2788/J XXII. GP

Eingelangt am 22.03.2005
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend Tod in der Schubhaft

 

 

Laut Medienberichten vom 8.3.2005 ist am Dienstag, den 22. Feber, um sechs Uhr früh ein Schubhäftling in seiner Zelle im Polizeianhaltezentrum am Hernalser Gürtel tot aufgefunden worden. Drei Tage nach dem Tod des Schubhäftlings habe ich im selben Polizeianhaltezentrum einen zweieinhalbstündigen Rundgang mit allen Verantwortlichen auch aus dem Innenministerium unternommen, dabei hat niemand mir gegenüber auch nur erwähnt, dass sich drei Tage vorher ein Häftling im Polizeianhaltezentrum erhängt hat.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.      Wann wurde der algerische Staatsbürger B. H. S., der am 22.2.2005 tot in seiner Schubhaftzelle aufgefunden worden sein soll, in Schubhaft genommen?

 

2.      Wann und warum wurde er in eine Einzellzelle eingewiesen?

 

3.      War er im Hungerstreik und wenn ja, wann hat er damit begonnen?

 

4.      Wurde er von der Schubhaftbetreuung kontaktiert? Wenn ja, wie oft waren BetreuerInnen der Schubhaftbetreuung bei ihm?

 

5.      Wie lange war er in der Einzelzelle und wann wurde er von wem zuletzt lebend gesehen?

 

6.      Was war die Todesursache?

 

7.      Wann wurde der Obduktionsbericht in Auftrag gegeben?

 

8.      Liegt der Obduktionsbericht schon vor? Wenn nein, wurde seitens der Sicherheitsdirektion oder des BMI bei der Gerichtsmedizin bereits urgiert und wann ist mit dem Obduktionsbericht zu rechnen?

 

9.      Laut Medienberichten soll sich der Betroffene erhängt haben. Stimmt diese Information laut Sicherheitsdirektion Wien?

 

10.    Eine Bekannte von B. H. S. gab an, dass er am 18.2.05 zu ihr nach Wien gekommen und am Abend ausgegangen sei. Obwohl er bei ihr übernachten wollte, sei er weder am 18. in der Nacht in die Wohnung gekommen noch habe er am 19.2. angerufen. Als er sie schließlich am 20.2. anrief, habe er gesagt er sei in der Schubhaft und hätte vier Nähte im Gesicht, weil ihn die Polizei so fürchterlich verprügelt habe. Stimmt es, dass Herr S. bei oder vor seiner Einlieferung in Schubhaft in Wien wegen Wunden genäht wurde? Und wenn ja, an welchen Stellen wegen welcher Verletzungen?

 

11.    Falls Herr S. verletzt in der Schubhaft angekommen ist oder sich dort verletzt hat, wie hat die Diagnose des behandelnden Arztes/der behandelnden Ärztin gelautet?

 

12.    Falls Herr S. verletzt worden sein sollte, wurde eine Meldung an die Sicherheitsdirektion gemacht und der Frage nachgegangen, ob ihm diese Verletzungen im Polizeigewahrsam oder in der Schubhaft zugefügt wurden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?

 

13.    Warum war der Tod von Herrn S. weder den Medien noch der Abgeordneten Terezija Stoisits mitgeteilt worden, die drei Tage nach dem Vorfall persönlich das Polizeianhaltezentrum besuchte?

 

14.    Eine im Online-Standard erschienene Kurzmeldung, dass sich Herr S. mit einem Leintuch erhängt haben soll, wurde anonym folgend kommentiert: „Erhängt mit einer Hand? Aus verlässlichen Quellen ist bekannt, dass der durch angeblichen Selbstmord umgekommene Algerier S. durch seine Festnahme eine verletzte Hand hatte und am Tag vor seinem Tod nicht in der Lage war, selbst eine Telefonnummer in ein Handy zu tippen, da er seine Finger nicht ordentlich bewegen konnte. Merkwürdig ist, wie er es dann geschafft hat, sich mit nur einer beweglichen Hand zu erhängen (Leintuch)“. Der Leiter des Vereins Menschenrechte, der mit der Schubhaftbetreuung im Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel betraut ist, bestätigte, dass Herr S. verletzt war, genäht wurde, und seine Hand nicht einmal zum Telefonieren benützen konnte. Stimmt es, dass Herr S. seine Hand aufgrund einer Verletzung nicht benützen konnte?

 

15.    Wenn ja, wie soll er sich dann mit einer Hand mit einem Leintuch erhängt haben?

 

16.    Warum war das Innenministerium nicht daran interessiert, die Öffentlichkeit vom Todesfall sofort zu informieren und zu klären und nachvollziehbar zu machen, wie es zu diesem Todesfall gekommen ist?

 

17.    Warum wurde stattdessen einfach zugewartet, bis die Medien von selbst auf den Todesfall gekommen sind und berichtet haben?

 

18.    Wie wollen Sie diesen Todesfall aufklären und welche Schritte unternehmen, um ähnliche Vorkommnisse in Zukunft zu verhindern?