2780/J XXII. GP
Eingelangt am 18.03.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag a Gisela Wurm und GenossInnen
an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
betreffend Berufsgesetz für diplomierte SozialarbeiterInnen oder die (n)ever ending story?
Der Österreichische
Berufsverband der Sozialarbeiterinnen (ÖBDS) setzt sich seit vielen Jahren
für ein einheitliches
Berufsgesetz für Sozialarbeiterinnen ein. Ein einheitliches Berufsgesetz
sichert die notwendige Qualität, die sich im
Spannungsfeld von Professionsethik und
ökonomischer Effizienz bewegt. Mit
dem Übergang der Ausbildung von den Akademien für
Sozialarbeit, hin zur Fachhochschulausbildung wurde ein wichtiger
bildungspolitischer Schritt in
diese Richtung vollzogen.
Eine Regelung durch
ein Berufsgesetz wird notwendig um sicher zu stellen, dass komplexe
soziale
Problemlagen von professionell ausgebildeten Personen bearbeitet werden.
Diplomierte Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen
stellen mittlerweile die einzige Berufsgruppe
mit
tertiärer Ausbildung dar, die nicht durch ein Berufsgesetz geregelt wird. Der
damit nicht
gegebene Berufs- und Titelschutz verschafft dieser Gruppe inzwischen den Status
einer
besonderen Spezies, da alle verwandten Berufe wie der der PsychotherapeutInnen
und
PsychologInnen seit 5 Jahren über ein Berufsgesetz verfügen. Selbst Lebens- und
SozialberaterInnen
sind über die gewerberechtlichen Regelungen ihrer Tätigkeiten weitestgehend
abgesichert.
Auch für den Krankenpflegebereich und somit den Psychiatriebereich wurde jüngst
ein Berufsgesetz beschlossen.
Aufgrund der mittlerweile zahlreichen
privatwirtschaftlich organisierten Kurse, Seminare,
Workshops (wie Lebens- und Sozialberater,
Coaching, Mediation usw.) drängen vermehrt
Personen ohne umfassende
Grundausbildung in den Bereich der sozialen Arbeit.
Professionelle Sozialarbeit setzt
voraus, dass die Ausbildung wissenschaftlich reflektiertes
Fachwissen umfasst und durch Forschungsprozesse ständig auf neuestem Stand
gehalten wird.
Die österreichische Bevölkerung hat
ein Recht darauf, auf best ausgebildete und kompetente
ProfessionalistInnen in der Sozialarbeit vertrauen zu können.
Es darf mit Recht
behauptet werden, dass Personen ohne fachliche Grundausbildung nicht
befähigt
sind, einen effektiven Beitrag in der professionellen Sozialenarbeit zu
leisten.
In den nächsten 10 Jahren ist damit zu
rechnen, dass rund 50.000 neue Arbeitsplätze im Bereich
der
Sozialarbeit entstehen (Prognose des BMWA, Standard vom 22.10.2003).
Im Jahr 1997 wurde vom Österreichischen Bundesverband
Diplomierter SozialarbeiterInnen
(ÖBDS) der Beschluss
gefasst, den Berufsgesetzentwurf als bundeseinheitliche Regelung
anzustreben.
Eine wichtige Voraussetzung für die
Schaffung eines einheitlichen Berufsgesetzes für
SozialarbeiterInnen ist die Etablierung des
Grundsatzkompetenztatbestandes „Sozialarbeit" in der
Verfassung. Dazu wäre eine Änderung
des Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG notwendig. In den Art. 10
musste eingefügt werden: Angelegenheiten der SozialarbeiterInnen, so weit es
sich nicht um
Fürsorgemaßnahmen handelt, die
von Gemeinden im Rahmen ihres örtlichen
Wirkungsbereiches besorgt werden
können. Ein diesbezügliches
Antragsschreiben des ÖBDS
im Oktober 2001 an das Bundeskanzleramt blieb bedauerlicherweise unbeantwortet.
