2691/J XXII. GP

Eingelangt am 28.02.2005
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Mag.a Gisela Wurm und GenossInnen

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend „SOKO Kitz“: Skandale, Amts- und Machtmissbrauch bei der Tiroler Gendarmerie

 

 

 

Seit einigen Wochen ist die Tiroler Bevölkerung schockiert über die in der NEUEN nahezu täglich kolportierten Vorwürfe einiger Gendarmeriebeamter gegen den Bezirkskommandanten Oberst Josef Bodner und den Kommandaten des Kitzbüheler Gendarmeriepostens (in der Folge mit GP abgekürzt) Chefinspektor (in der Folge mit CI abgekürzt) Hermann Wallensteiner wegen Amtsmissbrauchs, Nötigung, des Zurechtbiegens und Verhinderns von Ermittlungen nach schweren Delikten, des Zustandekommens von Strafverfahren unter Druck, Mobbing und der Androhung von Strafversetzungen.

 

Bei CI Wallensteiner dreht es sich jedoch auch um die Person des Fachausschuss-Vorsitzenden der Tiroler Gendarmerie und des Kitzbüheler Gendarmerie-Chefs, der quasi in multifunktionaler Personalunion auch noch Vorsitzender der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (in der Folge mit FCG abgekürzt), Vorstandsvorsitzender der Beamtenversicherungsanstalt (BVA), Obmann des Kameradschaftsbundes der Exekutive und Präsident des Kitzbüheler Reitklubs ist.

 

Aufgrund der damit zutiefst erschütterten Glaubwürdigkeit der Exekutive bei der Bevölkerung und der auch für uns überraschend großen Bestätigung vieler Gendarmen ob der Vorfälle richten die unterfertigenden Abgeordneten an die zuständige Bundesministerin für Inneres nachstehende

 

Anfrage

 

  1. Ist Ihnen der in der NEUEN und in der „Tiroler Tageszeitung“ Anfang Februar mehrmals kolportierte und in der Anlage angeführte Sachverhalt bekannt?

 

  1. Ist Ihnen der Inhalt der Anzeigen von zwei Beamten des GP Kitzbühels gegen Oberst Josef Bodner und CI Hermann Wallensteiner wegen Verdachtes der Dienstpflichtverletzungen ebenfalls bekannt und wenn ja, seit wann und was haben Sie zu welchem Zeitpunkt unternommen?

 

 

  1. Was wird von Seiten Ihres Ressorts gegen die drohende Gefahr unternommen, dass der Fachausschuss-Vorsitzende der Tiroler Gendarmerie CI Wallensteiner die derzeit gegen seine Person laufenden Untersuchungen des an sich von Ausseneinflüssen unabhängigen Büros für Interne Angelegenheiten aufgrund seines mächtigen Einflußbereichs maßgeblich und zu seinen Gunsten beeinzuflussen in der Lage ist?

 

 

  1. Wie lauten die von Landesgendarmeriekommandant Brigadier Werner Pail in der „Tiroler Tageszeitung“ vom 08.02.05 erwähnten Untersuchungsergebnisse hinsichtlich der Vorwürfe der Nötigung, der „Abhaltung von Saufgelagen“ (zit. nach der NEUEN) im Dienst und des Machtmissbrauchs durch CI Wallensteiner?

 

  1. Welche Instanzen waren darin eingebunden und welche „Sofortmaßnahmen“, von denen Brigadier Pail in selbigem Interview sprach, wurden im Detail, wann und gegen welche Personen gesetzt?

 

 

  1. Mit welcher Begründung und aufgrund welcher Qualifikationen wurde CI Wallensteiner 2003 zum Kommandanten des GP Kitzbühels bestellt?

 

  1. Welche Planstelle bekleidet CI Wallensteiner derzeit?

 

  1. Ist CI Wallensteiner derzeit dem Landesgendarmeriekommando (in der Folge mit LGK abgekürzt) Tirol oder einer anderen Dienststelle zugeteilt?

 

  1. Wurden in der Vergangenheit und werden derzeit an CI Wallensteiner Zuteilungsgebühren oder Funktionsabgeltungen bzw. –Zulagen bezahlt und wenn ja, welche und in welcher Höhe?

 

  1. Bezieht der stellvertretende Postenkommandant des GP Kitzbühel aufgrund der Abwesenheit von CI Wallensteiner eine Funktionsabgeltung?

