2709/J XXII. GP
Eingelangt am 02.03.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten DI Uwe Scheuch
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend Telefonüberwachung durch das Büro für interne Angelegenheiten
In der Sektion IV im Bundesministerium für Inneres ist das Büro für interne Angele-
genheiten (BIA),
Abteilung IV/6, gegründet von Bundesminister Dr. Strasser, einge-
richtet. Nach Angaben des BMI seien die Mitarbeiter dieses Büros für interne
Ange-
legenheiten weisungsfrei gestellt und es
bestehe daher keine interne Meldepflicht
über zu bearbeitende Fälle. In Wahrheit gilt aber weiterhin die
„Ministerverantwort-
lichkeit" nach Artikel 20 B-VG in
Verbindung mit dem Bundesministeriengesetz. Eine
der unterstützenden Dienststellen ist die Sondereinheit für Observation (SEO).
Diese
prüft, ob der Einsatz von Abhörtechniken "verhältnismäßig" im
Sinne des Gesetzes
und technisch machbar ist und übermittelt gegebenenfalls dem zuständigen
Gericht
einen Antrag auf Überwachung. Das Gericht
entscheidet dann, nach Beurteilung der
Lage, allenfalls über einen Auftrag zur Überwachung.
Wie den Medien zu entnehmen ist, verfüge
laut Innenministerium das BIA „aus einer
Telefonüberwachung" Informationen,
„dass der Direktor des Konzerthauses Klagen-
furt, Franz Widrich (er vertritt Kärnten in der Vergabekommission),
gesagt habe, er
habe der Zeitung die Unterlagen [Anm.: über
die Ausschreibung für den Stadionbau
in Klagenfurt] zugespielt - auf
Wunsch von Landeshauptmann Jörg Haider" (OÖN, 9.
Februar 2005). Es liege dabei nach Angaben des Leiters des BIA der
„Verdacht der
Parteienfinanzierung, Amtsmissbrauch und
Verstöße gegen das Vergaberecht"
(OÖN, 10. Februar 2005) vor. „Es
handle sich um Erhebungen in disziplinären Ange-
legenheiten, ausgelöst durch einen Anzeige Winklers. Dabei hat es
zumindest eine
Telefonüberwachung gegeben. Alles im gesetzlichen Rahmen und auf richterliche
Anordnung", so Martin Kreutner, Chef des Büros für Interne Angelegenheiten
(BIA)
(Kleine Zeitung, 12. Februar 2005).
Landeshauptmann Dr. Jörg Haider seinerseits wurde
persönlich von zwei Beamten
des Bundesministeriums für Inneres davon informiert, dass er und weitere 30
Kärnt-
ner Persönlichkeiten abgehört würden.
Wie aus der APA zu entnehmen ist, hat Sektionschef
Dr. Werner Pürstl für das Jus-
tizministerium aber dezidiert
ausgeschlossen, dass ein FPÖ-Politiker aufgrund eines
richterlichen Beschlusses abgehört wurde. Auch die erwähnten
freiheitlichen Gen-
darmeriebeamten Adolf Stark und Adolf Winkler seien nicht per Gerichtsbeschluss
abgehört worden. Über illegale Abhörungen
wisse man nichts.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher aus
gegebenem Anlass an die Frau
Bundesministerin für Inneres folgende
Anfrage:
1 .a.) Wie viele
Ermittlungsverfahren hat das Büro für interne Angelegenheiten seit
seiner
Einrichtung durchgeführt?
1 .b.) Wer beauftragt das BIA mit Ermittlungen?
1 .c.) Zu wie vielen gerichtlichen Anzeigen haben diese Ermittlungen geführt?
1 .d.) Wie viele dieser Anzeigen haben zu gerichtlichen Strafverfahren geführt?
1 .e.)Wie viele Anzeigen wurden
von der Staatsanwaltschaft ohne Einleitung eines
Strafverfahrens
zurückgelegt?
1 .f.) Wie viele Anzeigen haben zu strafrechtlichen Verurteilungen geführt?
2.) Auf welche Art und Weise und durch wen erfolgt
eine Kontrolle der Tätigkeit des
BIA?
3.) Wie ist die angebliche Weisungsfreistellung der
Beamten des BIA in Hinblick auf
Artikel 20 B-VG geregelt?
4.) Hat es Telefonüberwachungen der
Personen Adolf Stark, Gendarmeriebeamter
und
Bürgermeister der Gemeinde Maria Wörth (FPÖ), und Adolf Winkler, Leiter
der Verkehrsabteilung
in Krumpendorf, gegeben und wenn ja, wann, aus wel-
chem Grund und auf Basis welcher
rechtlichen Grundlage?
5.) Wie erklären Sie sich den
Widerspruch, dass Martin Kreutner, Leiter des BIA, in
einer Stellungnahme
gegenüber der „Kleinen Zeitung" vom 12. Februar 2005
erklärt, es habe „zumindest eine
Telefonüberwachung" gegeben, aber „alles im
gesetzlichen Rahmen und auf richterliche Anordnung", der
Sektionschef des
Justizministeriums, Dr. Werner Pürstl, aber ausschließt, dass die
freiheitlichen
Gendarmeriebeamten Adolf Stark und Adolf
Winkler aufgrund eines Gerichtsbe-
schlusses abgehört worden sind?
