2762/J XXII. GP

Eingelangt am 10.03.2005
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundeskanzler

 

betreffend erneuter offensichtlicher Postenschacher im Einflußbereich Ihres Stellvertreters, des derzeitigen Verkehrsministers und Vizekanzlers, samt fragwürdigem Vollzug des Stellenbesetzungsgesetzes und des Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetzes

 

 

Es drängt sich seit einiger Zeit in der Öffentlichkeit der außerordentlich negative und dem Ansehen von Politik und Verwaltung äußerst abträgliche Eindruck auf, dass die Unsitte des Postenschachers im Umfeld freiheitlicher Minister bei jeder Belastung der Koalition neue Höhepunkte erreicht.

Nach der letzten Koalitionskrise flüchtete zumindest ein Mitarbeiter von Vizekanzler Gorbach auf einen einfachen Referentenposten im BMVIT. Diese ungewohnt bescheidene Versorgung könnte in der Öffentlichkeit auch als Symptom für die Furcht vor einem baldigen Platzen der Koalition und dem darauffolgenden plötzlichen Austrocknen der noch vollen Tröge interpretiert werden.

Vertreter der FPÖ, ehemals als Saubermänner und Kämpfer gegen Privilegien
auftretend, drängen sich speziell im Einflussbereich der Bundesministerinnen und

–minister für Verkehr, Innovation und Technologie um lukrative Posten, für die im Rahmen laufender wundersamer Postenvermehrung und Entfernung bisheriger Posteninhaber zwecks Umfärbelung der Platz geschaffen wird. Auf Kosten der Allgemeinheit, denn nicht nur durch unangemessen hohe Gehälter dieser „Versorgten“, sondern auch durch die Verdrängung anerkannter Fachleute durch FPÖ-Parteigänger - teilweise mit zusätzlichen Kostenfolgen wegen auszuzahlender Verträge u.dgl. - wird die Republik geschädigt.

Dem bislang letzten Tiefpunkt, der Versorgung eines Studienabbrechers mit einer
vorsorglich abgewerteten führenden Tätigkeit bei einer für den Schienenverkehrsmarkt besonders wichtigen GmbH des Bundes, folgt nahezu nahtlos die nächste schamlose Farce in Ihrem Einflussbereich, diesmal bei der SCHIG. Diesmal in Form eines verfehlten Aprilscherzes, da die Versorgung ausgerechnet per 1. April erfolgt.

 

Es stellt sich die Frage, wie lange seitens des Regierungschefs diesen unwürdigen Zuständen im Umkreis seines Stellvertreters noch schweigend zugesehen wird.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.             Können Sie bestätigen, dass der derzeitige für Schienen- und Seilbahnen zuständige Mitarbeiter im überfüllten Ministerbüro von BM Gorbach (dem Verkehrsministerbüro, nicht dem ebenfalls überfüllten und parallel „arbeitenden“ Vizekanzlerbüro) bereits als Geschäftsführer der SCHIG feststeht?

 

2.             Wie lässt es sich mit dem Stellenbesetzungsgesetz in Einklang bringen, dass bereits lange vor dem Ende der Ausschreibungsfrist der Name des erfolgreichen Bewerbers öffentlich kolportiert wird?

 

3.             Handelt es sich bei einem der beiden SCHIG-Spitzenposten um ein „Lehen“ der FPÖ, das von einem an den anderen Parteigänger weitergegeben wird?

 

4.             Halten Sie es nicht für vordringlicher, Fachleute anstatt von Parteigängern in solchen Positionen einzusetzen?

 

5.             Ist es zutreffend, dass Ihr angesprochener derzeitiger Mitarbeiter vor seinem Wechsel in das überfüllte BMVIT-Ministerbüro nur ca. ein Jahr bei den ÖBB tätig war, wo sein Mentor ein aus einem TV-Bericht über illegale Massenquartiere für ausländische MitbürgerInnen bekannter vormaliger Bundesmandatar der FPÖ war, der nach diesem TV-Beitrag sogar aus der Wiener FPÖ ausgeschlossen wurde?

 

6.             Ist es zutreffend, dass der angesprochene derzeitige Mitarbeiter Ihres Stellvertreters, dessen Versorgung bei der SCHIG bevorsteht, sich bei den ÖBB ausschließlich mit Beteiligungen des Geschäftsbereichs Personenverkehr, z.B. Nebenbetrieben und Gaststätten auf Bahnhöfen etc. beschäftigt hat?

 

7.             Können Sie ausschließen, dass der angesprochene derzeitige Mitarbeiter Ihres Stellvertreters somit im Ministerbüro erstmals mit ernsthaften eisenbahn-fachspezifischen Themen konfrontiert wurde?

 

8.             Können Sie bestätigen, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme des angesprochenen derzeitigen Mitarbeiters Ihres Stellvertreters bei den ÖBB dort zudem ein Aufnahmestopp verhängt war?