 

  1. Hatte CI Wallensteiner Nebentätigkeiten oder Nebenbeschäftigungen an das LGK gemeldet? Wenn ja, wann und welche und sind diese Tätigkeiten für das BMI mit CI Wallensteiners Funktion als Mitarbeiter des Bundesgendarmerie vereinbar?

 

 

  1. In der Anlage ist ein per e-mail versandtes Schreiben vom 29.10.2004 des FCG-Spitzenkandidaten CI Wallensteiner bei den Personalvertretungswahlen an die FCG-Vorsitzenden in den Bezirken angeführt. Im Absatz 5 schlägt CI Wallensteiner vor, die Briefwahlunterlagen zeitgleich mit den Briefen der wahlwerbenden FCG zu versenden. War dem BMI der Inhalt des gegenständlichen Schreibens und die Vorgangsweise des CI Wallensteiners bekannt?

 

  1. Wenn ja, handelte es sich bei dem in Frage 12 aufgeworfenen Sachverhalt um eine Manipulation der Personalvertretungswahlen 2004?

 

  1. Wenn nein, werden Sie Maßnahmen gegen diese Vorgangsweise setzen und wenn ja, welche?

 

  1. Wurde der zuständige Zentralwahlausschuss von dieser in Frage 12 angeführten Vorgangsweise informiert?

 

  1. Wird dieser in Frage 12 erläuterte Sachverhalt vom BMI an den zuständigen Zentralwahlausschuss weitergeleitet? Wenn nein, weshalb nicht?

 

 

  1. Sind Sie darüber informiert und wenn ja, seit wann, dass seit dem Amtsantritt von CI Wallensteiner im Herbst 2003 im GP Kitzbühel eine „Kopfprämie“ an die Beamten ausgegeben wurde, mindestens 150 Organmandate und 80 Verwaltungsanzeigen pro Jahr und Beamten gefordert zu haben?

 

  1. Wenn ja, entspricht eine solche „Order“ der Intention des Bundesministeriums für Inneres (in der Folge mit BMI abgekürzt) und auf welcher Grundlage und was hat das BMI dagegen unternommen?

 

  1. Wenn nein, was werden Sie dagegen unternehmen?

 

 

  1. Ist es richtig, dass die Anzeigenstatistiken einzelner BeamtInnen im Aufenthaltsraum des GP Kitzbühel mit dem Ziel der Druckausübung auf andere Beamte öffentlich ausgehängt wurden? Wenn ja, wie beurteilen Sie diese Vorgangsweise und welche Maßnahmen werden Sie dagegen setzen? 

 

  1. Ist es richtig, dass bei Nicht-Erfüllung dieser Vorgaben BeamtInnen an unzumutbar weit von ihren Wohnsitzen gelegene Dienstposten versetzt wurden?

 

  1. Sind Ihnen Fälle bekannt, wonach CI Wallensteiner laut der NEUEN „in sein zweites Ich als ranghöchster Personalvertreter schlüpfte und mit diversen Nachteilen bei Versetzungs- und Karrierewünschen drohte“? Wenn ja, wer und wie viele Beamte wurden seit dem Amtsantritt des CI Wallensteiner als Kitzbüheler Gendarmerie-Chef mit welcher Begründung versetzt?  

 

  1. CI Wallensteiner, der wegen seiner gewerkschaftlichen Tätigkeit dienstfreigestellt wurde, erteilte trotzdem Weisungen an seinem Posten Kitzbühel! Sind Ihnen diese Fakten bekannt? Handelt es sich dabei um eine unzulässige Unvereinbarkeit, wenn nein, bitte um Begründung weshalb nicht und wenn ja, weshalb schon?

 

 

  1. Wie bewerten Sie es, dass CI Wallensteiner lt. der NEUEN im Juni 2004 „ein Trinkgelage am Kitzbüheler Posten“ (zit. nach der NEUEN) zu vertuschen versuchte? Nach dem Fest rammte ein betrunkener Gendarm auf der Heimfahrt einen Pkw, verletzte dabei dessen Lenker, ergriff die Flucht, wurde aber dank eines Zeugen ausgeforscht. "Wer‘s noch nicht weiß, der XY hat in der Nacht einen Unfall gehabt. Keiner hat etwas gesehen oder gehört, wegen gestern, haben wir uns verstanden", soll der Kommandant bei der morgendlichen Dienstbesprechung vor etwa zehn Zeugen gedroht haben. Was werden Sie und was wird das Büro für Interne Angelegenheiten in Anbetracht der durch mehrere Zeugen belegbaren Aussagen von CI Wallensteiner unternehmen?

