Eingelangt am 28.02.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag.a Gisela Wurm und
GenossInnen
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend „SOKO Kitz“: Skandale, Amts- und Machtmissbrauch
bei der Tiroler Gendarmerie
Seit einigen Wochen ist die Tiroler Bevölkerung schockiert
über die in der NEUEN nahezu täglich kolportierten Vorwürfe einiger
Gendarmeriebeamter gegen den Bezirkskommandanten Oberst Josef Bodner und den
Kommandaten des Kitzbüheler Gendarmeriepostens (in der Folge mit GP
abgekürzt) Chefinspektor (in der Folge mit CI abgekürzt) Hermann
Wallensteiner wegen Amtsmissbrauchs, Nötigung, des Zurechtbiegens und
Verhinderns von Ermittlungen nach schweren Delikten, des Zustandekommens von
Strafverfahren unter Druck, Mobbing und der Androhung von Strafversetzungen.
Bei CI Wallensteiner dreht es sich jedoch auch um die Person
des Fachausschuss-Vorsitzenden der Tiroler Gendarmerie und des Kitzbüheler
Gendarmerie-Chefs, der quasi in multifunktionaler Personalunion auch noch
Vorsitzender der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (in der Folge mit FCG
abgekürzt), Vorstandsvorsitzender der Beamtenversicherungsanstalt (BVA),
Obmann des Kameradschaftsbundes der Exekutive und Präsident des Kitzbüheler
Reitklubs ist.
Aufgrund der damit zutiefst erschütterten Glaubwürdigkeit
der Exekutive bei der Bevölkerung und der auch für uns überraschend großen
Bestätigung vieler Gendarmen ob der Vorfälle richten die unterfertigenden
Abgeordneten an die zuständige Bundesministerin für Inneres nachstehende
Anfrage
- Ist
Ihnen der in der NEUEN und in der „Tiroler Tageszeitung“ Anfang Februar
mehrmals kolportierte und in der Anlage angeführte Sachverhalt bekannt?
- Ist
Ihnen der Inhalt der Anzeigen von zwei Beamten des GP Kitzbühels gegen
Oberst Josef Bodner und CI Hermann Wallensteiner wegen Verdachtes der
Dienstpflichtverletzungen ebenfalls bekannt und wenn ja, seit wann und was
haben Sie zu welchem Zeitpunkt unternommen?
- Was
wird von Seiten Ihres Ressorts gegen die drohende Gefahr unternommen, dass
der Fachausschuss-Vorsitzende der Tiroler Gendarmerie CI Wallensteiner die
derzeit gegen seine Person laufenden Untersuchungen des an sich von
Ausseneinflüssen unabhängigen Büros für Interne Angelegenheiten aufgrund
seines mächtigen Einflußbereichs maßgeblich und zu seinen Gunsten
beeinzuflussen in der Lage ist?
- Wie
lauten die von Landesgendarmeriekommandant Brigadier Werner Pail in der
„Tiroler Tageszeitung“ vom 08.02.05 erwähnten Untersuchungsergebnisse
hinsichtlich der Vorwürfe der Nötigung, der „Abhaltung von Saufgelagen“
(zit. nach der NEUEN) im Dienst und des Machtmissbrauchs durch CI
Wallensteiner?
- Welche
Instanzen waren darin eingebunden und welche „Sofortmaßnahmen“, von denen
Brigadier Pail in selbigem Interview sprach, wurden im Detail, wann und
gegen welche Personen gesetzt?
- Mit
welcher Begründung und aufgrund welcher Qualifikationen wurde CI
Wallensteiner 2003 zum Kommandanten des GP Kitzbühels bestellt?
- Welche
Planstelle bekleidet CI Wallensteiner derzeit?
- Ist
CI Wallensteiner derzeit dem Landesgendarmeriekommando (in der Folge
mit LGK abgekürzt) Tirol oder einer anderen Dienststelle zugeteilt?
- Wurden
in der Vergangenheit und werden derzeit an CI Wallensteiner
Zuteilungsgebühren oder Funktionsabgeltungen bzw. –Zulagen bezahlt und
wenn ja, welche und in welcher Höhe?
- Bezieht
der stellvertretende Postenkommandant des GP Kitzbühel aufgrund der
Abwesenheit von CI Wallensteiner eine Funktionsabgeltung?
