2740/J XXII. GP

Eingelangt am 03.03.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Bettina Stadlbauer
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend „bedingte Entlassungen"

Am 24. Jänner d.J. wurden an der Johannes Kepler Universität Linz von den
Strafrechtsexperten Univ.-Ass. Dr. Helmut Hirtenlehner und Ass.-Prof. Dr. Alois Birklbauer
die Ergebnisse eines von ihnen durchgeführten Forschungsprojekts zum Thema:„Der Erfolg
bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe bei Sexual- und Raubdelikten. Eine Evaluierung
der vollzugsgerichtlichen Entscheidungsfindung unter besonderer Berücksichtigung der
Erfolgspotenziale vorzeitiger Entlassungen" präsentiert. Bereits bei der vom
Bundesministerium für Justiz veranstalteten Enquete Anfang November 2004 wurden erste
Ergebnisse präsentiert. Die Endfassung der Studie wurde dem Bundesministerin für Justiz und
den zuständigen Sektionschefs im Justizministerium bereits Anfang März übermittelt.

In einem Artikel auf ooe.ORF.at vom 25. Jänner d.J. hieß es dazu: „Die Studie ... ergibt, dass
zu vielen Gefangenen eine bedingte, vorzeitige Entlassung verwehrt werde. Fälschlicherweise
stufe man sie als zu gefährlich ein. ... Das Risiko, so die Strafrechtler, sei für die Gesellschaft
„verkraftbar" und die hohen Kosten für die Gefängnisaufenthalte würden sich dadurch
deutlich reduzieren."

Gleichzeitig sehen wir uns mit explodierenden Häftlingszahlen, überfüllten Gefängnissen,
einem sich daraus ergebenden zum teil unwürdigen Unterbringungs- und Betreuungsstatus
von (vor allem jugendlichen) Häftlingen, konfrontiert.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz
nachstehende

Anfrage:

1.   Haben Sie sich mit den Ergebnissen dieser Studie befasst?


2.             Wenn nein, warum nicht?

3.             Wenn nein, werden Sie sich mit den Ergebnissen noch befassen?

4.      Wenn ja, zu welchen Erkenntnissen sind Sie gekommen?

5.             Werden Sie diese Erkenntnisse im Justizausschuss präsentieren?

6.             Wenn ja, wann?

7.             Haben Sie vor, die Rückfallstatistik, wie bspw. von Univ.-Doz. Dr. Arno Pilgram
gefordert, wieder einzuführen?

8.             Wenn nein, warum nicht?

9.             Wollen Sie grundsätzlich den großzügigeren Gebrauch von bedingter Entlassung
fördern?

10.      Wenn nein, warum nicht?

11.      Wenn nein, wie interpretieren Sie folgendes Ergebnis: 66 % der Sexual- und 50 % der
Raubstraftäter, denen eine bedingte Entlassung verweigert wurde, weil sie als zu
gefährlich galten, wurden entgegen dieser negativen Zukunftsprognose nicht mehr
rückfällig?

12.      Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen sehen Sie hierfür vor?

13.      Wann werden Sie diese Maßnahmen im Justizausschuss vorstellen?

14.      Wenn ja, um wie viel Prozent und in welchem Zeitraum haben Sie vor, die derzeitige
20-%-Quote von bedingten Entlassungen zu erhöhen.


15.       Werden Sie sich für eine Stärkung der Justizanstalten im Entlassungsverfahren
einsetzen?

16.       Wenn nein, warum nicht?

17.       Wenn nein, wie interpretieren Sie folgendes Ergebnis: Die Justizanstalten geben eher
richtige Bewährungsprognosen ab. Drei Viertel jener Straftäter, bei denen die
Staatsanwälte gegen eine bedingte Entlassung waren, wurden nicht mehr schwer
rückfällig. Dagegen wurden nur ein Zehntel der Straftäter, denen die Justizanstalten
eine positive Zukunft gaben, rückfällig, obwohl die Justizanstalten sehr großzügig,
nämlich für etwa 60 % aller Gefangenen eine positive Zukunftsprognose aussprechen?

18.       Wenn ja, mit welchen konkreten Maßnahmen und in welchem Zeitraum?

19.       Wann werden Sie diese Maßnahmen im Justizausschuss vorstellen?

20.       Wie stehen Sie zu dem in Österreich (noch) geltenden Grundsatz, dass der
Freiheitsentzug nur das letzte Mittel sein darf, um die Gesellschaft vor gefährlichen
Straftätern zu schützen?

21.       Welche Kosten pro Tag ergeben sich für einen Häftling im Strafvollzug?

22.       Welche Kosten verursacht die bedingte Entlassung?

23.       Welche Kosten verursacht ein Tag Bewährungshilfe?

24.       Nach geltender Gesetzeslage bekommen 80 % aller Haftentlassenen keine
Unterstützung und/oder Weisungen durch eine Bewährungshelfer/In. Halten Sie
diesen Umstand für zielführend?

25.       Wenn ja, mit welcher Begründung?

 


26.       Wenn nein, welche Schritte haben Sie bereits unternommen um diese Gesetzeslage zu
ändern?

27.       Wann werden Sie diese Schritte im Justizausschuss präsentieren?