 

  1. Welche Maßnahmen (Disziplinarverfahren, Anzeige bei der Verwaltungsbehörde, Führerschein-Entzug) wurden wann genau nach dem Vorfall gegen diesen Beamten gesetzt? 

 

  1. Laut der NEUEN soll dies nicht der letzte Alkoholunfall nach einer Betriebsfeier gewesen sein: „Ausgerechnet ein Vertrauter des Kommandanten, (Anm. GW: Kontrollinspektor Lechner), von Kollegen als Scharfmacher beschrieben, verlor nach der Weihnachtsfeier im vergangenen Dezember beinahe sein Leben. Der Beamte fuhr in den Straßengraben und erlitt schwerste Verletzungen. Im Spital stellten die Ärzte bei einem Bluttest 1,98 Promille fest. Die Konsequenz: Der Beamte wurde auf einen anderen Posten versetzt, seinen Dienst konnte er dort allerdings noch nicht antreten - er befindet sich noch immer im Krankenstand“. Welchen Sinn stellt unter der Prämisse der Aufrechterhaltung größtmöglicher Sicherheit für die Tiroler Bevölkerung die Versetzung eines offensichtlich mit Alkoholproblemen behafteten Gendarmeriebeamten an einen anderen Dienstort dar und wäre eine Suspendierung des Beamten vom Dienst nicht die geeignetere Maßnahme als dessen Versetzung und wenn nein, wie begründen Sie dies?

 

 

  1. Ist Ihnen bekannt, dass zwei Beamte des GP Kitzbühel beim Versuch eine zuvor mit dem Auto verunfallte und Fahrerflucht begangen habende Bekannte des Herrn CI Wallensteiner aufzusuchen, vom damaligen Postenkommandant-Stellvertreter CI Wallensteiner im Kitzbüheler Reitklub empfangen und von ihrer Amtshandlung mit den Worten: „Machen wir nicht viel Aufsehen, es ist eh nichts passiert. Eine § 4-Anzeige (Anm. GW: wegen Fahrerflucht) machen wir keine, sondern nur einen Bericht“ abgehalten wurden?

 

  1. Wenn ja, handelt es sich bei diesem Sachverhalt, der durch den Unfallbericht E1/3903/2002 dokumentiert wurde, um Amtsmissbrauch?

 

  1. Ist Ihnen bekannt, dass der in Frage 28 erwähnte Akt verschwunden war bzw. ist und wenn ja, wer ist dafür verantwortlich?

 

  1. Wo befindet sich der Akt E1/3903/2002 heute?

 

  1. Wer hat aller Zugang zu diesem und anderen Akten?

 

 

  1. Wie bewerten Sie die längst bekannte Tatsache, dass der Personalchef des LGK Tirol, Mjr. Mag. Tomac, auf Einladung des Vorsitzenden CI Wallensteiner auch regelmäßig an Konferenzen der FCG/KdEÖ-Vertrauenspersonen teilnimmt? Erachten Sie diese beide Funktionen als vereinbar, wenn ja mit welcher Begründung, wenn nein, werden Sie dagegen Maßnahmen setzen und wenn ja, welche?

 

 

  1. Wurde die Aussage des Kitzbüheler GP-Kommandanten CI Wallensteiner gegenüber seinen MitarbeiterInnen: „Hier bin ich das Gesetz – und nur dieses Gesetz gilt am Gendarmerieposten Kitzbühel“ auf Ihre Tatsächlichkeit geprüft und wenn ja, welche Konsequenzen wird diese nach sich ziehen?

 

  1. Ist es richtig, dass ihr Ressort Kenntnis von dieser Aussage hatte, jedoch keine interne Untersuchung eingeleitet worden war? Wenn ja, weshalb nicht und wie begründen Sie die Untätigkeit des BMI trotz Kenntnis solch rechtsfeindlicher Aussagen eines Gendarmen im gehobeneren Dienst?