- Hatte
CI Wallensteiner Nebentätigkeiten oder Nebenbeschäftigungen an das LGK
gemeldet? Wenn ja, wann und welche und sind diese Tätigkeiten für das BMI
mit CI Wallensteiners Funktion als Mitarbeiter des Bundesgendarmerie
vereinbar?
- In
der Anlage ist ein per e-mail versandtes Schreiben vom 29.10.2004 des
FCG-Spitzenkandidaten CI Wallensteiner bei den Personalvertretungswahlen
an die FCG-Vorsitzenden in den Bezirken angeführt. Im Absatz 5 schlägt CI
Wallensteiner vor, die Briefwahlunterlagen zeitgleich mit den Briefen der
wahlwerbenden FCG zu versenden. War dem BMI der Inhalt des
gegenständlichen Schreibens und die Vorgangsweise des CI Wallensteiners
bekannt?
- Wenn
ja, handelte es sich bei dem in Frage 12 aufgeworfenen Sachverhalt um eine
Manipulation der Personalvertretungswahlen 2004?
- Wenn
nein, werden Sie Maßnahmen gegen diese Vorgangsweise setzen und wenn ja,
welche?
- Wurde
der zuständige Zentralwahlausschuss von dieser in Frage 12 angeführten
Vorgangsweise informiert?
- Wird
dieser in Frage 12 erläuterte Sachverhalt vom BMI an den zuständigen
Zentralwahlausschuss weitergeleitet? Wenn nein, weshalb nicht?
- Sind
Sie darüber informiert und wenn ja, seit wann, dass seit dem Amtsantritt
von CI Wallensteiner im Herbst 2003 im GP Kitzbühel eine „Kopfprämie“ an
die Beamten ausgegeben wurde, mindestens 150 Organmandate und 80
Verwaltungsanzeigen pro Jahr und Beamten gefordert zu haben?
- Wenn
ja, entspricht eine solche „Order“ der Intention des Bundesministeriums
für Inneres (in der Folge mit BMI abgekürzt) und auf welcher
Grundlage und was hat das BMI dagegen unternommen?
- Wenn
nein, was werden Sie dagegen unternehmen?
- Ist
es richtig, dass die Anzeigenstatistiken einzelner BeamtInnen im
Aufenthaltsraum des GP Kitzbühel mit dem Ziel der Druckausübung auf andere
Beamte öffentlich ausgehängt wurden? Wenn ja, wie beurteilen Sie diese
Vorgangsweise und welche Maßnahmen werden Sie dagegen setzen?
- Ist
es richtig, dass bei Nicht-Erfüllung dieser Vorgaben BeamtInnen an
unzumutbar weit von ihren Wohnsitzen gelegene Dienstposten versetzt
wurden?
- Sind
Ihnen Fälle bekannt, wonach CI Wallensteiner laut der NEUEN „in sein
zweites Ich als ranghöchster Personalvertreter schlüpfte und mit diversen
Nachteilen bei Versetzungs- und Karrierewünschen drohte“? Wenn ja, wer und
wie viele Beamte wurden seit dem Amtsantritt des CI Wallensteiner als
Kitzbüheler Gendarmerie-Chef mit welcher Begründung versetzt?
- CI
Wallensteiner, der wegen seiner gewerkschaftlichen Tätigkeit
dienstfreigestellt wurde, erteilte trotzdem Weisungen an seinem Posten
Kitzbühel! Sind Ihnen diese Fakten bekannt? Handelt es sich dabei um eine
unzulässige Unvereinbarkeit, wenn nein, bitte um Begründung weshalb nicht
und wenn ja, weshalb schon?
- Wie bewerten Sie es, dass CI Wallensteiner
lt. der NEUEN im Juni 2004 „ein Trinkgelage am Kitzbüheler Posten“ (zit.
nach der NEUEN) zu vertuschen versuchte? Nach dem Fest rammte ein
betrunkener Gendarm auf der Heimfahrt einen Pkw, verletzte dabei dessen Lenker,
ergriff die Flucht, wurde aber dank eines Zeugen ausgeforscht. "Wer‘s
noch nicht weiß, der XY hat in der Nacht einen Unfall gehabt. Keiner hat
etwas gesehen oder gehört, wegen gestern, haben wir uns verstanden",
soll der Kommandant bei der morgendlichen Dienstbesprechung vor etwa zehn
Zeugen gedroht haben. Was werden Sie und was wird das Büro für Interne
Angelegenheiten in Anbetracht der durch mehrere Zeugen belegbaren Aussagen
von CI Wallensteiner unternehmen?