 

9.             Welche Qualifikationen sind für den für die Versorgung des angesprochenen derzeitigen Mitarbeiters Ihres Stellvertreters vorgesehenen Posten bei der SCHIG erforderlich?

 

10.         Ist es richtig, dass sich neben dem vorgesehenen „Ausschreibungs“gewinner auch wesentlich besser qualifizierte KandidatInnen beworben haben?

 

11.         Ist es richtig, dass die Aufgaben der SCHIG mit der Bahnreform und damit per 1.1.2005 massiv verändert und dabei eingeschränkt wurden?

 

12.         Können Sie angeben, aus welchem Grund (außer einem „farbarithmetischen“, da der zweite bisherige Geschäftsführer der ÖVP zuzurechnen ist) trotz der inhaltlichen Redimensionierung weiterhin eine Doppelspitze dieses Unternehmens erforderlich sein soll?

 

13.         In welchem Ausmaß wird sich – falls an der überflüssigen Doppelspitze festgehalten wird – diese Redimensionierung zB in der Bezahlung der auf diesen Positionen Versorgten im Vergleich zu den bisherigen Dotierungen niederschlagen?

 

14.         Was haben Vizekanzler Gorbach beziehungsweise die im Aufsichtsrat der SCHIG vertretenen Beamten des BMVIT wann im einzelnen unternommen, um bei der Abstimmung über die Bezahlung der Spitzenfunktionen für eine den Einschränkungen der SCHIG-Aufgaben angemessene Reduktion zu sorgen?

 

15.         Was werden Sie, der Vizekanzler beziehungsweise die im Aufsichtsrat der SCHIG vertretenen Beamten des BMVIT diesbezüglich wann im einzelnen unternehmen?

 

16.         Wie hoch waren die summierten Kosten der bei den letzten entsprechenden Aufsichtsratsentscheidung zur Abstimmung gebrachten Vorstandsbezüge und -vergütungen?

 

Ziel der von der derzeitigen, unter Ihrer Führung stehenden Regierung vorgelegten Novelle des BBG (ÖBB-Reform, Bundesbahnstrukturgesetz 2003) war nicht zuletzt die Reduktion der Personalkosten (lt mit ÖVP-FPÖ-Mehrheit beschlossenem Ausschussbericht 340 d.B. XXII.GP: „... um die Transparenz der Personalkosten im Vergleich mit anderen Wirtschaftsunternehmen zu heben und kurzfristig ein weiteres Anwachsen der Personalkosten zu verhindern und die Personalkosten ... nachhaltig zu senken.“)

 

Hinsichtlich der SCHIG wurde im Rahmen des Bundesbahnstrukturgesetzes u.a. folgende Neufassung von §6 des Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetzes beschlossen: „Die Geschäftsführung der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH hat wirtschaftlich, zweckmäßig und sparsam zu erfolgen. (...)“ 

 

17.         Wurden diese Ziele a) erreicht, b) insbesondere bei der SCHIG erreicht?

 

18.         Liegen Ihnen Informationen vor, ob der Vizekanzler dieses Ziel a) erreicht hat, b) insbesondere bei der SCHIG erreicht hat?

 

19.         Wenn ja, woher stammen diese Informationen und wie lauten sie?

 

20.         Wenn nein: Entspricht es Ihrem politischen Selbstverständnis, Ziele zu verkünden und von der Regierungsmehrheit im Parlament beschließen zu lassen und hernach deren Einhaltung nicht zu kontrollieren?

 

21.         Wird der Vizekanzler seinen Vertreter im Aufsichtsrat dahingehend anzuweisen, dass er die genannten Informationen beschafft, wenn nein warum nicht?

 

22.         Sind Sie dafür, dass der Vizekanzler diese Informationen der parlamentarischen Kontrolle zugänglich macht, wenn nein, warum nicht?

 

23.         Welchen Beitrag leistet die Besetzung der durch die weitere Karriere von Gilbert Trattner im ÖBB-Geflecht freigewordenen zweiten SCHIG-Spitzenposition mit einem weiteren FPÖ-Parteigänger zur Umsetzung des obzitierten §6 1. Satz Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz?

 

24.         Gibt es so etwas wie eine „Scham-Grenze“, ab der Sie den ungenierten, oben dargestellten Postenschacher endlich abstellen werden, um Ihrem verfassungsmäßigen Auftrag, die Interessen der Republik zu wahren, nachzukommen?

 

25.         Sind Ihnen die fortgesetzten unglaublichen Vorgänge im verfilzten Geflecht des Einflussbereiches von Vizekanzler Gorbach nicht bekannt, oder gibt es andere Gründe, weshalb Sie noch immer zum Schaden der Republik einfach nur schweigend zuschauen?