2779/J XXII. GP

Eingelangt am 18.03.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten Maga Gisela Wurm und GenossInnen
an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

betreffend Berufsgesetz für diplomierte Sozialarbeiterinnen oder die (n)ever ending story?

Der Österreichische Berufsverband der Sozialarbeiterinnen (ÖBDS) setzt sich seit vielen Jahren
für ein einheitliches Berufsgesetz für Sozialarbeiterinnen ein. Ein einheitliches Berufsgesetz
sichert die notwendige Qualität, die sich im Spannungsfeld von Professionsethik und
ökonomischer Effizienz bewegt. Mit dem Übergang der Ausbildung von den Akademien für
Sozialarbeit, hin zur Fachhochschulausbildung wurde ein wichtiger bildungspolitischer Schritt in
diese Richtung vollzogen.

Eine Regelung durch ein Berufsgesetz wird notwendig um sicher zu stellen, dass komplexe
soziale Problemlagen von professionell ausgebildeten Personen bearbeitet werden.

Diplomierte Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen stellen mittlerweile die einzige Berufsgruppe
mit tertiärer Ausbildung dar, die nicht durch ein Berufsgesetz geregelt wird. Der damit nicht
gegebene Berufs- und Titelschutz verschafft dieser Gruppe inzwischen den Status einer
besonderen Spezies, da alle verwandten Berufe wie der der PsychotherapeutInnen und
PsychologInnen seit 5 Jahren über ein Berufsgesetz verfügen. Selbst Lebens- und
Sozialberaterinnen sind über die gewerberechtlichen Regelungen ihrer Tätigkeiten weitestgehend
abgesichert. Auch für den Krankenpflegebereich und somit den Psychiatriebereich wurde jüngst
ein Berufsgesetz beschlossen.

Aufgrund der mittlerweile zahlreichen privatwirtschaftlich organisierten Kurse, Seminare,
Workshops (wie Lebens- und Sozialberater, Coaching, Mediation usw.) drängen vermehrt
Personen ohne umfassende Grundausbildung in den Bereich der sozialen Arbeit.
Professionelle Sozialarbeit setzt voraus, dass die Ausbildung wissenschaftlich reflektiertes
Fachwissen umfasst und durch Forschungsprozesse ständig auf neuestem Stand gehalten wird.
Die österreichische Bevölkerung hat ein Recht darauf, auf best ausgebildete und kompetente
ProfessionalistInnen in der Sozialarbeit vertrauen zu können.

Es darf mit Recht behauptet werden, dass Personen ohne fachliche Grundausbildung nicht
befähigt sind, einen effektiven Beitrag in der professionellen Sozialenarbeit zu leisten.

In den nächsten 10 Jahren ist damit zu rechnen, dass rund 50.000 neue Arbeitsplätze im Bereich
der Sozialarbeit entstehen (Prognose des BMWA, Standard vom 22.10.2003).

Im Jahr 1997 wurde vom Österreichischen Bundesverband Diplomierter SozialarbeiterInnen
(ÖBDS) der Beschluss gefasst, den Berufsgesetzentwurf als bundeseinheitliche Regelung
anzustreben.


Eine wichtige Voraussetzung für die Schaffung eines einheitlichen Berufsgesetzes für
SozialarbeiterInnen ist die Etablierung des Grundsatzkompetenztatbestandes „Sozialarbeit" in der
Verfassung. Dazu wäre eine Änderung des Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG notwendig. In den Art. 10
musste eingefügt werden: Angelegenheiten der SozialarbeiterInnen, so weit es sich nicht um
Fürsorgemaßnahmen handelt, die von Gemeinden im Rahmen ihres örtlichen
Wirkungsbereiches besorgt werden können.
Ein diesbezügliches Antragsschreiben des ÖBDS
im Oktober 2001 an das Bundeskanzleramt blieb bedauerlicherweise unbeantwortet. Im Februar
2002 erging ein weiteres Schreiben des ÖBDS an das Bundeskanzleramt mit Unterstützung von
LH Dr. Pühringer. Die Antwort aus dem Bundeskanzleramt erfolgte im April 2002, führte
allerdings zu keiner wirklichen Klärung der Sachlage.