- Welche
Maßnahmen (Disziplinarverfahren, Anzeige bei der Verwaltungsbehörde,
Führerschein-Entzug) wurden wann genau nach dem Vorfall gegen diesen
Beamten gesetzt?
- Laut
der NEUEN soll dies nicht der letzte Alkoholunfall nach einer
Betriebsfeier gewesen sein: „Ausgerechnet ein Vertrauter des Kommandanten,
(Anm. GW: Kontrollinspektor Lechner), von Kollegen als Scharfmacher
beschrieben, verlor nach der Weihnachtsfeier im vergangenen Dezember
beinahe sein Leben. Der Beamte fuhr in den Straßengraben und erlitt
schwerste Verletzungen. Im Spital stellten die Ärzte bei einem Bluttest
1,98 Promille fest. Die Konsequenz: Der Beamte wurde auf einen anderen
Posten versetzt, seinen Dienst konnte er dort allerdings noch nicht
antreten - er befindet sich noch immer im Krankenstand“. Welchen Sinn stellt
unter der Prämisse der Aufrechterhaltung größtmöglicher Sicherheit für die
Tiroler Bevölkerung die Versetzung eines offensichtlich mit
Alkoholproblemen behafteten Gendarmeriebeamten an einen anderen Dienstort
dar und wäre eine Suspendierung des Beamten vom Dienst nicht die
geeignetere Maßnahme als dessen Versetzung und wenn nein, wie begründen
Sie dies?
- Ist
Ihnen bekannt, dass zwei Beamte des GP Kitzbühel beim Versuch eine zuvor
mit dem Auto verunfallte und Fahrerflucht begangen habende Bekannte des
Herrn CI Wallensteiner aufzusuchen, vom damaligen
Postenkommandant-Stellvertreter CI Wallensteiner im Kitzbüheler Reitklub
empfangen und von ihrer Amtshandlung mit den Worten: „Machen wir nicht
viel Aufsehen, es ist eh nichts passiert. Eine § 4-Anzeige (Anm. GW: wegen
Fahrerflucht) machen wir keine, sondern nur einen Bericht“ abgehalten
wurden?
- Wenn
ja, handelt es sich bei diesem Sachverhalt, der durch den Unfallbericht
E1/3903/2002 dokumentiert wurde, um Amtsmissbrauch?
- Ist
Ihnen bekannt, dass der in Frage 28 erwähnte Akt verschwunden war bzw. ist
und wenn ja, wer ist dafür verantwortlich?
- Wo
befindet sich der Akt E1/3903/2002 heute?
- Wer
hat aller Zugang zu diesem und anderen Akten?
- Wie
bewerten Sie die längst bekannte Tatsache, dass der Personalchef des LGK
Tirol, Mjr. Mag. Tomac, auf Einladung des Vorsitzenden CI Wallensteiner
auch regelmäßig an Konferenzen der FCG/KdEÖ-Vertrauenspersonen teilnimmt?
Erachten Sie diese beide Funktionen als vereinbar, wenn ja mit welcher
Begründung, wenn nein, werden Sie dagegen Maßnahmen setzen und wenn ja,
welche?
- Wurde
die Aussage des Kitzbüheler GP-Kommandanten CI Wallensteiner gegenüber
seinen MitarbeiterInnen: „Hier bin ich das Gesetz – und nur dieses Gesetz
gilt am Gendarmerieposten Kitzbühel“ auf Ihre Tatsächlichkeit geprüft und
wenn ja, welche Konsequenzen wird diese nach sich ziehen?
- Ist
es richtig, dass ihr Ressort Kenntnis von dieser Aussage hatte, jedoch
keine interne Untersuchung eingeleitet worden war? Wenn ja, weshalb nicht
und wie begründen Sie die Untätigkeit des BMI trotz Kenntnis solch
rechtsfeindlicher Aussagen eines Gendarmen im gehobeneren Dienst?
