2842/J XXII. GP
Eingelangt am
06.04.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Lackner, Mag. Maier
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Millionendeal mit Medikamenten / Krankenkassen orten Korruptionsverdacht
In der Tageszeitung „Kurier", vom 6. April 2005, war auf der Seite 12 folgendes zu lesen:
„Millionendeal mit Medikamenten
Rabattliste aufgetaucht /Krankenkassen orten Korruptionsverdacht
Dass
die Pharmaindustrie Ärzte mit besonderen Lockangeboten zum Kauf ihrer
Medikamente
ködert, darüber wird schon lange gemunkelt.
Mit einem brisanten Schriftstück lassen sich diese
Geschäftspraktiken nun beweisen.
Dem KURIER wurde eine vertrauliche Rabattliste
zugespielt, die belegt, dass bei der Bestellung
bestimmter
Medikamente die doppelte Menge als "Dankeschön" dazu verschenkt wird.
Die
niederösterreichische Gebietskrankenkasse hat den Verdacht, dass ihr die
Gratispackungen
verrechnet werden. Schaden: Vermutlich mehr
als eine Million Euro pro Jahr.
Ins Visier der Gebietskrankenkasse sind jene praktischen
Ärzte geraten, die in ihrer Ordination
eine eigene Hausapotheke betreiben. Das sind derzeit 245 von insgesamt 771
Land-Doktoren in
Niederösterreich. Sie verschreiben an ihre Patienten jährlich Pulver im Wert
von 60 Millionen
Euro. Geld,
das von der Krankenkasse an die 245 Mediziner überwiesen werden muss.
Trotz billigerer Produkte (Generika) steigen die
Medikamentenausgaben ungebremst weiter.
Für Gerhard Hutter, den Obmann der nö. Gebietskrankenkasse, kein Wunder:
"Angesichts der
jetzt
aufgetauchten Rabattliste ist mir klar, dass die Ärzte gar kein großes
Interesse haben, auf
die Sparbremse zu steigen. Wir lassen nun untersuchen, ob unser Unternehmen bewusst
geschädigt wurde. Ich könnte mir schon vorstellen, dass uns die geschenkten
Packungen
weiterverrechnet wurden."
Aus der mehrseitigen Rabattliste, die Hunderte
Medikamente umfasst, geht klar hervor, mit wie
viel
Gratispackungen die Ärzte beim Kauf eines bestimmten Medikamentes
rechnen können.
Besondere "Zuckerln" werden bei der Neueinführung eines Präparates
geboten. Da gibt es bei
der Bestellung von 50 Packungen gleich 75
gratis dazu.
"Diese
Vorgangsweise ist äußerst bedenklich "
Josef Kandlhofer
Josef Kandlhofer, Obmann des
Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, ist empört und
ortet gar Korruptionsverdacht Er will den
Medikamenten-Rabatten nun massiv den Kampf
ansagen: "Das ist eine äußerst bedenkliche
Vorgangsweise. Spannen von bis zu 200 Prozent
bringen
den Arzt natürlich in Versuchung, die eine oder andere Betrügerei zu machen."
Kandlhofer will schon in den nächsten Tagen mit der
Pharmaindustrie in Kontakt treten. "Wenn
die
Arznei-Produzenten soviel Rabatt gewähren können, warum geben sie die
Medikamente
nicht gleich billiger ab? Da hätten auch die Patienten etwas davon",
ärgert sich der Obmann
des Hauptverbandes. ..."
Im „Wirtschaftsblatt", vom 6. April 2005, war auf der Seite 8 zu lesen:
„ ... 2006 im Visier der EU
Ein
Impuls zur genaueren Analyse im Gesundheitswesen könnte 2006 von der EU und
Österreich selbst kommen. Im Rahmen der EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr
2006 macht
Österreich nämlich den Kampf gegen Korruption zu einem Schwerpunkt. Es wird
sich zeigen,
inwieweit es dabei auch um den
Gesundheitsbereich geht."
Wie schon in der Anfrage 2278/J XXII.GP festgehalten,
gehen nach Darstellung von Mag.
Martin Kreutner (BIA) pro Jahr EU-weit durch Korruption und Betrug im
Gesundheitswesen
zwischen 30 und 100 Mrd. Euro verloren. Geschädigt werden dadurch alle
Steuerzahlerinnen
bzw. direkt alle Patientinnen. Als Beispiel nannte Mag. Kreutner Ärzte, die
Gefälligkeitsgutachten
erstellen oder solche, die Patienten bei Operationen vorreihen, wenn diese
ein Geldkuvert übergeben. Konkrete Zahlen für Österreich oder Fälle wurden von
Mag. Kreutner
allerdings
nicht bekannt gegeben.
Aufgrund der neuen Veröffentlichungen müssen die Angaben
des Vertreters des
Innenministeriums
Mag. Martin Kreutner (BIA) nochmals hinterfragt werden.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die
Bundesministerin für Justiz
nachstehende
Anfrage:
1. Werden aufgrund
des veröffentlichten Betrugs- und Korruptionsverdachtes in
Österreich konkrete Erhebungen durch Ihr Bundesministerium vorgenommen?
a)
Wann
ja, wann und welche?
b)
Wenn
nein, weshalb nicht?
2.
Welche Kosten / Verluste entstehen den
Sozialversicherungsträger durch die
dargestellten Praktiken?
3.
Wird
es, gab es oder gibt es entsprechende Erhebungen oder Ermittlungen - Verdacht
auf Untreue, Geschenkannahme, Bestechung,
Steuerhinterziehung - durch das BMJ, das
BMI oder das BMF?
Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?
4.
Wie viele Millionen Euro gehen in Österreich jährlich
durch Korruption und Betrug im
Gesundheitswesen
verloren?
5.
Welche
konkreten Maßnahmen werden Sie als zuständige Ressortministerin zur
Bekämpfung von Korruption und Betrug im
nationalen Gesundheitswesen ergreifen?
6.
Welche konkreten Maßnahmen werden Sie als zuständige
Ressortministerin zur
Bekämpfung von
Korruption und Betrug auf EU-Ebene ergreifen?