6.) Wie viele Telefonüberwachungen hat es
in Kärnten seit Einrichtung des BIA
gegeben
und welche Personen waren als Verdächtige oder Dritte betroffen?
7.) Warum und auf wessen Auftrag hin informierte der
Leiter des BIA, Martin Kreut-
ner, die Medien über ein laufendes
Ermittlungsverfahren? (zB: OÖ Nachrichten,
9. Februar 2005, 10.Februar 2005)
OÖ Nachrichten, 10. Februar 2005:
„In einem Aktenvermerk zur Anzeige
heißt es, dass das Innenministerium aus
einer
Telefonüberwachung wisse, dass der Direktor des Konzerthauses Klagen-
furt, Franz Widrich,
erklärt habe, er habe die vertraulichen Unterlagen der Zei-
tung zugespielt - auf Wunsch Haiders.
Eine
Klage gegen die OÖN wird als Verteidigung aber etwas wenig sein, denn
Mittwoch bestätigte das Innenministerium den OÖN-Bericht ganz offiziell. Der
Leiter des Büros für interne
Angelegenheiten (BIA), Martin Kreutner, sagte, da-
bei gehe es um Verdacht der Parteienfinanzierung, Amtsmissbrauch und
Ver-
stöße gegen das Vergaberecht."
8.) Gegen wen und auf welcher
Grundlage basierend wird wegen des Verdachts
der
Parteienfinanzierung, obwohl es diesen Tatbestand nicht gibt, ermittelt?
9.) Gegen wen und auf welcher
Grundlage basierend wird wegen des Verdachts
des
Amtsmissbrauchs ermittelt?
10.) Gegen wen
und auf welcher Grundlage basierend wird wegen des Verdachts
des
Verstoßes gegen das Vergaberecht ermittelt?
11.) Gibt es
im Innenministerium einen Aktenvermerk mit dem Inhalt, dass der Direk-
tor des Konzerthauses Klagenfurt, Franz Widrich (er vertritt Kärnten in der
Ver-
gabekommission), gesagt habe, er habe einer Kärntner Wochenzeitung die An-
gebotsunterlagen zugespielt - auf Wunsch von Landeshauptmann Jörg Haider?
12.) Wie
lautet der genaue Inhalt des Telefonprotokolls, aus dem hervorgeht, dass
Franz Widrich im
Zusammenhang mit einer Landesaktion zu einem autofreien
Tag alle Anrainer-Bürgermeister entlang des
Wörthersees angerufen habe, dar-
unter auch den Gendarmen Adolf Stark,
und Widrich dabei Stark gegenüber
verraten hat, dass er geheime Bieterdetails an eine Kärntner
Wochenzeitung
geliefert hätte? ("Der Standard"
vom 15. Februar 2005)
13.) Wie erklären Sie sich den
Umstand, dass „Der Standard" als Quelle seiner In-
formationen das Bundesministerium für Inneres
nennt, aus dem „Details aus
dem abgehörten Telefonprotokoll Widrichs mit Stark durchgesickert"
seien und
wer ist dafür verantwortlich?
14.) Wußte das Kabinett der Frau Bundesministerin von diesen Medienäußerungen?
15.) Von wem
werden offensichtlich erfolgte Weitergaben von Aktenteilen und Infor-
mationen „unter der Hand" einer internen Überprüfung unterzogen?
16.) Wie
beurteilen Sie die Weitergabe von vertraulichen Ermittlungsergebnissen -
noch
dazu - in einem äußerst sensiblen Bereich, wie es Telefonüberwachungen
darstellen und welche Konsequenzen wird dies nach sich ziehen?
17.) Wie ist der aktuelle Stand im
eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen Adolf
Winkler und Adolf Stark?
18.) In wie weit beeinträchtigen
die anonymen Anzeigen gegen die Personen Stark
und Winkler den Erfolg bei der Bewerbung
für Posten im Exekutivbereich?
19.) „Für eine Anzeige ist es
notwendig, bestimmte, eine Tat glaubwürdig bezeich-
nende Umstände ins Treffen zu führen."
Es gibt Grund zum Zweifel, dass dieser
Grundsatz beim BIA sorgfältig
angewendet wird, wie dies aus dem Artikel der
Zeitung „Die Presse" vom 4. Mai
2004 ersichtlich ist, in dem unter anderem
steht, dass im Jahre 2003 1084
Meldungen (Beschwerden, Anschuldigungen)
bei der BIA eingingen und nur in vier Fällen rechtskräftige
Verurteilungen, neun
Diversionen und sechs Freisprüche folgten. Wie erklären Sie sich daher das
immense Missverhältnis zwischen Anzeigen des BIA und letztendlichen Verur-
teilungen?