2765/J XXII. GP

Eingelangt am 11.03.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur

betreffend „Skandal um Wiener Gerichtsmedizin“

 

Der Fragesteller erhielt Ende Jänner eine E-mail Nachricht mit zahlreichen Fragen, die nun als Parlamentarische Anfrage eingebracht werden. Es handelt sich um Fragen, die sich anlässlich der "plötzlichen" Absetzung von Univ. Prof. Dr. Manfred Hochmeister (MH) als Leiter des Institutes für Gerichtliche Medizin Wien geradezu aufdrängen:

Einem im September des Vorjahres erschienenen Rechnungshofbericht zufolge
hat es (u.a.) massive finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung
einiger Gutachter am Institut für Gerichtliche Medizin Wien gegeben. Darüber
hinaus wurde festgestellt, dass von den Gutachtern (damals eine GnbR) über
Jahre lediglich 15% der Einnahmen an die Universität abgeführt wurden.
Seitens der MUW bestehen seitdem Nachforderungen in der Höhe von 600.000.-
Euro.
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass bei einzelnen Gutachtern
Gewebeschnitte befundet (und verrechnet!) wurden, ohne dass ein Nachweis für
die Existenz dieser Gewebeschnitte existiert! Der Rektor übermittelte daher
(basierend auf dem RH Bericht) eine Sachverhaltsdarstellung an den
Staatsanwalt. - Ohne Folgen.
Der Institutsvorstand MH erstattet in weitern 600 Betrugsmomenten Anzeige
bei der Staatsanwaltschaft. - Die STA hat die Anzeige gegen die 4
Sachverständigen umgehend und ohne weitere Vorerhebungen (!) zurückgelegt.
"Die Beweislage war nicht dicht genug."
Die über Jahre und Jahrzehnte aufgelaufenen desolaten und skandalösen
Zustände am Institut wurden ebenfalls durch Eigeninitiative von MH ans
Licht der Öffentlichkeit gebracht. Diese Zustände waren nachweislich seit
Jahren den zuständigen Ministerien und dem Rektor (damals noch Dekan der
Med. Fakultät) nach einer Begehung des Institutes bekannt!!!

Am Freitag (28.1.2005) wird Univ. Prof. Dr. Manfred Hochmeister völlig
unerwartet als Leiter des Institutes für Gerichtliche Medizin abgesetzt. Ihm
wird Untreue vorgeworfen, weil er einen Rabatt beim Kauf eines DNA-Gerätes
von rund 9000.- Euro auf ein auf seinen Namen lautendes Konto (Anderkonto
mit Institutsanschrift) überweisen ließ. Das Geld war eindeutig als Spende
für wissenschaftliche Zwecke deklariert. Laut Rektor der MUW hat sich MH
auch nicht (!) damit bereichert.
In einer Begründung für die Absetzung durch das Rektorat heißt es lapidar:
"Das Vertrauensverhältnis war massiv gestört. Der Schritt war formal einfach
notwendig." MH sei laut Rektor Schütz "darüber gestolpert, dass er Einnahmen
über ein privates Konto abgewickelt hat."

Es stellten sich daher dem aufmerksamen Beobachter eine Reihe von Fragen, die
massiv aufklärungsbedürftig sind:

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur nachstehende

Anfrage:

 

  1. Der Rektor der MUW Wolfgang Schütz geht nach eigener Aussage davon aus,
    dass die Enthebung von MH "formal notwendig" war. Worauf begründet sich
    diese Aussage?

 

  1. Gab es zur Zeit der Errichtung des Kontos überhaupt ein anderes Institutskonto? Ist der Medizinischen Universität Wien durch Errichtung des Kontos ein finanzieller Schaden entstanden? Hat der Rektor von der Existenz des Kontos evtl. von Anfang an bescheid gewusst (laut eines Insiders hat Schütz mindestens seit einem Jahr von diesem "provisorischen Instituts Konto" gewusst!)?

