2808/J XXII. GP

Eingelangt am 31.03.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Steier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Finanzierungslücke im Nahverkehr und geplante ÖPNV-Reform 2005

Das Regierungsprogramm sieht eine „Qualitätsoffensive im öffentlichen Nahverkehr“,
die „qualitative Weiterentwicklung des öffentlichen Nahverkehrs mit allen
Vertragspartnern“ sowie eine „Effizienzsteigerung u.a. durch Verstärkung des
Bestellprinzips“ vor.

Eine adäquate Dotierung des Nahverkehrs - und hier vor allem des sog.
Bestellerverkehrs gemäß §§ 24 (2) und 26 (3) ÖPNRV-Gesetz - dürfte allerdings
keinen Schwerpunkt dieser Qualitätsoffensive darstellen:

Auf Basis der §§ 24 (2) und 26 (3) ÖPNRV-Gesetz (BG über die Ordnung des
öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs) fördert der Bund zusätzliche
Verkehre mit bis zu 50%; jährlich sind dafür zumindest 7,2 Mio € zur Verfügung zu
stellen; weitere Mittel nach Maßgabe der budgetären Bedeckung. „Bis zum Jahr 2002
standen dem Verkehrsressort in Entsprechung des betreffenden
Bundesvoranschlages (BVA) EUR 14,534 Mio. zur Verfügung, womit mit bei der
Anzahl der eingereichten Anträge das Auslangen gefunden werden konnte. Im BVA
für die Jahre 2003 und 2004 standen dem ho. Ressort auf Grund von massiven
Kürzungen im vom Nationalrat beschlossenen Budget hingegen nur noch rd. EUR
7,2 Mio. zur Verfügung".
(1980/AB-BR/2004)

Für das Jahr 2004 wurden letztendlich 11,1 Mio € für diese Bestellerförderungen zur
Verfügung gestellt. „Unter der Voraussetzung einer gleichbleibenden Budgetierung
und eines weiteren Ansteigens der Förderanträge muss die Förderquote jedoch ab
2005 auf den Prozentsatz von einem Drittel herabgesetzt werden"
(1980/AB-
BR/2004). Ab 2005 soll eine Höchstförderquote von 33,3% auch für sämtliche
laufenden Projekte gelten.

Im Bundesvoranschlag für 2006 sind für zusätzliche Verkehrsdienste an die Länder
und Gemeinden 7,1 Mio € (wie 2005) veranschlagt; diese Budgetierung wird
angesichts steigender Aufwendungen kaum dazu beitragen können, zur
angestrebten „Qualitätsoffensive" beizutragen.

Auch der Rechnungshof hat in einem Bericht die wesentlich geringere Dotierung für
die Bestellerförderung als im ÖPNRV-G 1999 vorgesehen bemängelt. „Die
ursprüngliche Zielsetzung einer merkbaren Forcierung öffentlicher Verkehrssysteme
wurde damit nicht erreicht".

Das ÖVP-Konzept zur ÖPNV-Reform 2005 mit der geplanten stärkeren
Regionalisierung des Nahverkehrs sieht im wesentlichen die Übertragung der
Bestellfunktion im ÖPNV an Länder und Gemeinden vor. Die vorgesehene


Bündelung aller Finanztransfers über den Finanzausgleich auf Mittelbasis des Jahres
2003 wird von ExpertInnen als Rückzug des Bundes aus seiner Verantwortung für
den öffentlichen Nahverkehr gesehen. In der Folge könnte den PendlerInnen noch
weniger Nahverkehrsangebot zu noch höheren Preisen drohen. Medienberichten
zufolge haben derzeit auch die Länder wenig Freude mit dem im Rahmen des
Alpbach-Prozesses von der ÖVP vorgestellten Modell einer ÖPNV-Reform 2005 .

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Verkehr,
Innovation und Technologie nachstehende

Anfrage:

1.             Die Mittel für zusätzliche Verkehrsdienste der Länder und Gemeinden sind mit 7,1
Mio € für 2006 genauso hoch veranschlagt wie 2005. Wie Sie selbst in 1980/AB-
BR/2004 ausgeführt haben, wurden für das Jahr 2004 trotz ursprünglich
geringerer Budgetierung durch interne Umschichtungen letztendlich 11 Mio € für
diese Bestellerförderungen zur Verfügung gestellt. Dies beweist den dringenden
Bedarf einer entsprechend hohen Dotierung - in jedem Fall über dem
gesetzlichen Auftrag von 7,2 Mio. €. Welche Aktivitäten gedenken Sie zu setzen,
um die Mittel für zusätzliche Verkehrsdienste der Länder und Gemeinden adäquat
zu dotieren?