- Zogen
zwei von der Rechtsanwaltskanzlei Hochstaffl & Rupprechter am 02.11.04
an das LGK Tirol geleitete Anträge auf Überprüfung allfälliger
Dienstpflichtverletzungen von Seiten des CI Wallensteiner bis zum
Erscheinen des Büros für Interne Angelegenheiten am 02.02.04 am GP
Kitzbühel Sofortmaßnahmen durch das LGK Tirol nach sich und wenn ja, welche?
- Im
Falle einer Ermittlung gegen einen Personalvertreter (in vorliegendem
Fall: CI Wallensteiner) muss an die Personalvertretung ein diesbezügliches
Ansuchen gestellt werden, was unserem Erkenntnisstand zufolge bis dato
noch nicht erfolgte. Wurde dieses Ansuchen in der Zwischenzeit gestellt,
wenn ja, wann und an wen? Wenn nein, aus welchen Gründen unterblieb dies
bis heute und wie begründen Sie dies?
- Sofern
über drei Monate hinweg keine Maßnahmen von Seiten des LGK Tirol gegen CI
Wallensteiner und Obst. Bodner getroffen wurden – aus welchen Gründen
wurde in Anbetracht der Schwere der Anschuldigungen eine Ermittlung bis
dato unterlassen?
- Würden
gegen einen „normalen“ Gendarmen die gleichen Vorwürfe vorgebracht wie
gegen CI Wallensteiner, wie lange würde in der Regel die Zeitspanne bis
zur Suspendierung des Beamten und seiner Vorführung vor den Leiter der
Personalabteilung des LGK Tirol, Mjr. Mag. Tomac, in Anspruch nehmen?
- Das
Verstreichen welchen Zeitraums erachten Sie grundsätzlich bei Vorliegen
solcher Vorwürfe als angemessene Reaktion durch das LGK?
- Begrüßen
Sie die in der NEUEN auf Basis einer Sachverhaltsdarstellung durch eine
betroffene Beamte kolportierten Aussagen von Obst. Bodner, der im Zuge
einer Schulung Fahndungsringe mit dem Aufbau einer Zwiebel verglich und
dabei in Richtung einer Beamtin bemerkte: „Frau XY müsste nun eigentlich
hinausgehen, denn das Zwiebelmuster kann man mit dem Sich-Ausziehen
vergleichen und da kennt sie sich ja gut aus!“? Wenn nein, werden sie im
speziellen Fall gegen Obst. Bodner und grundsätzlich im Bereich der
Exekutive Maßnahmen zur Verhinderung von diskriminierenden und
sexistischen Aussagen setzen und wenn ja, welche?
- Ist
Ihnen bekannt, dass es unter der Ägide des Bezirkskommandanten von
Kitzbühel offenbar Usus ist, mit einer „Abstandszahlung“, oder anders
formuliert aufgrund von Nötigung durch den Vorgesetzten, der Gefahr einer
Disziplinaranzeige durch Obst. Bodner zu entgehen? Wenn ja, wie bewerten
Sie diese Fakten?
- Welche
Ermittlungsergebnisse liegen hinsichtlich der von Obst. Bodner
veranlassten Verhinderung der Sicherung von Einbruchsspuren an der
Erdgeschosswohnung der betroffenen Beamtin, die den Beweis für eine
gewaltsame Öffnung der Wohnung der Beamtin durch ihren Ex-Freund
hervorgebracht hätten, vor? Wenn noch immer keine Ergebnisse vorliegen
sollten, weshalb wird in diese Richtung mit einer dermaßen auffallenden
Zeitverzögerung ermittelt?
- Wie
bewerten Sie als Ministerin für Inneres das von ehemaligen und noch
aktiven Gendarmeriebeamten (in uns in anonymen Schreiben vorliegende)
auffallend hohe Maß an Erleichterung und Freude über die Aufdeckung der
Skandale am GP Kitzbühel unter dem Kommandanten CI Wallensteiner?
- Welche
Maßnahmen werden Sie in ihrem Ressort und im Besonderen im Büro für
Interne Angelegenheiten setzen, um in Hinkunft Hinweisen auf das Bestehen
von derartigen „Terrorregimen“ innerhalb der Exekutive unmittelbar und mit
aller Konsequenz auch gegen Vorgesetzte nachgehen zu können?
Anmerkung der
Parlamentsdirektion:
Die von den Abgeordneten übermittelten Anlagen stehen nur
als Image
(siehe Anfrage
gescannt) zur Verfügung.