Eingelangt am 11.03.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten
Mag. Maier
und GenossInnen
an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
betreffend
„Skandal um Wiener Gerichtsmedizin“
Der Fragesteller
erhielt Ende Jänner eine E-mail Nachricht mit zahlreichen Fragen, die nun als
Parlamentarische Anfrage eingebracht werden. Es handelt sich um Fragen, die
sich anlässlich der "plötzlichen" Absetzung von Univ. Prof. Dr.
Manfred Hochmeister (MH) als Leiter des Institutes für Gerichtliche Medizin
Wien geradezu aufdrängen:
Einem im September des Vorjahres erschienenen Rechnungshofbericht zufolge
hat es (u.a.) massive finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung
einiger Gutachter am Institut für Gerichtliche Medizin Wien gegeben. Darüber
hinaus wurde festgestellt, dass von den Gutachtern (damals eine GnbR) über
Jahre lediglich 15% der Einnahmen an die Universität abgeführt wurden.
Seitens der MUW bestehen seitdem Nachforderungen in der Höhe von 600.000.-
Euro.
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass bei einzelnen Gutachtern
Gewebeschnitte befundet (und verrechnet!) wurden, ohne dass ein Nachweis für
die Existenz dieser Gewebeschnitte existiert! Der Rektor übermittelte daher
(basierend auf dem RH Bericht) eine Sachverhaltsdarstellung an den
Staatsanwalt. - Ohne Folgen.
Der Institutsvorstand MH erstattet in weitern 600 Betrugsmomenten Anzeige
bei der Staatsanwaltschaft. - Die STA hat die Anzeige gegen die 4
Sachverständigen umgehend und ohne weitere Vorerhebungen (!) zurückgelegt.
"Die Beweislage war nicht dicht genug."
Die über Jahre und Jahrzehnte aufgelaufenen desolaten und skandalösen
Zustände am Institut wurden ebenfalls durch Eigeninitiative von MH ans
Licht der Öffentlichkeit gebracht. Diese Zustände waren nachweislich seit
Jahren den zuständigen Ministerien und dem Rektor (damals noch Dekan der
Med. Fakultät) nach einer Begehung des Institutes bekannt!!!
Am Freitag (28.1.2005) wird Univ. Prof. Dr. Manfred Hochmeister völlig
unerwartet als Leiter des Institutes für Gerichtliche Medizin abgesetzt. Ihm
wird Untreue vorgeworfen, weil er einen Rabatt beim Kauf eines DNA-Gerätes
von rund 9000.- Euro auf ein auf seinen Namen lautendes Konto (Anderkonto
mit Institutsanschrift) überweisen ließ. Das Geld war eindeutig als Spende
für wissenschaftliche Zwecke deklariert. Laut Rektor der MUW hat sich MH
auch nicht (!) damit bereichert.
In einer Begründung für die Absetzung durch das Rektorat heißt es lapidar:
"Das Vertrauensverhältnis war massiv gestört. Der Schritt war formal
einfach
notwendig." MH sei laut Rektor Schütz "darüber gestolpert, dass er
Einnahmen
über ein privates Konto abgewickelt hat."
Es stellten sich daher dem aufmerksamen Beobachter eine Reihe von Fragen,
die
massiv aufklärungsbedürftig sind:
Die unterzeichneten
Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft
und Kultur nachstehende
Anfrage:
- Der Rektor der MUW Wolfgang Schütz
geht nach eigener Aussage davon aus,
dass die Enthebung von MH "formal notwendig" war. Worauf
begründet sich
diese Aussage?
- Gab es zur Zeit der Errichtung des
Kontos überhaupt ein anderes Institutskonto? Ist der Medizinischen
Universität Wien durch Errichtung des Kontos ein finanzieller Schaden
entstanden? Hat der Rektor von der Existenz des Kontos evtl. von Anfang an
bescheid gewusst (laut eines Insiders hat Schütz mindestens seit einem
Jahr von diesem "provisorischen Instituts Konto" gewusst!)?
- Warum wurde MH vom Rektor
Äußerungsverbot erteilt, gerüchteweise unter
Androhung von disziplinären Maßnahmen?
