2766/J XXII. GP

Eingelangt am 11.03.2005
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten

 

betreffend Freiheit der Kunst und Europäischer Haftbefehl

 

 

Der österreichische Karikaturist und Zeichner Gerhard Haderer ist am 19. Jänner 2005 nach einer Anzeige der griechisch–orthodoxen Kirche von einer Athener Ratskammer wegen Religionsbeleidigung  durch sein Buch „Das Leben des Jesus“ zu einer Haftstrafe von 6 Monaten verurteilt worden.

Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig, da der Künstler dagegen das Rechtsmittel der Berufung eingelegt hat. Die Berufungsverhandlung wurde für 13. April 2005 festgesetzt.

 

Schon beim Erscheinen des Buches in Österreich haben Repräsentanten der Republik Österreich, wie Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und der heutige Präsident des Nationalrates, Andreas Khol eine Vorverurteilung des Buches betrieben.

Bundeskanzler Schüssel hat gegenüber „profil“ (15/02 vom 8.4.2002) gemeint:

„Für mich hat Haderer hier klar eine Grenze überschritten. Ich bin überrascht, dass ein so begabter Zeichner wie Haderer es notwendig hat, solche Schundzeichnungen zu produzieren.“

Klubobmann Khol äußerte sich in einem Gastkommentar der „Presse“ so:

„Der Staatsanwalt wird seiner amtswegigen Pflicht nachkommen. Unabhängige Gerichte werden feststellen, ob der Zeichner "der feinen Schundheftln" das Strafgesetz verletzt hat. Darauf vertraue ich.“ (Die Presse, 30.3.2002)

Und noch deutlicher im gleichen Kommentar die Aufforderung an die anderen christlichen Kirchen:

„Von den anderen 13 christlichen Kirchen, die gerade mit der katholischen Kirche ein Sozialwort an den Staat vorbereiten, erhoffe ich gleiche Solidarität, wenn es um den gemeinsamen Stifter geht.“

 

Nunmehr wurde Gerhard Haderer nach einer Anzeige der griechisch–orthodoxen Kirche in erster Instanz verurteilt. Sollte das Berufungsgericht das Urteil bestätigen, wäre dies unserer Ansicht nach nicht nur eine Verletzung der durch die Europäische Menschenrechtskonvention garantierten Grundrechte, sondern könnte über den Europäischen Haftbefehl auch tatsächlich zur Vollstreckung der Strafe führen.

Es ist die Verpflichtung der österreichischen Bundesregierung, die Interessen österreichischer StaatsbürgerInnen auch im Ausland bzw. in anderen Mitgliedsstaaten der EU zu vertreten.

Im Falle des Künstlers Gerhard Haderer hat die österreichische Bundesregierung bzw. Ihr Ressort unseres Wissens bislang nichts unternommen, um Gerhard Haderer vor politischer Willkür und Strafverfolgung zu schützen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Wann wurden Sie zum ersten Mal darüber informiert, dass die griechische Strafjustiz ein Verfahren gegen Gerhard Haderer führt?

 

  1. Wann wurde Ihre Amtsvorgängerin das erste Mal darüber informiert, dass die griechische Justiz ein Verfahren wegen Religionsbeleidigung gegen den Karikaturisten Gerhard Haderer führt?

 

  1. Wann wurden Sie, bzw. Ihre Vorgängerin, informiert, wer aller gemeinsam mit Herrn Gerhard Haderer angezeigt wurden?

 

  1. Wann wurden Sie darüber informiert, dass alle Anzeigen gegen Gerhard Haderer wegen seines Buchs „Das Leben des Jesus“ in Österreich von den Strafverfolgungsbehörden eingestellt worden sind?

 

  1. Welche Schritte haben Sie, bzw. Ihre Amtsvorgängerin, im Detail unternommen, um die griechische Justiz darüber zu informieren, dass die österreichische Justiz alle Anzeigen zurückgelegt hat?

 

  1. Wenn dies nicht geschehen ist, warum nicht?

 

  1. Welche Schritte hat Ihr Ressort im Detail unternommen, um Gerhard Haderer eine bestmögliche Vertretung seiner Interessen gegenüber der griechischen Strafjustiz zu gewährleisten?

 

  1. Welche zusätzlichen Informationen, Mittel und Möglichkeiten wurden der Österreichischen Botschaft in Griechenland zur Unterstützung von Herrn Gerhard Haderer gegeben?

 

  1. Seit wann ist Ihnen bekannt, dass mit Ausnahme von Herrn Gerhard Haderer alle Mitangeklagten freigesprochen wurden?

 

  1. Sind Sie und Ihr Ressort darüber informiert, dass die Berufungsverhandlung in der Causa Haderer am 13.April 2005 in Athen stattfindet?

 

  1. Planen Sie bzw. Ihr Ressort im Vorfeld der Berufungsverhandlung Schritte gegenüber der griechischen Regierung zum Schutz der Integrität von Gerhard Haderer?

 

  1. Wenn ja, welche Dinge im Detail?

 

  1. Wenn, nein, warum nicht?

 

  1. Wie beurteilen Sie das Urteil gegen Gerhard Haderer im Hinblick auf die von der Europäischen Menschenrechtskonvention und der EU garantierten Grundrechte der Freiheit der Meinung und der Kunst?

 

  1. Im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung von Gerhard Haderer ist es denkbar, dass der Europäische Haftbefehl zwar nicht in Österreich, aber in anderen Mitgliedsländern der EU gegen Gerhard Haderer vollstreckt werden könnte. Werden Sie auf EU-Ebene aktiv werden, um – über den Anlassfall Gerhard Haderer hinausgehend – eine Veränderung dieser unhaltbaren Rechtssituation zu bewirken?

 

  1. Die Berufungsverhandlung in der Causa Haderer wurde für 13.April 2005 festgesetzt. Werden Sie deshalb diese Anfrage noch rechtzeitig vor diesem Termin beantworten?