen. Der
vzbv hat die Bundesregierung und den
Bundestag auf die Umstände hingewiesen und die
Einführung einer gesetzlichen Garantie zur Pflichtbasisdienstleistung eines
Girokontos auf
Guthabenbasis gefordert (vzbv 2003/2004)."
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die
Bundesministerin für Soziale
Sicherheit,
Generationen und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage:
1.
Wie werden seitens Ihres Ressorts die Ergebnisse dieser
AK-Erhebung beurteilt?
2.
Welche Haltung nehmen Sie zur Forderung „Recht auf ein
Girokonto" auf Guthabenbasis
ein?
3.
Werden Sie als Konsumentenschutzministerin eine diesbezügliche
gesetzliche
(zivilrechtliche)
Regelung beispielsweise im Konsumentenschutzgesetz vorschlagen bzw.
unterstützen?
Wenn nein, warum nicht?
4. Werden Sie - nachdem dieses Problem alle
EU-Mitgliedstaaten betrifft - eine
diesbezügliche Initiative auf europäischer Ebene starten?
Wenn nein, warum nicht?
5.
Woran ist bislang eine diesbezügliche gesetzliche
Regelung in Europa gescheitert?
Welche
Position hat Österreich bislang dazu auf europäischer Ebene eingenommen?
6.
In welchen EU-Mitgliedsstaaten existiert ein
gesetzlicher Anspruch auf ein Girokonto?
7.
In welchen EU-Mitgliedsstaaten gibt es eine freiwillige
Selbstverpflichtung der
Kreditwirtschaft -
ähnlich wie in Deutschland?