- Laut Pressemeldungen wurde MH
"vermutlich" von einer karenzierten Mitarbeiterin anonym
angezeigt. Diese Sachverständige soll, ohne die rechtlichen
Vorraussetzungen zu erfüllen, in die Sachverständigenliste eingetragen
worden sein. Wurden im Zuge des gerichtlichen Eintragungsverfahrens die
Vorraussetzungen ordnungsgemäß geprüft? Wie kam es zur Eintragung? Ist
bereits eine Untersuchung bzw. eine Streichung erfolgt?
Gibt es Versäumnisse der zuständigen Stelle?
- MH hat 4 Sachverständige wegen des
Verdachtes des gewerbsmäßigen Betruges
bei der STA unter gleichzeitiger Vorlage von Belegen angezeigt
(Diskrepanzen bei Erstellung, Befundung und Verrechnung von histologischen
Gewebeschnitten)?
- Waren die 600 Verdachtsmomente wirklich
so gering? Angeblich sind dem
Steuerzahler dadurch mindestens 60.000.- Euro Schaden entstanden. Müssten
die auf diesen fingierten Befunden basierenden Entscheidungen der Justiz
daher nicht angezweifelt werden?
Würde
das nicht einen handfesten Justizskandal hervorrufen?
- In der anonymen Anzeige gegen MH
werden dagegen schleppende Vorerhebungen
durchgeführt, und diesem dadurch in den Medien erheblicher Schaden
zugefügt
(Betrugsverdacht). (9.000.- Euro als Rabatt für ein Gerät wurden auf ein
Konto überwiesen, welches auf Manfred Hochmeister mit Institutsanschrift
lautet- lt. Rektor war es "weitgehend auszuschließen", dass MH
daran privat
verdient hat).
Warum
werden diese Erhebungen, wenn überhaupt notwendig so langsam vorangetrieben?
- Die 4 von MH angezeigten
Sachverständigen haben jahre- bzw. jahrzehntelang
mit den Justizbehörden im Sprengel des OLG Wien zusammengearbeitet. In
solchen Fällen bildet sich ein freundschaftliches Naheverhältnis, das zu
Befangenheit führt! Warum wurde diese Befangenheit nicht angezeigt?
Wurde
vom ministeriellen Weisungsrecht Gebrauch gemacht?
- Stimmen die Gerüchte, dass die
karenzierten Mitarbeiter ein
Konkurrenzunternehmen (mobile Gerichtsmedizin) gründen wollen bzw. bereits
gegründet haben?
- Wo sind die 10 Millionen Euro
Soforthilfe, von denen Frau Bundesministerin Gehrer im Fernsehen nach der
Pressekonferenz am Freitag den 28.1.2005 gesprochen hat (laut BM Gehrer
stehen die 10 Mio. seit geraumer Zeit als Soforthilfe zur Verfügung aber
niemand "hat sich dafür interessiert")?
- Wie stellt sich der Rektor die
ordnungsgemäße Erledigung der Aufgaben des
Institutes vor, wenn nicht ausreichend Personal vorhanden ist? (Mind. 5
Sachverständige Gerichtsärzte sind während des letzten Jahres aufgrund von
Karenz bzw. Pension ausgeschieden). Warum sind zumindest für die Dauer der
Karenzierung keine neuen Posten ausgeschrieben worden? Soll das Institut
ausgehungert und wie bereits vom Rektor mehrmals angedroht zugesperrt
werden?
- Wurde MH zum Opfer einer weiteren
gezielten Umfärbe-Kampagne der
Regierung? (MH wurde noch unter Minister Einem zum Ordinarius für
Gerichtliche Medizin nach Wien berufen.) Oder war MH schlicht unbequem,
weil
er zu viele Fragen stellte und die, für diese Misere Zuständigen zu sehr
an
ihre Versäumnisse erinnerte?
- Wurde hier einem international
anerkannten DNA-Experten ein minimales
Verwaltungsdelikt durch politische Willkür zum Verhängnis gemacht?
- Wurde der Rektor bei seinem jüngsten
Schritt politisch unter Druck
gesetzt?
- Pflegt gar einer der mutmaßlichen
Betrüger (lt. Rechnungshofbericht) enge
Kontakte ins Ministerium (Einer der beschuldigten Gutachter machte
nachweislich mit Fr. Minister Gehrer eine offizielle (Forschnungs-)Reise
nach Südamerika.)?