2845/J XXII. GP

Eingelangt am 06.04.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Lackner, Mag. Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Millionendeal mit Medikamenten / Krankenkassen orten Korruptionsverdacht

In der Tageszeitung „Kurier“, vom 6. April 2005, war auf der Seite 12 folgendes zu lesen:

„Millionendeal mit Medikamenten

Rabattliste aufgetaucht / Krankenkassen orten Korruptionsverdacht

Dass die Pharmaindustrie Ärzte mit besonderen Lockangeboten zum Kauf ihrer Medikamente
ködert, darüber wird schon lange gemunkelt. Mit einem brisanten Schriftstück lassen sich diese
Geschäftspraktiken nun beweisen.

Dem KURIER wurde eine vertrauliche Rabattliste zugespielt, die belegt, dass bei der Bestellung
bestimmter Medikamente die doppelte Menge als "Dankeschön" dazu verschenkt wird. Die
niederösterreichische Gebietskrankenkasse hat den Verdacht, dass ihr die Gratispackungen
verrechnet werden. Schaden: Vermutlich mehr als eine Million Euro pro Jahr.

Ins Visier der Gebietskrankenkasse sind jene praktischen Ärzte geraten, die in ihrer Ordination
eine eigene Hausapotheke betreiben. Das sind derzeit 245 von insgesamt 771 Land-Doktoren in
Niederösterreich. Sie verschreiben an ihre Patienten jährlich Pulver im Wert von 60 Millionen
Euro. Geld, das von der Krankenkasse an die 245 Mediziner überwiesen werden muss.

Trotz billigerer Produkte (Generika) steigen die Medikamentenausgaben ungebremst weiter.
Für Gerhard Hutter, den Obmann der nö. Gebietskrankenkasse, kein Wunder: "Angesichts der
jetzt aufgetauchten Rabattliste ist mir klar, dass die Ärzte gar kein großes Interesse haben, auf
die Sparbremse zu steigen. Wir lassen nun untersuchen, ob unser Unternehmen bewusst
geschädigt wurde. Ich könnte mir schon vorstellen, dass uns die geschenkten Packungen
weiterverrechnet wurden."

Aus der mehrseitigen Rabattliste, die Hunderte Medikamente umfasst, geht klar hervor, mit wie
viel Gratispackungen die Ärzte beim Kauf eines bestimmten Medikamentes rechnen können.
Besondere "Zuckerln" werden bei der Neueinführung eines Präparates geboten. Da gibt es bei
der Bestellung von 50 Packungen gleich 75 gratis dazu.

"Diese Vorgangsweise ist äußerst bedenklich "

Josef Kandlhofer

 


Josef Kandlhofer, Obmann des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, ist empört und
ortet gar Korruptionsverdacht Er will den Medikamenten-Rabatten nun massiv den Kampf
ansagen: "Das ist eine äußerst bedenkliche Vorgangsweise. Spannen von bis zu 200 Prozent
bringen den Arzt natürlich in Versuchung, die eine oder andere Betrügerei zu machen."

Kandlhofer will schon in den nächsten Tagen mit der Pharmaindustrie in Kontakt treten. "Wenn
die Arznei-Produzenten soviel Rabatt gewähren können, warum geben sie die Medikamente
nicht gleich billiger ab? Da hätten auch die Patienten etwas davon ", ärgert sich der Obmann
des Hauptverbandes. ..."

Im „Wirtschaftsblatt“, vom 6. April 2005, war auf der Seite 8 zu lesen:

„ ... 2006 im Visier der EU

Ein Impuls zur genaueren Analyse im Gesundheitswesen könnte 2006 von der EU und
Österreich selbst kommen. Im Rahmen der EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 macht
Österreich nämlich den Kampf gegen Korruption zu einem Schwerpunkt. Es wird sich zeigen,
inwieweit es dabei auch um den Gesundheitsbereich geht."

Wie schon in der Anfrage 2278/J XXII.GP festgehalten, gehen nach Darstellung von Mag.
Martin Kreutner (BIA) pro Jahr EU-weit durch Korruption und Betrug im Gesundheitswesen
zwischen 30 und 100 Mrd. Euro verloren. Geschädigt werden dadurch alle SteuerzahlerInnen
bzw. direkt alle PatientInnen. Als Beispiel nannte Mag. Kreutner Ärzte, die
Gefälligkeitsgutachten erstellen oder solche, die Patienten bei Operationen vorreihen, wenn diese
ein Geldkuvert übergeben. Konkrete Zahlen für Österreich oder Fälle wurden von Mag. Kreutner
allerdings nicht bekannt gegeben.

Aufgrund der neuen Veröffentlichungen müssen die Angaben des Vertreters des
Innenministeriums Mag. Martin Kreutner (BIA) nochmals hinterfragt werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen
nachstehende

Anfrage:

1.      Werden aufgrund des veröffentlichten Betrugs- und Korruptionsverdachtes in
Österreich konkrete Erhebungen durch Ihr Bundesministerium vorgenommen?

a)                            Wann ja, wann und welche?

b)             Wenn nein, weshalb nicht?


2.                            Welche Kosten / Verluste entstehen den Sozialversicherungsträger durch die
dargestellten Praktiken?

3.                            Wird es, gab es oder gibt es entsprechende Erhebungen oder Ermittlungen - Verdacht
auf Untreue, Geschenkannahme, Bestechung, Steuerhinterziehung - durch das BMJ, das
BMI oder das BMF?

Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?

4.                            Wie viele Millionen Euro gehen in Österreich jährlich durch Korruption und Betrug im
Gesundheitswesen verloren?

5.                            Welche konkreten Maßnahmen werden Sie als zuständiger Ressortminister zur
Bekämpfung von Korruption und Betrug im nationalen Gesundheitswesen ergreifen?

6.                            Welche konkreten Maßnahmen werden Sie als zuständiger Ressortminister zur
Bekämpfung von Korruption und Betrug auf EU-Ebene ergreifen?