2.             Bereits im Budget 2000 waren 7,2 Mio € für zusätzliche Verkehrsdienste der
Länder und Gemeinden vorgesehen. Warum erfolgte seitens Ihres Ressorts keine
Initiative, diesen Wert zumindest zu valorisieren?

3.             Wird es 2005 erneut zu einer Erhöhung der für die Bestellerförderung
budgetierten Mittel durch Umschichtungen kommen? Wen ja, in welchem
Ausmaß?

4.             Welche Schritte haben Sie gesetzt, um bei den Verhandlungen des Budgets 2006
zusätzliche Dotierungen für die verkehrspolitisch sinnvollen und von den Ländern
und Gemeinden auch gut angenommenen Förderinstrumentarien der §§ 24 Abs.
2 und 26 Abs. 3 ÖPNRV-G zu erzielen?

5.             Wie wird sich die Herabsetzung der Höchstförderquote im Bestellerverkehr auf
33,3% ab 1.1.2005 auf bestehende Projekte auswirken? Hat Ihr Ressort
Regelungen getroffen, welche Verkehrsunternehmen bei eingeschränkten
Fördermitteln gefördert werden?

6.             Der Rechnungshof hat empfohlen, zwecks Planungssicherheit mehrjährige
Förderungszusagen für die Bestellerförderung vorzusehen. Wird daran
gearbeitet? Wenn ja, für welche Länder/Gemeinden/Verkehrsunternehmen soll es
mehrjährige Förderungszusagen geben?

7.             Wie haben sich die Fahrgastzahlen und Beförderungsleistungen in den einzelnen
Verkehrsverbundorganisationen seit Einführung des ÖPNRV-G 1999 bis 2004
entwickelt?


8.             Wie haben sich der Modal-Split und die Wegekostenanteile 1999-2004
entwickelt?

9.             Der Rechnungshof hat die Refundierung der Autobahnmaut an Busunternehmer
aus diesem Ansatz als Benachteiligung des Schienennahverkehrs kritisiert.
Welche Konsequenzen wird diese Kritik in Ihrem Ressort auslösen?

10.     Sie haben in der schriftlichen Beantwortung von Fragen im Budgetausschuss vom
27.10.2004 als Konsequenz der Rechnungshofkritik an der Nahverkehrspolitik die
Verstärkung der Kontrollen der gemeinwirtschaftlichen Leistungen sowie
Einsetzung einer Arbeitsgruppe bei StS Kukacka angekündigt. In welcher Form
wurden die Kontrollen der gemeinwirtschaftlichen Leistungen verstärkt?

11. Wer sind die Mitglieder der bei StS Kukacka eingesetzten Arbeitsgruppe? Wie oft
hat diese Arbeitsgruppe bisher getagt? Was sind die wesentlichsten Resultate der
Sitzungen?

12.   Das im Rahmen des Alpbach-Prozesses 2004 vorgestellte Papier
„Mobilität.steuern“ sieht u.a. vor, alle Finanztransfers im ÖPNV im Rahmen des
Finanzausgleiches zu bündeln, eine Leistungsbestellung durch die Länder und
die Übergabe der Bestellerfunktion vom Bund an die Länder vorzusehen. Wie ist
der aktuelle Stand der Verhandlungen mit den Ländern zur ÖPNV-Novelle 2005?

13.   Welcher Aufteilungsschlüssel ist für die Mittelzuweisungen vorgesehen?

14.   Es ist zu befürchten, dass bei Umsetzung dieses Konzeptes die Finanzierung der
Infrastruktur für Landesschienenstrecken nicht mehr sichergestellt sein könnte.
Wie wollen Sie dem vorbeugen? Wie soll sichergestellt werden, dass
Nebenbahnen nicht eingestellt und durch Busse ersetzt werden?

15.   Ein Resultat der geplanten Veränderung der Schieneninfrastruktur könnte zu
neun unterschiedlichen Regelwerken bezüglich der Landesschienenstrecken
führen. Welche Koordinationsmechanismen sollen verhindern, dass es zu neun
unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen und daher unter Umständen zu neun
miteinander nicht koordinierten Verkehrskonzepten kommt?

16.   In welche Zuständigkeit werden länderübergreifende Nahverkehre fallen?

17.   In welcher Form will der Bund bei Umsetzung des ÖPNV-Konzeptes 2005
bundesweit gültige Definitionen von Qualität und Mindestumfang im öffentlichen
Verkehrsangebot sicherstellen?