Im Februar
2002 erging ein weiteres Schreiben
des ÖBDS an das Bundeskanzleramt mit Unterstützung von
LH Dr. Pühringer. Die Antwort aus dem
Bundeskanzleramt erfolgte im April 2002, führte
allerdings zu keiner wirklichen
Klärung der Sachlage.
Bisher unterstützen folgende
Landeshauptleute die Anliegen des ÖBDS: LH Pühringer, LH
Klasnic, LH Pröll, LH Schausberger. ÖGB
Vorsitzender Fritz Verzetnitsch sandte am 13.1.2004
ein Unterstützungsschreiben an Bundeskanzler Schüssel.
Gemäß geltender Gesetzeslage fällt die Regelung des
Berufsstandes der diplomierten
SozialarbeiterInnen
in die Angelegenheit der Länder. Derzeit gibt es intensive Bestrebungen, die
notwendigen
Beschlüsse der neun Landtage auf Verzicht ihrer derzeitigen Kompetenzen
herbeizuführen und sich für die Schaffung eines Bundesgesetzes einzusetzen. Der
Burgenländische Landtag hat mit einem diesbezüglichen Antrag bereits das
Startsignal gesetzt.
Die Empfehlung Rec (2001)1 des Ministerratausschusses des
Europarates an die Mitgliedsstaaten
bezüglich
Sozialarbeiter brachte in Punkt 2.a das Bereitstellen solider, rechtlicher
Grundlagen
für
SozialarbeiterInnen klar zum Ausdruck. Zudem sieht der Vorschlag des
Österreich-Konvents
für eine neue Verfassung unter Artikel 91(1) vor, dass „ausschließlich
Bundessache die
Gesetzgebung in folgenden Angelegenheiten ist (17): gesetzliche berufliche
Vertretungen,
ausgenommen solche aufland- und forstwirtschaftlichem Gebiet."
Um die Sicherung des Berufsschutzes für
SozialarbeiterInnen in der Zukunft zu gewährleisten
und
eine Qualitätssicherung zu garantieren, ist die Schaffung eines einheitlichen
Berufsgesetzes
für
SozialarbeiterInnen dringend notwendig.
Aus diesem Grunde richten die unterfertigenden
Abgeordneten an die Bundesministerin für
soziale
Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage
1.
Der Europarat hat in einer für alle Mitglieder
verbindlichen Empfehlung die Notwendigkeit
aufgezeigt, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Ausübung des Berufs
Sozialarbeit zu
klären
und zu verbessern [Rec (2001)1]. Wurden in Österreich diesbezüglich seit 2001
Maßnahmen getroffen, wenn ja, welche und wenn nein, weshalb nicht?
2. Der
Österreich-Konvent empfiehlt, alle gesetzlichen beruflichen Vertretungen in
Bundeskompetenz
zu regeln [Vgl. Art. 91(1) 17]. Wird dies auch in Bezug auf Sozialarbeit
realisiert
und wenn ja, wann? Wenn nein, weshalb nicht?
3.
Von den in der Einleitung angeführten Landeshauptleuten
wurde angeregt, auf Bundesebene ein Berufsgesetz für Sozialarbeit zu schaffen.
Wie lautet die Reaktion ihres Ressorts auf diese Anregungen?
4.
Alle Berufe, deren Ausbildung im tertiären Bildungssektor
angesiedelt ist, sind durch
Bundesgesetze
geregelt - mit Ausnahme desjenigen der Sozialarbeit. Wann soll dieses Defizit
behoben
werden?
5.
In einem Gespräch des ÖBDS mit dem Büro des
Bundeskanzlers (Hr. Dr. Pinggera) Anfang Februar 2005 wurde die Notwendigkeit
eines Berufsgesetzes für SozialarbeiterInnen außer Diskussion gestellt
und der Handlungsbedarf hinsichtlich einer Zuweisung der Thematik an ein Bundesministerium
festgestellt. Wurde Ihr Ressort seitdem mit der Angelegenheit betraut?