2707/J XXII. GP
Eingelangt am 02.03.2005
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ANFRAGE
der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur
betreffend Glaube und Wissenschaft
In einer öffentlichen Aussendung Ihres
Ministeriums vom 17.11.2004 mit dem Titel: „Die Wirtschaft braucht’s – die
Bildung schafft’s“ haben Sie gemeinsam mit dem Magna–Manager Siegfried Wolf und
den Buchautoren Walter Sonnleitner und Karlheinz Muhr das Buch “Wie
funktioniert Wirtschaft wirklich“ präsentiert und den Schulen zur Verfügung
gestellt.
Das Buch, das den Anspruch erhebt, die wichtigsten Grundbegriffe der
Ökonomie mit einer Darstellung der Österreichischen Schule der Nationalökonomie
zu verbinden, ist in den Rezensionen allerdings nicht besonders gut
weggekommen, ja geradezu „verrissen“ worden.
So heißt es beispielsweise in der Rezension von Gerhard Meszaros in der
„Presse“ vom 13.12.04:
„ Das Buch leidet jedoch an dem doppelten Anspruch, auf nur 160
Seiten eine Einführung sowohl in die Wirtschaftstheorie als auch in die
Österreichische Schule bieten zu wollen. So werden gerade gesamtwirtschaftliche
Zusammenhänge etwas verkürzt dargestellt und etwa Konjunkturkrisen primär auf
staatliche Eingriffe zurückgeführt - eine spezifisch
"österreichische" Lehrmeinung. Diese österreichischen Positionen
werden wiederum in einer sprachlich betont simplen, zum Teil geradezu holprigen
Weise beschrieben.“
In einer weiteren Rezension der „Presse“ vom 22.1.05 schreibt der
Wirtschaftswissenschafter Peter Rosner:
„Der Aufbau des Buches
entspricht eher dem Werben für einen Glauben als der Argumentation. Viele
zentrale Aussagen werden mehrfach wiederholt. Wenn man es nur oft genug sagt,
wird es davon richtig?“
An anderer Stelle schreibt Rosner:
„Wenn eine Position der Österreichischen Schule dargestellt
wird, ist sie oft falsch wiedergegeben oder bis zur Unkenntlichkeit verzerrt.
Ein Merksatz lautet: "Wenn alle ständig auf ihren persönlichen Nutzen
hinarbeiten, dann werden sich am Ende auch alle Menschen grundsätzlich ihrer
Ideal- und Wunschsituation nähern können." Was immer man gegen die Österreichische
Schule sagen kann, ihre Vertreter waren nicht so dumm, solche Behauptungen
aufzustellen.“
Offensichtlich wurde schon vor der Buchverteilung ein Folder „Icons of the
Austrian School“ österreichischen Schulen zur Verfügung gestellt, um die
Österreichische Schule der Nationalökonomie zu popularisieren. Nun ist nichts
gegen ein besseres Wissen über die Österreichische Schule der Nationalökonomie
einzuwenden, vor allem, wenn auch andere „Schulen“ und die Weiterentwicklung
der Nationalökonomie referiert werden. Wenn aber zum einen grob vereinfacht,
zum anderen nur das Credo einer freien Marktwirtschaft ohne regulierende
Eingriffe vorgebetet wird, dann drängen sich einige Fragen auf:
„Aber vielleicht ist alles ganz anders. Vielleicht wollten die beiden Autoren einen Beleg für die Behauptung liefern, dass Politiker "nicht wissen, was gut für uns ist", und dass "immer die Schlimmsten an die Spitze" kommen. Vielleicht haben sie sich gedacht, jetzt schreiben wir ein schlechtes Buch, in dem steht, dass Politik nichts taugt; nachher gehen wir zum Staat, lassen das Buch von Frau Gehrer bewerben. Die Leser werden denken: "Es stimmt, Politik taugt nichts." (Peter Rosner, Die Presse, 22.1.05)
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. In Ihrer Aussendung vom 17.11.04 erklären Sie zu Beginn, dass 4000 Exemplare des Buches zur Verfügung gestellt werden, am Ende sprechen Sie in der Aussendung von 4500 Exemplaren, die verteilt werden. Im Buch heißt es dazu: „Wirtschaftliches Handeln ist ein permanenter, dynamischer Prozess, bei dem alle Beteiligten auf eine Verbesserung ihrer Situation aus sind“ (p.19). Wie viele Exemplare sind es denn tatsächlich?
2. Wurde die Verteilung des Buches „Wie
funktioniert Wirtschaft wirklich“ an die Schulen von Ihrem Ministerium
(mit)finanziert? Wenn ja, wie hoch waren die Kosten, die Ihr Ministerium
übernommen hat?
3. Wurden Kostenanteile der Buchaktion
auch von anderen Institutionen finanziert? Wenn ja, von wem und mit welchem
Aufwand?
4. Wurde der Folder “Icons of the
Austrian School” ebenfalls von Ihrem Ministerium an Schulen verteilt? Wenn ja:
Welchen Inhalt hatte dieser Folder?
Wer finanzierte diesen Folder?
5. Welchen
Schulen bzw. Schultypen wurden Buch bzw. Folder zur Verfügung gestellt?
6. In
welchen Mengen wurden die einzelnen Schulen damit beliefert?
7. „Die größtmögliche Gerechtigkeit, so
lehrt die Österreichische Schule, kann dann erzielt werden, wenn das Ausmaß der
sozialen Transfers so klein wie möglich gehalten wird“(p.134), heißt es in dem
Buch. Haben Sie wegen derartiger Sprüche das Buch zur Verteilung gebracht?
8. Die Autoren wollen auch die Frage beantworten, „warum
schaden arbeitsrechtliche und lohnpolitische Mindestvorschriften ... manchmal
mehr als sie nützen – und warum ist der Staat letztlich doch ein untüchtiger
und ungeeigneter Unternehmer“(p.15).
a)
Ist die
genannte Problemstellung ein bildungspolitisches Ziel dieser Regierung?
b)
Planen Sie
die Privatisierung des Unterrichtswesens?
9. Werden Sie dafür sorgen, dass auch anerkannte
österreichische Ökonomen anderer Schulen, wie etwa Kurt Rothschild, Theodor
Prager, Adolf Kozlik, Eduard März oder Egon Matzner den Schulen nahegebracht
werden?
10. Teilen Sie auch die Meinung, wonach in der Politik „immer die
Schlimmsten an die Spitze“ (p.69) kommen?
11. Teilen Sie tatsächlich die Ansicht der Buchautoren, dass Politiker
„nicht wirklich wissen, was wir wollen und was gut für uns ist – auch wenn sie
es noch so gut meinen und supergescheite Berater haben“? (p.19)
a)
Wenn ja,
warum verteilen Sie dann das Buch an Schulen?
b)
Wenn nein,
warum verteilen Sie dann das Buch an Schulen?
c)
Teilen Sie
etwa gar die Kritik am Finanzminister und seinem Beraterwesen?