 

 

  1. Zogen zwei von der Rechtsanwaltskanzlei Hochstaffl & Rupprechter am 02.11.04 an das LGK Tirol geleitete Anträge auf Überprüfung allfälliger Dienstpflichtverletzungen von Seiten des CI Wallensteiner bis zum Erscheinen des Büros für Interne Angelegenheiten am 02.02.04 am GP Kitzbühel Sofortmaßnahmen durch das LGK Tirol nach sich und wenn ja, welche?

 

 

  1. Im Falle einer Ermittlung gegen einen Personalvertreter (in vorliegendem Fall: CI Wallensteiner) muss an die Personalvertretung ein diesbezügliches Ansuchen gestellt werden, was unserem Erkenntnisstand zufolge bis dato noch nicht erfolgte. Wurde dieses Ansuchen in der Zwischenzeit gestellt, wenn ja, wann und an wen? Wenn nein, aus welchen Gründen unterblieb dies bis heute und wie begründen Sie dies?

 

  1. Sofern über drei Monate hinweg keine Maßnahmen von Seiten des LGK Tirol gegen CI Wallensteiner und Obst. Bodner getroffen wurden – aus welchen Gründen wurde in Anbetracht der Schwere der Anschuldigungen eine Ermittlung bis dato unterlassen?

 

  1. Würden gegen einen „normalen“ Gendarmen die gleichen Vorwürfe vorgebracht wie gegen CI Wallensteiner, wie lange würde in der Regel die Zeitspanne bis zur Suspendierung des Beamten und seiner Vorführung vor den Leiter der Personalabteilung des LGK Tirol, Mjr. Mag. Tomac, in Anspruch nehmen?

 

  1. Das Verstreichen welchen Zeitraums erachten Sie grundsätzlich bei Vorliegen solcher Vorwürfe als angemessene Reaktion durch das LGK?

 

 

  1. Begrüßen Sie die in der NEUEN auf Basis einer Sachverhaltsdarstellung durch eine betroffene Beamte kolportierten Aussagen von Obst. Bodner, der im Zuge einer Schulung Fahndungsringe mit dem Aufbau einer Zwiebel verglich und dabei in Richtung einer Beamtin bemerkte: „Frau XY müsste nun eigentlich hinausgehen, denn das Zwiebelmuster kann man mit dem Sich-Ausziehen vergleichen und da kennt sie sich ja gut aus!“? Wenn nein, werden sie im speziellen Fall gegen Obst. Bodner und grundsätzlich im Bereich der Exekutive Maßnahmen zur Verhinderung von diskriminierenden und sexistischen Aussagen setzen und wenn ja, welche?

 

  1. Ist Ihnen bekannt, dass es unter der Ägide des Bezirkskommandanten von Kitzbühel offenbar Usus ist, mit einer „Abstandszahlung“, oder anders formuliert aufgrund von Nötigung durch den Vorgesetzten, der Gefahr einer Disziplinaranzeige durch Obst. Bodner zu entgehen? Wenn ja, wie bewerten Sie diese Fakten?

 

  1. Welche Ermittlungsergebnisse liegen hinsichtlich der von Obst. Bodner veranlassten Verhinderung der Sicherung von Einbruchsspuren an der Erdgeschosswohnung der betroffenen Beamtin, die den Beweis für eine gewaltsame Öffnung der Wohnung der Beamtin durch ihren Ex-Freund hervorgebracht hätten, vor? Wenn noch immer keine Ergebnisse vorliegen sollten, weshalb wird in diese Richtung mit einer dermaßen auffallenden Zeitverzögerung ermittelt?

 

 

  1. Wie bewerten Sie als Ministerin für Inneres das von ehemaligen und noch aktiven Gendarmeriebeamten (in uns in anonymen Schreiben vorliegende) auffallend hohe Maß an Erleichterung und Freude über die Aufdeckung der Skandale am GP Kitzbühel unter dem Kommandanten CI Wallensteiner?

 

 

  1. Welche Maßnahmen werden Sie in ihrem Ressort und im Besonderen im Büro für Interne Angelegenheiten setzen, um in Hinkunft Hinweisen auf das Bestehen von derartigen „Terrorregimen“ innerhalb der Exekutive unmittelbar und mit aller Konsequenz auch gegen Vorgesetzte nachgehen zu können? 

 

 

 

 

Anmerkung der Parlamentsdirektion:

 

Die von den Abgeordneten übermittelten Anlagen stehen nur als Image

(siehe Anfrage gescannt) zur Verfügung.