Bisher unterstützen folgende Landeshauptleute die Anliegen des ÖBDS: LH Pühringer, LH
Klasnic, LH Pröll, LH Schausberger. ÖGB Vorsitzender Fritz Verzetnitsch sandte am 13.1.2004
ein Unterstützungsschreiben an Bundeskanzler Schüssel.

Gemäß geltender Gesetzeslage fällt die Regelung des Berufsstandes der diplomierten
SozialarbeiterInnen in die Angelegenheit der Länder. Derzeit gibt es intensive Bestrebungen, die
notwendigen Beschlüsse der neun Landtage auf Verzicht ihrer derzeitigen Kompetenzen
herbeizuführen und sich für die Schaffung eines Bundesgesetzes einzusetzen. Der
Burgenländische Landtag hat mit einem diesbezüglichen Antrag bereits das Startsignal gesetzt.

Die Empfehlung Rec (2001)1 des Ministerratausschusses des Europarates an die Mitgliedsstaaten
bezüglich Sozialarbeiter brachte in Punkt 2.a das Bereitstellen solider, rechtlicher Grundlagen
für SozialarbeiterInnen klar zum Ausdruck. Zudem sieht der Vorschlag des Österreich-Konvents
für eine neue Verfassung unter Artikel 91(1) vor, dass „ausschließlich Bundessache die
Gesetzgebung in folgenden Angelegenheiten ist (17): gesetzliche berufliche Vertretungen,
ausgenommen solche aufland- und forstwirtschaftlichem Gebiet.''

Um die Sicherung des Berufsschutzes für SozialarbeiterInnen in der Zukunft zu gewährleisten
und eine Qualitätssicherung zu garantieren, ist die Schaffung eines einheitlichen Berufsgesetzes
für SozialarbeiterInnen dringend notwendig.

Aus diesem Grunde richten die unterfertigenden Abgeordneten an den Bundesminister für
Wirtschaft und Arbeit nachstehende

Anfrage

1. Der Europarat hat in einer für alle Mitglieder verbindlichen Empfehlung die Notwendigkeit
aufgezeigt, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Ausübung des Berufs Sozialarbeit zu
klären und zu verbessern [Rec (2001)1]. Wurden in Österreich diesbezüglich seit 2001
Maßnahmen getroffen, wenn ja, welche und wenn nein, weshalb nicht?

2.      Der Österreich-Konvent empfiehlt, alle gesetzlichen beruflichen Vertretungen in
Bundeskompetenz zu regeln [Vgl. Art. 91(1) 17]. Wird dies auch in Bezug auf Sozialarbeit
realisiert und wenn ja, wann? Wenn nein, weshalb nicht?


3.      Von den in der Einleitung angeführten Landeshauptleuten wurde angeregt, auf Bundesebene
ein Berufsgesetz für Sozialarbeit zu schaffen. Wie lautet die Reaktion ihres Ressorts auf diese
Anregungen?

4.      Alle Berufe, deren Ausbildung im tertiären Bildungssektor angesiedelt ist, sind durch
Bundesgesetze geregelt - mit Ausnahme desjenigen der Sozialarbeit. Wann soll dieses Defizit
behoben werden?

5.      In einem Gespräch des ÖBDS mit dem Büro des Bundeskanzlers (Hr. Dr. Pinggera) Anfang
Februar 2005 wurde die Notwendigkeit eines Berufsgesetzes für Sozialarbeiterinnen außer
Diskussion gestellt und der Handlungsbedarf hinsichtlich einer Zuweisung der Thematik an ein
Bundesministerium festgestellt. Wurde Ihr Ressort seitdem mit der Angelegenheit betraut?