 

  1. Warum wurde MH vom Rektor Äußerungsverbot erteilt, gerüchteweise unter
    Androhung von disziplinären Maßnahmen?

 

  1. Laut Pressemeldungen wurde MH "vermutlich" von einer karenzierten Mitarbeiterin anonym angezeigt. Diese Sachverständige soll, ohne die rechtlichen Vorraussetzungen zu erfüllen, in die Sachverständigenliste eingetragen worden sein. Wurden im Zuge des gerichtlichen Eintragungsverfahrens die Vorraussetzungen ordnungsgemäß geprüft? Wie kam es zur Eintragung? Ist bereits eine Untersuchung bzw. eine Streichung erfolgt?
    Gibt es Versäumnisse der zuständigen Stelle?

 

  1. MH hat 4 Sachverständige wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen Betruges
    bei der STA unter gleichzeitiger Vorlage von Belegen angezeigt (Diskrepanzen bei Erstellung, Befundung und Verrechnung von histologischen Gewebeschnitten)?

 

  1. Waren die 600 Verdachtsmomente wirklich so gering? Angeblich sind dem
    Steuerzahler dadurch mindestens 60.000.- Euro Schaden entstanden. Müssten
    die auf diesen fingierten Befunden basierenden Entscheidungen der Justiz
    daher nicht angezweifelt werden?

Würde das nicht einen handfesten Justizskandal hervorrufen?

 

  1. In der anonymen Anzeige gegen MH werden dagegen schleppende Vorerhebungen
    durchgeführt, und diesem dadurch in den Medien erheblicher Schaden zugefügt
    (Betrugsverdacht). (9.000.- Euro als Rabatt für ein Gerät wurden auf ein
    Konto überwiesen, welches auf Manfred Hochmeister mit Institutsanschrift
    lautet- lt. Rektor war es "weitgehend auszuschließen", dass MH daran privat
    verdient hat).

Warum werden diese Erhebungen, wenn überhaupt notwendig so langsam vorangetrieben?

 

  1. Die 4 von MH angezeigten Sachverständigen haben jahre- bzw. jahrzehntelang
    mit den Justizbehörden im Sprengel des OLG Wien zusammengearbeitet. In
    solchen Fällen bildet sich ein freundschaftliches Naheverhältnis, das zu
    Befangenheit führt! Warum wurde diese Befangenheit nicht angezeigt?

Wurde vom ministeriellen Weisungsrecht Gebrauch gemacht?

  1. Stimmen die Gerüchte, dass die karenzierten Mitarbeiter ein
    Konkurrenzunternehmen (mobile Gerichtsmedizin) gründen wollen bzw. bereits
    gegründet haben?

 

  1. Wo sind die 10 Millionen Euro Soforthilfe, von denen Frau Bundesministerin Gehrer im Fernsehen nach der Pressekonferenz am Freitag den 28.1.2005 gesprochen hat (laut BM Gehrer stehen die 10 Mio. seit geraumer Zeit als Soforthilfe zur Verfügung aber niemand "hat sich dafür interessiert")?

 

  1. Wie stellt sich der Rektor die ordnungsgemäße Erledigung der Aufgaben des
    Institutes vor, wenn nicht ausreichend Personal vorhanden ist? (Mind. 5 Sachverständige Gerichtsärzte sind während des letzten Jahres aufgrund von
    Karenz bzw. Pension ausgeschieden). Warum sind zumindest für die Dauer der
    Karenzierung keine neuen Posten ausgeschrieben worden? Soll das Institut
    ausgehungert und wie bereits vom Rektor mehrmals angedroht zugesperrt
    werden?

 

  1. Wurde MH zum Opfer einer weiteren gezielten Umfärbe-Kampagne der
    Regierung? (MH wurde noch unter Minister Einem zum Ordinarius für
    Gerichtliche Medizin nach Wien berufen.) Oder war MH schlicht unbequem, weil
    er zu viele Fragen stellte und die, für diese Misere Zuständigen zu sehr an
    ihre Versäumnisse erinnerte?

 

  1. Wurde hier einem international anerkannten DNA-Experten ein minimales
    Verwaltungsdelikt durch politische Willkür zum Verhängnis gemacht?

 

  1. Wurde der Rektor bei seinem jüngsten Schritt politisch unter Druck
    gesetzt?

 

  1. Pflegt gar einer der mutmaßlichen Betrüger (lt. Rechnungshofbericht) enge
    Kontakte ins Ministerium (Einer der beschuldigten Gutachter machte
    nachweislich mit Fr. Minister Gehrer eine offizielle (Forschnungs-)Reise
    nach Südamerika.)?