2757/J XXII. GP
Eingelangt am 09.03.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Bettina Stadlbauer
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Frauen und Gesundheit
betreffend „skandalöse Aussagen von Staatsanwalt und Richter in einem
Vergewaltigungsprozess in Wien"
Großes
Aufsehen erregte ein Vergewaltigungsprozess Anfang Februar dieses Jahres in
Wien. Ein so
genannter „Gürtelkönig" war angeklagt,
zwei Prostituierte vergewaltigt zu haben. Die Tageszeitung
„Kurier" berichtete am 2.2.05 über den Prozess und die skandalös
sexistischen und
menschenverachtenden Aussagen des Staatsanwaltes Hans-Christian
Leiningen sowie die
bagatellisierenden Aussagen des zuständigen Richters Thomas Schrammel. So habe
Staatsanwalt
Leiningen in seinem Schlusswort für milde
Beurteilung des Vergewaltigers folgendermaßen plädiert:
„Prostituierte werden nicht besonders erniedrigt, wenn sie
vergewaltigt werden." Der Richter setzte
dem zwar entgegen, dass „Prostituierte auch Menschen und Frauen und kein
Freiwild seien, betonte
aber weiters, „eine Prostituierte steckt
die Vergewaltigung wahrscheinlich leichter weg, als das behütete
Bürgertöchterl, und so ist zu erklären, dass die Opfer bei der
Einvernahme nicht heulten."
In einem Interview mit dem Journalisten Florian Klenk von
der Wiener Stadtzeitung „Falter" bekräftigte
Staatsanwalt
Leiningen seine abschätzigen und diskriminierenden Aussagen nochmals und fügte
noch
hinzu: „Ich glaube, dass Prostituierte
nicht so sehr unter einer Vergewaltigung leiden, wie Frauen, die
nicht diesen Beruf ausüben. Je mehr die Psyche einer vergewaltigten Frau
beeinträchtigt ist, desto
härter sollte die Strafe des Täters sein." Und: „Die zwei haben
nicht so gewirkt, als ob sie an der
Vergewaltigung kiefeln würden. Sie seien ja „anders als
das Beamtentöchterl" an Sex gewöhnt.
Dass
die „Argumente" von Staatsanwalt und Richter zu mildernden Umständen für
den Vergewaltiger
führten - dessen Verteidiger quittierte dies mit einem „herzlichen
Dankeschön " (laut Kurier, 2.2. 05) -
muss als frauen- und justizpolitischer
Skandal bezeichnet werden.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Frauen
und Gesundheit
nachstehende
Anfrage:
1.
Wie beurteilen Sie, als Frauenministerin, die oben
dargestellten Aussagen gegenüber Frauen in
einem Vergewaltigungsprozess?
2.
Reicht es Ihrer Meinung nach als Konsequenz aus, wie der
Leiter der Staatsanwaltschaft, Friedrich
Matousek, im „Falter gesagt hat, „ man habe mit Leiningen ein ernstes Wort
gesprochen“?
3.
Haben/Werden Sie Gespräche mit Justizministerin
Miklautsch bezüglich des offensichtlich
vorherrschendem Sexismus in der österreichischen Justiz geführt/führen?
4.
Sind in Ihrem Ministerium Disziplinarmaßnahmen wegen
frauenfeindlichen Aussagen vorgesehen?
5.
Wenn ja, wie lauten die?
6.
Wenn nein, warum nicht?
7.
Laut OGH-Urteil vom 26.8.1989 ist ein mit einer
Prostituierten geschlossener Vertrag über die
geschlechtliche Hingabe sittenwidrig und „ein Schandlohn" ist nicht
einklagbar. Im Gegensatz dazu
sind Telefon-Sex-Verträge nicht sittenwidrig und deren Gebühr einklagbar.
Unterstützen Sie hier an
eine gesetzliche Änderung, sodass auch Prostituierte ihr Honorar einklagen
können?
8.
Wenn ja, werden Sie darüber mit der Justizministerin
Gespräche fuhren?
9.
Wenn nein, mit welcher Begründung lehnen Sie eine
diesbezügliche Gesetzesänderung ab?
10. Zählen Sie
als Frauenministerin auch Prostituierte und Sexarbeiterinnen zu Ihrer
Zielgruppe?
11.
Wenn ja, was haben Sie/werden Sie konkret für diese
Frauen getan/tun?
12. Wenn nein,
warum nicht?